Jeder 10. Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss! Bildungsministerin: „Gute Tendenz“

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SCHWERIN. Zum Ende des vergangenen Schuljahres wurden in Mecklenburg-Vorpommern erstmals Schüler mit herausragenden Leistungen nach Klasse zehn besonders gewürdigt. Viele andere gingen leer aus – sie erhielten keinen Schulabschluss. Trotzdem sieht die verantwortliche Bildungsministerin eine positive Entwicklung.

Ohne Abschluss – in die Sackgasse. Foto: Shutterstock

Trotz leicht rückläufiger Tendenz verlässt in Mecklenburg-Vorpommern noch immer jeder zehnte Schüler die Schule ohne die Eignung für eine berufliche Ausbildung. Wie das Bildungsministerium in Schwerin am Donnerstag unter Berufung auf Daten des Statistikamtes mitteilte, sank von 2022 zu 2023 die Quote der Schülerinnen und Schüler ohne den nötigen Schulabschluss von 10,6 auf 9,9 Prozent. Damit verfügten sie nicht über die sogenannte Berufsreife, die in der Regel den erfolgreichen Abschluss der neunten Klasse voraussetzt und Bedingung für die Aufnahme einer Lehre ist. Insgesamt betraf das zum Ende des vorigen Schuljahres 1.401 der 14.104 Schulabgänger im Land, wobei 608 einen Förderschulabschluss erhielten, 793 allerdings gänzlich ohne Abschluss blieben.

«Die Zahlen weisen eine gute Tendenz auf. Wir müssen jedoch weitere Maßnahmen ergreifen, um die Zahl der Abgängerinnen und Abgänger ohne Schulabschluss weiter zu senken», betonte Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke). Sie verwies dabei auf das seit diesem Schuljahr mögliche Freiwillige 10. Schuljahr an Regionalen und Gesamtschulen. Damit werde Schülerinnen und Schülern, die mehr Zeit zum Lernen brauchen, ein zusätzliches Jahr gewährt. Zudem gebe es mit dem Produktiven Lernen und der Berufsreife dual Schulangebote mit stärkerem Praxisbezug.

Nach Angaben des Statistikamtes war im Schuljahr 2022/23 die Mittlere Reife nach Klasse 10 erneut der am häufigsten erlangte Abschluss. Er wurde von genau 5632 Schülern und damit 39,9 Prozent der Prüflinge erreicht. Mit dem Abitur erlangten 31,3 Prozent der Schüler die allgemeine Hochschulreife. Die Berufsreife erreichten 13,7 Prozent, die Fachhochschulreife 5,2 Prozent der Schüler. Das Statistikamt verwies zudem darauf, dass Absolventinnen und Absolventen in Mecklenburg-Vorpommern erstmals die Qualifizierte Mittlere Reife erlangen konnten. Diese setze eine Abschlussnote von mindestens 1,4 voraus. Eine solch außergewöhnliche Leistung hätten im vergangenen Schuljahr 167 Schüler gebracht.

Ihre berufliche Ausbildung schlossen im Schuljahr 2022/23 etwa 8900 der insgesamt 10 600 Azubis im letzten Lehrjahr erfolgreich ab. Besonders gefragt waren laut Statistik Richtungen wie Handel, Fahrzeug- und Schiffbautechnik, Energietechnik oder Gastronomie.

Zwar sinke im Land auch bei der Berufsausbildung die Zahl der Absolventen ohne Abschluss. Doch gelte es, den Anteil von zuletzt knapp 16 Prozent weiter zu reduzieren. «Wir werden auch hier weitere Anstrengungen unternehmen, um die Zahl der Absolventinnen und Absolventen an den beruflichen Schulen ohne einen Abschluss zu senken. Die Landesregierung plant, zusätzlich 150 Lehrkräfte an den beruflichen Schulen einzustellen», erklärte Oldenburg. Wirtschaftsverbände und -kammern hatten in der Vergangenheit immer wieder beklagt, dass es vielen Auszubildenden an Basisfähigkeiten etwa im Rechnen mangele. News4teachers / mit Material der dpa

Akademisierungswahn? Von wegen – wenn Fachkräfte gesucht werden, kümmert euch doch mal um die (zu vielen) Schulabbrecher

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9 Kommentare
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Hysterican / Andre Hog
4 Monate zuvor

Frau Oldenburg…hmmmm, was fällt mir dazu ein??

Ach ja…es ist komisch, aber ich denke dann beim Namen Oldenburg immer an die niedersächsische Kleinstadt mit gemütlichem Flair…da ist gut zu leben… gerade, weil es zuweilen ein wenig weg von der großstädtischen Hektik der herrschenden Realitäten ist.

Nur jeder Zehnte….das ist doch weit besser als als jeder zwanzigste oder jeder dreißigste ….ergo sind wir auf nem guten Weg.

Mathe kann so einfach sein….

Apropos:

Warum war Mathe für die Alten Römer immer leichter als für uns heute?

X war immer gleich 10!

Lisa
4 Monate zuvor

😀

Sandra
4 Monate zuvor

Teilnehmer Urkunden bei Nichtgelingen eines Abschlusses wären doch fein….

Tim Bullerbü
4 Monate zuvor

Deutschland beklagt Fachkräftemangel. Handwerksbetriebe können ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen.In den nächsten 10 Jahren fehlen etwa 5- 8 Millionen Arbeitskräfte. Deshalb werben wir nun Arbeitskräfte im Ausland an, damit Polen, Ruanda, …aber auf keinen Fall WIR zu wenig Ärzte, Pflegekräfte,… haben.
Gleichzeitig entlässt unser Bildungssystem jeden 10. ohne Abschluss.
Das ist so verrückt, das kann sich keiner ausdenken.

Lisa
4 Monate zuvor
Antwortet  Tim Bullerbü

In 99,98 % ( ja, die Prozentzahl habe ich mir so eben ausgedacht, um meine Behauptung zu untermauern) liegt es am Verhalten des Schülers und/ oder der Schule/ des schulischen Umfelds und nicht an seinen geistigen Fähigkeiten, wenn er keinen Abschluss macht. Da bräuchte es ein Heer an Psychologen und Sozialarbeitern bzw solchen Berufsorientierungsinternaten, wie es sie in Dänemark gibt.

ed840
4 Monate zuvor
Antwortet  Tim Bullerbü

Wenn Sie in MVP leben trifft das „unser“ wohl zu. Ansonsten haben wir 16 Bundesländer mit 16 Bildungssystemen und diese Quote ist in den Bundesländern sehr unterschiedlich ausgeprägt. In MVP z.B. ca. doppelt so hoch wie in Bayern. Interessant auch die Zahlen vom Nachbarbundesland Brandenburg. Dort waren die Quoten nicht nur signifikant niedriger, die Quote bei den Schülern mit ausländischer Staatsangehörigkeit war auch niedriger als die der Deutschen.

Tim Bullerbü
4 Monate zuvor
Antwortet  ed840

Will sagen?

vhh
4 Monate zuvor

Wir (NRW) schreiben Textzeugnisse für Förderschüler Lernen, die weder als Noten deutbare Worte enthalten, noch mögliche Förderschwerpunkte nennen dürfen. Prämisse: Keine Defizitorientierung! In dieser Meldung sind Förderabschlüsse mal eben ‚kein Abschluss‘, sie gelten ja nicht als Berufsreife, wenn das keine Defizitorientierung ist…. Von meinen Schülern mit FB Lernen schafft etwa 1/3 den Abschluss 9, und zwar an einer Regelschule. Wie viele Kinder an Förderschulen (z.B. GE) können denn überhaupt am Maßstab Abschluss 9 gemessen werden? Wie kann ein Bildungsministerium das Beste, was einige an formalem Abschluss erreichen können mit ‚Ziel verfehlt‘ gleichsetzen? Auch 5,5% ohne die Förderabschlüsse sind nicht schön, jeder Schüler ohne Abschluss ist ein Anlass nachzudenken, aber den Sinn des eigenen Schulsystems hat in diesem Ministerium wohl nicht jeder verstanden.

Nordlehrer
4 Monate zuvor
Antwortet  vhh

In anderen Bundesländern als NRW kann man aber sehrwohl einen Förderschulabschluss erhalten. Dieser stellt natürlich keine Berufsreife da, aber in dem Artikel wird er ja auch abseits davon gezählt. Prinzipiell gibt es den Abschluss auch nur, damit die Personen dann nicht als „ohne Abschluss“ zählen, aber man kann ihn durchaus für die Bewerbung bei einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung oder ähnlichen Arbeitsplätzen verwenden.