Mehr rechtsextreme Vorfälle an Schulen – Bildungsminister: Einmischen nötig!

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POTSDAM. Nach dem Weckruf durch ein überbordendes Rechtsextremismus-Problem an einer Oberschule im Spreewald werden mehr rechtsextremistische Vorfälle in Brandenburg gezählt. Bildungsminister Freiberg fordert Lehrkräfte auf, sich einzumischen.

Rechtsextremismus breitet sich aus. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Zahl offiziell gezählter rechtsextremistischer Vorfälle an Brandenburger Schulen hat sich deutlich erhöht. Im ersten Schulhalbjahr 2023/24 registrierten die Schulämter 203 solcher Meldungen. Dazu kamen 60 fremdenfeindliche, 25 antisemitische und 21 weitere extremistische Vorfälle, wie das Bildungsministerium berichtete. Dopplungen sind dabei allerdings möglich. Im gesamten Schuljahr 2022/23 waren den Schulämtern lediglich 70 rechtsextremistische Äußerungen oder Handlungen, außerdem 21 rassistisch motivierte, 7 antisemitische sowie 4 andere extremistische Vorfälle gemeldet worden.

Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) fordert ein konsequentes Handeln und sagt den Schulen Unterstützung zu. Er verweist auch auf bereits begonnene Maßnahmen. «Schulen müssen sich einmischen», sagte Freiberg. «Es gibt keine Neutralität vor den Werten des Grundgesetzes wie Gleichheit, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit. Deswegen haben wir das Schulgesetz auch geändert.»

Schulen müssen Vorfälle schneller melden

Die Brandenburger Schulen müssen seit der Entscheidung des Landtags im Januar schneller auf Rechtsextremismus reagieren, auch als Konsequenz aus Vorfällen an einer Schule in Burg im Spreewald. Vorfälle zur Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie antisemitische oder rassistische Vorfälle sollen unverzüglich dem Schulamt gemeldet werden – das war bisher nicht zwingend vorgeschrieben.

Eine Lehrerin und ein Lehrer aus Burg im Spreewald hatten im vergangenen Jahr in einem anonymen offenen Brief geschildert, sie seien täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert. Sie verließen nach Anfeindungen aus der rechten Szene die Schule. Der neue Schulleiter versucht, die Probleme in den Griff zu bekommen – was sich als schwierig erweist (News4teachers berichtete). Rechtsextremismus gedeiht auch andernorts: Die Schulämter in Brandenburg meldeten seit dem Brief mehr solcher Fälle.

Minister fordert konsequentes Handeln

«Das ist nichts, was man wegdiskutieren kann», sagte der Minister. «Wir haben insgesamt in der Gesellschaft ein Klima, das sehr nachdenklich stimmt, und das wirkt sich auch auf die Schulen aus. Es ist nichts, was sich selbst erledigt.» Er sieht eine größere Sensibilität: «Man muss davon ausgehen, dass sehr viel genauer hingesehen wird», sagte Freiberg. «Jedem Vorfall – egal aus welcher Motivation heraus – muss nachgegangen werden, da muss konsequent gehandelt werden. Wir versuchen, den Schulen Unterstützung und Beratung zu bieten.»

Eine der ersten Reaktionen auf die Situation in Burg war nach Angaben des Ministers, dass das Projekt «Starke Lehrer – starke Schüler» verstetigt wurde. Dabei werden Lehrkräfte in der Auseinandersetzung mit rechtsextremen, antisemitischen und rassistischen Überzeugungen geschult. «Wir haben auch die Mittel für die Unterstützung von Projekten in Schulen hochfahren können», sagte Freiberg. «Wir werden nicht nachlassen, Schulen als demokratische Orte zu stärken und zu entwickeln oder sie gegen Angriffe von außen zu schützen.» News4teachers / mit Material der dpa

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Besseranonym
1 Jahr zuvor

«Schulen müssen sich einmischen», sagte Freiberg. «Es gibt keine Neutralität vor den Werten des Grundgesetzes wie Gleichheit, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit. Deswegen …….

Soso, warum wurden dann die Lehrer in Bug/Spreewald nicht VON IHM * unterstützt, die immer wieder die rechtsextremistischen Vorfälle weiter gegeben hatten und dann, um nicht ständig bedroht, verfolgt zu werden..
gehen mussten.

* ein weiterer Fall von wirdsichschonwiedergeben, die sollen erst mal machen – ich ( Freiberg) arbeite dann später an meiner DemokratieGloriole.
Warum spielen die Leute weiter mit, obwohl diese Handlungsmuster immer die gleichen sind.
Und wer muss es immer wieder, idF mit dem gesamten weiteren Leben
( Umzug, Haus verkaufen, neue Schule für die Kinder, Ehepartner durch Beruf 400km getrennt……) ausbaden ?

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Besseranonym

Typisches Gaslighting. Man dreht das Narrativ, die Öffentlichkeit hat die Zusammenhänge doch längst schon wieder vergesseen. Man selber hat natürlich schon immer durchgegriffen, nur die f… S… vor Ort lassen wieder alles schleifen…

IchBinEhrlich
1 Jahr zuvor

“konsequentes Handeln”
Aber wie haben denn die Ministerien unter Frau Ernst und jetzt Herrn Freiberg “konsequent gehandelt”? Gilt nicht normalerweise das alte Prinzip “keine schlafenden Hunde wecken, keine schlechte Presse, lieber totschweigen”? Das gilt dann für alles, was peinlich ist, natürlich auch anderes als das, was im Artikel genannt ist.

Enjoy your chicken Ted
1 Jahr zuvor

Stimme absolut zu, Schulen müssen sich einmischen. Wo bleibt der dafür Beauftragte aus der Behörde, der sich solcher Fälle annimmt? Oder sollen LuL jetzt neben dem Studium noch Extremismusexperten werden? Machen wir das neben dem Studium zum Psychotherapie? Am Wochenende nach dem Yoga und dem Achtsamkeitstraining?

RainerZufall
1 Jahr zuvor

Dem kann ich nichts entgegenen. Ich drücke die Daumen und hoffe, diesen Worten folgen auch Taten, um Kolleg*innen im Kampf gegen JEDE Art von Extremismus zu unterstützen!

Unfassbar
1 Jahr zuvor
Antwortet  RainerZufall

Bemerkenswerter Kommentar von Ihnen, den ich vorbehaltlos zustimme. Inwiefern es Taten bei jeder Art von Extremismus gibt, wird sich zeigen. Beispielsweise muss dafür die zuständige Stelle den genannten Extremismus auch als solchen ansehen.

RainerZufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Eigentlich ziemlich gewöhnlich.
Ich lehne Extremismus ab, verwahre mich, Andersdenkende, Verdachtsfälle und Unbequeme sofort in Extremgruppen abzutun, will KuJ unterstützen und sehe Grenzen beim Erziehungsrecht (was oft schmerzhaft ist).
Wissenschaftliche Erkenntnisse halte ich SEHR hoch, Rassismus, Antisemitismus, sonstige Menschenfeindlichkeit und besonders Ignoranz lehne ich ab.

Also WAS überrascht Sie? Mein Kommentar betrifft die sehr vielen Nazis im Land oder wie sie sich sonst nennen wollen und die weniger (aber nicht geringer gefährlichen) Extremisten auf anderen Seiten (Ende Gelände wurde als linksextrem eingestuft – ich bibbere vor Angst, habe aber umso größeren Respekt vor unseren objektiven Sicherheitsbehörden 😉 )

In Potsdam ist das größte Problem rechts und muss (zu ihrer Enttäuschung?) bekämpft werden – so wie alle anderen Gefahren!