Kommunen sollen Schulleitungen nicht mehr mitbestimmen: Protest gegen Schulgesetz-Entwurf

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KIEL. Die schwarz-grüne Landesregierung von Schleswig-Holstein hat einem ersten Entwurf für ein neues Schulgesetz zugestimmt. Kritik an den geplanten Änderungen kommt vom Gemeindetag – es geht dabei um die Besetzung vakanter Schulleitungsstellen.

Wer wird’s? Illustration: Shutterstock

Der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag hat die geplante Abschaffung des Schulleiterwahlausschusses bemängelt. Die vom Land geplante Abschaffung im neuen Schulgesetz bedeute ein Ende der Mitbestimmung der Schulträger und der Schulgemeinde und sei das völlig falsche Signal, sagte der Landesgeschäftsführer des Gemeindetags, Jörg Bülow, am Donnerstag in Kiel.

Die schwarz-grüne Landesregierung hatte am Mittwochnachmittag dem von Bildungsministerin Karin Prien (CDU) vorgelegten Entwurf für ein geändertes Schulgesetz zugestimmt. Dabei soll es für die Besetzung der Schulleitungen eine Neuerung geben: Die Beteiligung des Schulträgers sowie der Lehrkräfte, Eltern und gegebenenfalls Schülerinnen und Schüler an der Auswahl der Schulleitung soll künftig in Form einer Stellungnahme stattfinden und nicht mehr abgestimmt werden. Dabei entspricht das anzuhörende Gremium dem Schulleiterwahlausschuss.

Der Landesgeschäftsführer des Gemeindetags sagte, die Schulen seien Einrichtungen der Schulträger und könnten nur gemeinsam von Land und Kommunen gestaltet werden. Das Vertrauen der Gemeinden in die Schulleitungen sei unverzichtbar, denn die Schulleitungen hätten Strahlkraft für den Schulstandort und seinen weisungsberechtigt gegenüber Beschäftigten der Schulträger, so Bülow.

Ministerin Prien sagte, dass Schulgesetz habe sich in den schwierigen Zeiten der Pandemie bewährt, es seien aber einige Anpassungen notwendig, damit die Schulen auch in Zukunft leistungsstark sein könnten.  Der Gesetzesentwurf soll Ende März im Landtag in einer ersten Lesung beraten werden.

«Aus dem Schulleiterwahlausschuss wird ein vom Schulträger für die Anhörung zu bildendes Gremium»

Ferner sieht der Gesetzesentwurf für das neue Schulgesetz Änderungen bei der Digitalisierung vor: So solle der Präsenzunterricht die Regel sein, erklärte Bildungsministerin Prien. Dennoch sollen den höheren Jahrgangsstufen mehr digitale Lehr- und Lernformen und auch bestimmte Formen von Hybridunterricht ermöglicht werden. Zudem könne die schulische Unterstützung bei einer längerfristigen Erkrankung im Hausunterricht auch digital erfolgen.

Auch sollen etwa Eltern inklusiv beschulter Kinder mit Förderbedarf gestärkt werden. Sie sollen laut Bildungsministerium ein zusätzliches Mitglied mit beratender Stimme in den Schul-, Kreis- und Landeselternbeirat wählen können. Zudem sollen Elternvertretungen Wünsche, Anregungen und Vorschläge der Eltern zur inklusiven Beschulung den zuständigen Stellen unterbreiten können.

Auch von der schleswig-holsteinischen SPD-Fraktion gab es Kritik an der Novelle des Schulgesetzes: «Aus dem Schulleiterwahlausschuss wird ein vom Schulträger für die Anhörung zu bildendes Gremium», betonte der bildungspolitische Sprecher Martin Habersaat. Dies ist aus seiner Sicht keine gute Idee, da durch die Regelung die Schulleiterinnen und Schulleiter vom Bildungsministerium ausgewählt und eingesetzt werden. Dies sei eine Einschränkung der demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten für die politischen Gremien der Schulträger und der Schulgemeinschaft. News4teachers / mit Material der dpa

Kaum Bewerbungen und mehr Rücktritte: Schulleitung? Nein danke!

 

 

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Lera
1 Monat zuvor

Der Schulleiterwahlausschuss war ein fragwürdiges Gremium.

Schule ist in erster Linie eine pädagogische Institution. Der Leiter dieser pädagogischen Institution muss daher in erster Linie über pädagogische Expertise verfügen. Natürlich gibt es daneben (leider) noch jede Menge Verwaltung, die (leider) auch wichtig ist. Aber primär geht es bei der Besetzung um die Eignung als pädagogische Leitung. Alles andere ist – so wchtig es auch sei – sekundär.

Nun die Frage: Verfügen Bürgermeister in der Regel über pädagogische Expertise? Die bräuchten sie ja, um sich für die MITBESTIMMUNG bei der Besetzung pädagogischer Leitungsstellen zu qualifizieren.

Antwort: Nein, sie verfügen in der Regel NICHT über pädagogische Expertise und sind daher auch nicht qualifiziert, über pädagogische Leitungsstellen zu entscheiden.

Letztlich basiert das Votum der Bürgermeister wohl überwiegend auf der Frage, ob ihnen jemand sympathisch ist, ihre kommunalpolitischen Ziele teilt und reibungslose Kooperation verspricht.

Das sind legitime Interessen, darf aber bei der Wahl einer Schulleitung aber keine Rolle spielen.

Umgekehrt können sich die Schulleiter ja auch nicht aussuchen, wer der Bürgermeister ist. Erwachsene verschiedener Professionen sollten grundsätzlich in der Lage sein, konstruktiv zusammenzuarbeiten.

Dabei müssen die pädagogischen Ziele einer Schulleitung, z.B. hinsichtlich der Schulentwicklung, nicht notwendigerweise mit den politischen Zielen eines Bürgermeisters übereinstimmen.

Und abschließend möchte ich sogar behaupten, dass Schulleitungen, die politisch „auf Linie“ sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit pädagogisch nichts nach vorne bringen.

Die Abschaffung dieses dysfunktionalen Gremiums ist daher sehr zu begrüßen.

Bruni Zensi Löbel
1 Monat zuvor
Antwortet  Lera

Nach meinem Dafürhalten wird hier von Ihnen sehr spekulativ formuliert. Um es Argumentieren nennen zu können, wären Beweise und Belege zu ergänzen. Was die persönlichen Sympathien angeht- da könnte man auch einwenden, wenn ausschließlich die Schulen selbst (wer dort genau?) oder etwa das Ministerium (Versorgungs-/ Pflegefälle, politische Couleur etc.) entschiede, bestünde die Gefahr auch.
Eine Schule ist im Idealfall eingebunden in den regionalen Kontext. Warum soll man das nicht berücksichtigen? Ein:e Schulleiter:in vertritt schließlich die Schule nach außen und ist- das nicht zu vergessen- Vorgesetzte:r einer kommunalen Behörde. Nur mit Pädagogik zu ‚argumentieren‘, ist putzig, aber blauäugig.
(Ein:e Schulleiter:in kann Rat und Bürgermeister:in durch Wahl sehr wohl „aussuchen“. Eine Kommune kann das umgekehrt auch nicht allein- es gibt unterschiedliche Ebenen der Beteiligung: Benehmen, Zustimmung, Information…kann man recherchieren vor dem Aufregen.)

Lera
1 Monat zuvor

War mir gar nicht aufgefallen, dass ich mich aufrege.

Nach Ihrem Dafürhalten sind meine Ausführungen also spekulativ und Sie hätten gerne „Beweise“.

Dann gehen Sie mal mit gutem Beispiel voran und belegen am Text, was Ihnen da ganz konkret spekulativ erscheint.

Denn ganz unaufgeregt stelle ich fest, dass Sie hier nur ein Pauschalurteil fällen, ohne auf meine Argumentation einzugehen.

Stimmt es etwa nicht, dass Schule in erster Linie eine pädagogische Institution ist?

Oder dass Bürgermeister in der Regel über keine pädagogische Expertise verfügen?

Und ist es daher nicht berechtigt zu hinterfragen, wie qualifiziert ihr Urteil bei der Besetzung einer pädagogischen Leitungsstelle ist?

„Ein:e Schulleiter:in vertritt schließlich die Schule nach außen und ist- das nicht zu vergessen- Vorgesetzte:r einer kommunalen Behörde.“

Hier wedelt der Schwanz mit dem Hund: ein Schulleiter ist (leider) AUCH ein „Behördenleiter“, aber das ist nicht der KERN seiner Aufgabe.

Sie finden es „putzig“, wenn man darauf hinweist, dass Pädagogik für Schulen wichtiger ist als Verwaltung und Politik.

Ich finde es traurig, dass wir mittlerweile soweit sind, den pädagogischen Charakter der Institution Schule nur noch als nice-to-have oder als Feigenblatt für politische Ziele oder administrative „Notwendigkeiten“ anzusehen.

Das Wort „putzig“ impliziert ja eine gewisse Naivität: guckt mal, der glaubt wirklich, dass es in Schule um Pädagogik ginge.

Und das ist m. E. eine sehr zynische Einstellung.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, und bitte: nicht immer so aufregen. Zwinkersmiley

Bruni Zensi Löbel
1 Monat zuvor
Antwortet  Lera

Gute Frau,
Sie sehen mich verwundert, aber keinesfalls aufgeregt. Und es fehlt mir auch nicht an Beweisen, gar forderte ich welche von Ihnen ein. Der Hinweis bezog sich lediglich darauf, dass hier nicht argumentiert wird- von Ihnen nicht, von mir nicht- denn zu einem Argument gehören These-Begründung und Beweis/ Beleg. So lernt man das im Fach Deutsch.
Ob mein Urteil qualifiziert ist- hinterfragen Sie es gerne, schließlich schrieb ich nicht aus wissenschaftlicher, sondern eher aus deskriptiv- narrativer Perspektive. Putzig finde ich in der Tat, wenn man jede in und für Schule getroffene Entscheidung als pädagogische einfordert. Das ist sie nicht, das kann sie nicht sein. Natürlich muss der Pädagogik Primat eingeräumt werden, deshalb ist die Besetzung der Leitungsstelle eben nicht ausschließlich durch die Kommune zu treffen. Dass eine Beteiligung (wie gesagt es gibt dabei die Ebenen Information-Benehmen-Zustimmung) gibt, ist m. E. geboten, denn Schule ist eben keine Insel. Schulträger haben mehr zu beachten als die Einzelschule und deren pädagogische Überlegungen (muss man nicht goutieren, kann man aber nicht negieren)- seien es Gesetze, Konkurrenz zu anderen Kommunen, Attraktivität des eigenen Standortes, Qualität der Absolvent:innen als künftige Arbeitskräfte und leider auch die Finanzen. Und als Lehrkraft nur mit Pädagogik zu entgegnen, ist vielleicht ehrenrührig, aber für mich in der Tat putzig im Sinne von naiv.
Natürlich ist die Schule eine vor allem pädagogische Institution und von entsprechenden Grundsätzen geleitet. Den von Ihnen konnotierten Antagonismus zwischen pädagogischem Ethos hier und dem völligen Fehlen dessen dort (beim Schulträger) halte ich absolut für spekulativ- eine interessante Forschungslücke sehe ich da.
In diesem Sinne- es muss schön sein, wenn Maria Montessori und Rudolf Steiner im eigenen Kopf das Wort Pädagogik tanzen- haben Sie Freude daran, ich gehe jetzt ins Wochenende.

Lera
1 Monat zuvor

Genießen Sie es, meine Teuerste, hier noch etwas Lektüre zum Thema „Was ist eine Argumentation“:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Argument

Bitte, gerne.

mama51
1 Monat zuvor

Die Beteiligung des Schulträgers sowie der Lehrkräfte, Eltern und gegebenenfalls Schülerinnen und Schüler an der Auswahl der Schulleitung soll künftig in Form einer Stellungnahme stattfinden und nicht mehr abgestimmt werden. Dabei entspricht das anzuhörende Gremium dem Schulleiterwahlausschuss.

Hm,… von einer solchen Regelung hab ich ja noch nie etwas gehört. Was es in manchen BL so alles gibt! Was ein Gedöns, sorry!
Da, wo ich herkomme, entscheidet schlicht das SSA über die Besetzung der Funktionsstellen von Rektor bzw. Konrektor. – Fertig!