Lehrermangel: Ministerpräsident will Berufsorientierung stärker in die Betriebe verlagern

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer will künftig mehr Schülerinnen und Schüler in Betriebe bringen. Bei einem Besuch im Dresdner Transformatorenwerk von Siemens Energy am Donnerstag forderte der CDU-Politiker «eine qualitativ hochwertige, verbindliche Art der Berufsorientierung» für Sachsens Schülerinnen und Schüler.

„Das geht so nicht“: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Foto: Matthias Wehnert / Shutterstock

Kretschmer kann sich beispielsweise vorstellen, Schüler, die sich in der Berufsorientierung befinden, ab dem nächsten Schuljahr alle zwei bis drei Wochen in Betriebe zu schicken, um Berufserfahrung zu sammeln.

Demnach sei der Freistaat bereits mit der Vereinigung der sächsischen Wirtschaft (VSW) und den Handwerkskammern über mögliche Lösungsansätze im Gespräch. Erst vor kurzem hatte das sächsische Kultusministerium beklagt, dass Sachsens Schulen aufgrund des Lehrermangels von massiven Unterrichtsausfällen betroffen seien. Einem Bericht zufolge sind im ersten Halbjahr des aktuellen Schuljahres 8,4 Prozent der Unterrichtsstunden an allgemein- und berufsbildenden Schulen ausgefallen (News4teachers berichtete). Hiervon betroffene Schüler, könnten ebenfalls von derartigen Projekten profitieren, so Kretschmer. Eine Idee, die auch Siemens Energy begrüßen würde.

Spontane Unterrichtsausfälle müssten Kretschmer zufolge unbedingt vermieden werden. «Das geht so nicht. Das muss strukturierter werden», sagte der Ministerpräsident. Die Regierung sei diesbezüglich mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Gespräch.

Zudem arbeite Sachsen daran, Lehrer von den normalen Aufgaben der Bürokratie mit Assistenzkräften zu entlasten. Auch sogenannte Abminderungsstunden – also Stunden, die Lehrerinnen und Lehrer für bestimmte Sonderaufgaben erhalten – müssten reduziert werden. Eine weitere Maßnahme zur Reduzierung von Unterrichtsausfällen sei das Einbringen von Seiteneinsteigern. News4teachers / mit Material der dpa

Lehrermangel: Nächster Kultusminister denkt laut über Mehrarbeit für Lehrkräfte nach

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Dil Uhlenspiegel
1 Jahr zuvor

„Abminderungsstunden – also Stunden, die Lehrerinnen und Lehrer für bestimmte Sonderaufgaben erhalten – müssten reduziert werden.“

… nicht dass das potentielle Einsteiger*innen vor Motivation überlesen.

potschemutschka
1 Jahr zuvor

Das gab es doch schon mal, allerdings nicht wegen Lehrermangels, sondern zur Berufsorientierung und zum praktischen Lernen (wozu braucht man z. B. Mathe, warum ist es wichtig genau zu messen und sauber zu arbeiten …) Das nannte sich UTP (Unterrichtstag in der Produktion). War aber in der DDR. Ein Tag pro Woche ab der 8. Klasse.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Allerdings hatten wir damals auch noch eine 6-Tage-Unterrichtswoche (samstags 4h).

Marie
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Das diente nicht der Berufsorientierung, die Schüler waren billige Arbeitskräfte für von anderen ungeliebte Arbeiten.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marie

@Marie Sind das Ihre persönlichen Erfahrungen? Mit anderen Worten sind Sie „Ossi“?
ICH habe es jedenfalls anders erlebt! Besonders „produktiv“ waren wir Schüler damals bestimmt nicht. In den paar Stunden konnten wir nicht für produktive Arbeiten angelernt werden. Im Gegenteil wurden für uns Schüler erfahrene Arbeitskräfte gebunden, die uns verschiedene Dinge (messen, sägen, bohren, schleifen – zuerst per Hand, dann an verschiedenen Maschinen) beigebracht und erklärt haben. Da entstand auch manchmal „Ausschuss“, manche Sachen konnten wir aber auch mit nach Hause nehmen. Meine Eltern hatten noch jahrelang einen von mir an der Drehmaschine gefertigten Kerzenständer. So war es jedenfalls bei mir in einer Maschinenfabrik. Mein Mann bestätigte mir soeben, dass es bei ihm genauso war (anderer Ort, anderer Betrieb, andere Zeit). Ungeliebte „Hilfsarbeiten“ habe ich dann eher in meinen Ferienjobs erledigen „dürfen“, da gab es aber auch Geld dafür.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Meine Schulzeit ist schon ziemlich lange her, deshalb erinnere ich mich nicht mehr so genau an alles. Aber mir ist eingefallen, dass wir in besagtem UTP-Unterricht auch irgendwie theoretischen Unterricht (wahrscheinlich bei Berufsschullehrern) gehabt haben müssen. Eine zeitlang haben wir dort gelernt technische Zeichnungen und Lochkarten anzufertigen.(Richtige Computer gab es zu dieser Zeit noch nicht allgemein , aber den Aufbau der Binär-Codes haben wir damals praktisch geübt.) Das war so in der Abiturstufe, 10./11. Klasse. Mir hat das damals viel Spaß gemacht, deshalb kann ich mich noch daran erinnern.

Marie
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Der theoretische Teil hieß ESP (Einführung in die sozialistische Produktion). Das technische Zeichnen ist da aber bei mir als einziges in Erinnerung geblieben.

Marie
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Tja, wir haben Sicherungsplatten und Leiterstränge für Tagebauautomaten zusammengesetzt. Wir haben gefeilt, gebohrt, gelötet und an der Drehmaschine gestanden. Allerdings immer unter Zeitdruck, da die Produktion schon auf die einzelnen Teile gewartet hat. Insofern sehe ich uns wirklich als unbezahlte Arbeitskräfte. Mein Mann musste übrigens Waschmaschinen zusammenbauen. In der Maschinenbaubranche ist keiner meiner Mitschüler „gelandet“.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  Marie

Okay, dann hatten wir wohl etwas mehr Glück.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Hmm. Bisher 3 rote Daumen. Falls sich dahinter „Ossis“ verbergen, würden mich deren Erlebnisse interessieren. Es kann ja sein, dass ich und andere , die ich kenne, einfach nur „Glück“ hatten. Sollten die roten Daumen „Wessis“ sein, dann Danke für viel Meinung, aber keine Ahnung!

GriasDi
1 Jahr zuvor

Zitat:
„Ministerpräsident will Berufsorientierung stärker in die Betriebe verlagern.“
Gut so, die können es eh besser. Allerdings werden diese hoch erfreut sein über diesen Vorschlag.

Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

Inwiefern?

GriasDi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Julia

War ironisch gemeint

Julia
1 Jahr zuvor
Antwortet  GriasDi

Ach so!

Realist
1 Jahr zuvor

„Spontane Unterrichtsausfälle müssten Kretschmer zufolge unbedingt vermieden werden. «Das geht so nicht.“

Also erst seit Jahren / Jahrzehnten zuwenig Lehrkräfte einstellen, wo Unterrichtsausfall vorprogrammiert ist, auch ganz ohne Krankheiten von Lehrkräften, und dann praktisch mit obiger Aussage den Lehrkräften vorwerfen, dass sie auch mal spontan krank werden? Wer hat sich denn seit Ewigkeiten geweigert, eine „Krankheitsreserve“ in den Schulen vorzuhalten?

„Auch sogenannte Abminderungsstunden – also Stunden, die Lehrerinnen und Lehrer für bestimmte Sonderaufgaben erhalten – müssten reduziert werden.“

Klar, die machen die faulen S… auch nur um sich einen noch fauleren Lenz zu machen? Wer hat es denn seit Ewigkeiten versäumt Unterstüzungspersonal an die Schulen zu holen, so dass Lehrkräfte gezwungen waren, alles Mögliche im Rahmen ihrer „Eh da“-Stunden zusätzlich zu ihrem Deputat zu leisten?

Letzendlich wieder erbärmliches Lehrkräfte-Bashing von Seiten der Politik um von ihrem eigenen Dauer-Versagen abzulenken!

vhh
1 Jahr zuvor

Will der Mann tatsächlich den Lehrermangel so organisieren, dass alle zwei Wochen ein Tag Unterricht als sogenannte Berufsorientierung eingespart wird? Ein Tag von zehn, das passt doch richtig gut zu den 8.4%.
Wird an Gymnasien nicht so gut funktionieren, Berufsausbildung ist da für die Eltern nicht erste Priorität, aber dort ist der Mangel auch nicht so dramatisch, kann man davon ausnehmen.
So wird weniger Unterricht noch als Verbesserung, nämlich qualitativ hochwertige, verbindliche Art der Berufsorientierung verkauft. Wie dreist geht es eigentlich noch?

Julia
1 Jahr zuvor

Die beruflichen Orientierung (BO) ist – nicht nur- in Rlp seit fast 20 Jahren schulische Querschnittaufgabe. Wir haben uns dem gestellt. Haben Konzepte entwickelt, Partnerschaften begründet und gepflegt, Maßnahmen gestrickt und Potenzialanalysen durchgeführt, Praktika organisiert… Nicht zuletzt haben wir unsere SuS im Rahmen der vertieften BO im Praxistag pädagogisch, organisatorisch, rechtlich einwandfrei und unter Aufwendung von Zeit- und Geldressourcen begleitet. (Sie gehen dabei 1 Jahr lang pro Woche 1 Tag in einen Betrieb. )
Vor dem Hintergrund ist die Aussage im besten Fall dummdreist. Die SuS in Betriebe zu schicken, damit Lehrer in der Zeit Unterricht machen können- dazu schweigt der Sängerin Höflichkeit wohl besser. Das ist ebenso weltfremd wie die Forderung, spontanen Ausfall „planbar“ zu kompensieren. Also nach Kalender krank werden?!
Übrigens- die 2 popeligen Stunden, die ich seinerzeit als BO- Koordinatorin der Schule hatte……alles andere machen wir Kolleg:innen für lau.
Kretschmer weiß das oder könnte das wissen. Aber populären Dummbratz herauszuhauen, das bringt Wählerstimmen- nicht nur in Sachsen.

Rainer Zufall
1 Jahr zuvor

Finde erstmal eine stärkere Begleitung bei der Berufsorientierung gut, allerdings könnte man sich meiner Meinung erstmal auf die Ausbildungsbegingungen konzentrieren