Kita-Fachkräftemangel: Landesregierung erlaubt größere Kita-Gruppen „zur Erprobung“

7

Wegen des großen Fachkräftemangels will das Land Kitas in Baden-Württemberg erlauben, unter bestimmten Bedingungen von Personalvorgaben abzuweichen. Einer Regierungssprecherin zufolge stimmte das Kabinett am Dienstag der Einführung eines sogenannten «Erprobungsparagrafen» zu. Nun muss sich der Landtag mit dem Gesetzentwurf befassen.

Simsalabim – der Kita-Fachkräftemangel ist verschwunden. Foto: Shutterstock

Ziel der neuen Regelung ist es nach früheren Angaben des Kultusministeriums, einen rechtssicheren Rahmen zu schaffen zur Erprobung neuer Ideen und Konzepte. «Mit dieser Neuerung ermöglichen wir Kindertageseinrichtungen, flexibler auf die individuellen Gegebenheiten vor Ort zu reagieren», sagte Volker Schebesta (CDU), Staatssekretär im Kultusministerium, am Dienstag in Stuttgart.

Mit Hilfe des neuen Paragrafen sollen Kitaträger vor Ort künftig selbst entscheiden dürfen, befristet Personalvorgaben zu lockern – also die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher pro Gruppe zu senken. Das geht aber nur, wenn das Konzept mit den Betroffenen vor Ort abgestimmt wurde. Das Landesjugendamt muss den Antrag dann prüfen. Soll das Modell nach der Erprobung weiter fortgesetzt werden, muss zudem die Wirksamkeit nachgewiesen werden. Das Land erhofft sich von der neuen Regelung, dass damit Kita-Plätze erhalten und geschaffen werden können sowie ausreichende Betreuungszeiten angeboten werden können.

Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem vergangenen Oktober fehlen im Jahr 2023 rund 57.600 Kitaplätze. Um diese Plätze zu schaffen, müssten die Kommunen als Kita-Träger zusätzlich 16.800 Fachkräfte einstellen. Die Stiftung schätzt die Kosten dafür auf mehr als 700 Millionen Euro jährlich – weitere Betriebs- und Baukosten noch nicht eingerechnet. «Obwohl wir seit Jahren massiv und sehr erfolgreich Ausbildungskapazitäten und Ausbildungswege für pädagogisches Fachpersonal in den Kindertageseinrichtungen ausgebaut haben, ist der Bedarf anhaltend hoch», sagte Schebesta. News4teachers / mit Material der dpa

ErzieherInnenmangel: Kommunen fordern, Gruppenstärke anzuheben („können uns keine backen“)

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

7 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Schlaubi
6 Monate zuvor

So ein erziehende Fachkraft bzw. Lehrkraft ist wie ein Schwamm (in doppelter disjunkter Bedeutung) :
1.Sie saugen alles von Außen an sie Herangetragene in sich auf.
2. Wenn man sie nur fest genug drückt, kommt sogar noch etwas dabei raus.

Man beachte jedoch, dass nicht jeder ein Schwamm werden möchte oder vorhandene Schwämme frühzeitig kaputt gehen können.

Lera
6 Monate zuvor

Im Gegenzug sollten die Erzieher unbedingt längere, krankheitsbedingte Absenzen „erproben“.

Englisch Freund
6 Monate zuvor

Klar, so kann man den Personalmangel auch entgegenwirken .. zumindest kurzfristig.
Also dann,…. Erprobungen auch an Schulen. Einfach Klassen zusammenlegen oder gleich als Pilotprojekt den Klassenteiler auf 45 erhöhen. Und schwupps ist der Lehrermangel beseitigt.

Ich_bin_neu_hier
6 Monate zuvor

Entschuldigung, sollen da nur größere Gruppen erprobt werden oder geht es darum herauszufinden, wie schnell Erzieherinnen fähig, willens und in der Lage sind, ihr angestammtes Berufsfeld zu verlassen und sich einen anderen Job zu suchen?
Das habe ich leider nicht ganz verstanden.

Enny
6 Monate zuvor

Wurden bei der Entscheidung auch die Aussagen von Fachkräften mit einbezogen? Höchst wahrscheinlich nicht. Wenn dieser Probelauf nicht mehr Probe ist, sondern als Norm gilt, werden sie zukünftig mit großer Sicherheit weniger ErzieherInnen haben als jetzt schon…

EineAusgelaugteVerzweifelteErzieherin
6 Monate zuvor

Genau, die noch verbleibenden eh schon ausgelaugten Erzieher*innen noch mehr beuteln in dem die Gruppen größer gemacht werden. Die Bewahranstalten für Kinder von 1870 lassen grüßen. Was für ein Fortschritt. Macht die Gruppen kleiner ein Schlüssel von 1:4 in Krippen und 1:8 in Kitas 1:15 im Hort würde sicher dafür sorgen, dass die Kolleginnen, die aufgegeben haben, es sich vielleicht nochmal überlegen. Schauen sie sich mal die Quoten an wieviele den Beruf nach 5 Jahren wieder verlassen! 5 Jahre Ausbildung, die man auch noch selbst finanzieren musste, da muss die Belastung schon enorm sein, das hinzuwerfen. So viel Geld wird rausgeschaufelt, aber da wo es gebraucht wird, in den Kommunen, die die Gehälter Zahlen müssen sind die Kassen leer und es können keine zusätzlichen Kräfte eingestellt werden, selbst wenn sie da wären….

Ana Koch
6 Monate zuvor

Sehr gut, genau so!
Die Interpretation dessen trifft es on point.
Mit 100%- iger Sicherheit geht der Schuss nach hinten los und die ganze unüberlegte, zum Teil lächerliche Erprobung wirkt dem konträr entgegen.
Manchmal frage ich mich wirklich, ob es den zuentscheidenden Politikern überhaupt bewusst ist, dass es sich um unsere schutzbefohlenen Kindern handelt und nicht um ein Medikament im Probelauf.
Ich, selbst Elementarpädagogin/Erzieherin bin zu tiefst fassungslos, schockiert und wütend auf einen solchen inkompetenten „Verbesserungsvorschlag“