Pflichtfach Informatik kommt – Stifterverband: Ein Beitrag zur Chancengleichheit von Mädchen

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BREMEN/DÜSSELDORF. Informatik soll Pflichtfach in Bremen werden, das hat Torsten Klieme, Staatsrat der Bremer Bildungssenatorin, angekündigt. Das Fach soll zunächst an ausgewählten Schulen zum Schuljahr 2025/2026 starten. Die restlichen Schulen sollen dann 2026/2027 folgen. Im Bundesländervergleich mache Bremen damit „einen großen Schritt nach vorne“, kommentiert die Gesellschaft für Informatik (GI) den Entschluss. Ein Blick nach Nordrhein-Westfalen zeigt zudem: Der Stadtstaat legt mit seinem Vorhaben die Basis für einen zunehmend beliebter werdenden Berufsbereich.

Analysen weisen darauf hin, dass verpflichtender Informatikunterricht in der Sekundarstufe I eine zentrale Rolle spielt, um insbesondere Mädchen für die Informatik zu begeistern. Foto: Shutterstock/WBMUL

„Es war höchste Zeit, dass auch Bremen diesen wichtigen Schritt in Richtung einer zeitgemäßen Bildung für eine zunehmend vernetzte Welt macht“, sagt GI-Präsidentin Christine Regitz. Nur wer die Konzepte der Informatik verstehe, könne sie selbstbestimmt nutzen und sie auch kritisch hinterfragen. Bremen war im Bundesländervergleich zuletzt das einzige Bundesland ohne curricular hinterlegte Informatikangebote. Das soll sich nun ändern: Ab dem Schuljahr 2026/2027 soll Informatik an den Gymnasien in den Jahrgangsstufen 8 und 9 und an den Oberschulen in den Klassen 9 und 10 verpflichtend zum Stundenplan gehören.

Mit dem neuen Pflichtfach ermöglicht Bremen seinen Schülerinnen und Schülern, ein Themengebiet kennenzulernen, das im Zuge der rasanten technologischen Entwicklungen der vergangenen Jahre immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Das spiegelt sich auch im gestiegenen Interesse an einem Studien- oder Berufsabschluss in diesem Bereich wider. So ist in den vergangenen zehn Jahren beispielsweise die Zahl entsprechender Abschlüsse laut dem statistischen Landesamt in NRW „überdurchschnittlich gestiegen“.

Mehr Studien- und Berufsabschlüsse im Bereich Informatik

Im Prüfungsjahr 2022 gab es demnach an den Hochschulen in NRW insgesamt 6.619 Absolventinnen und Absolventen im Studienbereich Informatik. Das waren 62,7 Prozent mehr als im Jahr 2013. Währenddessen ist die Gesamtzahl der Absolvent*innen im gleichen Zeitraum lediglich um 23,7 Prozent gestiegen. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich bei den Auszubildenden in NRW, die ihre Abschlussprüfung im Bereich Informatik erfolgreich bestanden haben: 4.140 Personen machten 2022 ihren Abschluss in der Berufshauptgruppe „Informatik-, Informations- und Kommunikationstechnologieberufe”. Das entsprach einem Anstieg um 50,2 Prozent gegenüber dem Jahr 2013. Im Vergleich dazu ist die Gesamtzahl der Auszubildenden mit bestandener Abschlussprüfung gegenüber 2013 um zwölf Prozent zurückgegangen.

Am häufigsten hatten die Hochschulabsolventinnen und -absolventen im Studienbereich Informatik 2022 die Fächer Informatik (51,7 Prozent) und Wirtschaftsinformatik (32,0 Prozent) belegt. Bei den genannten Auszubildenden, die 2022 ihre Abschlussprüfung bestanden haben, war der Beruf der Fachinformatikerin beziehungsweise des Fachinformatikers mit einem Anteil von 81,9 Prozent am häufigsten vertreten.

„Beitrag zur Chancengleichheit“

Die Einführung von Informatik als Pflichtfach, wie von Bremen nun vorgesehen, gilt laut Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft zudem als Beitrag zur Chancengleichheit. Analysen des Stifterverbands weisen demnach darauf hin, dass verpflichtender Informatikunterricht in der Sekundarstufe I eine zentrale Rolle spielt, um insbesondere Mädchen für die Informatik zu begeistern: Während in Bundesländern ohne Pflichtfach Informatik Mädchen Kompetenznachteile gegenüber Jungen zeigen, sind diese in Bundesländern mit Pflichtfach Informatik ausgeglichen. In Bundesländern mit einem umfangreichen Pflichtfach Informatik in der Sekundarstufe I wie Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen belegen auch deutlich mehr Frauen Informatik in der Oberstufe. Der Frauenanteil beträgt dort durchschnittlich 40 Prozent; in Bundesländern ohne Pflichtfach sind es 26 Prozent.

Bleibt mit Blick nach Bremen noch eine Frage offen: Verfügt der Stadtstaat über ausreichend Lehrkräfte, um Informatik als Pflichtfach umzusetzen? Von der IG ausgewertete Zahlen der Schuljahre 2021/2022 und 2022/2023 zeigen, dass an den allgemeinbildenden weiterführenden Schulen nur etwa ein Prozent der Lehrkräfte über eine Lehrbefähigung im Fach Informatik verfügen. News4teachers

Pflichtfach Informatik für alle verspricht mehr Chancengerechtigkeit – das Problem: Es gibt nicht genug Fachlehrkräfte

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