QUICKBORN. Nicht einmal jeder Zweite Jugendliche könnte die Begriffe “DAX” oder “Rendite” erklären. Dennoch geben sich deutsche Jugendliche hinsichtlich ihrer finanziellen Bildung im Durchschnitt ein „Befriedigend“. Die Ergebnisse einer Studie der Quickborner Comdirect Bank weisen auf eklatante Mängel hin.
Gerade noch befriedigend: Deutschlands Jugend gibt sich durchschnittlich die Schulnote 3,3 für ihre finanzielle Bildung. Gegenüber 2016 (Schulnote 3,4) habe sich bei der Vermittlung von Finanzwissen nicht viel getan und das, obwohl die Schulen in der Bewertung der Jugendlichen zulegen konnten. Noch immer gaben 40 Prozent der Befragten der schulischen Finanzbildung die Note 5 oder 6 (2016: 59 Prozent). Zu diesen Ergebnisssen kommt die zweite comdirect Jugendstudie, für die im Januar 2019 bundesweit 1.600 Jugendliche im Alter von 16 bis 25 Jahren befragt wurden.
Zwar wissen die meisten Jugendlichen, was Begriffe wie “Kreditkarte”, “Zinsen” oder “Girokonto” bedeuten. Ein Wort wie “Inflation” konnte dagegen ein Drittel nicht erklären. Mit “Liquidität” konnte die Hälfte nichts anfangen. Was sich hinter dem Begriff “DAX” verbirgt, konnte mehr als die Hälfte nicht erläutern. Ergebnisse, die Arno Walters Missfallen erregen: “Selbst von den 22- bis 25-Jährigen könnten nur 53 Prozent erklären, was “Liquidität” ist. Auch der Begriff “Rendite” ist jedem zweiten 22- bis 25-Jährigen nicht geläufig. Dass viele junge Erwachsene solche Wörter, die meiner Meinung nach zum Allgemeinwissen gehören sollten, nicht verstehen, zeigt die Schwäche im Bereich der finanziellen Bildung”, so der Vorstandsvorsitzende von comdirect.
Die eigene Unwissenheit in finanziellen Angelegenheiten ist der Jugend durchaus bewusst. 18 Prozent geben sich die Schulnote 5 oder sogar 6 für ihr Finanzwissen (2016: 22 Prozent). Nur 27 Prozent würden sich mit einer 1 oder 2 benoten (2016: 24 Prozent). Im Durchschnitt beträgt die Schulnote 3,3. Junge Männer benoten sich mit 3,1 etwas besser als junge Frauen (3,6). Baden-Württemberg und das Saarland schnitten hinsichtlich der Vermittlung von Finanzwissen am besten ab (jeweils Note 3,0), während Niedersachen mit der durchschnittlichen Schulnote von 3,7 das Schlusslicht bildete.
Deutschlands Schulen erhalten aktuell die Note 3,9 für die finanzielle Bildung ihrer Schüler. Gegenüber 2016, wo der Notendurchschnitt bei 4,4 lag stelle das zwar eine leichte Verbesserung dar, jedoch geben immer noch 40 Prozent der Jugendlichen ihren Schulen die Noten 5 oder 6, was die Vermittlung von Finanzwissen betrifft. 92 Prozent aller Befragten wünschen sich deshalb das Fach “Finanzen” in der Schule, 49 Prozent sogar als Pflichtfach. “Das ist weiter ein sehr starkes Signal der Jugendlichen an unser Bildungssystem, das Thema Finanzen endlich in den Lehrplan zu integrieren”, kommentiert Walter diese Ergebnisse.
Doch auch neben der Schule oder dem Beruf bilden sich junge Menschen in finanziellen Fragen weiter. Lediglich 19 Prozent der Befragten gaben an, sich gar nicht mit dem Thema Finanzen zu beschäftigen. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen nutzt klassische Medien wie Zeitungen, Zeitschriften oder das TV, um sich finanziell weiterzubilden. Jeder Dritte sieht sich Tutorials, zum Beispiel auf Youtube, an. Immerhin 15 Prozent besuchen Webinare, also Online-Seminare.
“Wir sollten uns als Gesellschaft aber nicht allein auf die Schulen als Vermittler von Finanzwissen verlassen. Hier ist jeder von uns gefragt, auch die Familie und Unternehmen, gerade auch aufgrund der notwendigen privaten Altersvorsorge”, sagt Walter. “Digitale Lernformate werden zunehmend an Bedeutung gewinnen und finanzielle Bildung günstig, einfach, jederzeit und überall ermöglichen.” Mathematik sei überall und die Grundlage unseres Wirtschaftssystems, so so Walter, der auch Vorstandsvorsitzender der Stiftung Rechnen ist. Mit verschiedenen Initiativen schaffe diese positive Rechenerlebnisse und gebe Impulse, wie wir unseren Alltag mit Mathematik erfolgreich gestalten und die Rechenkompetenz stärken könnten
Bereits zum zweiten Mal hat comdirect über ein Online-Panel (Toluna) bundesweit Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 16 Jahren und 25 Jahren zum Thema “Geld und Geldanlagen” befragt. Insgesamt nahmen 1.600 Personen an der Umfrage teil. Die Umfrage wurde im Januar 2019 durchgeführt. (zab, pm)
Was die Wirtschaft braucht: Bildung für die kreativen Denker von morgen – ein Gastbeitrag
Man muss für jedes Bundesland mal die Lehrpläne insbesondere von Wirtschaft, Politik und Sozialwissenschaften durchforsten. Man wird wahrscheinlich fündig werden.
Bei einem solchen Artikel frage ich mich, ob Bänker noch den Bezug zur Realität haben.
Begriffe wie Liquidität, Rendite oder DAX tangieren Jugendliche doch nur peripher.
Wenn ein signifikant großer Anteil der Bevölkerung monatlich nicht genügend Geld zur Verfügung hat, um zu sparen, sind Investitionen das letzte, woran diese Menschen denken.
Kredite, Leasing und Darlehen sind es, was die Jugend kennen muss.
Altersarmut gehört auch dazu – der Anteil der Renter in prekärer Lage steigt immer weiter.
Der wahre Grund für die Sorge der Bänker gilt doch nur dem Geld der Konsumenten:
“gerade auch aufgrund der notwendigen privaten Altersvorsorge”
Jeder soll ab dem ersten Gehalt – von dem teilweise wenigen – immer einen Anteil abgeben, um im Alter nicht hartzen zu müssen. Oder man investiert das Ersparte in Aktien, was immer ein Risiko birgt – also nur für den Geldgeber, aber nicht den Bänker.
Wenn mittlerweile der Median des Bruttoeinkommens bei circa 2500 € liegt, muss man schon schauen, welche Sprünge man mit dieser großen Menge Geld machen kann. Welcher Anteil der Deutschen ist denn überhaupt noch liquide? Reicht es für die private Altersvorsorge oder sollte man das System wieder so ändern, dass man von der gesetzlichen Rente leben kann? Dafür müsste die Jugend aber Dinge hinterfragen können und mündig sein – ob das von den Banken und der Politik so gewollt ist.
Da will man doch lieber, dass die Kinder das Wort DAX kennen, damit … ja, warum eigentlich?