„Klar Rassismus“: Kultusministerin hält trotzdem an umstrittenem Werk für Abiturprüfungen fest

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STUTTGART. Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper hält am Roman «Tauben im Gras», in dem (wie sie selbst meint) «ganz klar Rassismus transportiert wird», als Pflichtlektüre für das Abitur fest – nimmt aber die Lehrkräfte in die Pflicht: Die Einordnung des Werks sei hier besonders wichtig. Unterdessen hat eine Petition im Netz gegen die Verwendung des Werks 2.400 Unterstützerinnen und Unterstützer gefunden.

Nimmt die Lehrkräfte in die Pflicht: Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne). Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg gibt es Streit um eine Abi-Pflichtlektüre (News4teachers berichtete). Ab nächstem Jahr soll an den beruflichen Gymnasien im Südwesten der Roman «Tauben im Gras» von Wolfgang Koeppen aus dem Jahr 1951 Teil des Deutsch-Abiturs sein. Eine Ulmer Lehrerin weigert sich, die Lektüre wegen rassistischen Vokabulars im Unterricht zu behandeln und tritt damit eine Debatte los. Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper hält an der Pflichtlektüre fest. Sie werde in manchen Schulen schon behandelt, sagte die Grünen-Politiker der «Südwest Presse».

«Es geht darum, deutlich zu machen, wie Rassismus Gesellschaften prägt: damals in den 50er Jahren, als der Roman entstanden ist, aber auch heute. Das zu behandeln, finde ich sehr wichtig», so Schopper weiter. Der verstorbene Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki habe diesen Roman als Weltliteratur gewürdigt und die «Süddeutsche Zeitung» habe ihn in ihre Bibliothek aufgenommen.

Eine Petition gegen die Pflichtlektüre hat im Internet bereits mehr als 2400 Befürworter gefunden, darunter auch Lehrkräfte von Universitäten und Kulturschaffende. Ihrer Ansicht nach ist das Buch nicht für den Unterricht geeignet, da betroffene Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte während dessen Besprechung immer wieder rassistischer Diskriminierung ausgesetzt würden, «indem rassistische Begriffe, in diesem Fall „Das N-Wort“, laut in der Unterrichtssituation vorgelesen werden».

«Es gibt auch andere Werke, mit denen man wahnsinnig gut Rassismus aufarbeiten kann, ohne dass man eine Gruppe dehumanisiert»

Schopper erklärte, dass Einordnung bei diesem Werk besonders wichtig sei. «Deswegen unterstützen wir die Lehrkräfte auch mit vielen Fortbildungen und Materialien», sagte sie. Es sei zwingend notwendig, bevor dieses Buch im Unterricht gelesen und behandelt werde, sehr genau über die Sprache des Textes zu reden. «Denn in dieser Sprache wird ganz klar Rassismus transportiert.»

«Es gibt auch andere Werke, mit denen man wahnsinnig gut Rassismus aufarbeiten kann, ohne dass man eine Gruppe dehumanisiert», sagte die Ulmer Lehrerin Jasmin Blunt dem ZDF. Laut Medienberichten hat sie sich wegen der Pflichtlektüre für das nächste Schuljahr beurlauben lassen. «Ich bedauere sehr, dass sie diese Konsequenz gezogen hat», sagte Schopper.

Laut Kultusministerium war der Roman schon um die Jahrtausendwende Pflichtlektüre in Baden-Württemberg und auch 2014 in Nordrhein-Westfalen. Wolfgang Koeppen gelte als einer der wichtigsten Nachkriegsautoren in Deutschland. Die Auswahl der Pflichtlektüre für die Abiturprüfung erfolge durch ein Fachgremium. An allgemeinbildenden Gymnasien sei «Tauben im Gras» kein Abi-Plichtstoff.

Das Buch ist der erste Roman aus einer Nachkriegstrilogie von Wolfgang Koeppen (1906-1966). Darin erzählt er vom Klima der jungen Adenauer-Republik und thematisiert auch, dass viele zu dieser Zeit Fragen der Schuld verdrängten. In «Tauben im Gras» kommen auch Figuren vor, die rassistische Einstellungen haben, in Beschimpfungen taucht das «N-Wort» mehrmals auf – Jasmin Blunt hat über 100 Erwähnungen gezählt. News4teachers / mit Material der dpa

Hier geht es zu der Petition.

Bildungsministerium: Rassentheorien wurden zu lange in Deutschland unterrichtet

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54 Kommentare
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Ron
1 Jahr zuvor

Rassistische Bücher gehören nicht in den Unterricht. Bücher, die jedoch Rassismus und seine Wirkungsweisen zeigen, sehr wohl. Insbesondere dann, wenn es sich um Werke handelt, die Produkte oder Resultat ihrer Zeit sind. Aufgabe des Unterrichts ist es dann, diese kritisch zu reflektieren. Und genau das geschieht im Unterricht. Wer Bücher mit rassistischen Szenen aussortieren will, muss das auch bei sexistischen und frauenfeindlichen Büchern tun. Effi Briest wäre dann auch weg.

Ragnar Danneskjoeld
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Ein literarisches Werk muss erst mal gar nichts (außer gut geschrieben sein) und deswegen ist es auch kein Problem, wenn es die Wirkungsweise von Rassismus nicht aufzeigt.
Es ist die Aufgabe von Literaturwissenschaft, dies zu tun.
Also genau das, was unsereins im Unterricht tut.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Da Rassismus bereits in den Schuljahren zuvor und unabhängig davon auch in Politik/Sowi, Religion usw. besprochen wird, sehe ich das nicht so eng. Die Schüler sind ja auch klug genug, um zu wissen, was in diesem Sinne richtig oder falsch ist.

Last edited 1 Jahr zuvor by Georg
Jan
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Made my day! Beste Entlarvung!

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Wer es bis zur Abiturprüfung schafft, ist nicht dumm.

Marc
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Trauen Sie den Schülern gar nichts zu? Ich hatte das Buch auch im Abitur und bin noch nicht der NPD beigetreten. Im guten Unterricht wird das Buch und seine Sprache kritisch reflektiert. Und dann sollte das Thema auch gegessen sein. Es ist eben Ein Zeugnis der damaligen Zeit. Ich verstehe nicht warum wir mittlerweile damit anfangen, Werke nicht mehr im Kontext ihrer Zeit zu betrachten und zu reflektieren

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Im Geschichtsunterricht werden antisemitische Karikaturen und Texte behandelt. Es kommt auf den Kontext an, wie wir Lehrkräfte mit der Problematik umgehen. Da sind wir Lehrkräfte besonders gefragt; unsere Kompetenzen können wir u.a, hier beweisen. Mit dieser gesellschaftlichen Roheit lässt sich auch das 3. Reich und die kranken Ansichten der Gesellschaft eindringlich illustrieren und Empathie bei der Schülerschaft hervorrufen. M.E. sind wir Lehrkräfte da die Schnittstelle, die transportierende Kraft gegen Rassismus und auch Diskriminierung! Aber vielleicht schreibe ich hier naiv daher…..

Anders Leo Castor
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Ja, würden wir. „Andorra“ von Max Frisch ist voll davon. Ein bisschen mehr Sachverstand und ein bisschen weniger Befindlichkeit würde der Diskussion vielleicht gut tun.

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Sie machen es sich zu einfach.

Ebenso wenig wie ein Roman, in dem das Wort „Idiot“ vorkommt, automatisch beleidigend ist, ist ein Roman mit antisemitischem Vokabular automatisch antisemitisch.

Ein Beispiel dafür ist der eher mittelmäßige Roman „Der Trafikant“ der zur Abiturlektüre in NRW gehört.

Dort kommen antisemitische Ausdrücke vor, aus dem Kontext wird aber klar, dass Antisemitismus zu veruteilen ist. Unter anderem dadurch, dass die Hauptfigur des Romans mit dem Juden Sigmund Freud befreundet ist und am Ende des Romans von den Nazis ermordet wird.

Nur weil eine oder mehrer Figuren in einem Roman antisemitsch oder auf andere Weie rassistisch sind, ist ein Roman nicht antisemitisch oder rassistisch.

Das würde die Komplexität von Literatur verkennen.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Ich betrachte das nicht als „lässig“, was hier als Debatte geführt wird.

Heißt das, wir sollen Bücher/Lektüren nicht behandeln dürfen wie zum Beispiel „Und damals war es Friedrich“, „Der Schlund“, …

Gerade wenn es so aktuell ist, sollten wir es Schülern (alters – bzw. reifemäßig angemessen) ermöglichen, in Kontakt mit ihren eigenen Empfindlichkeiten, Haltungen, Ansichten, Meinungen und Einstellungen zu kommen und diese im Hinblick auf die anderer Schüler angeleitet zu reflektieren.

Im Übrigen braucht man kein Buch dafür. Das Internet ist voll von Rassismus – darf das auch nicht aufgegriffen werden? Ist aktuell…

Und ist es nicht auch Aufgabe, zu sensibilisieren?

Mir scheint, mir wird mein Lehrauftrag immer unklarer.

Maria Busold
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Andorra von Max Frisch war zu meiner Schulzeit Pflichtlektüre in allen 10. Klassen

Carsten60
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

„… welche zeitlichen Ressourcen …“
Es gibt halt noch andere „komplexe Themen“. Literatur ist immer ein Spiegel der jeweiligen Gesellschaft. In klassischen Dramen kommen natürlich Kriege vor, brutale Herrscher, verlogene Gesellschaften, würdige Lebensverhältnisse unterer Schichten (Gerhart Hauptmann, Bert Brecht), alles ist vertreten und könnte Ressourcen verlangen. Auch aktuell gibt’s viele andere Probleme, nicht nur den typisch deutschen Rassismus, der direkt nach 1945 gewiss noch unter dem Einfluss des Nationalsozialismus stand (so schnell ändert sich nicht, was die Leute in ihren Köpfen haben) und der mittlerweile auch anhand von Negerküssen und Mohrenköpfen intensiv diskutiert wird. Alles muss aber irgendwie ausgewogen sein, das G8-Gymnasium macht es nicht leichter, allen Themen gerecht zu werden. Aber G9 ist ja zu teuer, wie wir von kompetenten Politikern erfahren haben.

AvL
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Das Buch thematisiert sehr wohl die Wirkungsweise des aus dem Nationalsozialismus herübergeholten Nachkriegsrassismus der jungen Adenauerrepublik.
Mit hämischen rassistischen Begriffen werden die Jazzmusik, die Kneipen sowie die kulturellen Neuerungen aus den USA von den besiegten Deutschen verächtlich gemacht. Die im Roman verwendeten N-Begriffe dienen als Ausdruck zur Darstellung rassistischer Denk- und Sprechweisen, und diese sind nicht auf die Gegenwart gerichtet. Die N-Begriffe waren ein Bestandteil der normalen Umgangssprache und diese haben zurecht einen Wertewandel zum negativen erfahren. Jeder Leser erkennt, wer da diese Begriffe verwendet und in welcher Absicht wird auch klar.
Diese Deutschen machen sich über die Sieger lustig und überziehen diese mit schmähenden N-Begriffen.
Richtig ätzend verhalten sich diese Personen gegenüber Frauen, die sich mit Schwarzen einlassen. Der Roman thematisiert und charakterisiert eindeutig den Nachkriegsrassismus der jungen Nachkriegsrepublik.
Was ist da falsch dran, das Vokabular der Nachkriegsrassisten diesen in den Mund zu legen, wie diese es auch verwendeten.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Über den Einsatz dieses Werkes haben vermutlich mehrheitlich oder ausschließlich (?) hellhäutige, wohlsituierte Leute fortgeschrittenen Lebensalters aus Deutschland entschieden, irre ich mich? Wie tief können sich diese in die Seelenwelt jener SuS hineinversetzen und ich meine über die Dauer von ca. 18 Jahren hinweg mit ganz echten Erfahrungen, die jene SuS in dieser Lebensphase bis dahin gemacht haben, inklusive der „vererbten“ Familienvorerfahrungen.

„ob es richtig ist, Schwarze Schülerinnen und Schüler diesen Tiraden zwangsweise auszusetzen“

Das wäre auch meine zentrale Frage – und zwar an ein mehrheitlich dunkelhäutiges Fachgremium. Ein solches sollte sich doch unter Germanisten, Historikern und v.a. Deutschlehrern hierzulande finden lassen, oder? Ich vermute, manche Aspekte könnte dort anders gewichtet oder interpretiert werden bzw. in ihrer Reichweite oder eher -tiefe anders eingeschätzt werden auf der Grundlage eigener Lebenserfahrungen. Als deutsche, bleiche Durchschnittsperson wäre ich persönlich mir nämlich nicht sicher, ob ich da nicht etwas „übersehen“ könnte …

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
Chris
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Ja, sind sie. Wo soll das Thema denn sonst angegangen werden? Doch nicht etwa auf der aktuellen politischen Bühne?

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Und dürfen wir denn noch die „Tagebücher der Anne Frank“ lesen? Oder wäre es nicht richtig, jüdische Schüler zwangsweise der Thematisierung der Massenvernichtung von Juden auszusetzen?

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Wenn ein Buch Pflichtlektüre ist, dann hat man das im Vorfeld schon besprochen und idealerweise schon in einer Klausur behandelt. Im Übrigen wird in jeder Prüfung Schülern etwas zwangsweise ausgesetzt. In Abiturprüfungen haben Schüler außerdem noch die Auswahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Klausuren. Wer sich dann gegen den eigenen Willen doch für den „rassistischen“ Text entscheidet, ist wirklich selbst schuld.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Macht sich Frau Schopper nicht auch stark für „Schule gegen Rassismus“ bzw. „Schule mit Courage“?

Dann muss doch aus dem ganzen Mehrwissen, was da am Tisch zusammenkommt, ein sehr umfänglicher Blick auf das Thema, das Buch und die Einsetzbarkeit in diesem Rahmen geworfen worden sein …

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Wenn ich die Aussagen wie „Schulen gegen Rassismus“ oder „Schulen mit Courage“ höre oder lese, dann geht mir sofort die Frage durch Kopf, ob es „Schulen für Rassismus“ oder „Schulen ohne Courage“ gibt. Ich weiß, jetzt gibt es gleich Kloppe, aber ist denn das Erstgenannte nicht selbstverständlich, unsere demokratische Pflicht, und das, was konsequent an Schulen gelebt werden muss?

AvL
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Schüler die zum Abitur zugelassen werden, müssen beim Lesen des Roman in der Lage sein die N-Begriffe den Alltagsrassismus dieser sehr gut widergespiegelten nachkriegsdeutschen Verlierer zu erkennen.
Wenn diese Abiturprüfung Schüler herausfiltert, die nicht in der Lage sind die sprachliche Verwendung der N-Begriffe richtig zuzuordnen, so hätten diese möglicherweise gar nicht zum Abitur zugelassen werden sollen.
Die Abiturprüfung hat die Aufgabe erlerntes Wissen und Können abzubilden. Sie bildet also den notwendigen Rahmen, um dieses Können und Wissen abzurufen.
Und es werden einzig die fiktiven Personen Figuren im Roman mit N-Tiraden überzogen und nicht etwa der Leser. An keiner Stelle wendet sich der Roman direkt an den Leser mit einer N-Tirade.

Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

„Rassismus ist aber praktisch kein Lehrplan-Inhalt.“ Nicht korrekt. Bsp. BaWü:
http://www.bildungsplaene-bw.de/site/bildungsplan/search/5939901/Lde/index.html

Suchbegriff „Rassismus“ eingeben.

Last edited 1 Jahr zuvor by Dil Uhlenspiegel
Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Naja, da gibt es schon einige Stellen im BaWü-Bildungsplan, z.B.:

http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/E1/IK/11-12-LF/01
die Frage der nationalen und individuellen Identität in multikulturellen Gesellschaften (national myths, Britishness, politics of immigration, acculturation versus parallel societies, language and identity, struggle for racial equality)

http://www.bildungsplaene-bw.de/E_OS
USA: historische Entwicklung und aktuelle Politik
z. B. Besiedlung und Entstehung, American Dream,
politische, wirtschaftliche und militärische Rolle der USA in der modernen Welt
UK: historische Entwicklung und aktuelle Politik
z. B. Empire, Commonwealth, Beziehung zur EU
Identität im gesellschaftlichen Spannungsfeld
z. B. multi-cultural society, nationale Stereotypen, soziale Schichten, ethnische Gruppen, Minderheiten, acculturation versus parallel societies

http://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/GYM/G/IK/7-8/06
Fenster zur Welt:
den Imperialismus am Beispiel Afrikas charakterisieren und bewerten
(Imperialismus, Kolonialreich, Sozialdarwinismus, Rassismus)

Ob explizit auch die Kolonialzeit von Deutsch-Südwestafrika drin ist, das weiß ich leider nicht.

Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

Ich meine, bei meinem Sohn, der letztes Jahr in BW Abi gemacht hat, wurde im Unterricht die Kolonialzeit der Deutschen in Südwestafrika behandelt.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Fragen für die KuMis.

Grillsportler
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Die Abiprüfungen sind doch aber gar nicht der Rahmen, in dem die SuS mit dem Roman und dem in ihm geschilderten Rassismus zum ersten Mal in Berührung kommen. Die Thematik, wenn sie denn zur Obligatorik des Zentralabiturs gehört, wird ja schon vorher in einer Unterrichtsreihe im Deutschunterricht besprochen worden sein.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

„Richtig ätzend verhalten sich diese Personen gegenüber Frauen, die sich mit Schwarzen einlassen.“

Könnte auch heute noch so sein, ist damit aktuell und vielleicht in einer Klasse sehr interessant und wichtig – auf heute bezogen – zu gucken, welche Vorurteile in ihnen beheimatet sind.

Im Berufsschul-Abi – ja, halte ich für angemessen.

Alles andere ist Verleugnung und auch eine Missachtung den Menschen gegenüber, die so betitelt wurden und werden.

Es stellt sich vielleicht auch die Frage – wie weit sind wir/bin ich von dieser Einstellung geprägt und wodurch.

Es braucht allerdings kompetente Lehrkräfte – noch haben wir welche.

Btw – warum konnte die Lehrerin, die das alles ins Rollen gebracht hat, den Kurs nicht abgeben? Wieso ein Jahr beurlauben?

AvL
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Die Handlungen im Roman „Tauben im Gras“ sind tatsächlich auch heute noch realistisch vorstellbar in den Gegenden in denen die AfD und die NPD hohe Stimmanteile haben.

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Anhand der Figuren Carla und Washington Price wird Rassismus thematisiert und verurteilt. Es handelt sich um einen schwarzen amerikanischen Soldaten und eine weiße Deutsche, die ein Paar sind.

Im Roman wird die rassistische Einstellung vieler Deutscher nach dem Krieg gezeigt. Price wird von einem rassistischen Mob gejagt.

Insofern spielt die Darstellung der Wirkungsweise von Rassismus schon eine wichtige Rolle.

Bei diesem Roman ist es nicht so einfach, dass man ihm wegen der Verwendung des N-Wortes Rassismus vorwerfen kann. Er ist explizit antirassistisch, verwendet aber Vokabular, das heute als rassistisch angesehen wird.

Last edited 1 Jahr zuvor by Walter Hasenbrot
Konfutse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ron

Oder Anna Karenina auch….

Realist
1 Jahr zuvor

„nimmt aber die Lehrkräfte in die Pflicht“

Wie immer: Man baut „oben“ Mist, und „unten“ muss man dann reparieren (statt dass die Glorreichen einmal selber zu ihren Fehlern stehen…)

Zitat aus dem Baden-Württembergsichen Schulgesetz (§1):
„daß[sic!] jeder junge Mensch […] zur Wahrnehmung von Verantwortung […] vorbereitet werden muß.“

Hat wohl bei einigen nicht funktioniert…

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Korrekt. Die Lehrerin, die das losgetreten hat, schoss weit über das Ziel hinaus oder ist keine gute Lehrerin im Sinne der obigen Kommentare, weil sie nicht fähig oder willens ist, den Text vernünftig zu bearbeiten.

Enjoy your chicken Ted
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Gleich die Dame schlecht reden und ihr jegliche Kompetenz absprechen, Sie müssen sie ja gut kennen.

Alx
1 Jahr zuvor

Das Buch thematisiert Rassismus, befürwortet ihn aber nicht. Im Gegenteil.
Rassismus ist eine Weltanschauung. Koeppen legt den Finger in die Wunde und bohrt kräftig darin herum. Er macht Rassismus damit sicht- und greifbar.
Ich finde es gut, dass junge Menschen, die auf eine akademische Laufbahn vorbereitet werden sich mit der hässlichen Fratze des Rassismus und der gesellschaftlichen Auswirkung beschäftigen, die in diesem Buch sehr eindrücklich geschildert werden.

Das Rassismus eine Weltanschauung ist, die davon ausgeht, dass Menschen unterschiedlicher Rassen unterschiedlich „wertig“ sind, sollte man ein Buch feiern, dass diese Ideologie schonungslos offenlegt, kritisiert und greifbar macht.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Alx

Akademische Laufbahn – da trifft man meist ganz schnell auf Studierende aus aller Welt….

Ganz wichtiger Punkt!

KARIN
1 Jahr zuvor

Warum entscheidet Frau Schopper alleine darüber?
Welch unsensible Frau sie ist wurde in der Pandemie mehrfach sichtbar!
Muss es wirklich sein diese Lektüre durchzunehmen?
Als Unbetroffene lässt sich dies leicht entscheiden.
Hätte sie selber in der Familie oder bei sich das Problem, wäre das Werk von vorne herein aussortiert worden, in ihrem eigene Interesse!

AvL
1 Jahr zuvor

Durch den Roman wird mitnichten Rassismus transportiert.
Zur Darstellung kommt der Alltagsrassismus des frühen Nachkriegsdeutschland einschließlich der rassistische Diskriminierung der US-amerikanischen Kultur.
Ziel des Roman ist die Charakterisierung und Darstellung rassistischer Allerwelt-Personen, die sich an Hand der N-Begriffe verächtlich und geringschätzig über die Kultur der Siegermacht äußern.
Angefeindet werden auch jene Deutschen, die sich mit Schwarzen einlassen, sich in Musik- und Tanzclubs mit diesen treffen, vergnügen und sogar anfreunden.
Die deutschen Spießbürger hielten sich für etwas besseres, sahen abfällig auf die Neuerungen aus den USA herab.
Ich habe die Zeitenwende in Deutschland noch miterlebt. Geläufig waren da noch Begriffe wie „Fräulein“. Eine Arbeitserlaubnis für Ehefrauen gab es nur mit der Zustimmung des Ehemann, es gab das Verbot des Tragens von Blue Jeans und Miniröcken in Schulen, das Verbot von bestimmten Comics, die wegen angeblicher Gewaltverherrlichung verboten wurden.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  AvL

Ich habe den Roman nicht gelesen, aber es so langsam wird der Inhalt deutlicher – danke.

Mir scheint, es geht u.U. auch um den Rassismus-Wandel, der in der damaligen Gesellschaft geschah – vom Antisemitismus zum N-Hass.

Das sagt viel über, ja, wen?, aus.

Heute (grob gefasst) sind es wieder andere Nationalitäten und Religionen und dieselben.

Das sagt viel aus.

AvL
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Der Roman „Tauben im Gras“ ist lesenswert und auch heute noch in Bezug auf den Umgang mit farbigen Migranten auch heute noch tagesaktuell.
Die Parallelen sind erschreckend, wenn man sich das geistige Umfeld einiger Städte in Deutschland genauer anschaut und nicht durch die rosarote Brille auf die spießigen Mitbürger schaut. Das Paar wird im Roman schließlich von einem Mob gejagt. Ich denke da gleich an ähnliche Jagdszenen in Deutschland.

AvL
1 Jahr zuvor

Für sehr umstritten halte ich den Umgang mit diesem antirassistischen Roman der frühen deutschen Nachkriegsgeschichte, der schonungslos diesen aus dem Nationalsozialismus herübertransportierten Alltagsrassismus thematisiert und diesen Nachkriegsdeutschen den Spiegel vorhält. Wer sich in diesen skizzierten Personen seinen Widerpart findet, hat die Möglichkeit über sich selbst zu reflektieren.
Der Autor nutzte im Rahmen der Meinungsfreiheit seine schriftstellerischen Möglichkeiten aus um mit der Form der beschreibenden Art diese Charaktere kenntlich zu machen.
Es wird im Umgang mit dem Roman der Versuch unternommen, diesen aus dem Unterrichtsmaterial herauszufiltern. Das ist Zensur durch die Hintertür.

Carsten
1 Jahr zuvor

Tom Sawyer gehört in den Giftschrank und der Schlüssel weggeworfen.

Mondmatt
1 Jahr zuvor
Antwortet  Carsten

Tom Sawyer beschreibt die Einstellungen und die Lebensweise der Gesellschaft in Süden der USA etwa in der Mitte des 19 Jahrhunderts.

Viele der damals vertretenen und im Buch dargestellten Einstellungen, speziell gegenüber der dunkelhäutigen Bevölkerungsteile, sind aus heutiger Sicht falsch und verwerflich.

Das ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass es damals für große Teile der amerikanischen Bevölkerung das gängige Weltbild war.

Nun kann man darüber streiten ob Tom Sawyer für Kinder und Jugendliche als reine Unterhaltungsliteratur aufgrund dieser Tatsache geeignet ist. Ich finde dies ist zumindest ohne Begleitung durch eine erwachsene Person eher kritisch.

Wenn man in der Schule jedoch über Rassismus, speziell die Zeit der Sklaverei in Amerika sprechen möchte, dann ist dieses Buch eine unschätzbare Hilfe.

Dieses Buch erfindet ja keinen rassistischen Umgang mit dunkelhäutigen Menschen, es beschreibt nur die Vergangenheit.
Die Vergangenheit ist jedoch eine Tatsache. Ob diese uns passt oder nicht.
Man muss nur während der Lektüre und im Nachgang mit den Schülern über das gelesene Sprechen um es nach unseren heutigen Normen richtig einordnen zu können.

Wenn das Handeln verstorbener Pharaonen ihren Nachfolgern nicht passte, dann wurden deren Namen aus den Inschriften entfernt.
Ähnlich sinnvoll wäre es Tom Sawyer in den Giftschrank zu sperren.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mondmatt

Macht das „Tauben im Gras“ nicht auch?

Nur mit der Vergangenheitseinstellung der Deutschen?

Mondmatt
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Doch, daher sehe ich das bei Tauben im Gras genau so.

Metalman
1 Jahr zuvor

Die Kollegin hat sich also deswegen für das nächste Schuljahr beurlauben lassen. Das geht einfach so? Und eine geringfügige Stundenreduzierung kann aus „dienstlichen Gründen“ abgelehnt werden?

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Metalman

Kein Lehrermangel in BaWü – offensichtlich 😉

Sie hätte ja auch den Abi-Kurs abgeben können…

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Selbstverständlich kann die Kollegin sich beurlauben lassen, wie kommen Sie darauf, dass das so einfach ist ? Und ja, jeder Antrag kann aus dienstlichen Gründen abgelehnt werden.
Klar hätte sie vielleicht den Kurs abgeben können, wenn sie sich dazu in der Lage gefühlt hätte, was aber offensichtlich nicht der Fall war, sonst hätte sie es vermutlich gemacht.
Spekulationsmodus: OFF!

Metalman
1 Jahr zuvor

Ich bin ja selten bei Frau Schopper, hier würde ich ihr allerdings Recht geben: Ich würde den Text als Quelle für zeitgenössischen Rassismus behandeln, ihn dementsprechend aufarbeiten und einordnen. Das würde dann eine Art Gesellschaftskritik oder Milieustudie werden.

Keiner zwingt doch die Lehrkraft, z.B. das N-Wort laut vorlesen zu lassen oder dunkelhäutige SuS diffamierende Szenen nachspielen zu lassen usw. Das wäre wirklich bedenklich, aber einzuschätzen, dazu sollte jeder Lehrer fähig sein.

In einem ähnlichen Kontext behandeln wir Geschichtslehrer ständig tendenziöse bis offen rassistische und antisemitische Quellen. Wenn die bloße Behandlung dieser Texte gefährlich wäre, würden wir haufenweise Nazis heranzüchten. Das Gegenteil ist ja hoffentlich der Fall…

Kein Platz oder Zeit dafür im Deutschunterricht? Dann muss man eben an anderer Stelle kürzen, Sprachanalyse oder Charaktersierungen lassen sich auch in dem o.g. Sinne einordnen.