Philologen-Umfrage: Kaum Unterstützung für Lehrkräfte, die ukrainische Kinder unterrichten

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BERLIN. Mehr als 100.000 geflüchtete Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine werden derzeit an deutschen Schulen unterrichtet. Die KMK rechnete sogar mit bis zu 400.000 Kindern und Jugendlichen, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen. „Doch dafür sind unsere Schulen noch nicht gut genug ausgestattet“, so stellt die Bundesvorsitzende des Philologenverbands, Prof. Susanne Lin-Klitzing fest – mit Blick auf eine Umfrage unter Gymnasiallehrkräften.

Wo ist die Reaktion der Kultusminister? Philologen-Chefin Susanne Lin-Klitzing macht Druck. Foto: DphV

88 Prozent der befragten Lehrkräfte an Gymnasien haben an ihren Schulen bisher keine Unterstützung durch zusätzlich eingestellte Lehrkräfte bekommen. 80 Prozent der Lehrkräfte erklären, dass an ihren Schulen keine Vorbereitungsklassen für geflüchtete Schülerinnen und Schüler eingerichtet wurden.

Dies geht aus einer Umfrage des Deutschen Philologenverbandes unter mehr als 1700 Lehrkräften an Gymnasien hervor, die zwar schon im April dieses Jahres online durchgeführt wurde, aber angesichts der wachsenden Personalnot in den Schulen nach wie vor aktuell sein dürfte.

Nur 15 Prozent der Lehrkräfte haben demnach die Erfahrung gemacht, dass Kolleginnen und Kollegen, die zusätzliche Aufgaben für die geflüchteten Schülerinnen und Schüler übernehmen, entlastet wurden. 85 Prozent hingegen konnten keine Entlastungsmaßnahmen feststellen. 60 Prozent der befragten Lehrkräfte gaben an, dass geflüchtete Schülerinnen und Schüler nicht ihren Fähigkeiten entsprechend den passenden Schularten zugewiesen werden. 40 Prozent der Lehrkräfte erklärten aber, dass dies ordentlich geschehe.

„Konkret brauchen wir für die geflüchteten ukrainischen Lehrkräfte mehr zusätzliche und qualifizierte Deutschkurse“

„Wir brauchen mehr Unterstützungsmaßnahmen durch die Politik für die ukrainischen und für die deutschen Lehrkräfte, um alle Schülerinnen und Schüler gut, bedarfsgerecht und passgenau beschulen zu können“, erklärt Susanne Lin-Klitzing, dazu. „Konkret brauchen wir für die geflüchteten ukrainischen Lehrkräfte mehr zusätzliche und qualifizierte Deutschkurse, damit sie uns in den Schulen besser unterstützen können. Sie müssen anschließend an zertifizierten Standards orientiert zumindest stundenweise unbürokratischer in unseren Schulen beschäftigt werden können.“

Lin-Klitzing weiter: „Die bereits beschäftigten deutschen Lehrkräfte brauchen angesichts der zusätzlichen Aufgaben mehr Entlastungsstunden und erst recht keine Streichung von vorgesehenen Ermäßigungen! In die Nachtragshaushalte der Länder müssen zudem umgehend bedarfsgerecht mehrere tausend Lehrerstellen eingestellt werden.“ News4teachers

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15 Kommentare
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Emil
1 Jahr zuvor

Nun, die Gymnasialkollegen brauchen auch keine Unterstützung. Deren Motto ist nämlich „friss oder stirb“. An allen anderen Schulen, an denen sich Kollegen um ihre Schüler bemühen, ist Unterstützung allerdings dringend notwendig.
Ich habe mehr als ein DaZ-Kind an Gymnasien verloren, sie hatten DAZ (ach, wie löblich), allerdings parallel zu Mathe und sollten sich die verpassten Lerninhalte selbst erarbeiten. Ja, klar, danke, liebe überkandiedelte Gymmis. Nach euch die Sintflut!!!

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Emil

Gymnasien werden in der Regel gar nicht mit dem Problem belastet, das bleibt vorwiegend an Grundschulen, Real- und Mittelschulen, Hauptschulen und Berufsschulen hängen.

Andre Hog
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Einspruch!! (s.o.!!)

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Andre Hog

Ich bezog mich auf die Flüchtlingswelle in 2015 und danach. Bei den ukrainischen Schülern dürfte das Ausbildungsniveau wesentlich höher sein, aber die staatliche Unterstützung ist sicher trotzdem nicht ausreichend, wieder stemmen es die Lehrer ganz alleine.

Ulrike
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Das stimmt nicht. Habe aktuell drei Jugendliche aus der Ukraine in der Englischklasse am Gym.

Andre Hog
1 Jahr zuvor
Antwortet  Emil

Lieber Emil,
Deine engagierten Worte in allen Ehren…aber alle gymnasialen KuK über einen Kamm zu scheren spricht nicht für ein hohes Differenzierungsvermögen…wir haben ukrainische SuS – ebenso, wie wir seit 2015 auch bis zu drei IKs hatten – mit jeweils bis zu 12 SuS.

Einige von denen haben in diesem Jahr – auch durch die massiven Fördermaßnahmen durch die KuK, die in den IKs unterrichtet haben aber auch allen anderen, die mit den IK-SuS in den zugeordneten Regelklassen zu tun hatten – ihr Abitur bestanden. Das wäre wohl nicht möglich gewesen, wenn es nicht umfängliche Förderangebote und Lernanreize gegeben hätte.
Friss oder stirb!! …gibt es bei und nicht, was nicht am Schulträger oder der SL liegt, sondern an den KuK, die sich hier ebenso den arsch aufreißen wie für alle anderen SuS auch.

Also von mir ein klares ‚veto‘ hinsichtlich deine unqualifizierten Generalverurteilung und einen „Daumen runter“ !!

Pensionist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Emil

Wenn schon, dann „überkandidelte Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer“

Andre Hog
1 Jahr zuvor

Ui, na da bin ich aber bas-erstaunt!!

Wurde uns das von der KMK nicht als sehr wichtige Aufgabe und Herausforderung „verkauft?
Wurden die ukrainischen SuS nicht herzlich willkommen geheißen und ihnen versichert, dass „wir“ alles tun würden, um ihnen das Ankommen so gut wie möglich zu gestalten?

Und:
Haben nicht unzählige KuK das aktuelle Szenario der „nicht vorhandenen Hilfen seitens der Kultuspolitik und ihres Appendix“ vorhergesagt und das kollektive „Wir“ der KMK als eindeutiges „Ihr“ – nämlich die KuK an der Basis – erkannt und benannt?

Das leere Geseiere der KuMis ist so durchschaubar … und das Schlimmste ist, dass wir es mittlerweile gar nicht mehr anders erwarten, denn wenn man sich mit KuK darüber unterhält und die Enttäuschung, Frustration und daraus resultierende Wut heraushören lässt, dann bekommt man allzu oft die Entgegnung: „Hast du allen Ernstes was anderes erwartet?“

Auch in unserer Anstalt wird diese Arbeit aus „bordeigenen Mitteln“ gestemmt.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Andre Hog

Leider. Wir sollten das einfach nicht mehr tun.

Ich kann auch nicht versprechen, meine Freundin zu heiraten und dann jemand anderen schicken.

Ganz pragmatisch jeden Tag eine Dauerhilfsmail an die KuMis, an den Schulrat, Senatoren, …. Vollschwemmen mit Unterstützungsnachfragen, bis der Server ein burnout bekommt.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor

Warum wundert mich das nicht? Dasselbe Dilemma hatte man schon bei den syrischen/afrikanischen Flüchtlingen erfahren, bei uns wurden adhoc 10 Flüchtlingsklassen aus dem Boden gestampft, Container aufgestellt, ein paar Sozialpädagogen zur Verfügung gestellt, und dann „macht mal“. Kein Material, keinerlei Information über die ethnische Vielfalt, mit den daraus entstehenden Konflikten und Problemen allein gelassen. Die Vorgabe war ganz lapidar: „die müssen beschult werden.“ Man kann sich denken, was dies bewirkt hat.

Tom
1 Jahr zuvor

Die Gymnasien werden ebenfalls beteiligt. Dort sind ebenfalls ukrainische SuS eingebracht worden und werden es weiterhin. Ansonsten habe ich es bei n4t an anderen Stellen schon ausgeführt: Gymnasien sind keine Kaderschmieden von Eliten und ich hoffe, dass die LuL auf den Gymnasien das in ihrem Selbstverständnis ebenso sehen. Wenn nicht, dann empfehle ich ihnen den leichten Fokus auf Dokus bzw. Reportagen betreffend Privatschulen und -internaten in Deutschland.

Forumsleserin
1 Jahr zuvor

Eine von drei auf der Homepage des KM Bayern genannten Möglichkeiten des Schulbesuchs ukrainischer SchülerInnen:

„Aufnahme in eine Regelklasse bzw. den regulären Unterricht, ggf. als Gastschüler (Voraussetzung: sichere Beherrschung der deutschen Sprache, Aufnahmeverfahren der jeweiligen Schulart).“ https://www.km.bayern.de/ukraine.html

Was ist daran gelogen? Voraussetzung ist die sichere Beherrschung der deutschen Sprache.

Mir geht es nicht darum, dass alles perfekt klappt. Doch diese Hochglanzprospektauftritte meines Arbeitgebers sind das Letzte.

Wer kümmert sich denn klaglos so ganz nebenbei um diese SchülerInnen?
Beherzte Lehrkräfte.

Warum ist das dieses Mal besonders bitter? Die Ansprüche an uns Lehrkräfte sind von allen Seiten infolge der Pandemie extrem.

Die Unterstützung gleich null.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Forumsleserin

Stimmt.

Einfach mal was lassen.

Das ist leicht gesagt – keine Frage. Aber wir sind nicht für alles verantwortlich, was sich von denen da ausgedacht wird.

Um Arbeitsmaterial für die Ukrainer haben wir wir (nicht wir ihr) gekümmert. Klar, nebenbei, obenauf, …. unentgeltlich, …

Die Frage muss doch auch mal lauten: Warum machen wir wir das?

(Ja, die armen Kinder – sind sie wirklich. Ja, das gute Herz – sollte auch für einen selber schlagen.)

Andreas.Müller
1 Jahr zuvor
Antwortet  Forumsleserin

Die Selbstdarstellung des KM Bayern erinnert regelmäßig an chinesische Staatspropaganda. Und die Eltern scheinen es zu glauben.

Ulrike
1 Jahr zuvor

Die Kinder und Jugendlichen werden in ohnehin schon überfüllte Klassen gesteckt und das wars. Aber die Politik kann Erfolge vermelden, denn es sind ja alle irgendwie untergebracht.