Wie das, Herr Lauterbach? Eltern fehlten viel häufiger wegen kranker Kinder

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HANNOVER. Die Krankenkassen AOK und TK haben 2022 einen starken Anstieg der Kindkrankmeldungen von Eltern verzeichnet. Demnach sammelten Mütter und Väter allein in Niedersachsen Hunderttausende Fehltage bei der Arbeit an, weil sie ihre kranken Kinder betreuen mussten. Wie geht das mit der jüngsten Aussage von Bundesgesundheitsminister Lauterbach zusammen, wonach die Annahme, dass es in Schulen und Kitas zu vielen Corona-Infektionen komme, «nicht in dieser Form als richtig erwiesen» habe?

Vom Mahner zum Verharmloser? Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Foto: Bundesgesundheitsministerium

Eltern in Niedersachsen haben sich im vergangenen Jahr deutlich öfter wegen kranker Kinder von der Arbeit abgemeldet als im Jahr zuvor. Das geht aus Daten der Krankenkassen AOK und TK hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Alleine bei der AOK summierten sich die beantragten Kindkrank-Tage auf rund 330.000.

Landesweit zählte die AOK im Jahr 2022 knapp 115.000 Anträge auf krankheitsbedingtes Kinderkrankengeld (plus 47 Prozent), die TK verzeichnete mit rund 54.000 Anträgen nach eigenen Angaben sogar einen Rekordwert (plus 43 Prozent). Hinzu kommen noch die Anträge auf pandemiebedingtes Kinderkrankengeld, die mit rund 8.600 bei der AOK und rund 6.400 bei der TK aber deutlich seltener waren als im Vorjahr.

Nach Angaben der Kasse waren die Antragszahlen zudem über das gesamte Jahr verteilt sehr hoch – nicht nur zur Erkältungszeit

«Die Zahlen unser Auswertung decken sich mit den Berichten von Kinderärztinnen und Kinderärzten, wonach wir einen starken Anstieg von Viruseffekten beobachten konnten», sagte der Leiter der TK-Landesvertretung Niedersachsen, Dirk Engelmann. Nach Angaben der Kasse waren die Antragszahlen zudem über das gesamte Jahr verteilt sehr hoch. Das sei auffällig, weil das Kinderkrankengeld sonst vornehmlich in der Erkältungszeit beantragt werde.

Mit Blick auf das Corona-Kinderkrankengeld erklärte die AOK, diese Kennzeichnung werde meist gar nicht mehr vorgenommen. Hintergrund sei, dass Schulen und Kitas im vergangenen Jahr kaum mehr pandemiebedingt geschlossen wurden. Zum anderen verlangten die Krankenkassen für diese Schließungen mittlerweile einen Nachweis – anders als noch im Jahr 2021. Eltern können das Corona-Kinderkrankengeld noch bis 7. April beantragen, wenn ihre Kinder nicht erkrankt sind, aber pandemiebedingt zu Hause betreut werden müssen – etwa wegen der Schließung von Schulen und Kitas oder Zugangsbeschränkungen nach einem positivem Corona-Schnelltest.

Die AOK zählt in Niedersachsen rund 3 Millionen Versicherte, darunter sind etwa 1,3 Millionen Arbeitnehmer. Bei der TK sind rund 930 000 Menschen im Land krankenversichert.

Bereits vor einigen Tagen hatte die Krankenkasse DAK-Gesundheit mitgeteilt, dass der Krankenstand bei Arbeitnehmern in Niedersachsen zuletzt so hoch wie lange nicht war. Rechnerisch waren demnach an jedem Tag des vergangenen Jahres 56 von 1000 Beschäftigten krankgeschrieben – ein Anstieg von 41 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Kindkrankmeldungen wurden dabei nicht mitgezählt. Vor allem Atemwegserkrankungen wie Erkältungen und Bronchitis nahmen laut DAK stark zu (plus 207 Prozent), aber auch die Zahl der durch Corona verursachten Fehltage schnellte in die Höhe.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat unterdessen die lange Schließung von Schulen und Kitas während der Corona-Pandemie als einen Fehler bezeichnet (News4teachers berichtet). Unternehmen seien relativ geschont worden, so der SPD-Politiker im ARD-«Morgenmagazin». «Wir sind aber bei den Schulen und bei den Kindern sehr hart eingestiegen.» Das könne durchaus kritisiert werden, sagte Lauterbach – und machte «Wissenschaftler» verantwortlich. Im Nachhinein habe sich die Annahme, dass es in Schulen und Kitas zu vielen Infektionen komme, allerdings «nicht in dieser Form als richtig erwiesen». News4teachers / mit Material der dpa

Die seltsame Wandlung des Prof. Lauterbach: Vom „Team Wissenschaft“ ins Lager der Coronafolgen-Verharmloser

 

 

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Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

Laber, laber, Leberkäs‘ … immer diese Zahlen, die die runden Geschichten stören.

Karen Blümchen
1 Jahr zuvor

Und ich hätte total gerne mal die Zahlen der Krankentage von pflegenden Angehörige, wenn mal wieder der Pflegedienst wegen Krankheit ausfällt.
Vermutlich zählt die aber niemand, damit sich auch keiner Mal mit DIESEM Thema beschäftigen muss.

Leseratte
1 Jahr zuvor

Wahrscheinlich haben sich die Kinder alle im privaten Umfeld, z.B. bei den Eltern, angesteckt… 😉

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Leseratte

… und die Eltern auf der Kellerparty mit den Lehrern, weil „wir sehen zwar Infektionen in Schulen, aber sie verlassen nicht die Schulen“. Klassische Bremsscheibe mit Tempo.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
Marie
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Eben. Das Virus wurde doch immer nur „in die Schulen hineingetragen“.

potschemutschka
1 Jahr zuvor

Ist doch klar, wer an diesen Zahlen schuld ist: Natürlich die Lehrer und Erzieher, die sich geweigert haben offensichtlich kranke Kinder zu betreuen. (Muss ich „Ironie“ dazuschreiben?)

Sissi
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

….und wenn ausnahmsweise mal nicht die LuL schuld waren, dann die Pflege, die wieder mal Urlaub machte und deswegen nicht ausreichend zur Verfügung stand.