HANNOVER. Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL) schlägt nach Veröffentlichung des IQB-Bildungstrends 2024 Alarm: Deutschlands Schülerinnen und Schüler schneiden in Mathematik und den Naturwissenschaften zunehmend schlechter ab – und Niedersachsen liegt dabei sogar unter dem Bundesdurchschnitt. VNL-Landesvorsitzender Torsten Neumann fordert angesichts der Ergebnisse einen „Bildungsruck durch ganz Deutschland – auch durch Niedersachsen“.

„Das wievielte Mal hören wir von katastrophalen Ergebnissen im Bildungsbereich – und was sind die Konsequenzen?“, fragt Neumann. Der neue IQB-Bildungstrend, der die Kompetenzen von Neuntklässlern in der Sekundarstufe I untersucht, zeige erneut eine „deutliche Verschlechterung“ der Leistungen in Mathematik und den Naturwissenschaften. Besonders beunruhigend: 37,1 Prozent der niedersächsischen Neuntklässler erreichen in Mathematik nicht einmal die Mindeststandards, die für den Mittleren Schulabschluss erforderlich wären. „Das ist mehr als alarmierend“, betont Neumann. Auch in Chemie, Physik und Biologie sehe es „nicht viel besser aus“.
Der Negativtrend halte seit Jahren an – und das trotz wiederkehrender politischer Bekenntnisse, gegenzusteuern. „So kann und darf es nicht weitergehen“, mahnt der VNL-Chef. Dabei seien nicht allein die Schulen und Lehrkräfte in der Pflicht, sondern auch Elternhäuser und Schülerinnen und Schüler selbst.
Lehrkräftemangel und Bildungspolitik als Mitursachen
Neben den Nachwirkungen der Corona-Pandemie sieht Neumann vor allem den anhaltenden Lehrkräftemangel in Niedersachsen als zentrale Ursache der Misere. „Gerade in den MINT-Fächern herrscht ein großer Mangel an Fachlehrkräften“, erklärt er. Die von der Landesregierung geplante Zusammenlegung der naturwissenschaftlichen Fächer zu einem Sammelfach „Naturwissenschaften“ werde den Trend nicht stoppen können – im Gegenteil: „Das wird eher zu einer weiteren Verwässerung führen.“
Kritisch äußert sich der Verband auch zur geplanten Vereinheitlichung der Lehrkräfteausbildung im Sekundarbereich I. Diese werde „nicht dazu beitragen, den Negativtrend im MINT-Bereich umzukehren“, warnt Neumann.
„Taten müssen folgen“
Der Vorsitzende erinnert daran, dass ein rohstoffarmes Land wie Deutschland „auf eine gute, umfassende Bildung – gerade auch im MINT-Bereich – nicht verzichten“ könne. „Wir benötigen für den Arbeitsmarkt von morgen dringend gut ausgebildete Schülerinnen und Schüler“, so Neumann.
Sein Appell ist deutlich: „Es muss endlich ein Bildungsruck durch ganz Deutschland, auch durch Niedersachsen gehen. Leider geht dieser noch immer nicht durchs Land.“ Ob die aktuellen Ergebnisse des IQB-Bildungstrends diesen Ruck endlich auslösen werden, bleibe offen. „Ankündigungen reichen nicht – Taten müssen folgen. Es wird dringend Zeit, es brennt!“ News4teachers
IQB-Bildungstrend: Ranking im Überblick – So schneiden die einzelnen Bundesländer ab









Als MINT-Lehrkraft aus Niedersachsen kann ich nur zustimmen, allerdings glaube ich nicht an eine Trendumkehr. Die curricularen Vorgaben haben mit Wissenschaftspropädeutik nichts mehr zu tun. Meine ukrainischen Schüler schauen immer ganz irritiert, wenn Sie sehen, wie niedrig das Niveau bei uns an der Schule ist. Passend dazu haben wir seit der letzten Wahl eine Kultusministerin ohne Studien- oder Berufsabschluss, die dafür aber mega sympathisch ist und der Entwicklung ein Gesicht verleiht.
Ich glaube eher, dass man in Niedersachsen Mathematik und die Naturwissenschaften am liebsten komplett abschaffen würde. Anders kann man sich die Lehrplanentwicklungen nicht mehr erklären. In der Oberstufe sollen nun noch weniger Klassenarbeiten geschrieben werden, damit die armen Schüler 70 % ihrer Zeugnisnote durch ihre super, duper Mitarbeit erhalten (wo dann eine 2 als schlecht gilt). Schriftlich bekommen sie es leider nicht hin, aber das hat natürlich andere Gründe als die nicht vorhandenen Fähigkeiten. Auch der (erweiterte) Realschulabschluss und die Fachhochschulreife werden immer häufiger an Schulformen vergeben, wo Mathematik überhaupt nicht mehr in die Note einfließt und die Naturwissenschaften gar nicht erst unterrichtet werden (falls doch, dann immer Bio in der geringstmöglichen Dosis).
Woher sollen zukünftig die MINT-Lehrkräfte kommen? Es werden seit Jahrzehnten zu wenige ausgebildet. Lange Zeit wurden dann promovierte Seiteneinsteiger eingestellt, was sicherlich ein guter Kompromiss war. Aber mittlerweile will von denen offenbar kaum noch jemand im Schuldienst arbeiten.
*philosofiiiieee-Modul aktiviert*
“Wo der Baum starr steht und bricht,
neigt Bambus höflich sein Gesicht
und steht nach kurzer Zeit
schon wieder aufrecht,
wuchsbereit.”
Weniger Arbeiten ?
Gute Sache, weniger nervige Korrekturen. Äääähhhh, ich meine, “Stress”, “Druck”, “schülerorientiert”, “offene Lernlandschaften” !
“Zertikurse!”
“Wie viel Entlastung, Bezahlung, Beförderung gibt … ACH SO, gar nix und garkeine, wie immer ?
Ach ja, tee-hee-hee, Mensch, Mathe/Info und ich, ja, also das ist eh nix für mich, da hatte ich als Schüler schon Probleme, tee-hee.”
Wir haben zurzeit ein Fachkabinett für Technik/Physik, in dem Tische stehen, auf denen ich im Chemieunterricht Experimente durchführen könnte. Außerdem befinden sich an den Schülerarbeitsplätzen die Anschlüsse für Gas und Strom. Leider haben wir in diesem Raum und den angrenzenden Vorbereitungsräumen nur ein einziges “normales” (= kleines, aus Porzellan) Waschbecken, keine Vorrichtung zum Trocknen von Glasgeräten u.ä. Noch dazu sind alle Schränke proppevoll mit Materialien für Pysik und Technik.
Also wurde der Chemieunterricht mit in den Bioraum gelegt, in dessen Vorbereitungsraum in den Schränken zumindest noch etwas Platz war, außerdem steht dort der (einzige) Chemikalienschrank und über dem kleinen Waschbecken hängt immerhin ein Trocknungsgestell. Anschlüsse für Strom und Gas sind dort allerdings nicht vorhanden, die Tische für Schüler und Lehrer sind die ganz normalen, die in jedem normalen Klassenraum stehen und Experimentiertabletts haben wir auch nicht, d.h. dort dürfte eigentlich gar nicht experimentiert werden.
Die weitere Ausstattung ist schlecht. Ich unterrichte in der 12. Klasse FOS und kann nur die verpflichtenden Schülerexperimente des ersten Halbjahres abdecken. Selbst diese Geräte und Chemikalien mussten hart errungen werden, die Kittel kamen nach 1,5 Jahren hier an und das obwohl wir mehrfach deutlich gemacht haben, dass diese Mittel zur Erfüllung des Lehrplans nötig sind. Als die Kittel dann endlich kamen, musste unsere Sekretärin stattdessen noch schriftlich begründen, ob wir die Kittel wirklich brauchen, da wir ja schließlich die letzten 1,5 Jahre darauf verzichten konnten. Wir haben halt wenig und unerlaubterweise ohne Kittel experimentiert. Einfach mal etwas “Schönes” oder Spannendes oder wenigstens ein Modell zeigen ist nicht drin, weil einfach nichts da ist. Da ich aber nur 2 Wochenstunden Chemie habe und mein zweites Fach ein Korrekturfach ist, habe ich keinerlei Motivation, mich mit dem Landkreis herumzuärgern. Selbst wenn ich mehr Ausstattung bekäme, habe ich keinen Platz dafür, die Sicherheitsbestimmungen werden nicht eingehalten, usw. In der gymnasialen Oberstufe bieten wir erst gar kein Chemie an, da wir nicht die Ausstattung haben, den Lehrplan, geschweige denn Prüfungen inklusive Experimenten, abzudecken.
Der Knaller: Wir wurden ausgezeichnet als Mint-freundliche Schule. Solange nicht der Wille da ist, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, wird sich an dieser Situation nicht viel verändern.
Das hört sich ziemlich traurig an. Einzig den Aspekt der fehlenden Kittel kann ich nicht verstehen, es gibt viele Schulen, die keine Kittel für Schüler haben (wir auch nicht) und dennoch Chemieunterricht durchführen.
Wenn Sie ihn noch nicht kennen, schauen Sie man nach den Materialien von Alfred Flint aus Rostock. Er war selbst jahrelang Lehrer, bevor er Chemiedidaktiker wurde und hat sehr viele tolle Sachen, die man mit Gegenständen und Stoffen aus dem Alltag machen kann.
Ansonsten gibt es die Unterrichtsförderung der FCI (Fonds der Chemischen Industrie), wo man gut Gelder für Chemikalien und Ausstattung bekommen kann.Gerade für eine MINT-freundliche Schule sollte es leicht sein, darüber Gelder zu bekommen.
Vielen Dank für die Hinweise. Ich werde mich demnächst mal um Förderung durch den Fonds bemühen. Verständlicherweise möchte der Fonds aber nicht dafür herhalten, eine Basisausstattung aufzubauen, sondern sie möchten für die “Extras” genutzt werden, da die Basisausstattung Sache der Schulträger ist. Dies kann ich total verstehen, auch wenn es für unsere Schule ein Nachteil ist. Da die FOS nur ein Jahr Chemie macht und nicht annähernd den Rahmenlehrplan GOST abdeckt, können diese Schüler auch an keiner Chemieolympiade teilnehmen, d.h. ich habe leider sehr wenig an “Vorleistung” vorzuweisen, was der Fonds der chemischen Industrie (auch wieder verständlicherweise) möchte. Immerhin haben wir in der Umgebung ein Schülerlabor, das wir einmal pro Jahr nutzen und das uns weitere Experimente ermöglicht.
Zu den Kitteln: Mir ist bewusst, dass viele Schulen keine Kittel haben oder sie nicht nutzen. Das bedeutet aber nicht, dass es sich nicht trotzdem um vorgeschriebene Schutzkleidung handelt. Nach einem kleinen Zwischenfall mit Säure teilte mir die Unfallkasse unmissverständlich mit, dass Schüler zwingend zu allen Experimenten mit Säure, auch der verdünnten, Handschuhe zu tragen haben. Chemiker wissen, dass dies bei verdünnter Säure nicht nur unnötig, sondern durch die Gefahr der Verschleppung sogar kontraproduktiv ist. Diese Argumente ließ die Unfallkasse nicht gelten, glücklicherweise blieb es aber bei der Belehrung. Seitdem halte ich die Sicherheitsvorschriften penibel ein, auch wenn Kollegen mich belächeln. Aber sollte sich noch ein Vorfall ereignen, bin ich die Schuldige.
Die Auszeichnung als “MINT-freundliche Schule” ist einer dieser zahlreichen Papiertiger Marke “Schulsiegel zum aufhängen”, die durch den doitschen Bildungsdschungel schleichen.
So lange irgendwer A13z will und halt ‘nen KI-Abo hat sowie auf ein/zwei Foto-Orgien, äh, “Wettbewerbe” fährt ist das kein Problem.
Warum sollen sich Naturwissenschaftler (MINT) den Lehrerberuf auch antun? Schlechte Bezahlung, miese Arbeitsbedingungen, undankbare „Kundschaft“ (Schüler und Eltern), schwieriges Verhältnis zu den Vorgesetzten (Dezernat) — und all das für viel in der Oberstufe eingesetzte Kollegen. Bei den reinen Sek I-Kollegen ist das noch viel schwieriger.
Lemov Schulen etablieren wie in USA und UK und es läuft
Es sollte halt an den Schulen wieder mehr um Inhalte und Leistung gehen! Die Einstellung zum Lernen, Anstrengung und Durchhaltevermögen haben in den letzten 30 Jahren nach meiner Erfahrung als Lehrer bei vielen Schülern kontinuierlich abgenommen. Aus vielen Gründen….Ohne solche Eigenschaften hat man aber z.B. in Mathematik kaum Erfolg!
Übersichtliche Erfolglosigkeit aus vielen Gründen in z.B. Mathematik kann ich halt als zumindest temporär, bemühte Schülerin voll bestätigen. Ist immer alles eine Frage der Einstellung zum selbstbestimmten Lernen und Abholungsbereitschaft der jeweiligen Umgebung.
Und natürlich Annnahmebereitschaft durch die Umgebung.