Die Bildungsmesse Learntec widmet sich (auch) dem Thema digitaler Arbeitsplatz

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KARLSRUHE. Viele Beschäftigte haben in ihrem Betrieb kein eigenes Büro und auch keinen festen Schreibtisch mehr – was bei Lehrern seit je her so ist. In der Wirtschaft wird immer öfter nach dem Prinzip «New Work» (oder «Future Work») gearbeitet, bedeutet: sich je nach Projekt wechselnde Arbeitsorte und -Teams zu suchen. Wie digitale Technik dabei helfen kann, das betrifft auch Schulen. Die Bildungsmesse Learntec in der Messe Karlsruhe widmet sich in diesem Jahr (unter anderem) dem Thema digitaler Arbeitsplatz.

Die Realisierung des Digitalpakts wird eines der zentralen Themen im Bereich school@Learntec sein. Foto: Messe Karlsruhe/ Behrendt und Rausch

Alle Daten im Laptop und in der Cloud, arbeiten, wann und wo es am besten passt – abends am Küchentisch, während der Bahnfahrt oder in verschiedenen Bürobereichen des Unternehmens. Einen eigenen Schreibtisch gibt es nicht mehr. «New Work» setzt sich in deutschen Unternehmen durch.

„Es geht nicht um ständige Verfügbarkeit der Beschäftigten“

Beim Hamburger Handelsunternehmen Otto kümmert sich Irene Oksinoglu um den Veränderungsprozess. Bei der Karlsruher Bildungsmesse Learntec räumt sie am Dienstag erstmal mit einen Missverständnis auf: «Arbeit und Privatleben dürfen nicht miteinander verschmelzen.» Es gehe nicht um ständige Verfügbarkeit, sondern darum, Arbeit besser und angenehmer zu machen.

Der Begriff «New Work» geht auf den Philosophen Frithjof Bergmann zurück. Unternehmen verstehen darunter, ihren Mitarbeitern in der digitalen Welt veränderte räumliche, technische und zeitliche Möglichkeiten anzubieten. So werden feste Räume oder Schreibtische aufgegeben. Mitarbeiter können von jedem Ort im Unternehmensgebäude, auf Reisen oder im Home Office auf alle nötigen Daten und Programme zugreifen – alleine oder in Teams.

Organisationsveränderungen alleine sind nach Überzeugung des Chemnitzer Professors für Organisations- und Arbeitspsychologie, Bertolt Meyer, aber nicht ausreichend, um die Ziele zu erreichen. «Die Zufriedenheit von Mitarbeitern ist dann besonders hoch, wenn sie in ihrer Tätigkeit Sinn erkennen und die Arbeit ihre Bedürfnisse befriedigt.»

Das Karlsruher Drogerieunternehmen dm hat im vergangenen Jahr unter dem Namen Dialogicum seine neue Zentrale eröffnet, die ein offenes Konzept räumlich umsetzt. Bergmanns ursprünglicher Gedanke, dass die Menschen tun, was sie wirklich wollen, sei für dm nicht neu, sagt Christian Harms, Geschäftsführer Ressort Mitarbeiter. «Wir kultivieren seit mehr als 20 Jahren unsere dialogische Kultur mit dem Ziel, dass die Arbeit sinnstiftend sein soll.»

Die neue Zentrale unterstützt mit ihrer Architektur agile Formen des Arbeitens. Alle Schreibtische seien jeden Morgen leer, erklärt Harms: «Wir haben komplettes Desksharing.» Je nach Aufgabe wechseln Mitarbeiter ihre Plätze im Haus. Für hochkonzentriertes Arbeiten gibt es kleine Einzelräume. Die Mitarbeiter können orts- und zeitunabhängig auf alle Daten zugreifen, größtenteils auch über Smartphones. Außerhalb der Essenszeiten dient das Betriebsrestaurant als Ort für Besprechungen.

Nach Meyers Erfahrung reagieren die meisten Mitarbeiter auf Veränderungen zunächst mit Ängstlichkeit: «Es gibt kaum etwas, das psychologisch so unangenehm ist für Menschen wie das Gefühl, dass etwas Errungenes verloren geht.» Das könnten zum Beispiel Status oder Kompetenz sein. Eigene Räume oder Schreibtische aufzugeben sei für viele Mitarbeiter schwierig.

Status ist heute nicht mehr wichtig – Teamwork schon

Status sei heute nicht mehr so wichtig, sagt dagegen Oksinoglu. Mit dem Wandel gewinne zum Beispiel Co-Kreativität an Bedeutung. «Nicht ich alleine muss ein Problem lösen.» Es komme auf die Leistung des Teams an. Alle Instrumente für «Future Work», wie der Prozess bei Otto heißt, lägen wie die Speisen auf einem Buffet, sagt Oksinoglu. «Future Work» unterstütze jeden Mitarbeiter bei der bestmöglichen Erfüllung seiner Aufgaben. «Am Ende ist es wichtig, dass sich jeder von dem Buffet bedient.» Ziel bei Otto sei es, attraktiv zu sein und die guten Leute zu binden.

Eine offene Gestaltung der Räume sei für viele Unternehmen ein Symbol für die Veränderung der Kultur des Zusammenarbeitens, erläutert Meyer. Die Idee, stärker auf Gruppenarbeit, Kommunikation und Flexibilität zu setzen, gehe aber auch mit höherem Zeitdruck und Arbeitstempo einher.

Ein Vorteil für Unternehmen ist der geringere Flächenbedarf. «Kein Arbeitsplatz bleibt leer, nur weil die Person, die normalerweise dort arbeitet, gerade nicht da ist. Das ist für Unternehmen finanziell wahnsinnig attraktiv.» Für die meisten Unternehmen gehe es auch um Gewinnmaximierung. «New Work» sei eine Arbeit, die aufgrund ihres Inhalts wirklich erfülle. Dazu könne Büroarchitektur nur einen sehr begrenzen Beitrag leisten. Von Sönke Möhl, dpa

Die Learntec 2020

Die Learntec, Europas größte Veranstaltung für digitale Bildung, zeigt vom 28. bis 30. Januar 2020 aktuelle Trends und Zukunftstechnologien rund um das digitale Lernen. Mit dabei sind über 400 Aussteller aus 16 Nationen, erwartet werden in der Messe Karlsruhe über 12.000 Besucher aus der Industrie, der Beratungsbranche, dem Handel und Vertrieb sowie aus Bildungseinrichtungen. Im Fokus stehen unter anderem der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Bildung, die Themen Modern Workplace, Learning Analytics und Internet of Things (IoT) sowie Augmented, Mixed und Virtual Reality (AR/ MR/ VR).

Die Learntec, Europas größte Veranstaltung für digitale Bildung, zeigt vom 28. bis 30. Januar 2020 aktuelle Trends und Zukunftstechnologien rund um das digitale Lernen. Foto: Messe Karlsruhe/ Behrendt und Rausch

Die Learntec bietet seinen Besuchern 2020 erstmals eine besondere Smart Learning Experience: Mit dem Learntec future lab, das die Messe Karlsruhe gemeinsam mit Bosch Software Innovations entwickelt hat, entsteht vor Ort eine lebendige Erlebnisfläche, auf der die Messebesucher Zukunftstechnologien und Visionen rund ums digitale Lernen kennenlernen können. Vier Technologien – Künstliche Intelligenz (KI), Augmented und Virtual Reality (AR/VR), Human-Machine Interface (HMI) und Internet of Things (IoT) – stehen dabei im Fokus. Die Messebesucher erhalten die Möglichkeit, die Zukunftstechnologien live auszutesten und gleichzeitig eigene Ideen und Zukunftsfantasien des digitalen Lernens mit einzubringen.

Innovative Ideen sind wichtige Wachstumstreiber, auch in der Bildungsbranche. Deshalb bietet die Learntec dem Nachwuchs der Branche eine Bühne: In der Start-up Area präsentieren junge Unternehmer ihre zukunftsfähigen Neuentwicklungen und innovativen Ideen rund ums digitale Lernen. Die Start-up Area wurde in diesem Jahr nochmal vergrößert, sodass insgesamt 48 Start-ups die Möglichkeit haben, ihre Ansätze dem Fachpublikum vorzustellen.

Das gesamte Messe-und Kongressprogramm gibt es unter https://www.learntec.de/de/programm/

 

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