Ende des Kita-Fachkräftemangels absehbar? Von Sozialministerin beauftragte Studien verbreiten Optimismus

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MÜNCHEN. Der auch Bayern sich verschärfende Mangel an Erzieherinnen und Erziehern wird laut einer von der Staatsregierung in Auftrag gegebenen Studie in drei bis fünf Jahren gedeckt sein. «Setzt sich der Fachkräftezuwachs der letzten Jahre so fort, können wir zum Schul- und Kitajahr 2027/28 den Fachkräftebedarf decken», sagte Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) in München. Um dem Fachkräftemangel aktiv entgegenzusteuern, seien die Segel von der Staatsregierung richtig gesetzt worden. Eine unabhängige Studie war zuvor allerdings zu anderen Ergebnissen gekommen.

Am 8. Oktober wird im Freistaat gewählt: Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) präsentierte passenderweise optimistische Studien. Foto: StMAS/Elias Hassos

Mit Blick auf den steigenden Bedarf an Plätzen zur Ganztagsbetreuung von Grundschülern verwies Scharf zudem auf eine zweite, ebenfalls von ihr beauftragten Studie: Demnach können die im Juli beim Kinderbetreuungsgipfel angekündigte 130.000 neuen Betreuungsplätze für Grundschulkinder bis 2028 realisiert werden. Die Kommunen würden sowohl bei der Schaffung der 130.000 Plätze für die Grundschulkinder als auch bei weiteren 50.000 Plätzen für Kinder im Alter bis zur Einschulung tatkräftig unterstützt, betonte Scharf.

Im Oktober 2022 hatte eine Studie der Bertelsmann Stiftung dem Freistaat eine deutlich schlechtere Prognose bei der Kinderbetreuung erstellt: Demnach sollten im laufenden Jahr fast 62.000 Kita-Plätze fehlen und damit einhergehend 14.500 zusätzliche Erzieher.

«Der Fachkräfte-Mangel ist akut und schon lange bekannt. Es ist ein Schlag ins Gesicht für Kita-Beschäftigte und Familien in Bayern, wenn sich die Sozialministerin jetzt hinstellt und sagt: Bis 2028 haben wir es im Griff», sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Bayern brauche sofort Lösungen für die Kita-Krise – nicht nur die Aussicht auf bessere Zeiten.

«Aktuell fehlt an allen Ecken und Enden Personal, Öffnungszeiten für Kitas werden gekürzt, ganze Gruppen werden geschlossen oder gar nicht erst geöffnet – und eine Entlastung ist laut den Kita-Trägern überhaupt nicht in Sicht», sagte Doris Rauscher (SPD). Es wäre fatal für Bayerns Kinder, Eltern und letztendlich auch für die bayerische Wirtschaft, wenn aufgrund der Prognose nun entschlossenes politisches Handeln ausbliebe.

Ab dem Schuljahr 2026/2027 gilt der Rechtsanspruch auf ganztägige Bildung und Betreuung für Kinder im Grundschulalter. «Bayerns Familien können auf eine verlässliche Kinderbetreuung vertrauen. Bis zum Ende des Jahrzehnts schaffen wir ausreichend Betreuungsplätze für unsere Kinder und stellen eine hochwertige pädagogische Betreuung durch qualifiziertes Personal in unseren Kitas sicher», sagte Scharf. Der Ausbau der Ganztagsbetreuung sei dabei die entscheidende familien-, sozial- und integrationspolitische Zukunftsaufgabe der kommenden Jahre.

Einer repräsentativen Umfrage des Instituts Prognos zufolge wollen nicht alle Eltern ihre Kinder acht Stunden lang betreuen lassen, vielmehr seien auch kürzere Betreuungsangebote gefragt. Aktuell hätten rund fünf Prozent der 1400 befragten Eltern angegeben, keinen Ganztagsbetreuungsplatz für ihr Kind erhalten zu haben. Weitere sechs Prozent wünschten sich zudem einen anderen Betreuungsumfang. Mehr als die Hälfte der Eltern von Grundschulkindern wünschten sich ferner eine Betreuung in den Ferien.

Bei den Erziehern verwies eine zweite Studie – diese vom Staatsinstitut für
Frühpädagogik und Medienkompetenz – darauf, dass zwischen 2015 und 2022 mehr als 31.000 neue Fach- und Ergänzungskräfte eingestellt worden seien. Die Zahl der Kinder habe sich in den bayerischen Kindertagesbetreuungen im gleichen Zeitraum um etwa 109.000 erhöht.

Um den künftigen Bedarf zu decken, würden, je nach Zuwanderungssaldo, bis 2029 zusätzliche 21.000 bis 24.000 Fach- und Ergänzungskräfte benötigt – und die könnten bis 2028 gewonnen werden, jedenfalls wenn das Personalwachstum der vergangenen Jahre weiter wie bisher anhalte. Das Problem: Der Arbeitsmarkt für Kita-Fachkräfte ist mittlerweile leergefegt.

Scharf gab sich trotzdem optimistisch: «Die Anzahl der Fachakademien für Sozialpädagogik ist von 49 im Jahr 2011 auf 73 gestiegen, weitere sind in Planung – wir ermöglichen eine heimatnahe Ausbildung.» Auch finanziell würden die Erzieherinnen und Erzieher mit einem erhöhten Meisterbonus von 3000 Euro unterstützt. News4teachers / mit Material der dpa

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Georg
8 Monate zuvor

Wenn ab 2030 der große Mangel an Grundschullehrern vorbei ist, dann ist der große Mangel ab 2026-28 an den KiTas vorbei. Mit Stellenschaffung hat das nichts zu tun, viel mehr mit der langfristigen demographischen Entwicklung.

Realist
8 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Die „langfristige demographische Entwicklung“ hat uns vor zehn Jahren massiven Wohnungsleerstand und sinkende Schülerzahlen voraussgesagt. Dann kamen 2015 und 2022…

Wenn man ein System aufgrund der „langfristigen demographischen Entwicklung“ auf Kante näht, keine Reserven einplant und bei tatsächlicher andersläufiger Entwicklung nicht gegensteuert, sondern die aktuellen Entwicklungen als „temporär“ wegwischt, dann bekommt man genau die Zustände, die man jetzt hat.

Da ist die Deutsche Bahn ehrlicher: Die sagen immerhin, dass sie die Verspätungen und Zugausfälle erst ab 2070 in den Griff bekommen (also nie)…

Egvina
8 Monate zuvor
Antwortet  Georg

Wir haben jetzt 2023, bis 2030 sind es 7 Jahre. Kinder werden mit 6, teilweise mit 5, eingeschult. Man weiß also jetzt schon wie die Geburtenrate in den nächsten 1-2 Jahren aussieht. Die Glaskugel hätte ich auch gerne.

Alx
8 Monate zuvor

Ja Servus, machts ihr mir mal bitte eine Studie die herausfindet, dass der Erzieherinnenmangel in drei bis fünf Jahren keine Rolle mehr spielt?
Ja freilich dürfts ihr dann auch zukünftige Studien machen. Na gut, weil’s ihr seid leg ich noch a Brezen und a Maß drauf.

Realist
8 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Und in „drei bis fünf Jahren“ heißt es dann:

„Wos interessiad mi mei Gschwätz vo gestan?“