Ruben Charara tüftelt im klimatisierten Büro an einer Software-Lösung für Urlaubsanträge. Das Programm dafür hat er binnen zwei Wochen in völliger Eigenregie während eines Praktikums entwickelt. Ruben ist zwölf Jahre alt. Das Programmieren hat er sich selbst beigebracht, dafür reichten ihm vier Wochen. «Ich habe mir eine Schulung im Internet angeschaut, das war recht einfach und das konnte ich schnell anwenden», berichtet der Junge. Das Abitur hat er schon in der Tasche. Vor einigen Wochen war Abiball im nordrhein-westfälischen Wermelskirchen. Nun soll es bald losgehen mit einem regulären Studium – Informatik oder Wirtschaftsinformatik.
Ruben ist höchstbegabt. Mit einem Jahr hat er in ganzen Sätzen gesprochen, mit fünf konnte er lesen. «Da hat er plötzlich eine Postkarte vorgelesen, wir waren völlig überrascht», erzählt seine Mutter Hana Charara. Das Lesen habe er sich alleine beigebracht, ohne dass jemand etwas bemerkte. «Ruben hat alles sehr früh und sehr schnell gelernt und viele Interessen und Talente gleichzeitig gezeigt.» Mit drei Jahren wollte er Architekt werden, erinnert sich seine Tante Rabab Charara. «Er hat so lange gedrängelt, bis ich fünf Bewerbungen mit ihm geschrieben habe.» Mit vier Jahren bekam das Kita-Kind ein Tagespraktikum in einem Architekturbüro.
«In der Grundschule habe ich mich schnell gelangweilt. Und als ich in die 5. Klasse kam, wurde es mir auch langweilig»
Ruben ist 1,60 Meter groß, schmal, aufmerksam, höflich, wirkt eher zurückhaltend, bescheiden. Wenn man ihn auf seinem Roller sieht, würde man nicht darauf kommen, dass er seine gesamte Schullaufbahn in sechs Jahren abgehakt hat, fließend Englisch und Französisch spricht. Aktuell bereitet er sich mit seinem Praktikum – bei einer IT-Firma (aievas AG) in Burscheid nahe Köln – auf sein angestrebtes Hochschulstudium vor.
Der freundliche Junge dürfte der bundesweit jüngste Abiturient sein – und demnächst wohl auch der jüngste Student in Deutschland. Jedenfalls sind hierzulande keine Fälle von noch jüngeren Kindern mit Abitur oder in regulären Studienfächern bekannt. Ruben scheint das weder zu Kopf zu steigen noch unheimlich zu sein. «Ich bin stolz und glücklich, dass ich mein Abi habe und freue mich auf das Neue, das jetzt kommt.» Mit fünf fing er in der Grundschule an, die er in zwei Jahren durchlief.
Ruben hat eine Gegnerin, die häufig seine Wege kreuzt und bezwungen werden muss: die Langeweile. «Im Kindergarten habe ich mich gelangweilt und wollte in die Schule. In der Grundschule habe ich mich schnell gelangweilt. Und als ich in die 5. Klasse kam, wurde es mir auch langweilig.» Auf dem Gymnasium packte er immer zwei Schuljahre in ein Kalenderjahr. Ruben musste dennoch jeweils den gesamten Unterrichtsstoff beherrschen und auch sämtliche Klausuren mitschreiben. Was er durch das Überspringen verpasst hatte, erarbeitete er sich selbst. «Das war für mich erträglicher als Langeweile.»
Fand er es nicht schwierig, sich ständig auf neue Lehrer und Mitschüler einzustellen? «Das war kein Problem. Ich habe Freunde in meinem Alter und ältere. Meinen Freunden ist es auch egal, ob jemand Abi mit zwölf, 14 oder im normalen Alter macht.»
Laut Mensa, dem bundesweit größten Netzwerk für Hochbegabte, spricht man ab einem Intelligenz-Quotienten von 130 von Hochbegabung. Rund 2,2 Prozent der Menschen erreichen das in Deutschland. Der Begriff Höchstbegabung sei unklarer, häufig werde ein IQ ab etwa 145 angeführt, der bei 0,13 Prozent der Bevölkerung vorliege. Dazu gehört Ruben.
«Höchstbegabung ist ein Potenzial, entscheidend sind aber Motivation, Lust, Wille, Ausdauer»
Nicht alle hochbegabten Heranwachsenden zeigen Top-Leistungen, stellt die Gesellschaft für das hochbegabte Kind klar: Sie brauchen stets besondere Anregungen und entwickeln in der Schule mitunter Probleme, wenn sie ihre intellektuellen Bedürfnisse nicht entfalten können. «Höchstbegabung ist ein Potenzial, entscheidend sind aber Motivation, Lust, Wille, Ausdauer. Wir haben Ruben immer selbst entscheiden lassen und ihm dann alles ermöglicht», betont Hana Charara. Das sei bisweilen durchaus herausfordernd. Auch bevor ihr Sohn sein Studium beginne, sei noch vieles abzuklären, da er noch im Kindesalter ist. «Die Erfahrungswerte bei den Hochschulen sind ja gleich null.»
Weder beim Studentenwerk noch bei Mensa hat man bisher von einem so jungen Studierenden gehört. Statistiken gibt es nicht. Bei der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) heißt es, im Mittelpunkt müsse stets das Kindeswohl stehen. Eltern sollten in solchen Fällen mit Pädagogen und Dozenten gemeinsam entscheiden, das Kind müsse seine Wünsche frei zum Ausdruck bringen können.
«Ich sage immer, was ich möchte», erzählt Ruben. Auch Freizeit ist ihm wichtig – Schwimmen, Kartfahren, Tennisspielen, er veranstaltet kleine Golfturniere. Das Kind liebäugelt mit Spanisch, Portugiesisch, Chinesisch. «Und Lesen macht mir generell viel Spaß. Ich lese alles querbeet.» Comics, Geschichten, Biografien. Er liebt Tiere, verreist gerne, war mit seiner Tante schon in vielen Ländern Europas. «Es gibt immer Spannendes zu entdecken.»
Ruben habe einen eisernen Willen, sagt seine Tante: «Er ist auch menschlich sehr gereift. Er hat sich als Kind immer wieder auf neue Kontakte und ein neues Umfeld einstellen müssen. Daran ist er sehr gewachsen.» Der Junge habe schon weitaus mehr Lebenserfahrung als altersüblich. Und Ruben könne ordentlich was aushalten – auch körperlich. «Mit sieben Jahren hat er auf dem Gymnasium eine Tasche geschleppt, die fast sein Körpergewicht hatte. Als Zehnjähriger hat er mehrstündige Klausuren durchgestanden.»
Ruben freut sich aufs Studium – auch wenn für ihn einige Beschränkungen gelten und manches anders laufen wird als für die volljährigen Studierenden. Und er denkt schon an die Zeit nach der Hochschule: «Ich möchte ein Unternehmen gründen. Autoindustrie oder Pharmaindustrie würde ich gerne probieren.» Von Yuriko Wahl-Immel, dpa
Arbeiten mit Hochbegabten im Internat – ein Pädagogen-Traum? Ein Lehrer berichtet
“Und er denkt schon an die Zeit nach der Hochschule: «Ich möchte ein Unternehmen gründen. Autoindustrie oder Pharmaindustrie würde ich gerne probieren.»”
Vielleicht ein deutscher Elon Musk? Dann wird er aber bei seiner Intelligenz schnell feststellen, dass Deutschland dafür der falsche Ort ist. Hier rettet man lieber die Old Economy mit Umlagen auf Kosten der Konsumenten, mit Verschrottungsprämien und mit Prioriserung bei der Gas-Versorung.
Außergewöhnlich und inspirierend zu lesen.
Ich vermisse einen Kommentar von Georg zu diesem Artikel! Er muss sicherlich erst noch recherchieren, welcher Nationalität dieser begabte Junge angehört, um dann zu belegen, dass der IQ genetisch bedingt ist.
Wieso machen Sie so ein Gewese um irgendwelche Herkünfte? Sie werden es nicht glauben, mir ist die Herkunft völlig egal, mich interessiert die Leistungsfähigkeit. Allerdings weise ich auch gerne sehr direkt auf Korrelationen hin, die andere als Vorurteil oder schlimmer bezeichnen. Diese anderen scheitern aber daran, diese Korrelationen als Unsinn zu widerlegen. Stattdessen gibt es lautstarke Sprechverbote, Moralkeulen und schlimmeres.
… und es gibt platte Ressentiments, die durch zigfache Wiederholung nicht richtiger werden. Herzliche Grüße Die Redaktion
Aber die soziale Schicht, der dieser Junge entstammt, dürfte doch wohl kein Geheimnis sein, oder?
Glauben sie den Scheiß, den sie da schreiben, eigentlich selbst?
Es gibt kluge Menschen und weniger kluge. Es gibt hochintelligente Menschen und strohdumme. Überall auf der Welt. Mit der Herkunft hat das gar nichts zu tun.
Manch Hochbegabter kann aber vielleicht nie sein ganzes Potenzial ausschöpfen, weil er in irgendeinem Slum dieser Welt geboren wurde und keine Chance auf eine fundierte Schulausbildung hatte.
Der mußte möglicherweise seine ganze Energie in den Kampf ums Überleben stecken. In den Ländern, deren Bevölkerung sie hier so gerne pauschal über einen Kamm scheren, herrscht nämlich meist große wirtschaftliche Not.
Ihre Kommentare zum Artikel “Überakademisierung” (IQ-Werte in verschiedenen Ländern) legen nun mal diese Schlussfolgerungen nahe.
Ich erinnere übrigens daran, dass Sie selbst das alles mit den Eignungstests für Gymnasien ausgelöst haben, nicht ich.
Eignungstests, nicht Intelligenztests!
Haben Sie einen konkreten Vorschlag für den Teil, der die Intelligenz nicht überwiegend, die Fähigkeiten aber schon prüft? Eine einzige mögliche Aufgabe reicht mir schon.
Sie dürfen mir auch oder alternativ die Frage beantworten, weshalb Sie es so sehr ablehnen, dass wir in der Sache — Eignungsüberprüfung, wenn schon keine verbindliche Schulformempfehlung durch die Grundschule — auf derselben Schiene fahren.
Leider kenne ich keinen für alle Situationen geeigneten Eignungstest. ABER: Ich kenne einige Beispiele, was möglich ist, um potentielle Kanditaten für das entsprechende Profil zu finden, ohne stur auf den IQ-Wert zu schauen.
Bsp. 1 In der DDR wurden Schüler der GS (bei Verdacht auf eine Lernbehinderung) für eine Test-Woche! an der Sonderschule von erfahrenen (Sonder)pädagogen in der Sonderschule unterrichtet. Das “Urteil” über den weiteren Schulweg fällten mehrere Kollegen gemeinsam, nach Auswertung der Unterrichtsergebnisse und Beobachtungen über den gesamten Zeitraum. (IQ- Tests werden in der Regel in wesentlich kürzerer Zeit und durch eine Testperson durchgeführt – höhere Fehleranfälligkeit)
Bsp. 2: Nach dem Abi wollte mein Sohn eine Ausbildung zum Fachinformatiker bei der Telekom beginnen. Alle Anwärter mussten an mehreren Tagen verschiedene Tests absolvieren. Danach blieben von 40 noch 10 übrig. Mein Sohn absolvierte die Ausbildung als einer der Besten und begann danach ein Studium, welches er mit 1,x absolvierte. Das Abi hatte er übrigens gerade so bestanden.
Bsp. 3: Meine Enkeltochter wurde von der GS für die Begabtenklasse des Gymnasiums vorgeschlagen (Brandenburg in der Regel Gym ab Klasse 7, begabte ab Kl. 5). Die Empfehlung der GS allein reichte nicht, sie musste noch mehrere Tests (keinen IQ_Test) absolvieren.
Mein Fazit: Es gibt keinen Test für alles, aber wenn man geeignete Leute finden will, muss man wissen, was diese können sollen (müssen) und dann entsprechend testen (durch mehrere Personen und über einen längeren Zeitraum). Einen perfekten Test wird es nicht geben, aber man kann die Fehleranfälligkeit minimieren und durch Tests vielleicht auch manche unerkannte Talente entdecken.
@georg -ja, ich bin für Eignungstests. Aber ich lehne es strikt ab, die Intelligenz eines Menschen nach seiner Herkunft zu beurteilen. In diesem Punkt bin ich absolut nicht Ihrer Meinung! Wer legt denn fest, was, wann wo intelligent ist?
Mir fällt dazu folgendes ein:
Frage: Warum sind noch keine Aliens auf der Erde gelandet?
Antwort: Ihre Ufos sind immer vorbeigeflogen, weil sie kein intelligentes Leben auf der Erde entdecken konnten.
Die Intelligenz wird doch nie “nach der Herkunft” gemessen, sondern eben von diesen Tests, die für alle gleich sind. Und jeder Test hat nur eine begrenzte Aussagekraft, wenn Leute unterschiedlicher Herkunft ihn absolvieren. Daher können die Ergebnisse unterschiedlich sein, auch von Test zu Test. Das wissen die Psychologen aber auch, die solche Tests machen.
Elsbeth Stern sagt im Spiegel-Interview: “Aber Intelligenz ist nun mal das psychologische Merkmal mit der größten Stabilität, das wir besser als vieles andere messen können.” Ob das in verschiedenen Ländern unterschiedlich zu messen ist, sollten wir den Fachleuten überlassen und nicht den Politikern. In der Fachwelt ist das bestimmt schon diskutiert worden.
Danke für die Beispiele.
zu 1: Gibt es hierzulande auch schon, heißt Probeunterricht.
zu 2 und 3: Ich gehe mal davon aus, dass die mehreren Tests die mentale Belastbarkeit und die kognitive Leistungsfähigkeit prüften, was ein klassischer Intelligenztest übrigens auch tut, nur mit anderen Testaufgaben. Bei letzterem würden Ihr Sohn und Ihre Enkelin vermutlich im Vergleich zum Rest ihres jeweiligen Jahrgangs im oberen Drittel abschneiden.
Insgesamt muss ich Sie nach wie vor fragen, weshalb Sie so sehr auf den klassischen Intelligenztest herumreiten? Oder wollen Sie nur nicht meine Ansichten teilen?