Immer mehr Kinder erreichen Mindeststandards nicht: IQB-Viertklässler-Test sorgt für Entsetzen – wie beim PISA-Schock 2001

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BERLIN. Daumen runter für Deutschlands Viertklässler: In Kerndisziplinen sind ihre Leistungen im Schnitt schlechter geworden. Guter Rat ist teuer.

Die Ergebnisse der IQB-Studie sind schlecht, für einige Bundesländer verheerend. Illustration: Shutterstock
Die Ergebnisse der IQB-Studie sind schlecht, für einige Bundesländer verheerend. Illustration: Shutterstock

Susanne Eisenmann ist nicht zu beneiden. Als Vorsitzende der Kultusministerkonferenz (KMK) muss sie das Absacken der Leistungen der Grundschüler bewerten. Die Studie IQB-Bildungstrends im Auftrag der KMK hat ergeben, dass die Viertklässler in Mathematik, beim Zuhören und in Rechtschreibung binnen fünf Jahren in Deutschland im Schnitt schlechter geworden sind. Besonders deutlich gesunken sind die Leistungen aber in Eisenmanns Heimat Baden-Württemberg.

„Mehr als ernüchternd“

«Die Ergebnisse sind ernüchternd», sagt sie. «Insgesamt ist der Gesamtabfall für Baden-Württemberg…», fügt die dortige CDU-Bildungsministerin etwas später hinzu und sucht erstmal nach Worten, «…mehr als ernüchternd». Als dann auch noch jemand fragt, welches Bundesland als Vorbild dienen könnte, raunt Eisenmann, ihres wohl nicht. Der neben ihr sitzende Hamburger Bildungssenator Ties Rabe (SPD) fasst Eisenmann tröstend an den Arm. Sein Stadtstaat schneidet im Fünf-Jahres-Vergleich deutlich besser ab.

In vielen Tabellen zeigen die Bildungsforscher des Berliner Instituts IQB auf, wo die Reise bei Deutschlands Grundschülern zuletzt hinging: Deutschlandweit sank der Anteil der Kinder, die bestimmte Regelstandards erreichen oder übertreffen, seit 2011 beim Zuhören und bei der Rechtschreibung. Am stärksten ging der Wert für das Zuhören in Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt zurück – um zehn Prozent und damit etwa doppelt so stark wie deutschlandweit. Bei der Rechtschreibung ging der Anteil bundesweit um ebenfalls zehn Prozent zurück, Angaben zu den Bundesländern macht die Studie hier nicht. Der Anteil der Kinder, die den niedrigeren Mindeststandard beim Zuhören nicht erreichen, ging besonders in Bremen und Baden-Württemberg hoch – deutschlandweit um rund drei Prozent. Nur Schleswig-Holstein verbesserte sich hier.

GEW und VBE zum Absturz bei der IQB-Studie: Die Länder haben die Grundschulen vernachlässigt – und das ist jetzt die Quittung!

Bei Mathe sieht es nicht viel besser aus: Der Anteil derer, die den Regelstandard schaffen, sank bundesweit um sechs Prozent – am stärksten sank er in Baden-Württemberg, nämlich um zehn Prozent. Kleinere Rückgänge gibt es auch in Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt.

Mehr als jeder zehnte Viertklässler erreicht beim Lesen und beim Zuhören bundesweit keine Mindeststandards, mehr als jeder fünfte in Rechtschreibung, 15,4 Prozent in Mathe. Beim Ist-Zustand liegt Baden-Württemberg in etwa im Bundesschnitt, Ausreißer nach unten: Bremen und Berlin. Deutlich besser als bundesweit: durchgängig Bayern.

„Soziale Benachteiligung“

Warum ist das Niveau gesunken? Die Studienautorin Petra Stanat beugt vor. Ihre Ergebnisse könnten «nur bedingt Erklärungen liefern». Aber der gestiegene Migrantenanteil fällt auf. Die höchsten Anteile gibt es mit über 40 Prozent in Berlin, Bremen und Hamburg sowie in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Vor allem bei den in Deutschland geborenen Kindern aus Migrantenfamilien stiegen die Anteile. Sie gingen immer hier zur Schule. Stanat meint: «Vieles, was wir da an Benachteiligung sehen, ist eine soziale Benachteiligung.» Die Kinder, die als Flüchtlinge 2015 gekommen sind, sind noch gar nicht in der Studie erfasst. Wird sich das bei einer nächsten Erhebung nochmals negativ auf das Niveau der Viertklässler auswirken? Das glaubt Stanat eher nicht. «Es sind zwar viele gekommen, aber wenn man das herunterbricht auf eine Jahrgangsstufe gar nicht so viele.»

Die Minister und Experten weisen auf die für die Schulen steigenden Anforderungen auch durch die Zuwandererkinder hin. Wenn man Lehrer fragt, was sie jetzt am wichtigsten finden, sagen sie laut Stanat: individuelle Förderung und Umgang mit Heterogenität. Einige Länder brächten Kinder mit Zuwanderungsgeschichte eher zu guten Leistungen als andere, meint der Deutschen Philologenverband. Verbandschef Heinz-Peter Meidinger fordert eine ausgewogene Verteilung in den Klassen – «insbesondere dann, wenn es sich um Kinder handelt, bei denen zuhause kein Deutsch gesprochen wird».

IQB-Studie: Eine Klatsche für den Bildungsföderalismus – jetzt muss Schluss sein mit dem Klein-Klein!

Klar ist: Der wachsende Lehrermangel untergräbt alle Therapieversuche, die mit besonderer Förderung zu tun haben. «Ohne ausreichend Lehrer kann es keinen Bildungserfolg geben», sagt Rabe. Da hört es sich eher zurückhaltend an, was die KMK dazu jetzt beschlossen hat: Etwa Möglichkeiten länderübergreifender Werbeaktionen für ein Lehramtsstudium sollen geprüft werden.

Ausbildungsplatzkapazitäten sollen erhöht, Zugangsschwellen für den Lehrerberuf gesenkt werden. «Die Ergebnisse des IQB-Bildungstrends erinnern an den PISA-Schock 2001», mahnt der Grünen-Bildungsexperte Kai Gehring. Er fordert eine «neue Kooperationskultur zwischen Bund, Ländern und Kommunen». Für Schlagzeilen sorgte allerdings zuletzt eher eine Konkurrenz-Aktion des Berliner Senats, der am Frankfurter Hauptbahnhof per Plakat um Lehrer für die Hauptstadt werben wollte.

An guten Ratschlägen mangelt es nicht, gemischt mit einer Portion Ratlosigkeit auf den neuen IQB-Schreck. Katastrophal seien die Ergebnisse aber nicht, meint Stanat. Und dass das Niveau beim Lesen stabil ist, wertet KMK-Präsidentin Eisenmann angesichts veränderter Schülerschaft als «positives Ergebnis». Viele wollen dann in der KMK-Geschäftsstelle in Berlin-Mitte immer noch mehr wissen von der Ministerin aus dem Ländle. Irgendwann ist der Fragebedarf erschöpft. Eisenmann auch. «Jetzt reicht es dann auch mal», meint sie zuletzt. Von Basil Wegener, dpa

Reaktion auf das Desaster beim IQB-Ländervergleich: NRW-Schulministerin kündigt Reform des Grundschulunterrichts an

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sofawolf
6 Jahre zuvor

Ups … der 5. Artikel zum Thema, oder?

xxx
6 Jahre zuvor

ist eigentlich die Rückkehr zu input-orientierung, leistungsorientierung und verbindliche schulformempfehlung teuer? das wäre nämlich mein Rat.

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Leistungsorientierung können sie als LuL selbst beeinflussen.

Verbindliche Schulempfehlungen gibt es doch gar nicht bundesweit.
Das würden sich Politiker in den Ländern, in denen Eltern seit langer Zeit selbst entscheiden, nicht trauen.
Und ob das nun ein 30min-Elterngespräch mit mehrseitigem Protokoll ist oder ein 15min Elternsprechtag und ein Papier, auf dem die Empfehlung der Schule eingetragen ist, macht für mich nur den Unterschied im Aufwand der LuL, nicht im Ergebnis.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Hamburg hat die Trendwende vollzogen und Veränderungen an der Unterrichtsmethodik in den ersten zwei entscheidenden Schuljahren vollzogen, indem der von vielen Seiten kritisierte Familienvater das lautorientierte Schreiben nach „Gehöa“ zurückgedrängt wurde. Außerdem führte er einen verbindlichen Grundwortschatz ein. Hamburg hat sich verbessert.
Schmeißt doch endlich diese Anlaut-Tabellen aus dem Unterricht raus und arbeiten Sie lieber wieder direkt mit den Schülern an der Tafel und am Kind.
Diese verdrehte Pädagogik mit der eigen initiative Schreibung von Wortruinen, welche nicht im mindesten die deutsche Standartlautierung abbilden, verhindern und behindern das Erlernen einer automatisierten Schreibfähigkeit.
Am meisten leiden unter dieser chaotischen Methodik die Risikogruppen, während Kinder aus dem Bildungsbürgertum noch von zu Hause aus abgefangen werden können.
Deshalb hat sich Herr Rabe auch vor einigen Jahren vernünftiger Weise gegen diese Brügelmannschen Konzepte gestellt.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Familienvater Thies Rabe

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Sie machen es sich zu einfach.
Sie glauben immer noch, wenn man eine einzelne Methode bzw. viele aus einer Richtung, denn LdS, Anlauttabelle, Spracherfahrungsansatz sind ja mehrere, aus dem Unterricht entfernt, bewirkt man dadurch einen vollständigen Wechsel.
Auch unterstellen sie immernoch, alle Lehrkräfte in einem BL würden mit genannten Materialien arbeiten, selbst wenn es nur einen Bruchteil betrifft, und sämtliche Lehrkräfte in einem BL würden die SuS dann quasi allein lassen.
Das stimmt so alles nicht … und würde im übrigen auch nicht die Leistungen im Sprechen+Zuhören sowie in Mathe erklären.

Letztlich wünschen Sie sich, dass Lehrkräfte die Kinder anleiten, Rückmeldungen geben, Ergebnisse verbessern, sie beim Üben unterstützen.
Hinter diese Forderung würden sich die allermeisten Lehrkräfte auch stellen. Welche Wünsche sie wohl hinsichtlich Veränderungen in Schulen hätten, um dies bei allen Kindern leisten zu können?

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Palim
Nein Palim , ich denke analytisch und ich sehe wie man Kinder alleine lässt, eine direkte Arbeit verweigert und alles immer weiter im inzwischen etablierten Modus weiterlaufen lässt.
Wir stellen jetzt ganz einfach diese Modi des Schüler gesteuerten Unterrichts in Frage, weil ein großer Teil dieser Schülerschaft damit ganz einfach am Anfang überfordert ist, falsches abgespeichert wird und eine Gegenkorrektur nicht erfolgt und zum ganzen Verdruss auch noch kryptische, orthographisch falsche , aber scheinbar lautgetreue Schreibungen, noch von Lehrerinnen positiv an die Schüler zurückgemeldet werden. Das schadet den Schülern eindeutig, aber die Anhänger dieser ideologisch verdrehten Pädagogik fordern geradezu diese falschen Schreibungen.
Wir machen hier kurzen Prozess und gehen direkt dagegen derartige Methoden vor, und wir bestehen auf eine direkte Hinführung zu korrekten Schreibweisen ab der ersten Schulstunde.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Wir machen….und gehen direkt gegen derartige Methoden vor,

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Ja, klar: „Blinde sehen, Lahme gehen… wenn die Anlauttabelle aus dem Unterricht verbannt wird.“

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Klar,Taube singen, Lahme schwimmen und Dumme schreiben,
wenn die Anlaut-Tabelle bleibt.
Es ist nur noch viel einfacher als beim Spracherwerb.
Lassen wir die Kinder doch einfach weiter schriftlich brabbeln,
von Pleta über Pletta zu Blätta und dann , ja wann, zu Blätter.
Toll , unser Norbert überzeugt jeden im Kultusministerium in Düsseldorf.
Da kann man mit dummen Karten richtig die Steigerungsformen der Adjektive üben, wie gold,goldiger, am goldigsten
oder dumm, dümmer, Stumpenh…
Und die lieben Kleinen lernen an Hand von Stereotypen, wie „der Teufel ist böse“ und „die Räuber stehlen die Diamanten“so richtig was fürs leben.Einfach toll.

Sandra Sauter
6 Jahre zuvor

Die Lösung liegt ganz simpel in kleineren Klassen mit 16 Kindern. Dann sinkt der Geräuschpegel bei dem ach so wichtigen offenen Unterricht und vorallem die steigende Zahl von verhaltensoriginelle Schülern. Das könnten eigentlich die Eltern bezahlen, die schon in Runde eins mit der Erziehung aufgegeben haben und eigentlich mit ihrem Nachwuchs nichts zu tun haben wollen…..(frei nach Pispers)

F. H.
6 Jahre zuvor
Antwortet  Sandra Sauter

Sollen die Eltern denn mit der Erziehung etwas zu tun haben? Seit vielen Jahren wird ihnen doch weisgemacht, der Staat wäre der bessere Erzieher wegen seiner geschulten Fachkräfte. Eltern gehören angeblich als Arbeitskräfte in die Wirtschaft, während der Staat möglichst ganztägig den Nachwuchs besser erzieht als sie, bereits vom Babyalter an.
Hieß es nicht immer, sogar in Krippen werde schon Bildung vermittelt, während die Kleinstkinder daheim bei Müttern am Herd ohne Förderung ihrer Fähigkeiten aufwüchsen? Das Erziehungsgeld von 100 Euro für Frauen, die sich in den ersten 3 Lebensjahren selbst um ihre Kinder kümmern wollten, wurde abfällig als „Herdprämie“ oder „Bildungsfernhalteprämie“ bezeichnet.
Ich finde es falsch, wenn Eltern jetzt, wo sich herausstellt, dass Staatsangestellte die Eltern nicht ersetzen können, den Eltern Vorwürfe zu machen, sie kümmerten sich zu wenig. Es war doch geplant und gutgeheißen worden, dass sie sich weniger kümmern und lieber arbeiten gehen.
Grundverkehrt ist, wenn Eltern und Lehrer sich jetzt gegenseitig anklagen, obwohl die Politik der Übeltäter ist mit ihren falschen Versprechungen und Anreizen.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Sandra Sauter

Sandra Sauter
Auch 15 Schüler können bei den bestehenden Unterrichtskonzepten für einen ausreichenden Lärmpegel, der das Lernen nachhaltig beeinträchtigt.Und am Schluss sitzen Sie dann alleine mit einem renitenten Schüler in der Klasse, der mit ihrer Methodik nicht klar kommt.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

sorgen

Sasa
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Kann sein, meine Methodik ist jedoch mittlerweile so ausgefeilt, dass die lernbegeisterten Schüler mit 4 fach Differenzierung nach der Einführungsphase selbständig lernen,üben und entdecken, während die Kinder die gerne laut wären mit mir geleitete Unterrichtstunden genießen. Und wir sprechen von 26 + beim Übertritt.
Da ich auch schon 13 Schüler hatte, weiß ich es einzuschätzen. Tipp von mir: mal wieder in die Schule gehen und nicht nur evaluieren oder sich 4-Wochen-vorbereitete-Showsstunden zeigen lassen!

SR500
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Das stimmt so nicht! Höchstens wenn es ein unfähiger Lehrer ist ohne Ahnung einer guten Klassenführung.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

fazit des Artikels: die Lehrerinnen wissen nicht mehr, was sie mit dem angeliefertem Rohmaterial anfangen sollen.

von den Dezernaten gab es einen Maulkorb, einige hatten aber den Mut, trotzdem die Wahrheit zu sagen. hoffentlich ohne dienstrechtliche Konsequenzen.

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Danke fürs Aufstöbern und Verlinken.

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

danken sie herrn danisch, über den ich auf den Artikel gestoßen bin.

dickebank
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Und das Allerbeste ist der Satz am Ende des Artikels, der das Recht der Erziehungsberechtigten hervorhebt, ihre Kinder trotz der enormen Kompetenzdefizite auf einem GY anmelden zu dürfen. Ich hoffe ja inständig, dass sie dort auf Lehrkräfte wie @sofawolf treffen, die ja als Beamte des höheren Dienstes und ihrer auf wissenschaftlichem Niveau erbrachten Studienleistungen in der Lage sein müssten, diese Schülerschaft im Gegensatz zu den „dillitierenden Grundschulgabis“ zu unterichten und vor allem individuell zu fördern. Und mit der Förderung ist nicht die Abschulung gemeint.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Und dann sollen diese Kinder sich mit Anlaut-Tabellen selbständig das Lesen und Schreiben beibringen ?
Die kennen noch nicht einmal die einfachsten Begriffe für Gegenstände und Dinge des Alltags, geschweige denn, dass deren Eltern diesen Kinder in irgendeiner Weise eine Hilfestellung, logistisch oder kognitiv, leisten können und vielleicht auch nicht wollen.
Dieses Schülerklientel braucht gerade viel mehr Führung und Anleitung an der Tafel mit der Vermittlung der Sprache in Wort und Schrift.
Palim , vergessen Sie bei diesen Kindern die Methoden von Hänschen Brügelmann und seinen Geistesverwandten.
Bei einem Dialekt gefärbten Sprachgebrauch, wie in Baden-Württemberg,der Pfalz, Bayern und Sachsen gibt es eh Probleme beii der Vermittlung des Schriftspracherwerbs mit diesen Methoden.

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

ICH weiß, dass man mit Anlauttabellen auch anders umgehen kann und dass keine der von Ihnen kritisierten Methoden damit einhergehen muss, dass man Kinder sich selbst überlässt, so wie Sie es immer unterstellen. Der Spracherfahrungsansatz betont Kenntnisse der phonologischen Bewusstheit, ohne die man nicht weiter kommt, Inhalte der von Ihnen kritisierten Methoden finden sich inzwischen in nahezu jedem Fibellehrgang, gerade weil die Schülerschaft heutzutage Anleitung bei Silben und Anlauten benötigt und man ohne diese gar nicht auskommt.

Wie sieht das Gegenmodell aus?
Strukturierte Anleitung an der Tafel funktioniert in extrem heterogenen Klassen nicht, da das „Mittelmaß“ für kaum einen passt.
Angeleitetes Üben mit Einzelnen ist sehr schön, aber als Lehrkraft sitzen Sie immer nur bei genau einem Kind, während die anderen 25 zuschauen, und mir gruselt es vor dem Unterricht, bei dem im Gleichschritt jedes Kind einzeln vor allen anderen die Fibelseite oder den Silbenteppich „aufsagt“ oder „vorstottert“. Das hat mit Lesen lernen nichts zu tun.

Leseübungen als Hausaufgabe wird mit diesen Kindern auch niemand durchführen, die einen Eltern können selbst die Sprache nicht, den anderen ist das egal, weil sie ihr Kind in der Schule abgeben und erwarten, dass dort alles erledigt wird. Ebenso setzt sich niemand zum Kind und erläutert Aufgaben oder schaut überhaupt, ob der Schulranzen aufgeräumt ist.

Was unternehmen Eltern mit ihren Kindern alles NICHT, sodass Kinder im Alter von 6 die Farben nicht benennen, sich selbst nicht anziehen, sich auf nichts einlassen, nicht abwarten und die eigenen Bedürfnisse nicht zurückstellen können, wohlgemerkt auch Kinder ohne Migrationshintergrund.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Und genau aus diesem Grund arbeite ich lieber selber mit meinen und anderen Kindern, weil man in der Grundschule weiter im selben vermurkststen Modus weiter arbeitet.
Wie sieht es denn mit den Korrekturen kryptischer Schreibweisen der Schüler aus, dem bewussten Zulassen oder Fördern von falschen Graphemen.
Da muss doch die Schulbehörde intervenieren, und sie wird es bei den nächsten beiden Kindern tun müssen, weil es sonst bei dem hiesigen, wenig heterogenen Klassenverbund richtigen Ärger mit den Eltern geben wird.
Nächstes mal ist man präpariert und da wird sofort reagiert werden.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Palim

Wie anders als im Klassenverbund mit direkter Interaktion vermitteln Sie und andere Lehrer denn Englisch und andere Fremdsprachen.Da ist für jeden Schüler die neue Sprache eine Fremdsprache oder denken Sie sich da jeweils unterschiedliche Konzepte im eigenständigen Schrift- und Spracherwerb aus.
Dann gutes Gelingen .

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Palim
Ach toll, Brügelmann betont das phonologische Bewusstsein.
Da war er aber sicher nicht der Erste,der die Bedeutung dessen hervorhob, eher ein Trittbrettfahrer, der in seinen Anfängen in den ersten Jahren in Bremen nach eigenen Bekenntnissen keinerlei Ahnung vom Anfangsunterricht für Grundschüler hatte.
Und schließlich, war nicht er es, der mit dem von ihm und seinesgleichen dominierten Grundschulverband, wie Hecker, Brinkmann und Barnitzki, über die Kultusministerkonferenz diverse Reformen mit initiert hat, welche jetzt genau für das IQB und VERA- Desaster verantwortlich sind.
Und gerade bei derart unselbständigen Kindern werden Sie mit dessen Methoden genau das Gegenteil erreichen, wenn diese dann merken, dass sie alles ab der dritten Klasse noch einmal umlernen dürfen.
Gegen die soziale und kulturelle Abwärtsspirale setzt diese Methodik noch weniger Sprach- und Schreibsystematik entgegen.
Ich komme mir manchmal vor, wie in dem Märchen“Des Kaisers neue Kleider“ und dann überkommt mich die Erkenntnis, da ist ja gar nichts dran.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Ach toll, Brügelmann betont das phonologische Bewusstsein.
Da war er aber sicher nicht der Erste,der die Bedeutung dessen hervorhob, eher ein Trittbrettfahrer, der in seinen Anfängen in den ersten Jahren in Bremen nach eigenen Bekenntnissen keinerlei Ahnung vom Anfangsunterricht für Grundschüler hatte.
Und schließlich, war nicht er es, der mit dem von ihm und seinesgleichen dominierten Grundschulverband, wie Hecker, Brinkmann und Barnitzki, über die Kultusministerkonferenz diverse Reformen mit initiert hat, welche jetzt genau für das IQB und VERA- Desaster verantwortlich sind.
Und gerade bei derart unselbständigen Kindern werden Sie mit dessen Methoden genau das Gegenteil erreichen, wenn diese dann merken, dass sie alles ab der dritten Klasse noch einmal umlernen dürfen.
Gegen die soziale und kulturelle Abwärtsspirale setzt diese Methodik noch weniger Sprach- und Schreibsystematik entgegen.
Ich komme mir manchmal vor, wie in dem Märchen“Des Kaisers neue Kleider“ und dann überkommt mich die Erkenntnis, da ist ja gar nichts dran.

mississippi
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Ihre Anlauttabelle ist doch hier gar nicht das Problem.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

Doch, es geht sehr wohl auch um dieses zentrale Medium der Anlaut-Tabelle im Schriftsprach- und Leseerwerb nach Brügelmann und seinem von ihm kreierten Spracherfahrungsansatz.
Nur der ist und war kein ausgebildeter Grundschullehrer und entsprechend fehlen ihm die praktischen Erkenntnisse. Diese bezog er aus den Schriften eines Herrn Reichen, jener messianische Führer der radikalen Reformpädagogik ohne Evidenz geprägte Pädagogik.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

Palim
Ich auch. Ich habe diese Anlaut-Tabelle von Norbert Sommer-Stumpenhorst gleich klein geschreddert und weggeworfen.

mississippi
6 Jahre zuvor

Mein Beitrag sollte sich an AvL richten.

jagothello
6 Jahre zuvor

@Palim Sie scheinen sich da gut auszukennen. Vielleicht können Sie mal zwei Fragen beantworten: 1. Wie erreichen Sie bei den Kindern im Rechtschreiberwerb die größten Fortschritte „in der Fläche“, also im Hinblick auf möglich viele Ihrer Schüler? Und 2. Würden Sie für ein bestimmtes Konzept generell plädieren oder sind Sie der Auffassung, dass es eine „Mischkalkulation“ geben muss? So verstehe ich Ihren Beitrag oben, bin aber nicht ganz sicher.

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  jagothello

Kann ich beantworten:
2. ist sehr einfach: Ich bin absolute Verfechterin von Methodenvielfalt, was immer nach Beliebigkeit klingt, aber nicht ist. Ich selbst nutze Teile einer Fibel (hat in den Jahren gewechselt) und ergänze immer mit vielen eigenen Materialien und Übungen, die phonologische Bewusstheit, Anlaute, Silben betonen und damit weiter arbeiten. Das Material stammt aus Zeiten, als die Fibeln am Markt das alles (Silben, Reime etc.) so gut wie gar nicht beachteten, wurde über die Jahre aber immer wieder erweitert und abgewandelt. Den Grundgedanken der Silbe kombiniere ich nach einigen Schulwochen mit Freiem bzw. Angeleitetem Schreiben – klar: mit Anlauttabelle, auch mehrsprachigen. Der Vorteil der Freien Texte ist
a) ein kreativer Zugang, der manchen Schülern liegt und sie so stark motiviert, dass sie trotz anderer Schwierigkeiten (z.B. Handmotorik) besonders eifrig üben.
b) dass man sofort einen Überblick bekommt, wer das Schriftsystem verstanden hat.
c) dass man aus den Wörtern oder Texten sofort zumindest den Verdacht auf Störungen ableiten kann und genauer hinsieht oder direkt interveniert (Eltern ins Boot, Ärzte konsultieren – vor Ort häufig eine Odyssee, bis eine Therapie beginnt, braucht es quasi einen Vorlauf von 1 Jahr).

Also Ansätze nicht kategorisch ablehnen, sondern überlegen, was daran gut ist und was einige Kinder voran bringt.

Zu 1: Aus dem Methodenmix ergibt sich bereits, dass der Unterricht sehr differenziert verläuft, weil sehr heterogene Klassen auf einen warten. Das was vor Jahren „allgemein üblich“ war, ist in heutigen Klassen nicht durchzuführen, das nehme auch ich so wahr. Es brauchen sehr viele Kinder immer mehr Übung, ich bin aber der Meinung, dass in der 1. Klasse anderes im Vordergrund steht und stehen sollte, als Fehler zu zählen- schon gar in freien Texten. Bei Schreibübungen anderer Art bin ich dagegen extrem gründlich und konsequent von Beginn an: ich sehe jeden Strich und alles wird verbessert. Einen Grundwortschatz gab es bisher in meinem BL nicht, da muss ich mich nun erst mal mit beschäftigen, in welcher Form ich ihn einfließen lassen werde.
Es gibt Kinder, die quasi gar nichts an Rechtschreibung üben müssen, und dennoch mit 9 Jahren Wörter wie „hypnotisiert“ ohne Probleme richtig schreiben können. Diese Kinder waren vor einigen Jahren in jeder Klasse auch mehrfach vertreten, jetzt sind sie selten. Bei diesen Kindern wäre die Wahl der Methode m.M.n. unerheblich und wenn Rechtschreibung geübt wird, können sie gerne etwas anderes üben.

Meiner Meinung nach muss man sich davon verabschieden, mit EINEM Material „die größten Fortschritte „in der Fläche““ erreichen zu können. Das entspricht auch nicht der Arbeit in der Grundschule und ist mit vielfältig inklusiven SchülerInnen auch nicht hilfreich. Man wird mehr Unterstützung von Beginn an ermöglichen müssen, dafür ist es wichtig zu streiten.

Axel von Lintig
6 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Palim
Was Sie da beschreiben unterscheidet sich aber deutlich von dem was man in Westfalen praktiziert und unterscheidet sich auch von Brügelmann und Reichen.

Palim
6 Jahre zuvor
Antwortet  Axel von Lintig

ICH habe MIR auch NIE unterstellt, dass ICH LdS in Reinkultur machen würde.
Mehrfach schon habe ich über Methodenmix und Differenzierung geschrieben.

Und ich werde meine Anlauttabellen auch nicht schreddern, ich lege sie bei Seite, damit ich immer genug zur Verfügung habe, da sie bei unserem Lehrmittel-Miet-Verfahren gerne verloren gehen.
„Westfalen“ ist auch mehr als eine Schule und der Grundschulverband besteht nicht allein aus Herrn Brügelmann.

Ansonsten haben mehrere Grundschullehrerin auch häufiger darauf verwiesen, dass man „von außen“ nur einen sehr kleinen Teil dessen sieht, was IM Klassenraum geschieht. Hospitieren kann helfen.