Schulgesetzänderung: Kampf gegen Antisemitismus als Bildungs- und Erziehungsziel

9

KIEL. Schleswig-Holstein will den Kampf gegen Antisemitismus als konkretes Bildungs- und Erziehungsziel ins Schulgesetz aufnehmen. Das verkündete Bildungsministerin Karin Prien (CDU) bei der Vorstellung des aktuellen Entwurfs zur Schulgesetzänderung. Darüber hinaus soll digitaler Unterricht in Zukunft als Ersatz von Präsenzunterricht möglich sein.

Schleswig-Holstein will Schulen beim Kampf gegen Antisemitismus per Schulgesetz in die Verantwortung nehmen. Foto: Shutterstock

Das bisherige schleswig-holsteinische Schulgesetz habe sich grundsätzlich bewährt, erklärte die CDU-Politikerin, allerdings seien Anpassungen notwendig, um die Schulen weiter zu stärken. „Mit dem Entwurf wird explizit der Auftrag von Schule betont, Schülerinnen und Schüler zu befähigen, zum friedlichen Zusammenleben beizutragen, sich gegen Antisemitismus, Rassismus und jede andere Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit einzusetzen sowie der Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts und der Verherrlichung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems entgegenzutreten.“ Damit sei Schleswig-Holstein das erste Bundesland, das den Einsatz gegen Antisemitismus als Bildungs- und Erziehungsziel in das Schulgesetz aufnehme.

Digitale Unterrichtsformate als Ergänzung zum Präsenzunterricht

Ebenfalls neu: Die Schulen sollen eine Kultur der Digitalität etablieren, die in einem altersangemessenen Umfang auch digitale Unterrichtsformate in Ergänzung zum Präsenzunterricht umfassen könne. „Die Schule ist und bleibt zwar eine Präsenzeinrichtung“, so Prien, nichtsdestotrotz sieht der Entwurf vor, dass digitale Lehr- und Lernformen einschließlich bestimmter Formen des Hybridunterrichts „in vertretbarem Umfang aus pädagogisch-didaktischen oder sonstigen sachlich angezeigten Gründen an die Stelle des Präsenzunterrichts (Regelform des Unterrichts)“ treten können. Dies sei laut Ministerin nicht nur im Rahmen der Experimentierklausel eine notwendige Innovation, sondern auch ein Anreiz für zukunftsfähige Schulen sowie eine zeitgemäße schulische und berufliche Bildung.

Änderung soll es außerdem im Bereich der Partizipation geben. So sollen sich die Klassensprecherinnen und Klassensprecher in den Jahrgangsstufen 1 bis 4 zukünftig zusätzlich altersangemessen an schulischen Angelegenheiten beteiligen können. Bisher haben sie lediglich die Möglichkeit, im Bereich ihrer eigenen Klasse tätig zu werden. Die Grundlage dafür soll jeweils ein schuleigenes pädagogisches Konzept legen. Des Weiteren sieht der Entwurf vor, die Elternmitwirkung bei der inklusiven Beschulung zu stärken – und zwar auf drei Ebenen:

  • Elternvertretungen sollen ausdrücklich die Aufgabe erhalten, die Interessen der Eltern von Kindern mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf aufzunehmen und in die Mitwirkung an den Schulen sowie der Schulverwaltung einzubringen.
  • Zudem sollen Eltern von Kindern mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf, die eine Grundschule, eine Gemeinschaftsschule, ein Gymnasium oder eine berufsbildende Schule besuchen, ein zusätzliches Mitglied mit beratender Stimme in den Schulelternbeirat wählen können. Dieses soll die spezifischen Interessen der Eltern in den Schulelternbeirat einbringen.
  • Unterstützt ein Förderzentrum ohne Schülerinnen und Schüler die inklusive Beschulung an der Regelschule sollen sich Eltern überdies als gewählte Gruppe mit eigenen Mitwirkungsrechten dort einbringen können, beispielsweise durch ein Stimmrecht in der Schulkonferenz des Förderzentrums.

Neue Anforderungen an angehende Schulleitungen geplant

Ebenfalls will das Bildungsministerium die Anforderungen ergänzen, die es an angehende Schulleitungen stellt. Verlangt werden dem Entwurf zufolge kommunikative Fähigkeiten in den Bereichen der Organisations-, Unterrichts- und Teamentwicklung, die über die Ausbildung für das Lehramt hinausgehen, Entscheidungsfähigkeit sowie die Fähigkeit zum Führen und strategischen Denken. Das Auswahlverfahren soll entsprechend um ein Verfahren ergänzt werden, das bewertet, inwieweit sich Bewerber und Bewerberinnen für die Übernahme der Führungsaufgabe eignen.

Der Entwurf befindet sich nun in der schriftlichen Verbandsanhörung. Auf Basis der Auswertung dieser soll das Kabinett im März 2024 einen Regierungsentwurf erhalten. Anschließend folgen die Beratungen im Landtag. News4teachers

Bundesfamilienministerin: „Wir haben in Schulen zu wenig gegen Antisemitismus getan“

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

9 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Autobahnabfahrt
4 Monate zuvor

Meiner Meinung nach ist es ein Fehler, eine Gruppe besonders herauszuheben und die Diskriminierung (nur) dieser einen Gruppe anzugehen. Das macht ja diese Gruppe wieder zu etwas Besonderem, Anderem… Wenn grundsätzlich jede Form von Diskriminierung angegangen wird, dann wären auch einzelne Gruppe eingeschlossen und man müsste sie nicht besonders hervorheben.

Unfassbar
4 Monate zuvor
Antwortet  Autobahnabfahrt

Meine Meinung, nur nicht die der aktuellen Politiker.

447
4 Monate zuvor

Ich bin überrascht – ich war naiverweise davon ausgegangen, dass das ohnehin in allen BL sowieso so ist.

Bin ernsthaft überrascht.

Unfassbar
4 Monate zuvor
Antwortet  447

Das dürfte schon seit mindestens 50 Jahren so sein. Es scheint aber erst seit 8 Jahren oder so wieder wirklich relevant zu werden.

Fräulein Rottenmeier
4 Monate zuvor
Antwortet  447

Pikachu – Gesicht?

447
4 Monate zuvor

Aber sowas von!

Canishine
4 Monate zuvor

„dass digitale Lehr- und Lernformen einschließlich bestimmter Formen des Hybridunterrichts „in vertretbarem Umfang aus pädagogisch-didaktischen oder sonstigen sachlich angezeigten Gründen an die Stelle des Präsenzunterrichts (Regelform des Unterrichts)“ treten können.“
Sachlich angezeigte Gründe wie Personalmangel? Das wäre dann auch „zeitgemäß“.

Lisa
4 Monate zuvor
Antwortet  Canishine

Das dachte ich auch gleich. Damit führt man ganz nebenher den Hybridunterricht ein, und vertretbaren Umfang ist herrlich schwammig.

Fräulein Rottenmeier
4 Monate zuvor

Ich war erschüttert, dass sich meine Kinder in Geschichte und Deutsch nicht mehr ganz intensiv inhaltlich mit dem Thema Holocoust beschäftigt haben. Bei uns gab es damals ab Klasse 9 eigentlich kein anderes Thema mehr….in Jahrgang 13 schrappte man kurz noch an der KSZE vorbei und das war es dann auch im Geschichte Leistungskurs…..ok die Wiedervereinigung gab es da noch nicht…..

Ich befürworte es, dass unsere jüngere Vergangenheit wieder einen sehr großen Stellenwert einnehmen soll, denn offenbar ist dies nötig!