HANNOVER. Verschiebt Rot-Grün in Niedersachsen ein zentrales Wahlversprechen gleich um mehrere Jahre? Finanzminister Gerald Heere (Grüne) hat erklärt, das Land habe keine finanziellen Spielräume – die in Aussicht gestellte Gleichstellung der Einstiegsgehälter von Lehrkräften aller Schulformen wolle er aber bei der „mittelfristigen Finanzplanung“ in den Blick nehmen. Die reicht bis 2027. Dabei hatte auch die SPD von Ministerpräsident Stefan Weil im Wahlprogramm versprochen: „Wir machen Schluss mit dem Unterschied zwischen den Schularten.“
SPD und Grüne haben – nach entsprechenden Aussagen im Wahlkampf – in ihrem Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode bis 2027 festgehalten, dass Lehrer an Grund-, Haupt- oder Realschulen ein höheres Einstiegsgehalt bekommen sollen. Bisher gibt es das Einstiegsgehalt der Besoldungsstufe A13 in der Regel nur für Gymnasiallehrer. Die Stufe A12 liegt mehrere hundert Euro im Monat darunter. Es sei keine Regelung mehr in 2023 zu erwarten, so hatte Kultusministerin Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) unlängst in einem Brief an Schulleitungen mitgeteilt. Begründung: Die Umsetzung sei hochkomplex. Offensichtlich geht es aber doch nur ums Geld, wie das aktuelle Statement des Finanzministers erkennen lässt.
Der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte VNL fühlt sich verschaukelt. „Wir sind enttäuscht, aber auch verärgert, dass die im Wahlkampf angekündigte Anhebung des Einstiegsgehaltes für Lehrkräfte auf A13 auf sich warten lassen wird. Dieses Vorgehen lässt befürchten, dass sich der seit Jahren bestehende Lehrkräftemangel zu Lasten aller an Schule Beteiligten, vor allem der Schülerinnen und Schüler weiter verschärfen werde. Das ist nicht hinnehmbar“, sagt VNL-Vorsitzender Torsten Neumann.
„Auch 2023 und in den nächsten Jahren werden Bewerberinnen und Bewerber nicht in Niedersachsen eine Stelle annehmen, sondern diese in einem Bundesland suchen und finden, das bessere Konditionen bietet. Niedersachsen ist eines der letzten Bundesländer, die ihre Lehrkräfte an den Ober-, Real-, Haupt- und Grundschulen schlechter als die übrigen besoldet. Mit der auf die lange Bank verschobenen Einführung von A13 als Eingangsgehalt für alle Lehrkräfte wird der Standort Niedersachsen in jeder Hinsicht dauerhaft geschwächt und unattraktiver. Der Lehrkräftemangel wird dadurch noch länger als 10 Jahre dauern“, sagt Neumann voraus. Hintergrund: Hamburg hatte unlängst eingeräumt, „mindestens zehn Jahre werden wir durch eine Talsohle gehen, wo wir nicht ausreichend Lehrkräfte haben werden.“
Neumann: Die gerechtere Besoldung für alle im Dienst stehenden Lehrkräfte wäre ein Zeichen der Wertschätzung – das Vertrösten auf später bewirke das Gegenteil. „Es darf nicht dazu kommen, dass ‚A13 für alle‘ zum Wahlgeschenk im Wahljahr 2027 werden wird. Wahlversprechen sollten eingehalten und zeitnah eingelöst werden. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, in Anbetracht des eklatanten Lehrkräftemangels dieses Projekt zügig umzusetzen. Das uralte Spielchen, dass der Finanzminister Projekte der Kultusminsterinnen und -minister durchkreuzt, muss aufhören.“ Am Montag hatte sich bereits die GEW zu Wort gemeldet und einen konkreten Terminplan für die Umsetzung gefordert. News4teachers
Kultusministerin: Gleiches Einstiegsgehalt für alle Lehrkräfte 2023 nicht zu erwarten
Die Landesregierung ist noch nicht so weit. A13 für alle wird erst dann eingeführt, wenn die Inflation aus A13 ein knappes A12 an Kaufkraft gemacht hat.
Und wieder hat man die Bediensteten und Wähler verschaukelt.
Ja, aber wenn sich zu viele Leute verschaukelt fühlen, kann das durchaus üble Folgen haben…
Welche “üblen Folgen” sollen das sein? In Frankreich geht man auf die Straße, wenn der Renteneintritt auf 64 erhöht werden soll. In Deutschland nicht einmal, wenn das bei 70 ist.
Ich sage Ihnen wie es laufen wird, das wird nämlich gar keine Folgen haben und alles wird seinen gewohnten Gang nehmen, ebenso wie alle Lehrer ganz normal zur Arbeit gehen werden.
Klar, die Deutschen werden wieder ein bisschen mehr im Internet nörgeln, aber zum Einen haben sie das schon immer gemacht und zum Anderen gibt es dagegen das NetzDG. Also, who cares?
„Keine Lüge kann grob genug ersonnen werden, die Deutschen glauben sie.“
―Napoléon Bonaparte
Meine Erfahrung mit vielen, auch studierten Mitmenschen deutet eher darauf hin, dass wir alle in der Mehrheit recht leichtgläubig sind und es zum Teil nicht mal so genau wissen wollen.
Und aus A12 wird dann fast A10….. Schon jetzt hat man als Beamter der Länder ne dicke Lohnkürzung von 8 Prozent hinzunehmen. Zumindest als Single. In NRW konnten sich kinderreiche Familien mit hoher Mietenstufe über mehrere Hundert bis Tausende Euro Familienzulage freuen. Inklusive dicker Nachzahlung.
Das ist wirklich unfair! Ich hoffe, dass da nachgesteuert wird, sodass kinderlose Beamte und Angestellte zumindest auch einen kleinen “Mietzuschuss” bekommen. Ansonsten lohnt sich Kinder kriegen mehr als eine Beförderungsstelle.
“Ansonsten lohnt sich Kinder kriegen mehr als eine Beförderungsstelle.”
Das war bei Beamten schon immer so…
Aber nicht in dem Ausmaß…
Heiraten lohnt sich tatsächlich noch mehr, auch wenn man kinderlos ist.
Umverheiratet, aber nicht allein erziehend, ist man in diesem Staat in Steuerklasse 1, selbst wenn man von seinem Gehalt eine ganze Familie ernährt.
Unsinn: Kinder kosten ja auch laufend Geld, eine Beförderung nicht.
Tja, ist Vielen halt noch nicht ganz so klar, warum Familien mkt Kindern andere Zuschläge erhalten als Singels & Kinderlose. Und solche Leute haben irgendeinen akademischen Abschluss. Ein guter Beweis dafür, warum Bildung (welche auch immer) nicht jede Lebenserfahrung ersetzten kann.
Vielleicht mangelt es aber auch einfach nur an der Fähigkeit, sich in die Lage / Perspektive anderer hineinzuversetzen.
Auf jeden Fall ist beides einfach nur traurig.
Ich wünsche allen Eltern ein schönes Wochenende, während ihnen in der Hängematte die Brathänchen in den Mund fliegen, während die Singles hart am arbeiten sind. 😉
Kindergeld plus Kinderzuschlag bei Beamten deckt nicht die Kosten, die Kinder im allgemeinen verursachen. Insofern “rentieren” sich Kinder nicht, auch wenn Realist das zu behaupten schien. Eine Beförderung rentiert sich dagegen schon, zumal die auch die Altersversorgung verbessert.
Sollten diesen Mietzuschuss dann nicht alle bekommen oder “leiden” nur Lehrer min Einstiegsgehältern von um die 4000,- Euro unter hohen Mieten???
Ich stimme dir zu! Ich bin Beamtin und finde die unterschiedliche Behandlung nicht fair. In Lehrerkollegien wird die “Gehaltsschere” zwischen Beamten und Agestellten immer größer. Und natürlich ist es schwer zu rechtfertigen, warum Beamte Kindergeld plus Familienzuschlag bekommen und in anderen Berufsgruppen (wo das Gehalt ggf. schlechter ausfällt) “nur” Kindergeld.
Familienzuschlag für alle!
Und Steuerklasse 3 auch für Unverheiratete mit Kindern.
Ist dein neues Feindbild damit der Gymnasiallehrer, verheiratet und 5 Kinder, der dann Mittags zuhause ist und unendlich viele Entlastungsstunden hat, dafür aber dick Familienzulage kassiert und auf einer Aufstiegsstelle sitzt? Während der arme, da A13 ohne Zulagen (unverheiratet) Grundschullehrer sich nur so abmühen muss? Es braucht dann ja eine passende (! 😉 ) Vergleichsgruppe um das Elend erst richtig deutlich zu machen.
Immer diese maßlosen Übertreibungen und dieses Gejammer ums Geld.
Sie bekommen doch mit A 12 auch schon um die 4000,- Euro brutto.
Bei 10% Inflation ist das praktisch schon geschafft. Ncoh drei weitere Jahre mit dieser Inflationsrate durchhalten bei gleichzeitig mikrigen Besoldungserhöhung (weil “kein Geld da” wegen “ökologischer Umbau der Wirtschaft”, “Arbeitsplätze sichern”, “Investitionen nachholen”, “Energiezuschüsse”, “mehr Zuschüsse an Kommunen”, Passendes einfach auswählen und dann immer wieder durchrotieren) und wir sind real bei A9 (= Eingangsamt Bachelor, passt dann auch perfekt zu den neuen “Ideen” zur Lehrkräfterekrutierung): “Haste mal ‘nen Bätschela? In was egal! Kommse reen, hier gibt*s “A13” [fieses Lachen im Hintergrund]
Das ist leider die Realität, auch die Löhne sind nominal gesunken. Irgendwann werden sich etliche Unternehmen ihre Arbeitskräfte nicht mehr leisten können, weil die Preise nicht weitergegeben werden können. Und dann?
Inflation und Rezession ist alles andere als schön. Aber aus einer sicheren Position immer nur nach mehr Geld zu brüllen, langweilt.
Lieber Herr Sozialpädagoge,
lehnen Sie sich mal nicht so weit aus dem Fenster. Ich kenne Schulen, da wird der schulinterne Sozialpädagoge aus der “Kapitalisierung” von Lehrerstunden bezahlt. Effektiv heißt das, dass Lehrkräfte auf Entlastungsstunden verzichten, damit der Sozialpädagoge sein Geld bekommt.
Das funktioniert aber nur, da Personen mit Ihren Ansichten über Lehrkräfte eher die Ausnahme unter den Sozialpädagogen sind…
Ich verstehe das Problem nicht. Sozialpädagogen werden zur Entlastung der Lehrkräfte eingesetzt. Wieso sollten sie dann die Entlastungsstunden behalten?
Die “übliche” pädagogische Arbeit mit Schülern außerhalb des Unterrichts (Schullaufbahnberatung, Beratung der Eltern, Gespräche nach dem Unterricht, Klassenfahrten (=24-Stunden-Dienst, usw.) wurde noch nie entlastet. DIe Streichung der Entlastungsstunden trifft dann z.B. die Leitung der Theater-AG, die nur noch eine Wochenstunde statt zwei bekommt. oder die Leitung der AG zur Förderung besonders begabter Schüler usw. Die Arbeit für diese Kollegen bleibt dieselbe, die Entlastung wird weniger.
Sozpäd schrieb: “Ich verstehe das Problem nicht.”
Sehen Sie: Genau das i s t das Problem!
Und bevor jetzt auch noch die übliche Debatte um die “unverschämten Beamten-Pensionen” beginnt, hier ein paar Fakten dazu:
Beamte beteiligen sich schon seit Jahrzehnten an den eigenen Pensionen, zumindest was die Abzüge bei ihrem Gehalt angeht. Nur weiß dies kaum jemand mehr, da die Politiker seit Jahrzehnten die Pensionszahlungen der Beamten veruntreuen, da diese nicht zweckgebunden sind.
Bereits im Bundesbeamtengesetz von 1951 ist festgelegt, dass die Beamten 7% weniger brutto bekommen sollen, damit diese 7% für Pensionsrückstellungen genutzt werden können. Im Bundesbesoldungsgesetz von 1957 wurden die Beamtenbezüge nochmals um 7% gekürzt, als Rückstellung für die spätere Pension.
Das heißt: Bereits seit 1957 behält der Staat bei Beamten 14% von ihrem Gehalt für die Pension ein! Im Gegensatz zum Rentenbeitrag, der gesetzlich für Renten ausgegeben werden muss, wandern diese 14% einfach so in den Staatshaushalt und wurden in den letzten 40 Jahren für alles, aber nicht für Pensionsrückstellungen ausgegeben.
Zusätzlich wurde 1998 eine Versorgungsrücklage eingeführt. Das heißt: Bei jeder Gehaltserhöhung werden 0,2% einbehalten, die diesmal zweckgebunden als Altersrückstellung in die Pensionen gehen.
Das heißt: Beamte zahlten schon quasi immer 14%, inzwischen ca. 16-18% ihres Gehalts für ihre Pension! Nur hatten und haben sie von ihren Rückstellungen nichts, da die Politiker das Geld für andere Projekte ausgegeben haben.
Manchmal ist ja, wie man lesen konnte, A12 bereits so hoch wie anderswo A13. Ich habe nachgesehen, für MV und BaWü stimmt das tatsächlich.
Ups, versprochen, sorry.
Nach der Wahl ist vor der Wahl.
Am Ende der Legislaturperiode wird es (wieder) heißen: “Eines der großen Themen der zukünftigen Landesregierung, sofern uns der Wähler erneut das Vertreuen ausspricht, wird die gleiche Bezahlung aller Lehrkräfte nach A13 sein. Großes Ehrenwort! Versprochen! [Finger hinter dem Rücken kreuz]”
Deshalb heißt es doch WAHLVERSPRECHEN:(
Überrascht irgendwie nicht. Man weiß ja, was Wahlversprechen Wert sind. Versprochen ist versprochen und wird sofort gebrochen.
Da hilft nur, sich von Ländern abwerben zu lassen, die A13 bezahlen.
Und in den anderen Bundesländern wird es genau so laufen…kein Geld…Wahlversprechen sind das “Geschwätz von gestern” und fertig! Läuft…
Stimmt zum Glück nicht… Beispiel Hessen: https://kultusministerium.hessen.de/schuldienst/a-13-fuer-grundschullehrkraefte
Ich wundere mich immer wieder, dass nicht deutlich mehr Kollegen der Kragen platzt angesichts dieser eklatanten Missachtung, die man uns ins Gesicht spuckt. Ich glaube, viele haben längst innerlich gekündigt.
Alle! Volksparteien in Niedersachsen hatten dieses Wahlversprechen gegeben.
War denen damals schon klar, dass es eh nicht dazu kommt? Dann hätte man damit nicht werben dürfen.
Oder wird nur geguckt, wie weit man es mit den “faulen” (und überbezahlten) “Säcken” noch treiben darf – streiken dürfen sie ja eh nicht – bevor es platzt?
Schlimmer noch als nicht in Niedersachsen anzufangen ist ja wohl die durch fortwährende (Ent)täuschung und Überlastung forcierte innere Kündigung innerhalb des niedersächsischen Systems.
Die Regierung spielt wirklich (auf Kosten ihrer Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schülern) mit dem Feuer.
Wie viele Lehrerstellen sind in Nds nicht besetzt? Und wie viel Gehalt wird dadurch eingespart?
Könnte sich Nds dann überhaupt eine Vollbesetzung mit LK leisten?
Anscheinend ja, denn das Modellprojekt unserer Kultusministerin wird ja einiges kosten. Mal sehen ob dies überhaupt was bringt- außer Ausgaben – von dem Geld, das ja angeblich nicht da ist um Gehälter zu erhöhen oder angemessenes Weihnachtsgeld zu zahlen.