Deutsche fürchten die Digitalisierung – und trauen Fachwissen nicht (mehr)

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DAVOS. Die Wirtschaft verändert sich: Neue Technologien werden entwickelt, neue Jobs entstehen. Aber nicht jeder freut sich über den Wandel. Besonders problematisch: Die Verunsicherung wächst sich aus – und betrifft sowohl das politische und wirtschafliche System als auch Bildung und Wissenschaft.

Das Internet alleine macht auch nicht schlau. Illustration: Gerd Altmann / pixelio.de
Immer mehr Menschen fremdeln mit der Informationsgesellschaft. Illustration: Gerd Altmann / pixelio.de

Fast drei Viertel (73 Prozent) der Menschen in Deutschland haben einer aktuellen Umfrage zufolge Angst vor einem Verlust ihres Arbeitsplatzes. Im Zentrum steht für viele der technologische Wandel, wie die Beratungsagentur Edelman in ihrem aktuellen «Trust Barometer» ausgewertet hat. Der Bericht liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, er soll an diesem Montag in Berlin vorgestellt werden.

«Die Menschen ahnen eine schlechte Zukunft voraus, sie sind nervös», sagte Agenturchef Richard Edelman der dpa am Rande der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos. Befürchtet werde, dass mit der zunehmenden Automatisierung Arbeitsplätze wegfielen. So sei zum Beispiel unklar, was die Entwicklung autonomer Fahrzeuge für Lastwagenfahrer bedeute. Aus der Furcht um den Arbeitsplatz entstehe auch Angst, weniger Geld zu verdienen oder soziale Anerkennung zu verlieren, sagte Edelman.

Die Hälfte der Menschen klagt über die Geschwindigkeit des Wandels

Der Studie zufolge findet die Hälfte der Menschen hierzulande, der technologische Wandel schreite mit zu hoher Geschwindigkeit voran. Wirtschaft und Regierung müssten Hand in Hand arbeiten, um das Vertrauen der Menschen wiederzugewinnen, sagte Edelman. Wichtig seien etwa faire Löhne sowie Möglichkeiten bei der Mitarbeiterschulung. Als Möglichkeiten nannte Edelman steuerliche Anreize für Unternehmen, zum Beispiel bei der Aus- und Weiterbildung oder bei Angeboten eines Fernstudiums für die Mitarbeiter.

Institutionen werden der Umfrage zufolge in Deutschland sehr skeptisch gesehen. Dazu fragte die Agentur, ob Unternehmen, Regierung, Medien und Nichtregierungsorganisationen (NGO) kompetent und ethisch seien. Denn dies seie die beiden Hauptkriterien, die für die Entstehung von Vertrauen entscheidend sind. Resultat: Keine Institution wird als kompetent und ethisch empfunden. Nur die Wirtschaft gilt als etwas kompetent, nur Medien und NGO als leicht ethisch korrekt.

«Die Ergebnisse zeichnen ein deutliches Bild: Unternehmen müssen besser werden», betonte Edelman-Deutschland-Chefin Christiane Schulz. Dabei gehe es nicht um Wertschöpfung oder Wertsteigerung, sondern um ethisches Verhalten – «also in Aspekten wie Fairness, Glaubwürdigkeit und ihrem Einsatz für die Zukunft unserer Gesellschaft».

„Es gibt eine Ablehnung von Autoritäten, von Fachwissen“

Richard Edelman fasste zusammen: «Es gibt eine Ablehnung von Autoritäten, von Fachwissen. Das ist äußert problematisch.» Eine Möglichkeit sei es, Influencer einzubinden, in Gesundheitsfragen etwa solche, die in sozialen Medien wissenschaftliche Fragen erklären. «Ihnen wird mehr vertraut als dem Gesundheitsministerium.»

Dieses Vertrauen beträfe aber auch Nichtregierungsorganisationen: «Klassische NGO wie der WWF werden von jungen Aktivisten aufgemischt», sagte Edelman. Die Aktivisten könnten junge Leute besser mitnehmen, sie teilten und diskutierten öffentlich. «Greta Thunberg nutzt die sozialen Medien äußerst professionell. Sie ist ein Vorbild für junge Leute», sagte er.

Wie Edelman bereits zuvor mitgeteilt hatte, blicken die Menschen in Deutschland der Studie zufolge pessimistisch in ihre Zukunft. Nur etwa jeder Vierte (23 Prozent) erwartet, dass es ihm in den kommenden fünf Jahren ökonomisch besser gehen wird. Mehr als die Hälfte stellte demnach stellt den Kapitalismus (55 Prozent) und das bestehende System in Frage (61 Prozent). Über diese Aspekte hatte zuerst die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» berichtet. Das «Edelman Trust Barometer» ist eine jährliche Studie zu Vertrauen in Regierungen, NGO, Wirtschaft und Medien. dpa

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