Muss der „Schweigefuchs“ weg? In NRW gibt es eine Entscheidung

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DÜSSELDORF. Das Handzeichen, das den „Schweigefuchs“ darstellen soll, sieht fast genauso aus wie der Wolfsgruß, also das Erkennungszeichen türkischer Rechtsextremisten. In nordrhein-westfälischen Kitas und Schulen ist trotz der großen Ähnlichkeit jedoch kein Verbot geplant.

Das Ruhe-Symbol “Schweigefuchs” sieht dem Wolfsgruß sehr ähnlich. Foto: shutterstock

Um das Ruhe-Symbol „Schweigefuchs“ im Grundschul-Unterricht wirksam einzusetzen, müssten Lehrkräfte die Bedeutung der Geste ohnehin zuvor erklären, hieß es aus dem Düsseldorfer Schulministerium. „Eine Verwechselung mit dem Wolfsgruß ist daher im schulischen Kontext eher unwahrscheinlich.“

Genauso sieht es auch das Familienministerium für den frühkindlichen Bereich. Hier sei der sogenannte Leisefuchs – auch Flüsterfuchs oder Lauschefuchs genannt – eine pädagogische Strategie, um die Kinder beispielsweise im Morgen- oder Stuhlkreis dazu zu bewegen, leise zu werden. In der Praxis werde dieses Handzeichen in Kindergärten und Schulen oft durch einen Finger auf den Lippen begleitet, so dass die Bedeutung der Geste eindeutig sei, erläuterten beide Landesministerien.

Eher Thema in weiterführenden Schulen

Die Diskussionen über den bei der Europameisterschaft gezeigten Wolfsgruß seien aber von gesellschaftlicher Relevanz und hätten vor den Ferien vor allem an weiterführenden Schulen in geeigneter Weise auch zum Gegenstand im Unterricht gemacht werden können, hieß es aus dem Schulministerium.

Beim Wolfsgruß werden Daumen, Mittel- und Ringfinger zu einer Art Schnauze geformt. Zeigefinger und kleiner Finger bilden so etwas wie Ohren. Der Gruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit oder das Sympathisieren mit der türkischen rechtsextremen Ülkücü-Bewegung und ihrer Ideologie aus. Zur Fußball-Europameisterschaft hatte das Zeichen für Wirbel gesorgt, weil ein türkischer Nationalspieler es beim Torjubel verwendete. Der ebenso geformte Schweigefuchs soll hingegen in Kitas und Schulen eine ruhige Gruppen- oder Lernsituation herstellen.

Wegen Ähnlichkeit zum Wolfsgruß: Lehrkräfte sollen auf „Schweigefuchs“ verzichten

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28 Kommentare
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Sepp
1 Jahr zuvor

Das Handzeichen, das den „Schweigefuchs“ darstellen soll, sieht fast genauso aus wie der Wolfsgruß, also das Erkennungszeichen türkischer Rechtsextremisten.

Liebe Redaktion,
ernstgemeinte Frage: Es finden sich immer solche Aussagen, dass beide Zeichen “fast genau” gleich aussehen. Aber wo ist denn dann im Zeichen (nicht in der Aussage) der kleine Unterschied?

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Hey! Die Gelegenheit an

Ronnie James Dio (10. Juli 1942 – 16. Mai 2010)

zu erinnern!

https://www.youtube.com/watch?v=7ssSiw-yAuw

Aus einer Zeit, in der Musik noch Handarbeit war.

Mano cornuta!

PaPo
1 Jahr zuvor

Habe ich im Vorgängerthread auch schon.
Freut mich, dass sich noch mehr erinnern hier. Scheint guter Musikgeschmack ja doch noch nicht ausgestirben zu sein. 🙂

A.M.
1 Jahr zuvor

Viele Verbote müssen nicht sein und ein Verbot des Schweigefuchses durch die Landesregierung fände ich anmaßend gegenüber Lehrkräften, die sich daran gewöhnt haben und nicht auf diese Geste verzichten wollen.

Aber eine Petition von Schülern gegen den Schweigefuchs fände ich schön. Mir ist es unbegreiflich, warum so vielen Erwachsenen nichts besseres einfällt, als Kinder – und sogar Jugendliche – mit dem Schweigefuchs anzukommunizieren. Mir hätte das als Kind schon nicht behagt. Ich fand es nicht schlimm, wenn Lehrer mal mit der flachen Hand oder dem Klassenbuch aufs Lehrerpult geschlagen haben, um für Ruhe zu sorgen.

Aber es könnten natürlich auch Kinder für die Beibehaltung sein.

Lisa
1 Jahr zuvor
Antwortet  A.M.

Der Schweigefuchs ist ja vor allem Dingen für den Anfangsunterricht. Da fangen einige Schüler, wenn Sie mit dem Klassenbuch auf den Pult schlagen, eventuell an zu weinen.
Meine Schüler mochten ihn, schon weil es in der Fibel einen Lesefuchs gab.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lisa

Schön wäre es. Ich kenne es, dass er über die gesamte Grundschulzeit eingesetzt wurde und dann auch noch an der neuen, weiterführenden Schule.

Dabei gibt es schon Kindergartenkinder, insbesondere unter den Jungen, die diese Rituale wirklich nicht mögen. Man sieht es daran, wie die Gesten ausgeführt werden. Und natürlich an den Gesichtern.

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  A.M.

Wie haut man eigentlich mit einem digitalen Klassenbuch auf’s Pult.

Ich glaube, ich werde alt.

PaPo
1 Jahr zuvor

Volle Kanne mit dem Dienstlaptop auf die Tischkante! 😀

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  PaPo

Für das Recht auf ein analoges Leben! 😉

Pauker_In
1 Jahr zuvor

Man schlägt das Tablet auf’s Pult!

A.M.
1 Jahr zuvor

Es gibt soooo viele Alternativen. Auch gewaltfreie. – Ist die Digitalisierung in allen Schulen schon so weit fortgeschritten? – Und die Kitas hinken mal wieder hinterher?

Lisa
1 Jahr zuvor

Weshalb sollte das Positive stets dem Negativen weichen? Lieber Schweigefuchs als Wolfsgruß. Somit könnte die martialische Geste schön untergraben werden. Nämlich wenn die Betreffenden feststellen, dass der Gruß hierzulande nicht funktioniert, weil jeder an ” Erste Klasse Grundschule” denkt.

Pauker_In
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lisa

Das wär’s doch: Wolfsgruß beim Torjubel – komplette Stille im Stadion!

Canishine
1 Jahr zuvor
Antwortet  Pauker_In

Und wer trotzdem redet, bekommt einen Brief an die Eltern: „Ihr Kind musste wegen wiederholter Störung der Stadionruhe …“. Stattdessen bricht die Klasse in Torjubel aus …

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lisa

Oder an “Kindergarten”. Nach meiner Beobachtung waren es vor allem die Frauen, die den “Schweigefuchs” beibehalten haben. Männer sehe ich so gut wie nie herumkaspern. Das muss ich leider sagen, weil es so ist.

Alice Schwarzer kann ich mir nicht mit dieser Geste vorstellen.

RainerZufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lisa

Garantiert! Noch irgendwelche indischen Symbole im Hinterkopf?

RainerZufall
1 Jahr zuvor

Das Verbot wäre keine Kathastrophe, aber meiner Meinung nach unnötig.

Es gibt offensichtlich so viele nicht-extremistische Beispiele der Verwendung, also warum sollten wir ernsthaft das Palästinensertuch… ich meine natürlich, den Schweigefuchs verbieten wollen

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  RainerZufall

An vielen weiterführenden Schulen ist ein Verbot meiner Meinung nach sehr wohl nötig. Ständig wird provoziert und die Schüler wissen auch genau was sie da machen.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Dazu wäre es vielleicht nicht gekommen, wenn die Schüler nicht schon jahrelang zur Genüge mit dem Schweigefuchs konfrontiert worden wären.

A.M.
1 Jahr zuvor

Für mich haben tatsächlich alle Gesten, die “man” kollektiv macht, etwas von Mitläufertum an sich. Die Kinder meiner Gruppe habe ich nie dazu aufgefordert, gemeinsam für ein Foto den Daumen hoch zu halten oder das Victory-Zeichen zu machen. Wenn andere es mit den Gesten im Alltag anders machen, kann ich damit zurechtkommen. Hauptsache es erwartet niemand von mir, dass ich bei so etwas mitmache, denn dabei könnte ich nicht authentisch sein. Als Kind hatte ich eine freie Kindheit. Ohne Kindergartenbesuch. Im Freispiel erlebten wir Kinder immer wieder ein inniges Gemeinschaftsgefühl. Unter anderem auch wegen der Verantwortung für Jüngere und der Unterstützung, die wir durch ältere oder stärkere Kinder erlebt haben. Diese im Kollektiv durchgeführten Gesten lösen bei mir eher leichten Unmut und Verwunderung aus: Was finden andere nur gut daran?

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  A.M.

Ritualen werden in der Regel auch kollektiv zelebriert, letztlich auch um das Gemeinschaftsgefüge zu stärken. Lehnen Sie derartige “Gesten” als “Mitläufertum” ebenfalls ab ?

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  unverzagte

Konkret auf die Förderung des Gemeinschaftsgefühls bezogen fällt mir leider nichts ein, was ich nicht als manipulativ und unkritisches Mitläufertum begünstigend ansehe. Jede Gesellschaft braucht auch Mitläufer. Das ist klar und den Begriff verstehe ich wirklich nicht so negativ wie er als “Schlagwort” empfunden wird. (Kinder werden mit zunehmendem Alter reifer und selbstständiger.) Aber der Gemeinschaftssinn ist in schon bei den Kleinsten angelegt und ich bezweifle, dass er sich durch gezielte Aktionen fördern lässt. Je mehr wir Kinder in bester Absicht in allen Kompetenzen fördern wollen, um so mehr sehen wir sie als Mängelwesen an, die von uns zu einem von uns gesetzten Ziel geführt werden sollen. Viele KInder werden also dazu gebracht, sich führen zu lassen und etwas mitzumachen, was sie von allein nicht von allein nicht eingefallen wäre. Es gibt so viele Mätzchen außer dem Schweigefuchs. Was finden Erwachsene nur daran, alle Kinder mehr oder weniger gleichzeitig zum munteren Singen und Benutzen bestimmter Gliedmaßen, zum Wackeln mit dem Po, Schütteln der Haare, Hüpfen oder Springen zu bringen? Warum ist einerseits von moderner Pädagogik die Rede und an Grundschulen und in Kitas geht es nicht weniger verkitscht und pseudo-idyllisch zu als vor dreißig Jahren? (Sogar die Grundschulklassen haben nicht selten irgendwelche niedlichen Namen wie “Entenklasse” oder “Rabe-Socke-KLasse”.

PS: Das vor allem mit den Wickelkindern gelacht und geschäkert wird, ist wichtig. Vertrauter Blickkontakt und Wiederholungen von Reimen und Fingerspielen durch einen besonders dem Kind nahe stehenden Menschen lassen KInder quierschvevergnügt werden. Die weit verbreitete “Performance im Kreis” dagegen ist keine ideale Zuwendung für alle KInder “auf einen Streich”.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  unverzagte

So wie z. B. der “Pioniergruß”?

uesdW
1 Jahr zuvor
Antwortet  A.M.

Gesten sind eine Art der nonverbalen Kommunikation. Ich kann sie werten oder nicht werten.
Beispiel WM 2022: Hand vor dem Mund der Nationalmannschaft
Es gab sicherlich einige, die wollten damit eine Botschaft aus Überzeugung senden, und manche die halt mitgemacht haben. ( weil sie ncht aus der Reihe tanzen wollten)

Es gab viele, die fanden das gut und auch viele, die sich sagten, was soll dass.

Und die Interpretation von Gesten ist nicht immer leicht, zumal das ja von Land zu Land verschienden sein kann.

Mitläufertum: Wenn die Kinder und Schüler lernen, dass sie Gesten nicht hirnlos verwenden und nachmachen, sondern dass sie damit eine Botschft senden (mit allen Konsequenzen), dann ist viel gewonnen.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  uesdW

Anlässlich der Aktion der Nationalmannschaft bei der WM 2022 habe ich mich tatsächlich gefragt, was zuvor alles in Kindergarten und Schule “Mitgemachte” dazu beigetragen hat, dass sie sich auf diese fragwürdige Weise haben instrumentalisieren lassen. Es war abzusehen, dass das Ganze einen kläglichen Eindruck hinterlässt und sich an der Situation diskriminierter Minderheiten durch so eine Showeinlage sowieso nichts ändert. – Ein Verzicht auf das Spiel dort und die beachtlichen Einnahmen, wäre ein ganz anderes Zeichen gewesen.

Zweifellos haben die Jüngsten noch nicht die Reife, über das, was sie aus Neugier nachahmen, nachzudenken. Das Kreuzzeichen zum Gebet im katholischen Kindergarten ist für Kinder die es nicht kennen erst mal eine Herausforderung, etwas was sie auch können wollen. – Darüberhinaus ist es eine sehr gute feinmotorische Übung, die etwas über den Entwicklungsstand eines Kindes erkennen lassen kann.
Fatal finde ich, dass KInder sich heute um viele Stunden mehr als früher in Institutionen aufhalten. Lange Betreuungszeiten und ausgiebige Mediennutzung sorgen dagür, dass Kinder zu wenig Zeit für sich allein haben, um sich mal zu langweilen und dann einfach über alles Mögliche nachzusinnen. Reizüberflutung nimmr Kindern die Zeit, sich eigene Gedanken – losgelöst von anderen zu machen.

Hans Malz
1 Jahr zuvor

“…hätten vor den Ferien vor allem an weiterführenden Schulen in geeigneter Weise auch zum Gegenstand im Unterricht gemacht werden können, hieß es aus dem Schulministerium.”

Ja, warum haben wir faulen Säcke das Problem denn nicht schon längst gelöst. Dann muss sich niemand in den oberen Etagen mit solchen Kleinigkeiten beschäftigen. Ist ja lästig…

A.J. Wiedenhammer
1 Jahr zuvor

Meiner Meinung nach würde man den Wolfsgruß mit der weiteren Verwendung des Schweigefuchses nicht unerheblich der Lächerlichkeit und quasi der Profanisierung anheimgeben. Das würde dem Gruß als solchen viel mehr schaden, als jedes Verbot (was immer zu märtyrerähnlichen Reaktionen führt).
Was hilft besser: Die Androhung von (eventuell sogar ansehenssteigernden) Ordnungsmaßnahmen oder das gröhlende Gelächter der Mitschüler mit Sprüchen wie: “Jetzt müssen wir aber alle mal ganz leise sein” ?