Tarifstreit: Schlichter schlagen 5,5 Prozent mehr vor – plus Inflationsausgleich

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BERLIN. Die Schlichtungskommission im Tarifkonflikt für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen hat in ihrem Schiedsspruch einen Sockelbetrag von 200 Euro und eine anschließende Erhöhung um 5,5 Prozent vorgeschlagen. Das teilten die Tarifparteien mit.

Ein Plus von 340 Euro monatlich soll es mindestens geben. Foto: Shutterstock

Soweit dabei keine Erhöhung um 340 Euro erreicht werde, werde der betreffende Betrag auf 340 Euro gesetzt. Die Laufzeit der Vereinbarung soll laut Schlichterspruch 24 Monate betragen mit Geltung ab Januar 2023. „Wir sind als Schlichter einen neuen Weg gegangen: Für 2023 gibt es einen Inflationsausgleich, ab 1. März 2024 einen Sockelbetrag verbunden mit einer linearen Erhöhung“, sagte der Vorsitzende der Schlichtungskommission, Hans-Henning Lühr. „Der Mix ist ein fairer Interessenausgleich, für den natürlich auch viel Geld in die Hand genommen werden muss.“

Der ehemalige Bremer Staatsrat Lühr war von der Arbeitnehmerseite als Schlichter benannt worden. Die Arbeitgeberseite hatte den ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt berufen.

Außerdem empfahl die Kommission einen Inflationsausgleich in Höhe von insgesamt 3000 Euro. Für Studierende, Auszubildende sowie Praktikantinnen und Praktikanten sollen abweichende Regeln gelten. Sie sollen zunächst einen Inflationsausgleich in Höhe von 620 Euro und ab Juli 2023 monatlich 110 Euro erhalten. Gewerkschaften und Arbeitgeber beraten nun einzeln über die Empfehlung und wollen dann am kommenden Samstag erneut zu Verhandlungen zusammenkommen.

Durch den Schlichterspruch wird nun der Druck auf die Tarifparteien erhöht, eine Einigung zu finden. Dennoch ist ein Schiedsspruch nur eine Empfehlung. Die Verhandlungen könnten trotzdem erneut scheitern. In dem Fall stünde eine Urabstimmung bevor. Außerdem wären die Gewerkschaften mit einem Scheitern nicht mehr in der Friedenspflicht, sondern könnten erneut streiken.

Arbeitgeber und Gewerkschaften hatten bereits in den vergangenen Monaten in drei Runden über das Einkommen von 2,5 Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen gerungen. Betroffen sind unter anderem Erzieherinnen und Erzieher von Kitas, Beschäftigte von Müllabfuhr und Nahverkehrsbetrieben, Bodenpersonal an Flughäfen und Angehörige vieler anderer Berufe.

Im März hatten Verdi und der Beamtenbund dbb die Gespräche dann für gescheitert erklärt. Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und das Bundesinnenministerium riefen daraufhin die Schlichtung an, mit der Hoffnung auf eine Lösung. Die Schlichterinnen und Schlichter verhandelten wohl auf Grundlage des bisherigen Verhandlungsstands an einem geheimen Ort. News4teachers / mit Material der dpa

Tarifstreit: Gewerkschaften erklären Scheitern der Verhandlungen – Vollstreik?  

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Studienrat
1 Jahr zuvor

Einmalzahlungen sind immer mit Vorsicht zu genießen.

Die Erhöhung mit 200€ Sockelbetrag und 5,5% kommt zum 01.03.2024 viel zu spät, denn: schon der letzte Tarifabschluss war realistisch betrachtet eine Nullrunde.

Ureinwohner Nordost
1 Jahr zuvor
Antwortet  Studienrat

Entschuldigung, war eine Minusrunde.
Fast 10% Inflation 2022, pro Monat.
Ещё раз: 10% в месяц.
Da geht ungeheuer viel Einkommen den Bach hinunter.
Ich persönlich arbeite nicht бесплатно (für nix).
Schüler werden leiden, nicht ich.
Entschuldigung.
9 Monate bis zur Verrentung 🙂

Fakten sind Hate
1 Jahr zuvor

Sehr geil. Wenn dieser Schiedsspruch angenommen wird, dann ist wohl offensichtlich, dass die Gewerkschaften nicht im Interesse ihrer Mitglieder handelt.

Zum einen ist eine Einmalzahlung kein Inflationsausgleich, da die Inflation prozentual angegeben wird und dauerhaft über Jahre die individuellen Kosten erhöht. Die Einmalzahlung hingegen ermöglicht es, einmalig offene Rechnungen zu begleichen.

Besonders spannendend die genannten Rahmenpunkte im Schiedsspruch, wenn man sich das ursprüngliche Arbeitgeberangebot ansieht:

„Die Arbeitgeber boten 8 Prozent mehr Einkommen und einen Mindestbetrag von 300 Euro sowie eine Einmalzahlung von 3000 Euro an.“

Hesse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

Ich bin auch verwundert!
Der Arbeitgeber bietet 8 Prozent an und später handelt der Schlichter auf 5,5% ?

Das ist doch ein Aprilscherz, oder? Haha ich komme auf diese Verarsche einfach nicht klar.

Marie
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hesse

Zum einen hat wohl nur Frau Faeser von den 8% geredet, laut Verdi waren es am Ende offiziell 7,x%. Außerdem galten die 8% ab Grundgehalt, mindestens 300€ mehr (bei 3000 Brutto: + 8%= 3240, erhöht auf 3300). Der Vorschlag sieht 200€ pauschale Erhöhung + dann 5,5 % vor ( 3000+200=3200, +5,5 % = 3376 €), wäre also tatsächlich minimal besser. Trotzdem eigentlich nicht zustimmungsfähig, da es bis März 24 eine effektive Nullrunde wäre. Dabei hat es im ÖD in den letzten Jahren durch Nullrunden und nur minimale Erhöhungen schon zu wenig Geld gegeben. Ich ahne Schlimmes für die Landesverhandlungen im Herbst…

So!?
1 Jahr zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

Die 8 % Prozent sollte es ursprünglich bei einer Laufzeit von 27 Monaten geben… Der Sockelbetrag wurde beim neuen Vorschlag nochmal um sage und schreibe 40 EUR pro Monat erhöht, da können wir jetzt alle unendlich dankbar sein!

Last edited 1 Jahr zuvor by So!?
Georg
1 Jahr zuvor

Gerade der Weg über die (steuerfreien) Pauschalzahlungen lässt die unteren Lohngruppen profitieren. Wie viel davon bei Lehrern auch ankommen wird, wissen wir noch nicht. Ich prognostiziere deutlich weniger, weil das Druckmittel des Streiks weitgehend wirkungslos verpuffen wird.

Walter Hasenbrot
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Bei den Lehrern wird davon gar nichts ankommen, weil es im Augenblick um Beschäftgite und Beamte des Bundes und der Kommunen geht.

Das Schlichtungsergebnis erscheint mir aber unterirdisch schlecht. Bei einer Laufzeut von 12 Monaten könnte man ja darüber sprechen, aber insbesondere die Einmalzahlung statt einer prozentualen Erhöung zementiert den Wohlstandsverlust für die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes.

Georg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Das ist mir klar. Ich meinte diesen Vorschlag als Größenordnung für die Verhandlungen bei den Landesbediensteten.

KARIN
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Da wurde aber schon vorgebeugt!
Vor Wochen gab es doch schon die Aufforderung ( wer das war weiss ich leider nicht mehr!), dass die Beamten freiwillig darauf verzichten sollten, da……. ( bekannte Gründe wurden noch genannt!)
Wer kann hier mitteilen, wer das gewünscht hat?

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

In der Tat. Was hier vorgeschlagen wird, scheint nochmals schlechter zu sein, als dass, was „inoffiziell“ am Ende der Verhandlungen angeboten wurde.

Ein einmaliger Betrag von 3000€ ist zudem kein „Inflationsausgleich“, da er, wie der Name schon sagt, nur einmalig wirkt und nicht dauerhaft (oder glaubt hier jemand, dass die Preise nächstes Jahr um 8 Prozent SINKEN?).

Der Vorschlag ist schlechter wie so ziemlich alles, was in letzter Zeit in der „freien“ Wirtschaft erreicht wurde (Post, IGM, usw.). Nur noch Idioten fangen unter diesen Bedingungen im öD an.

Wenn dieser Vorschlag durchgeht, kommen auf die Landesbeschäftigten dann in den entsprechenden Verhandlungen Ende das Jahres GANZ BITTERE Zeiten zu: Dann werden die Länder die steigenden Kosten wg. diverses „Rettungspakete“ (an denen diese auch beteiligt sind), überschuldeter Kommunen (die auch von den Ländern „gerettet“ werden müssen), 49€-Ticket, steigender Flüchtlingszahlen (Unterstützung der Kommunen), steigender Subventionen für die „freie“ Wirtschaft usw, vorbringen: Eventuell befinden wir uns dann auch schon in der Rezession und dann kommt wieder das Argument sinkender Steuereinnahmen… Während vieles davon zwar auch den Bund betrifft, haben die Länder mit über 50% Personalkostenanteil im Gegensatz zum Bund (10% Personalkostenanteil) praktisch keinen Spielraum für Lohn-/Besoldungserhöhungen.

Ich WETTE darauf, dass iirgendein Schlaumeier auf Länderseite dann auf die geniale Idee kommt, das 49€-Ticket (das ja dann eingeführt ist) als Argument anzubringen, warum die Erhöhungen bei den Ländern praktisch gar nicht notwendig sind, da ja alle jetzt soviele Fahrtkosten einsparen könnten…

Hesse
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Ich sehe es genauso! Streiken bis die Herrschaften oben sehen dass nicht gepokert wird.
Die versuchen es bis zum letzten Moment. Was haben sie auch zu verlieren?

Ureinwohner Nordost
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Ich schlussfolgere aus diesem „Angebot“, meine Arbeitskraft sehr sparsam einzusetzen.
Wo gespart wird, wird gespart.
Monatlicher Arbeitskraftverlust 10%, gemäß der Inflation in der BRD.

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter Hasenbrot

Der Tarifvertrag betrifft in erster Linie nur die Angestellten des Bundes und der Kommunen. In welcher Höhe die Beamtenbesoldungen im Bund und in den Kommunen sowie den kommunalen Betrieben angehoben werden, unterliegt der Gesetzgebung der Legislative – also des Bundestages. Die Tarifverhandlungen bei der Bahn sind davon losgelöst, EVG und GdL verhandeln in eigenen Tarifrunden mit der DB AG und den sonstigen EVU.

Big_Brother
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Aber auch bei den Beamten der Länder werden sich die Verhandlungen an den Ergebnissen der Kommunal- und Bundesangestellten messen lassen.

Und wer sagt, dass sich die Beamten das gefallen lassen müssen, der hat vermutlich keinen Hausarzt und lässt vermutlich alles widerstandslos über sich ergehen.

Irgendwo muss auch einmal Schluss sein und das Treueverhältnis ist keine Einbahnstraße.

Ureinwohner Nordost
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Streik?
Es gibt wirksamere Mittel als Streiks.
Nichtanwesenheit.
Keine Vertretung, keine Betreuung.
Nichts. 😉

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

2,8% im Dezember 2022 – denn als Landesbedienstete werden sie im Angestelltenverhältnis entsprechend des ausgehandelten TV-L respektive TV-H vergütet. Die Tarifverhandlungen für den derzeit gültigen Tarifvertrag haben in 2020 zu einem Zeitpunkt stattgefunden, der vor dem Anstieg der Inflationsrate lag.
Wenn der jetzige TV-L ausläuft, wird es vermutlich zu einer Forderung der Tarifgemeinschaft aus GEW und dbb kommen, die sich am Tarifergebnis des jetzt abzuschließenden TVöD orientiert. Dieses Ergebnis der Tarifrunde hat dann zunächst Auswirkung auf die Gehälter der tarifbeschäftigten Lehrkräfte. In NRW sind das rund 22% aller Lehrkräfte im Dienst des Landes. Bundesweit ist ein Viertel aller Lehrkräfte an staatlichen Schulen nicht verbeamtet. In der regel wird in einem zweiten Schritt das Tarifergebnis durch die Länder mittels Änderung der Besoldungsgesetze auf die verbeamteten Lehrkräfte übertragen.

Ale
1 Jahr zuvor
Antwortet  Georg

Nicht wirklich oder nur kurzfristig,
weil der Grundlohn für die Erhöhung 2024 dadurch eben nichts steigt. Und das ist das Problem

Big_Brother
1 Jahr zuvor

Ein Wort: Verarsche!
Die Antworten können nur Streik und Krankenschein sein

Chris
1 Jahr zuvor

Einmalzahlungen sind kein Inflationsausgleich, schließlich sind die inflationsbedingt höheren Kosten auch noch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten hoch, wenn die Einmalzahlung schon lange ausgegeben ist.

Alles unter 10% für 12 Monate oder ca. 20% für 24 Monate, ich habe jetzt den Zinseszinseffekt nicht berücksichtigt, ist kein Inflationsausgleich!

Erzieherin
1 Jahr zuvor

Auf keinen Fall annehmen!!!!
Sonst werden sich die unmenschlichen Arbeitsbedingungen niemals verbessern!!!!!! Es wird sich sonst nur verschlimmern, weil sonst keiner mehr die Arbeit machen wird.

Thorsten
1 Jahr zuvor

Lächerlich, wo ist damit bitte die Inflation ausgeglichen. Bei dem Titel „Schlichter schlagen 5,5 Prozent mehr vor – plus Inflationsausgleich“ habe ich an 5,5% Erhöhung + 7,4% (Inflation Deutschland 2023) gedacht, also 12,9% Erhöhung ab 2023, Laufzeit ein Jahr. Sockelbeträge / Einmalzahlungen sind ja nett, aber lösen das langfristige Problem der dauerhaften(!) Erhöung von allem was man bezahlen muss nicht.

Maggi
1 Jahr zuvor

Diese Woche war in den Nachrichten, dass sich Lebensmittel innerhalb eines Jahres im Schnitt um 22% teurer geworden sind.
Bei einem echten Inflationsausgleich wären es also eine Anhebung um diese Prozentzahl und danach erfolgt eine Gehaltserhöhung. Witzig wie man mit Worten um sich wirft, die Inflation in einer Einmalzahlung auszugleichen. Als ob es nur einen Monat eine Inflation gab. Ich hoffe es wird wieder gestreikt, bis es ein faires Angebot gibt.

Leviathan
1 Jahr zuvor

Nein. Nicht bei 24 Monaten. Nein, weil die Preise nicht zurückgehen werden. Nein, weil immer wieder gespart wurde. Und die einmal Zahlung, ändert nichts an dauerhaft teuren Preisen.

Die machen ihre Angebote so nachhaltig wie die Schulpolitik.