Hin und Her beim Thema Lehrerstellen: VBE wundert sich „über die Rechenakrobatik der Politiker“

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STUTTGART. Erst sollten Lehrerstellen in besonderem Maße gestrichen werden. Dann stimmten die Schülerzahlen doch nicht, und die Politik gestand den Schulen ein paar Lehrer mehr zu. Jetzt sollte aus finanziellen Gründen erneut gestrichen werden, was am Wochenende mit „interessanten Rechenübungen“ widerrufen worden ist. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) Baden-Württemberg vermisst immer mehr eine verlässliche Kontinuität in der Bildungspolitik, so meint Landeschef Gerhard Brand.

Was früher Aufgabe der Familie und des sozialen Umfelds war, werde heute bedenkenlos den Lehrern aufgebürdet, so heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands. Obendrein sollten sich Schulen weiterentwickeln – in Richtung Ganztagsschule, Gemeinschaftsschule, inklusive Schule, neuer Bildungsplan. Gleichzeitig streiche die Politik Lehrerstellen. „Lehrer müssen und können Schulen voranbringen. Sie wollen gemeinsam aufbrechen, aber nicht zusammenbrechen“, warnt der VBE-Chef.

Schulentwicklung nach den Plänen der grün-schwarzen Landesregierung funktioniere ähnlich wie die Schadstoffmessung in der Autoindustrie: Unter optimierten Laborbedingungen bekommt man die geforderten Ergebnisse hin. Der VBE vermisst heute mehr denn je diese Lehrkräfte, die die Lan­desregierung nicht an die Schulen schickt, damit dort die Bedingungen endlich opti­miert werden können. Stattdessen bekomme die Kollegin in einer kombinierten Klasse vier Inklusionskinder zusätzlich, und die Sonderpädagogin aus dem Förderbereich, die zur Doppelbesetzung vorgesehen war, komme nicht, weil sie längerfristig erkrankt ist. Ersatz gebe es jedoch keinen.

Jüngst wurde der Mehrbedarf an Lehrern von der Politik mit knapp 500 Stellen bezif­fert, nun sollen es 320 Stellen sein. Das sei eine völlig neue Definition von „knapp“, so VBE-Chef Brand. 100 Stellen solle es für den Ganztag geben, weitere 160 Stellen für die Inklusion, umgeschichtet aus dem Jugendbegleiter-Programm und der frühkindli­chen Bildung. Und Informatik werde jetzt nichts kosten, denn eine „neue Konzeption“ mache es möglich.

Solche Rechenbeispiele erinnern den VBE an eine Vorlesung, in der der Professor sei­nen Studierenden das Wesen der Mathematik so nahebringt: „Wenn 300 Studenten im Hörsaal sind und 400 den Hörsaal verlassen, dann müssen 100 Studenten wieder hinein, damit der Hörsaal anschließend leer ist.“ So ähnlich komme auch Bildungspolitik heute bei den Bürgern an, urteilt der VBE-Landesvorsitzende. N4t

Zum Bericht: Nach dem Kompromiss zwischen Kretschmann und Eisenmann: Jetzt schlagen die Lehrerverbände Alarm

 

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