Erzieherinnen sind so belastet wie kaum eine andere Berufsgruppe

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BERLIN. Aktuelle Zahlen belegen: Erzieherinnen und Erzieher haben – neben Sozialarbeitern – im Vergleich zu anderen Berufsgruppen ein deutlich höheres Gesundheitsrisiko. Dies berichtet die „Welt“.

Sieht fröhlich aus, ist aber in Wahrheit extrem belastend: der Erzieher-Beruf. Illustration: Myahya / Flickr (CC BY-SA 2.0)
Sieht fröhlich aus, ist aber in Wahrheit extrem belastend: der Erzieher-Beruf. Illustration: Myahya / Flickr (CC BY-SA 2.0)

Ein Jahr vor dem Inkrafttreten des Rechtsanspruchs auf Betreuung für Kleinkinder zeichnet sich immer deutlicher ein Mangel an Fachkräften ab. Allein für den zum 1. August 2013 greifenden Rechtsanspruch für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr würden bis zu 15.000 Erzieherinnen fehlen, heißt es in einer aktuellen Analyse der Bertelsmann-Stiftung.

Was dabei noch nicht berücksichtigt ist: der hohe Krankenstand unter Erzieherinnen. Sie sind häufiger krank und hätten eine höhere Wahrscheinlichkeit, wegen Psychostress arbeitsunfähig zu werden – dies geht nun aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor, die der „Welt“ vorliegt.

Während laut Bericht die Arbeitsunfähigkeit in allen Berufen zwischen 2001 und 2010 im Durchschnitt abgenommen hat, ist sie in den Sozial- und Erziehungsberufen deutlich angestiegen. Gerechnet auf je 100 Versicherte sei es bei allen Berufsgruppen im Jahr 2001 durchschnittlich 119 Mal zu einer Krankschreibung gekommen. Jeder Versicherte sei damit knapp 1,2 Mal krankgeschrieben gewesen. Bei den Sozial- und Erziehungsberufen habe es 2001 nur 110 Krankschreibungen je 100 Versicherte gegeben. 2010 sah das der „Welt“ zufolge anders aus: Während beim Durchschnitt aller Berufsgruppen die Zahl der Krankschreibungen leicht gesunken sei, sei sie in den Sozial- und Erziehungsberufen auf 122 Fälle pro 100 Versicherte gestiegen.

Besonders betroffen sind dem Blatt zufolge Frauen, weil weibliche Beschäftigte in dieser Berufsklasse einen großen Anteil ausmachen. Am häufigsten arbeitsunfähig seien dabei Erzieherinnen, die 45 Jahre oder älter sind. Auch das ist der Zeitung zufolge ein Unterschied zu 2001: Damals seien es die Jüngeren gewesen, die häufiger krankgeschrieben wurden.

Gewachsen sei vor allem der psychische Stress. Immer öfter werde wegen psychischen und Verhaltensstörungen krankgeschrieben. Das gelte zwar für alle Berufsgruppen, aber auch hier lägen Sozialarbeiter und Erzieherinnen über dem Durchschnitt.

In 10,5 Prozent der Fälle (2001: 7,3 Prozent) sei bei ihnen die Arbeitsunfähigkeit durch eine psychische Erkrankung ausgelöst worden. Bei allen Berufsgruppen seien es nur 6,9 Prozent (2001: 5,1 Prozent) gewesen. Doch auch hier entspreche das einem Anstieg von 35 Prozent. Die Daten basieren auf Krankschreibungen von rund 15 Millionen Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten.

Die Linke fordert mit Blick auf die Statistik dem Bericht zufolge eine „Anti-Stress-Verordnung“ für Kindertagesstätten. „Mehr Stress bedeutet weniger Bildung und Erziehung für unsere Kinder“, so zitiert die „Welt“ Parteichef Bernd Riexinger. „Wir brauchen mehr Personal in den Bildungseinrichtungen und eine Anti-Stress-Verordnung, die die Beschäftigten schützt.“

Auch die gesetzliche Unfallversicherung registriere eine Zunahme der Belastungen in Erziehungsberufen. „Der ständige Lärm, die körperliche Anstrengung durch zum Beispiel das Sitzen auf Kinderstühlen oder die gestiegenen Sicherheitsbedürfnisse der Eltern – all das sind Faktoren, die sich in den vergangenen Jahren verstärkt haben und bei aller Freude diese Arbeit zu einem extrem schwierigen Beruf machen“, sagte Beate Eggert, Geschäftsführerin bei der Unfallkasse Rheinland-Pfalz, gegenüber der Zeitung. Ein Umstand, der bei der Suche nach zusätzlichem Personal für die Kindertagesstätten ins Gewicht fallen dürfte. bibo

(26.8.2012)

Zum Bericht: „Erziehermangel: Wird Rechtsanspruch auf U3-Betreuung zum Fiasko?“

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