MÜNCHEN. Bayern setzt ein starkes Zeichen für die Erinnerungskultur: Ab dem kommenden Schuljahr sollen Lernende aller weiterführenden Schulen mindestens einmal in ihrem Schulleben eine KZ-Gedenkstätte besuchen. Kultusministerin Anna Stolz betont die Bedeutung der Erinnerungsarbeit im Kampf gegen Antisemitismus.

Bayern stärkt die Erinnerungskultur im Land: 80 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges bekräftigt die bayerische Staatsregierung ihren Einsatz für jüdisches Leben in Bayern, für eine dauerhafte Erinnerungskultur und gegen Antisemitismus.
In diesem Zusammenhang sollen ab dem kommenden Schuljahr Schülerinnen und Schüler aller weiterführenden Schulen in Bayern im Laufe ihrer Schulzeit mindestens einmal eine KZ-Gedenkstätte oder vergleichbare Einrichtung der Erinnerungskultur besuchen. Das verkündete Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) in der Kabinettssitzung. Bisher gilt dies den Angaben nach nur für Schüler:innen an Gymnasien und Realschulen.
Zudem sollen die KZ-Gedenkstätten Flossenbürg und Dachau als wesentliche Bestandteile der bayerischen Erinnerungskultur weiterentwickelt werden. Zudem will sich die bayerische Staatsregierung noch stärker für den Schutz von Jüdinnen und Juden im Freistaat einsetzen. Erinnerungsarbeit bedeute nicht nur zurückzuschauen, sondern sei ein Auftrag, Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen, sagte Stolz. Dazu gehöre, die zentralen Erinnerungsorte – als steinerne Zeugen – für die nachfolgenden Generationen zu erhalten und weiterzuentwickeln.
Ehemaliger Steinbruch in KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
In Flossenbürg soll der Steinbruch des ehemaligen Konzentrationslagers in die KZ-Gedenkstätte weiter integriert werden. In einem ersten Schritt werde das ehemalige Verwaltungsgebäude des SS-Steinbruchbetriebes saniert. Er soll als multifunktionaler Ort mit Ausstellungsflächen, Büro und Kreativräumen genutzt werden können. Teil des Geländes ist die Treppe, die in den Steinbruch führt und auf der einst Häftlinge gequält worden sind. «Damit bekennen wir uns zu unserer historischen Verantwortung in Flossenbürg», sagte die Ministerin.
In der KZ-Gedenkstätte Dachau werde das Bildungsangebot ausgebaut. So wollen Freistaat und Bund die beiden rekonstruierten Häftlingsbaracken auf dem Gelände neu gestalten und als Zentrum für historisch-politische Bildung weiterentwickeln. Der sogenannte Kräutergarten, in dem Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen Zwangsarbeit verrichten mussten, soll in die Gedenkstättenarbeit eingebunden werden. Weil Polinnen und Polen im KZ Dachau die größte Opfergruppe darstellten, will der Freistaat in engem Kontakt mit der Republik Polen die Erinnerung an diese Verbrechen vertiefen.
Neues Internetportal zu Judentum in Bayern
Zum weiteren Kampf gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens hat die Staatsregierung ebenfalls ein Gesamtkonzept erstellt. Teil dessen ist das neue Webportal https://juedisches.bayern.de/. Es ist in die Bereiche «Jüdisches Leben stärken», «Bayerisch-Israelische Beziehungen vertiefen» und «Antisemitismus stoppen» gegliedert. Hier sollen sich Interessenten einen Überblick über die Maßnahmen, Initiativen und Projekte der Bayerischen Staatsregierung verschaffen können. Bereits der Name des neuen Webportals zeige laut Stolz, dass das Judentum in Bayern tief verwurzelt sei. News4teachers / mit Material der dpa
Angesichts wachsenden Antisemitismus: Faeser erinnert Jugend an ihre Verantwortung
In der Sache finde ich das absolut sinnvoll und wünsche mir das auch für unser Bundesland.
Aber wenn es eine verpflichtende Veranstaltung für alle Schulen ist, dann wird das doch sicher zentral koordiniert und organisiert, außerdem wird das Land dann doch sicher für die Fahrtkosten etc. aufkommen, oder?
Da es bisher im Lehrplan Geschichte der 9. Klassen (Gym) verankert ist, ist der Fachlehrer für die Orga zuständig. Es gab auf Antrag Zuschüsse für die Fahrtkosten. Bei meiner letzten Exkursion waren es ca. 25%.
ich finde es gut, wenn Schüler dazu verpflichtet werden. Wieso werden solche Besuche nicht aus irgendeinem Budget vollständig gezahlt. Inklusive Busfahrt und Führung. Und wenn eine Klasse ein KZ im Rahmen einer mehrtägigen Fahrt besucht, dann wird halt ein Teil (30 %) der Buskosten übernommen.
Außerdem sollte der Eintritt für Jugendliche in allen ehemaligen KZs grundsätzlich frei sein. In vielen Ländern ist es sowieso Standard, dass Jugendliche in Museen keinen Eintritt zahlen. Nur in Deutschland nicht.
Eintritt und pädagogisch sowie fachlich ausgesprochen fundierte Rundgangsleiter sind für Schulklassen in bayerischen KZ-Gedächtnisstätten schon immer kostenfrei
Die Eltern und zum Teil auch schon die Großeltern dieser Kinder sind die Generation, die das Dritte Reich und den Holocaust in so ziemlich jedem Schulfach präsentiert bekamen, jedes Jahr aufs Neue. Und die auf Klassenfahrten auch jede nur mögliche Gedenkstätte mitnahmen. Bei denen Zeitzeugen und KZ-Überlebende für Vorträge in die Aula eingeladen wurden. Und was wählen die heute? AfD.
Währenddessen mehren sich Meldungen, dass Schulklassen sich in den KZ-Gedenkstätten immer häufiger komplett daneben benehmen. Sei es, dass sie fröhlich lachend oder gelangweilt gähnend herumlaufen, sei es, dass sie “krasse Vlogs” mit Victory-Geste auf TikTok einstellen.
Echte Empathie, Einsicht und Überzeugung kriegt man auch unter Zwang nicht in die Köpfe. Hat schon in unserer Generation nicht geklappt.
Ich würde das Wahlverhalten und Antisemitismus nicht unbedingt in eine Schublade stecken:
Mein Eindruck ist, dass die ganze “Refugees-Welcome“-Stimmung von 2015 relativ bald gekippt ist. Es hat falsche Versprechen über eine regelrechte Schwemme an ausländischen Ingenieuren und Ärzten gegeben. Damals war doch schon klar, dass das Unsinn ist – und es auch nicht das Ziel humanitärer Aktionen sein kann, massenhaft Fachkräfte “abzugreifen”.
2,5 Mio Menschen haben bisher einen Asylantrag in Deutschland gestellt, es war doch klar, dass die Integration dieser Menschen enorme Ressourcen und Anstrengungen benötigt. Eigentlich hätte man sehr schnell abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimatländer zurückführen und die hier verbleibenden Menschen massiv bei der Integration unterstützen müssen. Statt dafür alles in die Wege zu leiten, wurden Kritiker schnell in die rechte Ecke gedrängt. Erst damit ist doch die AfD wirklich gestärkt worden.
Und im Gespräch mit Nachbarn und Bekannten bekommt man auch jetzt noch den Eindruck, dass die AfD noch immer aus Protest an der aktuellen (Einwanderungs-)Politik gewählt wird.
Es gibt eine Menge muslimischen Antisemitismus, der entsprechend wenig mit der AfD zu tun hat. Schockiert haben mich vor einiger Zeit z.B. Aussagen eines muslimischen Fünftklässlers (!), der völlig unreflektiert antisemitische Äußerungen von sich gegeben hat, aber nichtmal wusste, wen der mit “die Juden” über meint.
In solchen Fällen frage ich mich, was wir als Schulen mit Gesprächen oder Fahrten wirklich erreichen können, wenn in den Familien der Hass auf Juden schon von klein auf gesät wird…
Link zu meinem Ursprungskommentar: https://www.tagesschau.de/wahl/archiv/2025-02-23-BT-DE/umfrage-alter.shtml
Die stärkste Wählergruppe der AfD war bei der letzten Bundestagswahl die Altersklasse zwischen 35 und 44 Jahren. Die aktuelle Elterngeneration.
Drücke die Daumen!
Es bedard aber (weiterhin) einiges an Begleitung und Unterstützung der Besucher*innen, die Eindrücke zu verarbeiten.
Fand dieses Beispiel immer sehr… offenbarend, wie Jugendliche mit Eindrücken umgehen, die für Erwachsene “offensichtlich” klar sind:
https://www.thisamericanlife.org/644/random-acts-of-history
Der Besuch eines KZ ist wichtig, jedoch nur der Beginn der Arbeit