Ein Politikum? Berlins Regierender bestätigt Beziehung mit seiner Bildungssenatorin

16

BERLIN. Seit Tagen wird in der Hauptstadt spekuliert, jetzt ist es offiziell: Der CDU-Politiker Kai Wegner und seine Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch sind ein Paar. Hat das politische Folgen?

Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (vorne) und Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (hinten) im Abgeordnetenhaus. Rechts: die Berliner SPD-Vorsitzende und Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey. Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Tagelang schwieg Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, am Freitag kam dann doch die offizielle Bestätigung: Der CDU-Politiker ist mit seiner Partei- und Kabinettskollegin Katharina Günther-Wünsch zusammen, der Berliner Bildungssenatorin. Wie Rechtsanwalt Christian Schertz am Freitag mitteilte, entschieden beide im Herbst 2023, eine Beziehung einzugehen. Sie hätten ihn gebeten, «dieses aus Gründen der Transparenz zu bestätigen, um Klarheit für alle Beteiligten in der professionellen Zusammenarbeit sicherzustellen».

Schertz erklärte weiter: «Unabhängig davon, dass eine derartige Konstellation keinen rechtlichen Bestimmungen widerspricht, ist es natürlich selbstverständlich, dass die Beteiligten im Zusammenhang mit ihrer Amtsführung Privates und Berufliches strikt trennen.» Der Anwalt bat darum, die Privatsphäre von Wegner (51) und Günther-Wünsch (40) auch im Interesse ihrer Familien zu respektieren.

Starker öffentlicher Druck

Zuvor hatte Wegner die Linie verfolgt, zu dem Thema keine Stellung zu nehmen, dann ging er doch an die Öffentlichkeit. In der Zwischenzeit war der Druck gestiegen, ob es Interessenskonflikte oder Auswirkungen auf die Arbeit des Senats geben könnte.

Bereits vor Tagen hatten «B.Z.» und «Bild» erstmals über die Beziehung von Wegner und Günther-Wünsch berichtet. Kurz zuvor hatte die Senatskanzlei mitgeteilt, dass sich der Regierungschef im September von seiner bisherigen Partnerin getrennt hatte. Mit dieser hat er zwei Kinder. Zuvor war Wegner verheiratet. Mit seiner Ex-Frau hat er ein weiteres Kind.

Wegner hatte als CDU-Landeschef im Februar 2023 die wegen Pannen wiederholte Wahl zum Abgeordnetenhaus gewonnen. Ende April wurde er Regierender Bürgermeister. Schon im Wahlkampf hatte er Günther-Wünsch für den Posten der Bildungssenatorin ins Gespräch gebracht und sie als «Powerfrau» und «absolute Expertin» für Bildungsthemen gelobt.

Die aus Dresden stammende Lehrerin sitzt erst seit September 2021 im Landesparlament und war dort zunächst bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. Günther-Wünsch ist verheiratet, lebt von ihrem Mann aber seit geraumer Zeit getrennt. Mit ihrem Mann, der ein Kind mit in die Ehe gebracht hat, hat sie zwei leibliche Kinder und ein Pflegekind.

Ist diese Beziehung ein Politikum?

Nach den ersten Medienberichten über ihre Beziehung hielten sich die Oppositionsparteien Linke und Grüne mit Kommentaren zurück. Die Berliner AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker warf hingegen die Frage auf, ob das Verhältnis schon vor der Wiederholungswahl bestand. «Dann hätte Wegner, plakativ formuliert, seine Geliebte zur Senatorin gemacht», erklärte sie. Der fraktionslose Abgeordnete Antonín Brousek (früher AfD) stellte eine ausführliche parlamentarische Anfrage «zur Familienpolitik». Darin auch die explizite Frage, ob Wegner eine sexuelle Beziehung mit einem Senatsmitglied habe.

Geht das nun eigentlich irgendwen etwas an? Die Frage wird seit Tagen kontrovers diskutiert – schon vor der offiziellen Bestätigung. Der Berliner Verfassungsrechtler Ulrich Battis sieht in der Beziehung rechtlich keine Probleme. «Hier geht es nicht um ein Unternehmen, in dem Compliance-Vorschriften gelten», sagte Battis. «Es gelten in diesem Fall weder arbeitsrechtliche noch verfassungsrechtliche Beschränkungen. Entscheidend ist, ob einer von beiden oder beide ihren Amtseid verletzen. Das ist nicht ersichtlich.»

Bestand die Beziehung vor der Ernennung?

Medien und Experten hatten die Frage aufgeworfen, ob Wegner die Bildungssenatorin Günther-Wünsch dienstlich bevorzugt haben könnte, indem er ihr Ressort von Sparvorgaben ausnahm. Battis sieht auch das anders: «Dass jetzt die Ansage Wegners problematisiert wird, bei der Polizei und bei Bildung dürfe nicht gespart werden, halte ich für Unsinn. Das würde doch jeder so unterschreiben.»

Etwas anderes ist aus Sicht des Rechtsexperten von größerer Bedeutung: «Eine wichtige und konkrete Frage ist, ob das Verhältnis schon vor der Ernennung von Frau Günther-Wünsch zur Senatorin bestand.» Dazu lieferten Wegner und Günther-Wünsch mit der Anwalts-Mitteilung, die Beziehung sei im Herbst 2023 eingegangen worden, eine Antwort. Battis sieht das Paar zwar politisch angeschlagen, weil es sich öffentlich verteidigen muss. Unterm Strich gilt für den Verfassungsrechtler aber: «Ich sehe nicht, dass Konsequenzen nötig wären, etwa der Rückzug eines oder einer der beiden.»

Kubicki erinnert an Compliance-Regeln

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte sich etwas anders geäußert. «Es ist deshalb ein Problem, weil Herr Wegner und Frau Günther-Wünsch immer dem Verdacht entgegenwirken müssen, ihr Privatleben von ihrer politischen Arbeit nicht trennen zu können», sagte Kubicki der «Rheinischen Post», bevor der Regierungschef und die Senatorin ihre Beziehung bestätigten. In einem börsennotierten Unternehmen wäre eine solche Konstellation undenkbar, so Kubicki. «Es wäre besser, der Regierende Bürgermeister würde diese Compliance-Regeln auch beherzigen», meinte der FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsident.

Ob und wie Wegner und Günther-Wünsch weiter im Senat zusammenarbeiten können, dürfte weiter diskutiert werden. Von Verena Schmitt-Roschmann, Andreas Heimann und Anna Ringle, dpa

Berliner Gerüchte: Wäre es skandalös, wenn die Bildungssenatorin ihren Regierungschef liebt?

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

16 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
anka
3 Monate zuvor

Na und?
Wo ist hier der Aufreger?
Beide sind sogar in derselben Partei (CDU).
Das geht doch allenfalls ihren zukünftig geschiedenen Ex etwas an.

Walter Hasenbrot
3 Monate zuvor
Antwortet  anka

Da hier offensichtlich ein regierender Bürgermeister seine Geliebte zur Senatorin gemacht hat, ist das schon ein Politikum.

Die Grünen dürfen nicht einmal Bekannte zu Staatssekretären machen, ohne dass das skandalisiert wird.

Bei der CDU gelten mal wieder ganz andere Maßstäbe

Andre Hoger
3 Monate zuvor

Und nun? Soll Herr Wegner zurücktreten? Also wirklich, Deutschland hat Probleme…

Walter Hasenbrot
3 Monate zuvor
Antwortet  Andre Hoger

Bei Vetternwirtschaft sollten schon Konsequenzen gezogen werden.

Und es sollte nicht immer die Frau sein, die die Konsequenzen zu tragen hat.

PaPo
3 Monate zuvor

«Es gelten in diesem Fall weder arbeitsrechtliche noch verfassungsrechtliche Beschränkungen. Entscheidend ist, ob einer von beiden oder beide ihren Amtseid verletzen. Das ist nicht ersichtlich.»
Schrieb ich ja bereits im Vorgängerthread.
Klappe zu, Affe… ’ne… also… ja,: Thema beendet. ^^

«Eine wichtige und konkrete Frage ist, ob das Verhältnis schon vor der Ernennung von Frau Günther-Wünsch zur Senatorin bestand.»
Nö. Auch irrelevant.

Das Einzige, was hier evtl. – in Abhängigkeit vom konkreten Handeln – verlustig werden könnte, ist das polit. Kapital, dass man als Politiker so hat, also evtl. die Glaubwürdigkeit hier oder dort. Aber auch nicht pauschal.

Ich finde es eher kurios, dass offenbar so große verfassungsrechtliche Mängel allerortens herrschen, dass man das THema so aufbauscht.

Rüdiger Vehrenkamp
3 Monate zuvor

Wo die Liebe hinfällt… Alles Gute für das Paar!

lehrer002
3 Monate zuvor

Frau Günther-Wünsch macht für Berliner Verhältnisse eine solide Arbeit als Schulsenatorin. Das ist alles, was zählt. Der Rest ist Privatsache.

Hauptsache, Frau Kindergärtnerin Scheeres kommt nicht wieder…

DerDip
3 Monate zuvor
Antwortet  lehrer002

Wenn das so ist, dann ist ja alles gut. Relevant ist die erbrachte Leistung. Alles andere ist Privatsache.

vhh
3 Monate zuvor

Wer mit wem liiert ist, ist prinzipiell egal. Der „offensive Umgang“ per Pressestatement erklärt allerdings etwas zur Normalität, was wirklich in jedem mittleren Unternehmen unter Complianceregeln fällt. Natürlich ist rechtlich nichts zu beanstanden, dafür braucht es keine Verfassungsrechtler. ‚In der Politik gelten andere Regeln‘ ist aber für sehr viele keine ausreichende Erklärung für das bisherige Verhalten und lässt sich kinderleicht als ‚die da oben dürfen so etwas‘ verkaufen. Wie war noch einmal die letzte Umfrage bezüglich AfD?
Niemand sollte wegen privater Beziehungen zurücktreten, aber wegen Abgehobenheit und mangelnden Problembewusstseins, umgangssprachlich auch Dummheit genannt, eventuell schon.

AvL
3 Monate zuvor

Interessante Patchworkfamilien-Konstellationen ergeben sich da im Zusammenleben derlei vieler ehemaliger Partnerschaftsverbindungen.
Garantiert verläuft dagegen das Leben der meisten Mitmenschen weniger aufregend und abwechslungsärmer.
Und wen interessiert es denn ? Die BZ, die Bild-Zeitung und die Klatschkolumnen irgendwelcher Unterhaltungsblätter.

Unfassbar
3 Monate zuvor

Solange die Beziehung keinen Einfluss auf den Beruf hat, sollen sie machen, was sie für richtig halten. Beim kleinsten Zweifel, z.B. Etatkürzungen oder -erweiterungen, brauchen die beiden aber gute Argumente.

AvL
3 Monate zuvor

An diesen Personenkreise sieht man, wie oberflächlich
derartige Menschen und deren Beziehungsgeflechte
untereinander sind.
Die wechseln ihre Partner wie andere ihre Wohnung
beständig wechseln.
Weil sie sich nicht lange einander aushalten ?
Oberflächliche Beziehungskisten mit nachhaltigen
Auswirkungen für die eigenen Kinder.
Leidtragende sind dann immer die vielen Kinder aus diesen
Patchworkfamilien, um die sich dann unsere sozialen
Sicherungsnetze kümmern dürfen.

Mama
3 Monate zuvor

Ach Mensch….

Muss Frau Ernst sich nun rechtfertigen, weil sie als Politikerin mit dem Bundeskanzler verheiratet ist ?….
Müssen Paare, die nun mal in derselben Branche arbeiten, absprechen, wer von beiden im Job Karriere macht, damit nicht irgendwann beide hohe Posten bekleiden?
Halleluja… Ich fühl mich wie im Mittelalter.
Die meisten Beziehungen lernen sich doch am Arbeitsplatz kennen….

Viel spannender ist es da doch, welche Politiker Verwandte in Medien haben…

Vierblättriges Kleeblatt
3 Monate zuvor

Ehrlich gesagt, würden die Medien nicht so aufgeregt darüber berichten, hätte ich es kaum zur Kenntnis genommen. Erstens gibt es doch alle möglichen Politiker-Paare. War nicht die Frau von Olaf Scholz auch schon Bildungsministerin? In Brandenburg? Zweitens schanzen sich immer wieder (nicht verwandte, aber freundschaftlich einander verbundene) Politiker einträgliche Posten zu. Spontan fällt mir die Ex-SPD-Chefin Andrea Nahles ein, die nun der Arbeitsagentur vorsteht oder Gerda Hasselfeld von der CDU, langjährige Bundestagsabgeordnete auf „vorderen Plätzen“, die nun dem Roten Kreuz oder so vorsteht. Gabi Zimmer wurde von der PDS/Linken mit einem EU-Mandat belohnt, als sie den Posten der Vorsitzenden freiwillig räumte usw.-usf. Von diesen Posten können die gut leben! Alle möglichen Spitzenpolitiker werden mit aussichtsreichen Direktmandaten und oft zusätzlich mit aussichtsreichen Listenplätzen bedacht, die ihnen den Sitz im Parlament sichern. Also worüber regen wir uns bzw. regt man sich auf?

Möge die Liason von Frau Günther-Wünsch mit dem Reg. Oberbürgermeister in Berlin dazu führen, dass der von der CDU versprochene verbesserte Nachteilsausgleich für die nicht verbeamteten Lehrer doch noch kommt. Dann hätte das ja wirklich etwas Gutes.

Der Zauberlehrling
3 Monate zuvor

Do not dip your pen into the company’s ink.

Einer von beiden muss seinen Arbeitsplatz räumen – so ist das üblich.

anka
3 Monate zuvor

Wo?