Mathe-Abi fällt wohl schlechter aus – Minister will aber nicht eingreifen

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MÜNCHEN. Vor knapp zwei Wochen haben Abiturienten ihre Mathe-Prüfungen absolviert. Dann hagelte es Kritik: zu schwer, zu wenig Zeit, zu viel Text. Bayerns Kultusminister hat sich die Sache genauer angeschaut.

„Kein Anlass in die laufende Abiturprüfung einzugreifen“: der bayerische Kultusminister Michael Piazolo. Foto: © StMUK

Im umstrittenen Mathe-Abitur erwartet die Staatsregierung zwar ein schlechteres Ergebnis als sonst, will aber vorerst nicht die Benotung ändern. Nach Auswertung erster Korrekturen lägen die Noten leicht unter dem Niveau der «letzten drei, vier, fünf Jahre», sagte der bayerische Kultusminister Michael Piazoloam Donnerstag in München. Konkrete Zahlen nannte er zunächst mit dem Hinweis auf die laufenden Prüfungen nicht. Der Schnitt in diesem Jahr sei «in einer Schwankungsbreite, die bei einigen Fächern üblich ist», sagte er. «Dieser Anschein bietet aktuell noch keinen Anlass, in die aktuell laufende Abiturprüfung einzugreifen.»

Nach den Prüfungen Anfang Mai war Kritik lautgeworden, einige Fragen seien zu kompliziert und die Bearbeitungszeit für manche Aufgaben zu kurz gewesen. Im Internet wurde eine Petition gestartet, damit die Benotung dem Schwierigkeitsgrad angepasst wird. Mehr als 73.000 Teilnehmer unterstützen dies bislang. Rund 37.000 Gymnasiasten im Freistaat sind derzeit in der Abiphase.

Piazolos Bewertung war mit Spannung erwartet worden, weil das Ministerium angekündigt hatte, Ergebnisse der Erstkorrekturen prüfen zu wollen. Er selbst könne die Mathe-Aufgaben nicht beurteilen, räumte der Minister (eigener Abitur-Schnitt: 2,5) ein: «Ich sehe mich – das sage ich ganz deutlich und ganz offen – nicht in der Lage, ein Mathe-Abitur in seiner Schwere zu bewerten.» Nach Expertenmeinung sei die Abi-Prüfung «durchaus ambitioniert, aber machbar» gewesen. «Wir behalten die weiteren Entwicklungen im Auge», sagte Piazolo.

In der Petition heißt es, einige Aufgabenstellungen seien vorher in dieser Art kaum Thema gewesen. Konkret kritisiert wurden Aufgaben aus den Teilbereichen Geometrie und Stochastik. Lehrerverbände hatten die Schwere der Aufgaben unterschiedlich gewertet. Vor allem plädierten sie dafür, erstmal die Ergebnisse abzuwarten und zu schauen, ob sie arg von Abiturnoten früherer Jahrgänge abweichen.

Die Landtags-FDP veröffentlichte Zahlen aus der Antwort des Kultusministeriums auf eine Anfrage, wonach die Noten im schriftlichen Mathe-Abi zuletzt zwischen 2,81 im Jahr 2011 und 3,11 in den Jahren 2015 und 2016 schwankten. Im vergangenen Jahr lag der Schnitt bei 2,99, der Durchschnitt aus den vergangenen 8 Jahren lag demnach bei 3,02.

Die Mathematik-Prüfung sei inhaltlich «in keinster Weise angreifbar», sagte Piazolo. «Es ist lehrplankonform, es ist kompetenzorientiert.» Eine «gewisse Textlastigkeit», die von Schülern kritisiert wurde, sei gewollt, da «Mathematik bewusst auch praxisrelevant abgefragt werden soll».

„Lehrplankonform und angemessen“

Der Einschätzung schloss sich auch der Bayerische Philologenverband (BPV) an. «Rein mathematisch scheinen die Aufgaben lehrplankonform und angemessen gewesen zu sein» – und die Aufgaben auch nicht textlastiger als beim Abi 2018, sagte der Vorsitzende Michael Schwägerl.

Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, begrüßte es, dass Piazolo derzeit nicht in das laufende Abitur eingreifen wolle: «Ich verstehe auch sehr gut, was der Minister macht. Wenn die Schülerinnen und Schüler, die ja gerade noch im Abitur sind, jetzt völlig irritiert werden würden, hätten wir noch mal eine Drucksituation ausgeübt – die gilt es zu vermeiden», sagte sie dem Bayerischen Rundfunk (Bayern 2, radioWelt am Abend). Sie glaube allerdings, dass nach Abschluss der Prüfung auch Konsequenzen folgen müssten. Fleischmann forderte, die aktuelle Struktur des Abiturs grundsätzlich zu diskutieren.

Die Landtags-SPD kritisierte Piazolo dagegen. Er habe wesentliche Fragen nicht beantwortet, sagte die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Simone Strohmayr. «Aus meiner Sicht muss der Mathematikunterricht in Bayern grundsätzlich überdacht werden, vor allem aber die Vorbereitung auf das Abitur.»

Nach Angaben des Kultusministeriums sucht eine Kommission aus Lehrern potenzielle Abituraufgaben aus. Eine Arbeitsgruppe aus dem Ministerium überprüft dann diese Aufgaben. Am Tag vor der Prüfung werden die Aufgaben noch einmal im Haus von Fachreferenten für Mathematik überprüft, die die Aufgaben bis dahin nicht kennen. Am Tag der Prüfung selbst bekommen die jeweiligen Mathelehrer morgens je zwei Aufgaben aus den Bereichen Analysis, Geometrie und Stochastik und können sie durchrechnen. Daraus wählen sie jeweils eine aus für ihre Schüler – in der Regel richte sie sich dabei nach dem Wissensstand ihres Kurses. Die Schüler selbst haben keine Wahl mehr.

Bayern ist eines von mehreren Bundesländern, die sich aus einem gemeinsamen Aufgabenpool bedienten. Zeitgleich und mit ähnlichen Aufgaben wurde das Mathe-Abi in Sachsen, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein geschrieben. Auch in anderen Ländern gab es Kritik an den Aufgaben. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Schleicher zum Mathe-Abi: „Schüler haben besseren Unterricht verdient“

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2 Kommentare
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GriasDi
4 Jahre zuvor

Zitat:
„Mathe-Abi fällt wohl schlechter aus“

Ja und, wo ist das Problem. Soll jedes Abi in jedem Jahr gleich ausfallen?????

xxx
4 Jahre zuvor
Antwortet  GriasDi

Es soll jedes Jahr besser ausfallen. Tendenziell tut es das ja auch. Das liegt aber weniger an den besser werdenden Schülern (werden sie nämlich nicht), als vielmehr an den immer weiter abnehmenden Anforderungen.