Kretschmer fordert längere Arbeitszeiten – GEW: „Weltfremd! Nötig sind kürzere Arbeitszeiten“

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DRESDEN. Deutschland fehlen Arbeitskräfte. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will deshalb, dass Menschen wieder länger arbeiten. Zudem soll die Rente mit 63 abgeschafft werden – das stößt auf Kritik. Auch aus der Lehrerschaft. Die GEW hat sich zu Wort gemeldet.

„Nur eine Stunde pro Woche“: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Foto: Matthias Wehnert / Shutterstock

„Der Vorschlag des Ministerpräsidenten ist weltfremd“, sagt Burkhard Naumann, Landesvorsitzender der GEW Sachsen. „Im Bildungsbereich kämpfen wir seit Jahren mit Überlastung und Krankheit. Würde die Arbeitszeit erhöht, wäre der Teufelskreis zwischen Fachkräftemangel und Überlastung vollends geschlossen. Lehrerinnen und Lehrer arbeiten bereits jetzt drei Stunden pro Schulwoche mehr, als sie in den Ferien ausgleichen können. Hinzu kommt, dass die Aufgaben an Kitas, Schulen und Hochschulen immer weiter wachsen und sich die Arbeit mit der Digitalisierung verdichtet. Deshalb ist die gleiche Arbeitszeit heute belastender als noch vor einigen Jahren.“

Weiter erklärt Naumann: „Wir brauchen eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit, damit der Beruf nicht krank macht. Die Wochenarbeitszeit ist ein wesentliches Merkmal für attraktive Arbeitsbedingungen. Der Staat sollte da mit gutem Beispiel vorangehen, denn auch im öffentlichen Dienst bleiben massenhaft Stellen unbesetzt.”

Um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen und die Sozialsysteme zu sichern, hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eine generelle Verlängerung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde vorgeschlagen. „Würde jeder Erwerbstätige in Deutschland nur eine Stunde pro Woche länger arbeiten, würde sich ein großes Potenzial für die Bekämpfung des Fachkräftemangels ergeben“, sagte der CDU-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Laut OECD entspricht dies annähernd 1,8 Millionen zusätzlichen Arbeits- und Fachkräften“, so Kretschmer. News4teachers / mit Material der dpa

Wegen Personalnot: Erstes Bundesland erhöht die Arbeitszeit von Lehrkräften

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Marko
9 Monate zuvor

Ich bin froh, dass die Ampel erst kürzlich das Gesetz zur Einwanderung von Fachkräften verabschiedet hat, damit solche weltfremden CDU-Vorschläge überhaupt nicht erst diskutiert werden müssen.

Pälzer
9 Monate zuvor
Antwortet  Marko

Besonders freue ich mich auf die künftigen einwandernden Deutsch-Fachlehrer.

Realist
9 Monate zuvor

Ich kennen KEINEN Kollegen, der mit 63 Jahren wirklich gesund in die Pension / Rente gegangen ist. Alle hatten irgendetwas: Hörschaden, psychische Probleme, Probleme mit dem Bewegunsapparat, … und jetzt will man die Lehrkräfte „bis zum Schluss“ arbeiten lassen, spart dann vielleicht auch noch nebenbei ein paar Pensionskosten (Schuldenbremse?)

Und die Industrie verabschiedet sich dank weltweit höchster Energiekosten vom Standort Deutschland und schickt demnächst massenhaft Mittfünfziger mit „goldenem Handschlag“ in den vom Steuer-/Sozialabgabenzahler finanzierten Vorruhestand. Während die Jüngeren ohne 4-Tage-Woche und Homeoffice erst gar nicht anfangen wollen zu arbeiten…

Wer tut sich unter diesen Bedingungen noch das Lehramt an? Jeden Tag Stress, jeden Tag Überstunden (wenn man den Beruf ernst nimmt), jeden Tag Lärm, selbstfinanziertes „Abend- und Wochenende-Homeoffice“ (aber bitte die ersten 8 Stunden das Tages auf jeden Fall in der Ganztagsschule im Nirgendwo (Fahrtkosten!, nix Dienstwagen) verbringen), dutzende „Stakeholder“, die alles besser wissen (Poltik, Medien, Schulbehörden, Elternschaft, Schüler, Gerichte, …), immer mehr kleinteilige Kontrolle (Noten, Protokolle, Berichte, …: muss ja alles rechtssicher sein), vorgesetzte Dienststellen, für die „Fürsorgepflicht“ ein Fremdwort ist und deren Lieblingsbegriff „Treuepflicht“ (besser wäre eigentlich „Gehorsamspflicht) ist, mediales Dauerbashing, weltfremde „Bildungsexperten“ (SWK und Co), deren Vorschläge alle darauf hinauslaufen, den Lehrkräften noch mehr Arbeit aufzubürden, Gehaltsentwicklungen, die seit 20 Jahren stagnieren und seit 2 Jahren zu deutlichen zweistellig prozentualen Realeinkommensverlusten führen (für alles scheint bei Rekordsteuereinnahmen wieder einmal Geld da zu sein, aber nicht für die beim Staat Beschäftigten), …

Gen Z braucht sich nur eins merken: „Lehramt? Ich bin doch nicht blöd!“

Ureinwohner Nordost
9 Monate zuvor
Antwortet  Realist

Als Angestellter mache ich mir um die von Ihnen aufgeführten Sachen gar keine Sorgen.

Mit 63 Lebensjahren und dem Rentenbescheid in der Tasche liegt die Kündigung auf dem Tisch. Und Ende.

Leuchtende Kinderaugen haben keinerlei Einkaufsäquivalent.
Sprich: davon kann ich mir nichts kaufen.
🙂

kanndochnichtwahrsein
9 Monate zuvor

Mehr????
Zwei Ferienwochen: bisher weit über 50 Stunden am Schreibtisch. Die Zeit, die man abseits des Schreibtisches „im Kopf“ für Schule aufwendet, weil man sie nicht aus dem Kopf bekommt oder pädagogische/methodische/strukturelle Probleme (und hoffentlich Lösungen) hin und her wälzt, Zeit für Gespräche im Bemühen um Lösungen – die ist dabei nicht mitgerechnet, auch nicht Fahrtzeit für Beschaffung von Material, Aufsuchen des Arbeitsplatzes für verschiedene Verrichtungen die zum Schuljahresende nicht erledigt waren etc.
Und jetzt schon ist klar, dass die verbleibenden drei Wochen bis zur Präsenz- und Konferenzwoche am Ende wieder nicht ausreichen werden, das Schujahr wirklich nach Notwendigkeit, geschweige denn nach eigenem Anspruch ausreichend und gut vorbereitet zu haben. Das aber wiederum wäre die Voraussetzung, das Schuljahr nicht schon wieder mit Stress und allwöchentlicher Mehrarbeit zu beginnen und zu wissen, dass auch die nächsten Ferien nicht ausreichen werden um Liegengebliebenes zu erledigen.

Lehrerarbeit muss effektiver werden!
Weniger „Freistunden“, komprimiertere Arbeitszeit vor Ort (das war positiv an der „Corona-Zeit“ mit ihren festen Gruppen!), Raum und Zeit für Zusammenarbeit, geplante und vor allem begrenzte Zeit für Vor- und Nachbereitung.
Solange nicht ausreichend Lehrkräfte vorhanden sind wäre ich für folgende Übergangslösung:
Unterricht im Halbtag, damit weniger „zerfressene“ Stundenpläne und weniger Vertretung für Lehrer. Betreuung und Angebote für die Nachmittage wo notwendig. Dafür braucht man zwar Personal, aber nicht zwingend Lehrer.
Die Unterrichtsstunden auf 4 Tage verteilen, damit die Wochenenden nicht die einzigen Tage sind, an denen man in Ruhe und zu (auch für das Umfeld) „verträglichen“ und „nicht gesundheitsschädlichen“ Zeiten arbeiten kann.
Wir könnten auch über hybride Unterrichtsmodelle nachdenken, die Lehrerzeit effektiver machen könnten, über das Einsparen von Energie (Lehrer haben oft weite Anfahrtszeiten), Gesundheitsschutz „im Alter“ (mit veränderten Aufgaben für diejenigen Lehrkräfte, die nicht mehr voll vor der Klasse stehen können/wollen) usw.

Nach meinem Eindruck denken Politiker offenbar immer „Wie kann man mehr rauspressen?“ statt zu überlegen „Wie kann man Arbeit, Zeit und Ressourcen effektiver nutzen?“
Im „normalen Leben“ können vielleicht Gewerkschaften ein Stoppschild aufstellen – in der Schule sind sie zahnlose Tiger.
Im „normalen Leben“ streiken Arbeitnehmer, wenn etwas schief läuft – Lehrer und Schüler können das nicht und es ist gesellschaftlich von vorneherein verpönt, wenn Lehrer oder Schüler sich beschweren.
Im „normalen Leben“ bestimmt die Frage der Wirtschaftlichkeit oder die zu erwartenden Gewinne, dass Fehlentwicklungen sich überleben.
Die Lehrer sind ja da, sollen mal machen… kann ja jeder… DANN soll das bitte auch „jeder“ machen, dann haben wir auch keinen Arbeitskräftemangel mehr! Nur der Lehrermangel, der wird bleiben!

Im Bildungswesen reitet man weiterhin tote Pferde – und setzt darauf,
dass Lehrer aus Pflichgefühl irgendwie bis zum Pensions-/Rentenalter
durchhalten. Dann schaffen die bestimmt auch noch ne Stunde mehr? Oder doch nicht?

Ureinwohner Nordost
9 Monate zuvor

Sie machen sich viel zu viele Gedanken.

Lassen Sie es „fliesen“.
Den Bach hinunter…

In den nächsten 20 Jahren passiert in der BRD gar nichts mehr in Sachen Bildung.

Ganz gemächlich 🙂

Maggi
9 Monate zuvor

Der Herr soll erstmal dafür Sorgen, wie alle seine Amtskolleg*innen auch, dass die Arbeitszeit erfasst wird. Dann haben sie aber das Problem, dass sie plötzlich feststellen, dass die Lehrer*innen jede Menge Überstunden haben. Zahlt man dann aus oder schreibt die Zeit gut – auf einen Ausgleich hätten die Lehrkräften ja ein Anrecht.
Ich habe echt langsam die Nase voll. Im normalen Öffentlichen Dienst (BW) gibt es die Arbeitszeiterfassung und auch die Möglichkeit sich online zur Arbeit einzuloggen und auszuloggen. Bei Lehrkräften soll das nicht gehen? Doch, aber es gibt eben kein Vertrauen der Politik in die faulen Säcke. Soviel zum guten Leumund.
Ansonsten sollen sie endlich die Schulen mit entsprechend ausgerüsteten Arbeitsplätzen ausstatten. Nicht 50cm Platz an einem Tisch mit zwei weiteren Kollegen, sondern jeder hat einen Schreibtisch, einen PC, der keine 30 Minuten zum hochfahren braucht und von dem man auch drucken kann. Der Zugriff auf die gängigen Schul- und Fachbücher und Arbeitsheft, Quellensammlungen, die Rechte sind natürlich gekauft, damit alles schön Datenrechtskonform abläuft, muss bereitgestellt werden.
Kostet halt was – aber eine populistische Forderung ist doch viel günstiger.

Last edited 9 Monate zuvor by Maggi
Dil Uhlenspiegel
9 Monate zuvor

Arbeitszeiterfassung – und sticht!

Hansi Grotjahn
9 Monate zuvor

Genau mein Humor. Das schlägt einer vor, der noch nie einen Finger krumm gemacht hat.

Rainer Zufall
9 Monate zuvor

Armer Kerl. Aber er muss wohl versuchen, eine schrumpfende Bevölkerung ohne Zuzug am Leben zu erhalten. Ist denen wohl lieber, als der aktuellen Entwicklung ins Gesicht zu sehen…

Ureinwohner Nordost
9 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Zuzug haben wir mehr als erträglich ist.
Es zuziehen allerdings nicht Die ein, die nötig wären.

Zuzugsgesetz verkac*t.
Rot/Grün/GelbBlau. 🙁

Oberkrämer
9 Monate zuvor

Man liest hier ja öfter GEW-Schelte. Sie tue nichts oder das falsche. Hat die GEW in diesem Falle nicht Recht? Ist es nicht richtig, dass sie protestiert?

Wer wird ihr folgen, wenn sie zu Kundgebungen aufruft?

Realist
9 Monate zuvor

Kretschmer sieht mit den dunklen Augenringen aus wie ein Vampir… sehr passend zum Thema: Den Lehrkräften das letzte bisschen Lebenskraft aussagen..

Hartnagel Charly
9 Monate zuvor

Hallo, ich arbeite zur Zeit bis ca 60 Stunden die Woche, ich denke das ist genug,
Es gibt zu wenig Bus Fahrer, das ist nicht tragbar auf Dauer, der sollte mal lieber
Selbst arbeiten, damit er mal weiß, wie das Leben außerhalb der Regierung ist.