Doch keine Aliens: Arsen fressende Bakterien sind irdisch

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WASHINGTON. Irgendwie nicht von dieser Welt: Bakterien, die ein giftiges Element in ihrem Stoffwechsel nutzen, hatten vor eineinhalb Jahren für Aufsehen gesorgt. Rasch gab es zweifelnde Stimmen – die nun bestätigt sind. Die Forscher zogen schlichtweg die falschen Schlüsse, heißt es.

Das Bakterium GFAJ-1 unter dem Elektronen-Mikroskop. Foto: NASA / Wikimedia Commons
Das Bakterium GFAJ-1 unter dem Elektronen-Mikroskop. Foto: NASA / Wikimedia Commons

Bakterien, die statt Phosphor giftiges Arsen in ihre Zellbestandteile einbauen – mit dieser Entdeckung hatten US-Forscher 2010 für Aufsehen gesorgt. Doch zwei neuen Studien zufolge sind die vermeintlichen Exoten eine ganz normale Lebensform, die Arsen lediglich tolerieren – aber keineswegs den lebenswichtigen Phosphor damit ersetzt. «Konträr zu den Original-Ergebnissen zeigt die aktuelle Forschung, dass das Bakterium GFAJ-1 Arsen nicht statt Phosphor verwerten kann», schreibt das Fachmagazin «Science» in einem Statement.

Das Bakterium hatten US-Forscher im arsenhaltigen Schlamm des amerikanischen Salzsees Mono Lake gefunden. Arsen ist für die meisten Lebewesen hochgiftig – weil es dem Phosphor chemisch sehr ähnelt. Der Stoffwechsel kann die beiden Elemente in ihrer biologisch aktiven Form nicht auseinanderhalten. Wird Arsen anstelle von Phosphor aufgenommen, funktionieren zentrale biochemische Vorgänge nicht mehr.

Eine Lebensform, die Arsen anstelle von Phosphor in seine Fette, Proteine und sein Erbgut einbauen kann, wäre eine Sensation. «Wir haben die Tür einen Spalt weit geöffnet und sehen, was auch andernorts im Universum möglich ist», jubelte bei der Vorstellung der 2010 in «Science» veröffentlichten Studie Felisa Wolfe-Simon vom Astrobiologie-Institut der Nasa.

Die Gruppe hatte herausfinden wollen, ob Leben auch mit anderen als den sechs essenziellen Elementen Phosphor, Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff, Schwefel und Sauerstoff möglich ist. Im Labor erhöhten die Forscher die Arsen-Konzentration des Substrats, bis nur Winzlinge übrigblieben, die unter diesen Bedingungen noch wachsen konnten: Bakterien des Stamms GFAJ-1 aus der Familie der Halomonadaceae.

„Auswirkungen auf die Suche nach Außerirdischen“

«Es handelt sich um irdisches Leben, aber nicht um Leben, wie wir es bisher kennen», erklärte die Astrobiologin Mary Voytek von der amerikanischen Weltraumbehörde Nasa damals. Das verwendete Substrat enthalte zu wenig Phosphor, als dass die Bakterien damit überleben könnten – an seiner Stelle müsse Arsen eingebaut werden, so die Annahme der Forscher. Die Nasa hatte im Vorfeld eine Entdeckung angekündigt, die «Auswirkungen auf die Suche nach Beweisen für außerirdisches Leben haben wird». Der Wirbel vor allem im Internet war immens.

In «Science» zeigen Forschergruppen der ETH Zürich und der Princeton University nun, dass GFAJ-1 Phosphor doch nicht durch Arsen ersetzt. Das Team um Wolfe-Simon habe die falschen Schlüsse gezogen, schreiben die Gruppen um Tobias Erb von der ETH Zürich und Marshall Reaves von der Universität Princeton (US-Staat New Jersey). GFAJ-1 wachse vielmehr auch bei sehr niedrigen Phosphor-Konzentrationen – und das selbst in arsenreicher Umgebung.

Bei vielen Wissenschaftlern war die US-Studie von vornherein auf Skepsis gestoßen. Der Biochemiker Karl-Heinz van Pée (Universität Dresden) erklärte damals, die Studie lasse keine eindeutigen Schlüsse zu. «Man hat es nicht geschafft, das Ganze Phosphor-frei zu machen», sagte er. Man müsse die Biochemie nicht neu schreiben, höchstens eine Fußnote machen. Nun ist klar: Die Regeln des Lebens gelten unverändert weiter. dpa
(9.7.2012)

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