Bayern: Eltern, Schüler und Lehrer fordern eine Reform des Gymnasiums

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MÜNCHEN. Die Landeselternvereinigung an den Gymnasien (LEV), die LandesschülerInnenvereinigung (LSV) und der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) fordern eine innere Reform des Gymnasiums. Die Diskussion um die Wiedereinführung des G9 zeige im Kern, dass es um viel mehr geht als um eine bloße Verlängerung der Gymnasialzeit.

Gymnasiale Bildung bedeute Analyse, Reflexion und Vertiefung. „Dazu ist derzeit angesichts übervoller Lehrpläne und eng getakteter Prüfungen zu wenig Zeit“, beklagte BLLV-Präsident Klaus Wenzel. Gemeinsam mit der Vorsitzenden der Landeselternvereinigung an den Gymnasien in Bayern (LEV), Susanne Arndt, und Nicole Scheermann, Vorstand der LSV Bayern, stellte er Eckpunkte für eine Reform des Gymnasiums vor. Die drei Organisationen sind sich einig: „Eine Rückkehr zum G9 ist keine Option, wenn sie nicht mit einer echten Reform des Gymnasiums verbunden ist.“

Schülervertreterin Nicole Scheermann kritisiert die starke Segmentierung des Lernstoffs, gerade in der Mittelstufe. „Bei 16 verschiedenen Fächern in der zehnten Klasse können Schülerinnen und Schüler nicht nachhaltig lernen. Der Begriff Lernbulimie ist zum Alltag an vielen Gymnasien geworden. Wir hetzen von Fach zu Fach und von Thema zu Thema.“ In Zukunft müssten daher deutlich mehr Lerninhalte fächerübergreifend unterrichtet werden.

Ziel der gymnasialen Bildung müsse das Verstehen von Zusammenhängen und das Interesse an zentralen Inhalten sein. Hierbei könne und dürfe zwar auf Grundwissen nicht verzichtet werden. Aber die Zeit zum Reflektieren und lösungsorientierten Lernen sei im Gymnasium zu knapp. Außerdem müsse sich der Lehrplan stärker an der Lebenswirklichkeit der Schüler orientieren. „Viel zu oft wird Wert auf Detailwissen gelegt, ohne den Schülern die Hintergründe erläutern zu können,“ kritisiert die Vorsitzende der LEV, Susanne Arndt. Dies führe dazu, dass die Schüler vor allem Begriffe auswendig lernten, ohne die tieferen Zusammenhänge zu verstehen. Sie kritisierte auch, dass in der Schule immer weniger Zeit bliebe, zu üben und immer mehr Übungszeit nach Hause verlagert würde. Dies setze die Familien unter Druck und benachteilige vor allem bildungsferne Schichten, auch wenn mit der Stärkung der individuellen Förderung ein erster Schritt in die richtige Richtung getan worden sei.

Die drei Organisationen sind sich einig, dass in den Schulen die Fokussierung auf Wissensvermittlung in engen Fächergrenzen und einem starren Zeitkorsett überwunden werden müsse. Daneben müsse aber auch die Leistungsbewertung reformiert werden. Wenzel begrüßte die Etablierung neuer Prüfungsformen wie mündlicher Schulaufgaben als Schritt in die richtige Richtung, stellte aber klar, dass sich diese oftmals nur schwer in den straff organisierten Schulalltag integrieren ließen.

Bei der notwendigen inneren Reform des Gymnasiums müssten mehr Zeit und flexiblere Strukturen für ein verständnisorientiertes Lernen im Mittelpunkt stehen. Dabei müssen aus Sicht von BLLV, LEV und LSV folgende Eckpunkte beachtet werden:

  • die Überwindung der Fächerzersplitterung,
  • die Reform der Leistungsbewertung und die
  • Ausrichtung der Lehrpläne an den Erkenntnissen der modernen Lernpsychologie.

Lernen und Unterrichten am Gymnasium müssten entschleunigt und vertieft werden. Bevor die Schulzeit pauschal um ein Jahr verlängert werde, wie es das Volksbegehren der Freien Wähler vorsieht, müsse ein pädagogisches Konzept für mehr Qualität erarbeitet werden.

Eine erneute Reform am Gymnasium müsse mit Bedacht und unter Einbeziehung der Betroffenen umgesetzt werden. LEV, BLLV und LSV betonen, dass Reformeile und Aktionismus den Schulen schaden. Kinder dürften nicht zu Versuchskaninchen werden. Die Erfahrungen mit der Hauruckeinführung des G8 seien eine deutliche Warnung. Dies dürfe aber nicht heißen, dass die dringend notwendige Neugestaltung der Unterrichtsstruktur und der Lernkultur im Gymnasium vertagt werden.

Zum Bericht: G8-Kurskorrektur in Bayern –  Seehofer lässt offenbar Alternativkonzept erarbeiten

 

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Gymnasiallehrerin
10 Jahre zuvor

Es ist ja doch interessant, dass die Landeselternvereinigung der Gymnasien in Bayern inzwischen
gemeinsame Presseerklärungen ausgerechnet mit dem Lehrerverband macht, der noch vor kurzem
dafür war, das Gymnasium auf seine Oberstufe zu verkürzen und darunter eine Gemeinschafts-
schule zu etablieren.
Im Grunde ist das eine beleidigte Reaktion von zwei Interessensverbänden, die den Wunsch und
den Trend zum G 9 total verpennt haben.