Schulministerium bietet mit Microsoft KI-Schulung für Lehrer an: Datenschützerin außen vor

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DÜSSELDORF. Ausgerechnet mit Microsoft startet NRW eine KI-Offensive für Lehrkräfte – obwohl die Landesdatenschutzbeauftragte Schulen mahnt, die Produkte des Konzerns besonders kritisch zu prüfen. Pikant: Das Schulministerium hat die Aufsicht vor Beginn der neuen Initiative nicht eingebunden. Dass Microsoft die Fortbildung zudem finanziell unterstützt, macht den Balanceakt zwischen Digitalisierungsambitionen und Datenschutzvorgaben noch heikler.

Heißes Eisen. (Symbolfoto.) Foto: Shuttesrtock

„Eine Einschätzung der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit liegt nicht vor.“ So lapidar antwortet das Schulministerium Nordrhein-Westfalen auf die parlamentarische Anfrage der Landtagsabgeordneten Franziska Müller-Rech (FDP), ob die Datenschutzaufsicht vor Start der neuen landesweiten KI-Fortbildungsinitiative für Lehrkräfte eingebunden wurde. Denn Partner dieser Initiative ist kein Geringerer als der IT-Gigant Microsoft.

Bemerkenswert ist diese Aussage deshalb, weil die Landesdatenschutzbeauftragte (LDI NRW) Schulen und Behörden in Nordrhein-Westfalen auffordert, die Nutzung von Microsoft-Produkten genau zu prüfen. In einer von ihr veröffentlichten Handreichung zu Microsoft 365 heißt es, der Nachweis eines datenschutzkonformen Einsatzes sei derzeit nicht möglich, solange Microsoft nicht offenlegt, welche personenbezogenen Daten zu eigenen Geschäftszwecken verarbeitet werden. „Solange […] die notwendige Transparenz […] nicht hergestellt und deren Rechtmäßigkeit nicht belegt wird, kann der Nachweis, Microsoft 365 datenschutzkonform zu betreiben, […] nicht erbracht werden.“

Die LDI verlangt deshalb, dass öffentliche Stellen – ausdrücklich auch Schulen – vertraglich ausschließen müssen, dass Microsoft personenbezogene Daten zu eigenen Zwecken nutzt. Darüber hinaus betont die Handreichung, dass Einwilligungen von Eltern oder Schülerinnen und Schülern als Grundlage für den Einsatz der Software unzulässig seien: „Beim Einsatz in Bildungseinrichtungen sollte die AV-Vereinbarung […] keine Verpflichtung enthalten, eine Einwilligung […] einzuholen.“

Datenschutzlage: mehrere Bundesländer haben Microsoft-Nutzung eingeschränkt

Hintergrund: Die Datenschutzkonferenz von Bund und Ländern (DSK) stellte bereits 2022 fest, dass die Auftragsverarbeitung von Microsoft 365 nicht den Anforderungen der DSGVO entspricht. In der Folge untersagten oder beschränkten mehrere Länder – darunter Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg – die schulische Nutzung von Microsoft Teams oder Microsoft 365. Nordrhein-Westfalen gehört zu den Ländern, die kein generelles Verbot ausgesprochen haben. Schulen dürfen Microsoft-Produkte nutzen, müssen jedoch – laut LDI – zuvor eben eine aufwändige datenschutzrechtliche Prüfung vornehmen und entsprechende Zusatzvereinbarungen mit Microsoft treffen.

Gleichzeitig startet das Schulministerium eine KI-Fortbildungsoffensive

Ungeachtet der bestehenden Hinweise kündigte das Schulministerium nun die landesweite Initiative „KI-Skilling.NRW“ an. Nach Angaben des Ministeriums sollen rund 200.000 Lehrkräfte dabei unterstützt werden, KI im Unterricht einzusetzen. Die Angebote seien online verfügbar, flexibel nutzbar und technologieoffen konzipiert. „Mit der landesweiten Initiative KI-Skilling.NRW eröffnet das Schulministerium Lehrkräften neue Wege, Künstliche Intelligenz im Unterricht einzusetzen“, so heißt es in einer Pressemitteilung. Ziel sei es, Unterricht „personalisierter zu gestalten“ und Lernprozesse weiterzuentwickeln. Lehrkräfte sollen Materialien, Online-Sessions und Beispiele aus Schulen erhalten.

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) wird in der Mitteilung so zitiert: „Künstliche Intelligenz verändert Gesellschaft, Wirtschaft und Bildung gleichermaßen. […] Mit KI-Skilling.NRW geben wir Lehrkräften ein praxisnahes Angebot, das sie unterstützen soll, Neues auszuprobieren und KI lernförderlich in der Schule einzusetzen.“

Die Fortbildungsreihe umfasst laut Ministerium Grundlagenwissen zu generativer KI, Einsatzmöglichkeiten im Unterricht, kreative KI-Anwendungen wie Bilder, Musik oder Geschichten, wöchentliche Online-Sessions, Beispiele aus Schulen im Land sowie geplante Präsenz- und Hybridformate. Umgesetzt wird die Initiative gemeinsam mit der Organisation Helliwood im fjs e. V. – und eben mit Unterstützung von Microsoft Deutschland.

Hintergrund: Gemeinsame Präsentation mit Microsoft im Juni 2025

Bereits im Juni hatten Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Microsoft-Präsident Brad Smith die KI-Skilling-Initiative auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt. Dort sagte Wüst: „In Nordrhein-Westfalen ist KI-Bildung ein Schlüsselthema. […] Microsoft bekräftigt sein Commitment für den KI-Standort Nordrhein-Westfalen damit noch einmal auf beeindruckende Weise.“ Brad Smith erklärte bei der Gelegenheit: „Es ist unerlässlich, Fachkräfte weiterzubilden, damit sie KI erfolgreich im beruflichen Umfeld nutzen können. Wenn Menschen über die richtigen Kompetenzen verfügen, gestalten sie den Wandel aktiv mit.“

Die Schalmeienklänge kommen nicht von ungefähr: Microsoft baut im Rhein-Erft-Kreis bei Köln gleich drei gigantische Rechenzentren, weitere sind im Gespräch – eine Milliarden-Investition.

Den Eindruck von zu viel Nähe zum US-Konzern versucht das Schulministerium gleichwohl zu verwischen. „Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Schule und Bildung (MSB) wird die KI-Skilling-Initiative durch den Förderverein für Jugend und Sozialarbeit e.V. (fjs e.V.) bzw. dessen Fachbereich ‚helliwood‘ durchgeführt. Dieser gemeinnützige Verein soll Kooperationspartner des Landes Nordrhein-Westfalen werden und wird die Schulungen in Abstimmung mit dem Ministerium für Schule und Bildung durchführen“, so heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Müller-Rech.

Allerdings, so entlockt die Parlamentarierin dem Ministerium, hat Microsoft bei dem gemeinnützigen Verein zumindest einen Fuß in der Tür. Im Wortlaut: „Die Rolle der Microsoft Deutschland GmbH beschränkt sich bei der KI-Skilling-Initiative auf eine zweckgebundene Spende in Höhe von 350.000 US-Dollar an den oben genannten Verein. Microsoft ist nicht an der Durchführung beteiligt, erhält keinen Zugriff auf personenbezogene sowie fachbezogene Daten, soweit letztere nicht ohnehin allgemein zugänglich werden. Microsoft hat keinen Einfluss auf die Inhalte, die Methodik oder die Vergabe der Teilnahmebescheinigungen. Dafür führt der Förderverein für Jugend und Sozialarbeit e.V. die KI-Schulungen durch. Eine Gegenleistung seitens des Landes oder der Teilnehmenden gegenüber dem fjs e.V. bzw. Microsoft erfolgt nicht.“

Dann hätte man eigentlich auch die Landesdatenschutzbeauftragte einbeziehen können. News4teachers

Hier geht es zu allen Beiträgen des Themenmonats “Digital lehren und lernen”. 

iPads im Unterricht: Datenschutz-Beauftragte warnt Schulen vor unbedachter iCloud-Nutzung

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