Zwangsteilzeit für Lehrer endet vorzeitig

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SCHWERIN. Mit dem Lehrerpersonalkonzept in Mecklenburg-Vorpommern konnten trotz rapide sinkender Schülerzahlen betriebsbedingte Kündigungen an Schulen verhindert werden. Andererseits gab es für tausende Lehrer Zwangsteilzeit und Lohnverzicht. Jetzt wird das Konzept zweieinhalb Jahre früher als geplant ausgesetzt. Am Horizont zeichnet sich bereits ein Bedarf an Junglehrern ab.

Vom Schuljahr 2014/2015 an können wieder alle Lehrer in Mecklenburg-Vorpommern Vollzeit arbeiten. Das Bildungsministerium in Schwerin einigte sich mit Lehrerverbänden und -gewerkschaften darauf, das 1995 beschlossene Lehrerpersonalkonzept zum 31. Juli 2014 und damit zweieinhalb Jahre früher als geplant zu beenden

Berufsschüler an einer Maschine
Der vorzeitige Ausstieg aus dem Lehrerpersonalkonzept kommt besonders den Berufsschullehrern zu Gute. Foto: ME-Arbeitgeber/Flickr (CC BY 2.0)

«Das ist ein historischer Tag für die Schullandschaft in Mecklenburg-Vorpommern», sagte Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) bei der feierlichen Unterzeichnung der Vereinbarung im Schweriner Schloss. Die Zusatzkosten von rund 1,5 Millionen Euro sollen seinen Angaben zufolge aus dem 50-Millionen-Bildungspaket, das SPD und CDU zu Jahresbeginn vereinbart hatten, finanziert werden

Die Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, Annett Lindner, nannte die Entscheidung «längst überfällig». Das Lehrerpersonalkonzept war 1995 als Reaktion auf den dramatischen Schülerrückgang im Land beschlossen worden, um Massenentlassungen bei den damals noch rund 20.000 Pädagogen zu verhindern.

Von dem vorzeitigen Ausstieg profitieren nun vor allem Berufsschullehrer, für die Zwangsteilzeit und Gehaltsverzicht ursprünglich bis zum Schuljahr 2016/17 gelten sollten. Betroffen seien etwa 500 der insgesamt 1600 Lehrer an den Berufsschulen im Land, sagte Brodkorb. Für Grundschullehrer, die laut Minister vom Jahr 2000 an verkürzt arbeiten mussten, war die Regelung schon aufgehoben worden. Für Lehrer an Regionalschulen und Gymnasien endet sie planmäßig mit dem Schuljahr 2014/15.

Laut Lindner führte die Zwangsteilzeit, die an den Berufsschulen erst 2010 einsetzte und je nach Fachrichtung und Region sehr unterschiedlich Anwendung findet, zu erheblichen Problemen. Obwohl Lehrer bereit seien, mehr zu arbeiten, hätten Unterrichtsstunden häufig ausfallen und die Schüler ersatzweise in die Betriebe geschickt werden müssen. «Die Kollegen sind froh, dass dieser Zustand nun bald ein Ende hat.» Brodkorb kündigte an, dass vom Schuljahr 2014/2015 an bei Bedarf auch externe Vertretungslehrkräfte aus der Wirtschaft eingesetzt werden können. Die Regierung stelle dafür bis zu eine Million Euro bereit.

Wie Brodkorb würdigten auch die Vertreter der Lehrerverbände die seit 2000 gestaffelt eingeführten Teilzeitregelungen als großartigen Akt der Solidarität. «Die meisten haben über Jahre auf ein Drittel ihres Einkommens verzichtet und damit auch auf Rentenansprüche. Einigen tausend Pädagogen blieben damit aber betriebsbedingte Kündigungen erspart», erklärte der Minister. Nach Schätzungen des Beamtenbundes im Land konnten auf diese Weise 5.000 bis 6.000 betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.

Auch Finanzministerin Heike Polzin (SPD), einst selbst Lehrerin, sprach von einer «einzigartigen Solidarleistung». Doch neben der Lehrerschaft habe auch das Land seinen Beitrag geleistet. Rund 700 Millionen Euro seien als Abfindungen, für Vorruhestand und Altersteilzeit gezahlt worden. «Damit konnte der Stellenabbau sozial verträglich gestaltet werden», sagte sie.

Der dramatische Schülerrückgang als Folge des Geburtenknicks nach dem Zusammenbruch der DDR hatte Gewerkschaften und Politik seinerzeit zum Handeln gezwungen. Von knapp 300.000 sank die Schülerzahl zwischenzeitlich unter 130.000. Damit ging auch der Bedarf an Lehrern zurück. 1992 waren noch rund 20.000 Pädagogen an allgemeinbildenden Schulen im Land beschäftigt. Heute sind es etwa 10.500. Hinzu kommen 1.600 Berufsschullehrer.

Wegen des Lehrerpersonalkonzepts hatte es jahrelang nur wenige Neueinstellungen gegeben. Der Altersdurchschnitt der Pädagogen ging deutlich nach oben, viele gehen in den kommenden Jahren in Rente. Brodkorb räumte ein, dass der Bedarf an jungen Lehrern von Jahr zu Jahr zunimmt, schon jetzt aber die Bewerber kaum ausreichen. Für das laufende Schuljahr seien 200 neue Verträge geschlossen worden, im Jahr 2020 müssten aber schon 500 ausscheidende Lehrer ersetzt werden. Darauf stelle sich das Land aber ein, unter anderem mit dem neuen Bildungspaket über 50 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr. (dpa)

(08.02.2013)

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