Tag der Handschrift: Warum bei Schülern das Handschreiben und die Rechtschreibung eng zusammenhängen – ein Interview

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MÜNSTER. Was haben Rechtschreibung und Handschrift miteinander zu tun? Eine Menge – sagen zwei, die es wissen müssen: der Bildungsforscher Prof. em. Friedrich Schönweiss, der sich seit Jahrzehnten mit dem Thema Rechtschreibung beschäftigt und dafür eigens den Lernserver, ein Diagnose- und Förderinstrument, entwickelt hat, und die Lehrerin Maria-Anna Schulze Brüning, die bis zu ihrer Pensionierung 2022 untersuchte, wie sich das Handschreiben von Schülerinnen und Schülern besser fördern lässt. Gemeinsam haben sie aktuell ein Programm für Grundschulen und Eltern herausgegeben, das gratis heruntergeladen werden kann*. Anlässlich des internationalen Tags der Handschrift (23. Januar) sprachen wir mit den beiden.

Wie gut klappt’s mit dem Handschreiben? Foto: Shutterstock

News4teachers: Studien zeigen, dass Lehrkräfte in den letzten Jahren beobachtet haben, wie sich das Handschreiben im Vergleich zu früher verschlechtert hat. Wie schätzen Sie die aktuelle Lage ein?

Schulze Brüning: Die Situation hat sich keineswegs entspannt, sondern eher verschärft. In den letzten Jahren habe ich festgestellt, dass sich nicht nur das Schriftbild weiter verschlechtert, sondern dass auch das Schrifttempo extrem langsam wird. Früher lag das Schrifttempo nur in Ausnahmefällen bei vielleicht 25, 30 Buchstaben pro Minute. Das Durchschnittstempo der Fünftklässler ist fast doppelt so hoch und liegt bei 45 bis 50 Buchstaben pro Minute. Allerdings hat der Anteil derjenigen, die viel zu langsam schreiben, eklatant zugenommen und damit auch der Anteil der Schüler, denen Handschriftprobleme zum Verhängnis werden.

Schönweiss: Das kann ich von unserer Seite aus nur bestätigen. Von Kindern ausgefüllte Lückentexte, mit deren Hilfe wir die individuelle Rechtschreibanalyse vornehmen, sind oft schwer lesbar. Diese Texte zu erfassen, war früher eine eher routinemäßige Tätigkeit. Mittlerweile sind bei der Testeingabe, also der Vorstufe für die eigentliche Fehleranalyse, häufig regelrechte Interpretationskünstler mit viel Gespür und inhaltlichem Verständnis vonnöten. Wir wollen den Kindern schließlich gerecht werden und keine zusätzlichen Fehlschreibungen annotieren, wenn sie das Kind so gar nicht verschriften wollte. Die Frage: „Was könnte denn nun gemeint sein?“, läuft bei meinen Mitarbeiterinnen immer im Hintergrund mit.

News4teachers: Also erkennen auch Sie auch eine deutliche Verschlechterung?

Schönweiss: Unbedingt. Wir haben nicht selten das Problem, dass man zum Beispiel gar nicht mehr unterscheiden kann: ist das Groß- oder Kleinschreibung? Was man jedoch den Werken der Kinder zusehends entnehmen kann, ist der Umstand einer grassierenden Unsicherheit. Natürlich gilt dies nicht für alle Kinder. Aber ganz offensichtlich ist bei viel zu vielen Kindern die notwendige Automatisierung nur unzureichend erfolgt. Dies führt dazu, dass sie ständig neu überlegen müssen, was und wie sie denn nun etwas zu Papier bringen oder dem PC übermitteln wollen. Kein Wunder, dass solche sich deutlich auch im Schriftbild niederschlagende permanente kognitive Überbeanspruchung der Kinder zu einem diffusen, dauerhaften Angespanntsein führt. ADHS, Konzentrationsschwierigkeiten und etliches mehr können damit durchaus in Verbindung gebracht werden und sollten nicht vorschnell als isolierte Störungen abgehakt werden. Dies alles ist für mich Anlass gewesen, mit unseren Möglichkeiten dazu beizutragen, dass der Handschrift endlich der Raum eingeräumt wird, den die Kinder verdienen.

Schulze Brüning: Massiv zugenommen hat auch der Anteil der Kinder, die tatsächlich nicht korrekt schreiben können. Die gar nicht wissen, wie man manche Buchstaben – etwa ein K – richtig schreibt. Viele können Buchstaben nicht in einem Zug schreiben, sondern basteln sie aus Einzellinien zusammen und beginnen Buchstaben an beliebiger Stelle. Sie schreiben das b als 6, das d als gespiegelte 6, sie kringeln die Ovale usw. Das sind alles Hindernisse beim Schreiben, die Schrift verunstalten.

News4teachers: Spielen die Folgen der Corona-Pandemie dabei eine Rolle?

Schulze Brüning: Die Corona-Zeit hat natürlich auch ihren Einfluss. Das Problem greift aber viel tiefer. Und das dauert auch schon viel länger. Das hat eigentlich in den 90er Jahren schon angefangen, als sich mit dem Spracherfahrungsansatz die Sichtweise durchsetzte, dass Kinder schon schrifterfahren seien, wenn sie in die Schule kommen, und dass man mit den Druckbuchstaben dort leicht ansetzen könne. Man glaubte, den Kindern Schwung- und Schriftübungen ersparen zu können. Stattdessen sollten die Kinder selbst experimentieren. Die Lehrkräfte setzten bei den Fertigkeiten der Erstklässler an, nämlich ihren Namen zu schreiben. Den schreiben sie irgendwie, man kann es entziffern – und das wurde dann schon als Schrift genommen. Die Kinder selbst können den Unterschied zwischen einer Handschrift und etwas abmalen, das dann einigermaßen so aussieht wie die Vorgabe, gar nicht erkennen.

Das Arbeiten mit der Anlauttabelle hat die Formunsicherheit der Kinder verschärft und sie mit der Schreibweise der Buchstaben zu lange allein gelassen. Und zudem verharren die Kinder dabei zu sehr im Modus des Buchstabierens. Sie schreiben langsam, sie haben das Wort nicht im Blick, sie schauen nicht zurück. Wenn Sie fragen, was kann die Schule tun: Da ist in den letzten 20 Jahren viel verloren gegangen. In den Universitäten spielt die Handschrift keine Rolle mehr. In den Fibeln und in den Unterrichtsmaterialien läuft es am Rande. Und dann die didaktische Maxime, das Kind könne es allein. Man hat aus den Augen verloren, dass die Handschrift eine Kulturtechnik ist, die nicht ganz leicht zu erlernen ist. Wenn man heute gegensteuern will, dann kann das die einzelne Lehrkraft nur noch teilweise. Dazu müssten auch die Rahmenbedingungen geändert werden.

News4teachers: Mehr Raum auch fürs Üben?

Schulze Brüning: Überhaupt erstmal das Bewusstsein dafür schaffen, dass Handschreiben ein eigener Unterrichtsgegenstand ist, dass es nichts ist, was sich nebenher erledigen lässt oder sich von selbst ergibt.

Schönweiss: Richtig. Und das ist auch der Punkt, bei dem sehr viele vermeintlich kinderfreundliche oder auch das selbstentdeckende Lernen favorisierende Kolleginnen und Kollegen leider ihre Schwierigkeiten haben. Anleitung, Struktur und Systematik werden vorschnell in Bausch und Bogen verteufelt, obgleich sie doch ganz und gar nicht im Gegensatz dazu stehen, Freiräume für Neugier, Entdeckungslust und für das eigene Experimentieren zu nutzen. Es ist doch umgekehrt: Jede Kreativität setzt ein Grundinventar an Basiskompetenzen voraus. Das gilt gerade auch für die Schrift; Kinder müssen sich erst einmal mit der Form vertraut machen. Es gilt, ein Gespür für den einzelnen Buchstaben zu entwickeln und für die feinen Nuancen samt den oft klitzekleinen, dennoch wichtigen Unterschieden zu anderen Buchstaben mitzubekommen – übrigens auch dafür, dass sie ihre eigenen Texte lesen können, denn sonst klappt auch das nur bedingt. Auf dieser Basis kann dann die Freiheit und das Spielen mit Sprache und Schrift erst richtig Einzug halten.

Schulze Brüning: Was sonst herauskommt, ist eine ganz falsch verstandene individuelle Handschrift – eine nicht lesbare. Das, was heute als individuelle Handschrift gilt, das ist für mich ein Schriftbiotop. Da kennt sich, wenn überhaupt, nur das Kind selber aus. Das hat mit einer eigenen Schrift wenig zu tun. Eine individuelle Schrift entsteht aus einer trainierten Schrift – nämlich dann, wenn der Duktus zum Tragen kommt. Das kann sich nur aus einer verbundenen Schrift, aus einer fließenden Bewegung heraus entwickeln. Darum ist die Druckschrift ungeeignet, um daraus eine individuelle Schrift zu machen.

Schönweiss: Genau darum geht es: Wenn man sich nicht schriftlich mitteilen kann, weil sogar man selbst nur mit Ach und Krach die eigene Botschaft entziffern kann, ist das nur frustrierend, ganz zu schweigen von der Sackgasse, in die der kleine Mensch mit seiner gesamten Bildungsbiographie zu geraten droht. Man muss den Kindern also die Zeit gönnen, sich zunächst eine Vorstellung davon zu verschaffen, wie die Zeichen eigentlich aussehen sollten und was ihre jeweilige Besonderheit ausmacht. Diese Phase darf nicht übersprungen werden; dies würde sich zeitlebens rächen. Gerade weil es im Grunde unendlich viele Abweichungen vom idealtypischen Aussehen eines Buchstabens gibt, benötigt jeder Schreiber eine möglichst klare Kenntnis vom Kern des einzelnen Zeichens. Das ist dann erst die Basis für alles Weitere. Ob man sich im Laufe seines Lebens dann doch wieder eine „echte Sauklaue“ zulegt, ist übrigens weniger dramatisch als in diesen frühen Phasen des Schreibenlernens und dem Vertrautwerden mit unserer gemeinsamen Schriftkultur.

Schulze Brüning: Und dann kommt ja noch hinzu, dass die Kinder, wenn sie mit der Anlauttabelle arbeiten, noch gar nicht in der Phase der operativen Koordinierung sind. Sie können eine Form noch nicht aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzt erkennen. Bei einem „K“ zum Beispiel sehen sie 4 Linien. Die meisten können aber nicht erkennen, dass diese Linien in einem Winkel zueinander stehen und dass eine Linie durchgehend ist. Und die richtige Bewegungsrichtung beim Schreiben erschließt sich erst recht nicht. Schließlich hat das K vier mögliche Startpunkte, und alle anderen Buchstaben bieten auch mehr als einen Ansatzpunkt. Das ist das große Problem beim Erwerb der scheinbar leichten Druckschrift. Auch Fünftklässler schreiben z.B. das K oft noch mit Liniendoppelungen und beginnen es an beliebiger Stelle.

News4teachers: Was macht denn überhaupt eine gute Handschrift aus Ihrer Sicht aus?

Schulze Brüning: Eine gute Handschrift muss gut lesbar sein. Dazu muss sie gleichmäßig sein. Und gleichmäßig bedeutet, sie muss größenkonstant sein, sie muss form- und abstandskonstant sein, das heißt, jeder Buchstabe muss fast gleich aussehen. Die Abstände müssen stimmen, auch die Abstände zwischen den Wörtern und die Größe müssen stimmen. Dabei ist das Mittelband total wichtig. Viele Kinder heute haben kein Mittelband mehr in ihrer Schrift. Das kommt dadurch, dass sie oft nicht auf Linien schreiben. Und wenn das Mittelband nicht ausgeprägt ist, dann ist die Schnellstraße des Lesens nicht vorhanden.

Wenn Sie sich vorstellen, Sie sollen ein Buch lesen, das nur in Großbuchstaben geschrieben ist. Sie würden es weglegen nach der zweiten Seite, weil diese Unter- und Oberlängen Anker beim Lesen sind. Sie erlauben das schnelle Lesen. Und das ist auch das, was bei der Rechtschreibung hereinspielt. Die Kinder sehen die Buchstaben nicht in der Zusammenschau, wenn windschiefe Buchstaben „tanzen“.

Und das Fatale ist ja, dass genau dieses Trainieren, damit die Schrift gleichmäßig und gut lesbar wird, dass das als Drill verunglimpft wurde, lange Zeit. Und damit wurde quasi das Kind mit dem Bade ausgeschüttet.

Schönweiss: Gerade hier zeigt sich besonders schön der Zusammenhang einer möglichst eindeutigen Handschrift mit Rechtschreibung und sinnerfassendem, raschem Lesen. Zum Glück hatten wir seinerzeit ja auf das weitgehende Eliminieren der Großschreibung verzichtet. Der Unterschied zwischen groß- und kleingeschriebenen Buchstaben ist ein Schatz für jeden Leser, weil er intuitiv weiß, welches die wichtigen Wörter in einem Text sind. Umgekehrt muss deshalb der Schreiber, egal ob handschriftlich oder auf der Tastatur, möglichst genau wissen, wann der betreffende Buchstabe groß oder klein zu sein hat. Die Autokorrektur führt übrigens auch hier nicht selten in die Irre.

News4teachers: Müssen nicht zunächst mal die motorischen Fähigkeiten da sein, um überhaupt flüssig schreiben zu können?

Schulze Brüning: Ganz klar. Und da hat man ja bei der Druckschrift geglaubt, man könnte auf Schwungübungen verzichten. Das Problem ist aber, dass das nötige Gefühl für Größen und Abstände und für die Form nur entsteht, wenn der Stift auf dem Papier bleibt. Die große Krux bei den Druckbuchstaben ist das Neuansetzen. Ich habe bei Fünftklässlern so oft gesehen, dass Punkte in der Druckschrift sind. Und ich habe mich gefragt, wo kommen die Punkte denn her? Da kleckst doch nicht der Füllfederhalter? Nein, sie setzen diese Punkte. Sie schreiben oder malen einen Buchstaben und fragen sich dann, wohin jetzt? Jetzt kommt das H. Wo setze ich an? Und manche tippen bei einigen Buchstaben ein- bis zweimal auf, bis sie meinen, den richtigen Ansatzpunkt gefunden zu haben. Das sind Blockaden in der Druckschrift, die übrigens gleichzeitig auch Gedankenbremsen sind.

News4teachers: Warum, frage ich mal provokant, ist denn überhaupt nötig, dass Kinder noch die Handschrift erlernen? Meine Handschrift ist furchtbar. Ich kann aber meinen Beruf als Journalist eigentlich ganz gut ausüben …

Schulze Brüning: Sie sind erwachsen. Aus der Sicht des Erwachsenen ist Tippen eine riesige Erleichterung. Kein Mensch würde mehr auf den Computer verzichten wollen. Nur, das Kind lernt ja erstmal über den Körper. Es ist ein ganzheitliches Lernen. Und die Hand ist eigentlich das Sinnesorgan für die Kinder. Nicht umsonst sagt man: Es muss das begreifen. Und diese Beteiligung des Körpers an Lernprozessen, die drückt sich zum Beispiel auch in Ausdrücken aus wie „sich etwas einverleiben“ oder „in Fleisch und Blut übergehen“. Beim Schreiben muss das Kind erstmal diese Form erfahren. Und wie ganzheitlich dieser Prozess ist, sieht man dann noch bei manchen Kindern in Klasse fünf. Da sehe ich an den Gesichtern, ob sie ein M oder ein O schreiben – der Mund lautiert mit. Am Computer entstehen dagegen willkürliche Bewegungsabläufe, die nicht in das motorische Gedächtnis übergehen können.

News4teachers: Wie erleben Sie es, Herr Prof. Schönweiss, in Ihrer Praxis? Gibt es einen Zusammenhang zwischen Rechtschreibung und Handschreiben?

Schönweiss: Klar, je mehr man schreibt, umso flüchtiger und meist auch schlampiger wird das eigene Schriftbild. Aber Ausgangspunkt ist nach wie vor, und das ist mit Sicherheit auch bei Ihnen erstmal der Fall gewesen, dass es eine Eindeutigkeit gegeben hat; Sie wussten, was und wie Sie es verschriftlichen wollten, ohne groß drüber nachdenken zu müssen. Auf Basis solcher Automatisierung konnten Sie, zumindest für sich problemlos, im Laufe der Jahre Ihre Handschrift funktionalisieren und sich immer mehr von der ursprünglich gelernten Form entfernen. Der Witz ist, dass Sie gerade deshalb den Übergang zum flotten Tastaturschreiben geschafft haben, was Ihnen Ihre zahlreiche Leserschar und sicher auch Ihr Team dankt.

Sie hören bestimmt heraus, dass dabei die Rechtschreibung und das sukzessive Hineinfinden in unser Schriftsprachsystem immer mitgedacht ist: wenn Sie möglichst rasch etwas verschriften wollen, darf für Sie nicht jede orthographische Regel zum Grübelmonster werden. Dies alles ging bei Ihnen offensichtlich Hand in Hand, und so sollte es generell sein.

News4teachers: Was folgt für Sie daraus und wohin sollte die Reise gehen?

Schönweiss: Von wegen also, man könne Kindern den angeblichen Umweg über die Handschrift ersparen, weil es doch reiche, wenn sie sich schnurstracks und vorrangig an die digitalen Geräte setzen. Ein bisschen peinlich ist es schon, weil just jene Fortschrittsgeister, die in der ollen Handschrift nur alte, analoge Zöpfe sehen, ausgerechnet dadurch Kindern die Eroberung der digitalen Welten ein ganzes Stück weit verbauen. Sicherheit in der Handschrift hinbekommen zu haben, dies ist entscheidende Voraussetzung dafür, dass Sprache überhaupt in eine Struktur gebracht werden kann. Das Automatisieren ist eine Hilfe dafür, sich auf den Inhalt zu kaprizieren. Das gehört extrem eng zusammen, eben auch im Verbund mit dem schrittweisen Erwerb von Rechtschreibsicherheit. Hier wie dort braucht es ein Fundament, auf dem man aufbauen kann, um es immer souveräner nutzen zu können.

Es wäre fatal, wenn man Kindern nicht die Zeit und Muße einräumen würde, die dafür erforderlichen Schritte gehen zu können. Diese Phasen nicht zu überspringen, ist eine individuelle wie zugleich gesellschaftliche Notwendigkeit – nur scheinbar paradoxerweise umso mehr, je mehr unsere Welt in digitalisierter, automatisierter Form daherkommt. Ein bisschen Anstrengung von allen ist dabei durchaus vonnöten, weil man ohne solches Können ziemlich leere Hände hätte und womöglich nicht mal brauchbares Anhängsel seiner digitalen Umgebung wäre. Zum Glück erkennen immer mehr Lehrkräfte und Eltern, dass sie den Kindern dabei zur Seite stehen müssen, sich diesen Herausforderungen im ureigenen Interesse nicht zu entziehen. Unsere Erfahrung zeigt, dass Kinder das locker verstehen und sich auch gerne darauf einlassen können, wir Großen sind freilich in der Pflicht, solche Angebote auch wirklich im Köcher zu haben. Andrej Priboschek, Agentur für Bildungsjournalismus, führte das Interview.

*Hier lässt sich das Heft „Buchstaben und Zahlen richtig schreiben – von Anfang an“ gratis herunterladen: www.ls-lnk.de/handschrift

Gut zu wissen

Hintergrund zum Tag der Handschrift, der auf den National Handwriting Day in den USA zurückgeht: Der 23. Januar ist der Geburtstag von John Hancock (1737 –1793), dem Erstunterzeichner der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Seine handschriftliche Signatur auf dem Dokument ist aufgrund ihrer Größe besonders markant.

Tag der Handschrift: Lehrerverbände sorgen sich, dass in Schulen das Handschreiben an Bedeutung verliert – „elementar fürs Lernen“

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Finagle
3 Monate zuvor

Na, was für ein Glück, dass derzeit alles daran gesetzt wird, das handschriftlich Schreiben in allen Schulformen zu fördern… mit Stiften auf Touchscreens, samt Schrifterkennung, Autokorrektur und Wortvorschlägen, Ausgabe von binnendifferenziertem Arbeitsmaterial, das möglichst viel grundlegende Arbeiten wie Abschreiben der Aufgabenstellung, Zeichnen eines Koordinatensystems, etc. abnimmt, sowie digitalem Speichern und Teilen von Tafelbildern am SmartBoard…. hochgefeierte Möglichkeiten der Digitalisierung.

Es gab mal vor Jahren einen wunderbaren Artikel in irgendeiner Zeitung, „Die Grammatik des Lernens“. Dort wurde überzeugend darauf hingewiesen, das Hilfe beim Lernen allzu mit dem Beseitigen aller Hürden verwechselt wird. Lernen muss herausfordernd sein. Derzeit arbeiten wir gezielt daran, das Leben so bequem wie möglich zu machen. Die Gefahr, dass der Mensch sich damit den Selektionsdruck nimmt, der ihn dazu bringt, sein Potential zu entfalten, wird nicht gesehen und der Gedanke, wird geächtet.

Ich erwarte auch und gerade hier entsprechende Mistgabel-und-Fackel-Reaktion auf diese Worte.

Dil Uhlenspiegel
3 Monate zuvor
Antwortet  Finagle

Mangel als Motor, Hindernisse als Unterstützer? Könnte sein.

PS: Selektionsdruck ist ein ganz schwieriger Begriff. Politisch-historisch verdreht und brutalst vorbelastet. Evolutorisch von kaum jemanden verstanden und sauber benutzt (hier auch nicht*) und überhaupt sehr schwer von Hand zu schreiben. Herausforderungen, das wäre doch auch ein Wort gewesen hier.

[*Selektionsdruck führt oft zum Verlust früherer Fähigkeiten/Eigenschaften in der Evolution, was sich in der gegebenen Situation aber insgesamt als „the fittest“ erweisen kann und so das Überleben sichert, z.B. Fliegen mit Stummelflügeln auf windigen Inseln. Die Verwandtschaft mit Flugfähigkeit ist schon lange bei den Fischen.]

Finagle
3 Monate zuvor
Antwortet  Dil Uhlenspiegel

@ Selektiomsdruck: war hier auch nicht im biologischen Sinne gemeint, sondern metaphorisch und entsprechende Assoziationen auslösend, da mir „Herausforderungen“ derzeit gallig überstrapaziert erscheint.

Dil Uhlenspiegel
3 Monate zuvor
Antwortet  Finagle

Ja, diese „Herausforderungen“ kenn ich von Motivationsrednern 🙂

Marion, Erzieherin
3 Monate zuvor
Antwortet  Finagle

Ich erinnere mich noch gut daran, wie das war, mit dem Schreiben lernen 1975: Wir hatten da zu Beginn der ersten Klasse so einen Block, ziemlich groß, vielleicht DINA3. Darauf machten wir mit Wachsmalkreiden Schwungübungen über das ganze Blatt. Z.B. eine Schleife, die wie das kleine Schreibschrift-L aussah. In einem Schwung durch. Danach mit jeweils einer anderen Wachsmalfarbe nochmal drüber, bis man mit allen Farben durch war.
Mir hat das Spaß gemacht und es war interessant zu verfolgen, wie sich das Bild mit dem Auftrag jeder neuen Wachsmalkreide verändert hat. Man blieb ja nie zu hundert Prozent genau auf der zuerst gemalten Schleife. Sowas wird heute wohl nicht mehr praktiziert?
Im Kindergarten habe ich ähnliche Übungen ab und zu mit den VS-Kindern gemacht, mit vorgepunkteten Linien – Wellen, Zickzack, Schleifen, Bögen etc.
Macht den Kindern recht viel Spaß und ist eine gute Vorübung zum Schreiben lernen. Bestimmte Bewegungsabläufe, die zum Erlernen einer flüssigen Schreibschrift notwendig sind, werden so eingeübt und laufen irgendwann automatisch ab, ohne daß man noch groß darüber nachdenken muß.
Soetwas war eigentlich mal selbstverständlich und es erschließt sich mir nicht, warum man davon abgekommen ist.
Bevor ein Kind mit dem Schreiben lernen beginnt, sollte es die typischen Bögen, Linien und Schleifen, die Schreibschrift ausmachen, großformatig einüben und sie sozusagen aus dem Handgelenk schütteln können. Das wäre meines Erachtens der erste Schritt. Danach folgen alle weiteren.

Samson
3 Monate zuvor
Antwortet  Finagle

Ich weiß jetzt nicht genau, was eine Mistgabel-und-Fackel-Reaktion ist. Aber mir fällt auf, dass Schule mittlerweile ausschließlich aus Lückentexten besteht.
Das bezieht sich auf die Mitschriften im Unterricht genauso wie die Leistungserbringung bei Arbeiten und Tests. In geradezu keinem Fach werden ganze Sätze verlangt. Und dann wundert man sich…

Ich_bin_neu_hier
3 Monate zuvor
Antwortet  Samson

Ganze Sätze müsste man ja korrigieren. Sofern man das dann noch als „Sätze“ titulieren möchte. Dauert wegen der absurd hohen Fehlerzahl im Deutschen x-mal lânger als früher. Insofern gibt es schon einen Fehlanreiz, in Prüfungssituationen möglichst keine längeren Texte mehr produzieren zu lassen…

laromir
3 Monate zuvor
Antwortet  Samson

Wenn man ganz Sätze verlangt, ist man fiese Lehrkraft mit zu hohen Ansprüchen. Echt kein Witz. Seit Jahren eilt mir hier der fiese Ruf voraus. Und wie blöd ich bin, weil meine Tafelbilder weder hochgeladen noch fotografiert werden dürfen. Hier werde ich als „von gestern“ betitelt, es wäre so anstrengend und ein Tafelbild pro Stunde grenze fast an Folter.

Der Zauberlehrling
3 Monate zuvor

Ich sehe das Problem gerade nicht.. Es wurde doch genau so in den Lehrplänen verortet und verordnet. Arbeitsblätter und -bücher mit Lückentextqualität. Nur noch Fragmente eintragen. Alles ist so, wie die Kultusministerien es haben wollten.

Vor einiger Zeit hatte ich einen Schüler, der konnte meine Handschrift an der Tafel (digital) nicht lesen. Also habe ich mich zusammengerissen und ordentlicher geschrieben – meine Schwäche in Sachen lesbarer Handschrift bin ich mir bewusst. Es wurde besser, aber der Schüler konnte es immer noch nicht lesen. Wir kamen an den Punkt, dass er keine Schreibschrift lesen kann. Pech für die Kuh Elsa, ich entwickle bei Druckbuchstaben keinen Fluss im Gehirn. In der Bekanntschhaft hatten wir den Fall, dass das Kind „keine Schreibschrift lernen müsse, denn alle Bücher, Zeitungen, etc. seien in Druckbuchstaben geschrieben“. Von Anfang an nicht gelesen und geschrieben und heute massivste Lernprobleme. Sehr bedauerlich – vor allem für das Kind.

Erst die Schreibschrift führt zum Fluss im Gehirn und sorgt für Schwung beim Denken.

Alles verpönt.

Das Tablet wird es richten – oder völlig vernichten. Heute habe ich – der Handschrift zum Schaden – Tafelbilder auch noch digital freigegeben. Schande über mein Haupt.

Ich habe zu viel im Leben mit dem PC geschrieben. Viel zu viel. Darunter leidet die Handschrift massiv. Geht auch alles verloren, nur einige Geburtstags-, Weihnachts- und Kondolenzbriefe bleiben übrig. Aber die schreibt die heutige Jugend vermutlich auch nicht mehr.

Diejenigen, die überhaupt oder gar viel lesen werden die anderen abhängen.

Schrift ist ein Kulturgut.

Pauker_In
3 Monate zuvor

Tja, werter Leidensgenosse, meine Schreibschrift wird den Schülern auch immer fremder.
„Können Sie nicht in Druckschrift schreiben?“ „Nein, warum heißt die eine denn Schreib-, die andere Druckschrift?“
Fairerweise muss man sagen, dass die Menschen bis ins späte Mittelalter in Einzelbuchstaben schrieben und erst mit dem wachsenden Bedarf an schnell anzufertigenden Briefen usw. die verbundene Schreibschrift entwickelten.
Aber ich gebe nicht auf. Schreibe ich sorgfältig, an der Kreidetafel gelingt mir das besser als auf dem Tablet, können es fast alle Schüler lesen.
Sonst: Diktat!

Uwe
3 Monate zuvor

Erst die Schreibschrift führt zum Fluss im Gehirn und sorgt für Schwung beim Denken.“ Haben sie für diese „These“ eine Studie zur Hand? Am besten mit einer Vergleichsgruppe.

Inn
3 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

Heute ist Tag der Handschrift, vielfältigste Studien und Untersuchungen können bei ehrlichem Interesse im Internet problemlos aufgerufen und nachgelesen werden.

Uwe
2 Monate zuvor
Antwortet  Inn

Das hier ist die einzige Studie die mir bekannt ist:

https://www.mdr.de/wissen/handschrift-macht-kinder-schlauer-100.html

Und das ist eine Lachnummer, das das Gehirn bei komplexen motorischen Vorgängen aktiver ist als beim Tippen wäre ja sogar ein Argument für Ego Shooter (da ist das Gehirn sicher noch aktiver). In dem Artikel gibt es kein echtes Argument pro Handschrift außer das Autoritätsargument : Die Experten sagen isso. Überzeugt mich nicht.

Pauker_In
2 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

Ego-Shooter sollen wohl tatsächlich die Reaktionsgeschwindigkeit trainieren. Heißt ja nicht umsonst E-Sport, gelle?

PaPo
2 Monate zuvor
Antwortet  Pauker_In

Jedenfalls habe ich (mit über 3 1/2 Jahrzehnten an praktischer Erfahrung mit video games) bei der letzten Partie „Monsterjäger“ (Schmidt Spiele) meine beiden Mitspieler derart an die Wand gespielt, dass ich alleine 4/5 aller Monsterkarten erklatscht habe. ^^

Alx
3 Monate zuvor

Wieso nicht einfach zur Grundschrift wechseln, wie Hamburg es gemacht hat?
Dann können die Kinder nach ihrer Neigung drucken oder verbinden.

Angesichts der Pisa-Ergebnisse ließe sich argumentieren, dass die Kinder dadurch jetzt auch nicht völlig verblödet sind.

A.J. Wiedenhammer
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

„Dann können die Kinder nach ihrer Neigung drucken oder verbinden.“

Genauso wird es ja momentan gemacht, mit Betonung auf „Neigung“ oder „eigene Schrift entwickeln“. Das ist ja gerade ein nicht unerheblicher Teil des Problemes!

Alx
3 Monate zuvor

Warum ist das ein Problem?

Nennen Sie mir eine Studie die besagt, dass Kinder die ausschließlich Druckschrift schreiben kognitive Defizite aufweisen.

Im Alltag schreibt eh jeder früher oder später nur noch teilverbunden.

Vielen Kindern fällt das Drucken deutlich leichter, ihre Schrift ist gedruckt besser lesbar und sie schreiben in Druckschrift deutlich schneller.

Warum sollten diese Kinder lateinische Ausgangsschrift nutzen?

Fräulein Rottenmeier
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Es gibt da diese Theorie von den geschlossenen Synapsen im Gehirn…..

Alx
3 Monate zuvor

Und keinerlei Belege dafür.

Anke Leye
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

oh doch – Literatur:
Wer nicht schreibt, bleibt dumm

AvL
3 Monate zuvor

Das synaptischen Verbindungen erfahren
beständig einen Umbau.
Bei mehrfachen Wiederholungen werden
diese Verbindungen zum selben Lerninhalt
schließlich im Langzeitspeicher weitgehend
stabil hinterlegt, so dass der Lerninhalt
ohne Anstrengung abgerufen werden kann.

mama51
3 Monate zuvor
Antwortet  AvL

Und:

Durch die Hand in den Verstand!

(Damit ist nicht das Gefummel auf Tablets &Co gemeint. Das gab es noch nicht, als meine Oma, Jahrgang 1888, kein Tippfehler!- mir das in den 1960ern mit auf den Weg gab!)

AvL
3 Monate zuvor

Die synaptischen …

Anke Leye
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Alx : siehe meinen Kommentar oben – DARUM!

AvL
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

1.Das Problem der Grundschrift besteht darin, dass die kleinen Buchstaben nur einen Anknüpfungspunkt haben.

2.Nennen sie eine Studie , die belegt, dass die Schulausgangsschrift oder die LA kognitive Defizite erzeugen.

3.Im Alltag schreiben diese Kinder nur noch eine Druckschrift, da sie nichts anderes kennengelernt haben.

4.Das eigen initiative Erlernen einer Druckschrift ist eine der Ursachen für diese schlimmen Schriftbilder.

5.Warum nicht ?

Yes
1 Monat zuvor
Antwortet  Alx

Ich antworte mal auf mehrere Punkte des Dialogs.
Warum sollten alle Kinder die Grundschrift lernen?
Ich kann die „flüssige“ Druckschrift meiner Tochter jedenfalls nicht entziffern, die Lehrerin auch nicht. Wenn sie verbundene Schrift schreibt, ist es, angesichts der Tatsache, dass es kaum geübt wurde, gut erkennbar.

Das Problem an der Stelle ist, dass die Grundschrift abgemalt werden kann. Wenn das Kind später flüssig schreiben soll, funktioniert das einfach nicht mehr. Dann gehts los, dass Überlegungen angestellt werden ob die Kinder denen GS das gar nicht liegt evtl. LRS haben. Weil das ja so super und so einfach ist.
Wenn man sich die Merkmale einer LRS aber ansieht, überschneidet sich vieles mit den Problemen, die bei LA oder SAS gar nicht auftauchen oder mit geringerer Wahrscheinlichkeit.

Wenn die Kinder nur in diesem Fach Probleme haben, kannst du nicht nachweisen, dass kognitive Defizite vorliegen. Die Ursache ist ja kein kognitives Defizit, es ist die schlechte Methode. Wenn es erst später zur Bremswirkung kommt und die Kinder in mehreren Fächern schlecht sind, ist es immer noch kein kognitives Defizit, sondern die schlechte Methode vom Anfang. Es kann keinen Nachweis von etwas geben, wenn ich an der falschen Stelle suche.
Abgewälzt wird das dann auf den Schüler, der ist halt schlecht, faul oder was auch immer einem da einfällt, warum ein Kind nur buntes Gemüse zu Papier bringt.

Und zu der später teilverbundenen Handschrift: Weglassen ist immer einfacher als dazubauen. Aus meiner persönlichen Sicht ist das die Idee von Druck zu Teilverbunden eine Theoretikerüberlegung, deren Beleg ich auch noch suche…

Anke Leye
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Die Grundschrift ist definitiv NICHT die Lösung – im Gegenteil. Sie ist eher eine Druckschrift und wurde entwickelt, damit die motorischen Schwachmaten von heute überhaupt irgendwas aufs Papier bringen. Nach über 30 Jahren Erfahrung als Grundschullehrerin komme ich zu dem Fazit: Back to the roots! Schwungübungen machen und in Ruhe mit mindestens einer festen Stunde pro Woche Schreibschrift üben – aber die schöne, gute alte lateinische Ausgangsschrift, nicht die hässliche Vereinfachte…Und Schönschreiben üben anstatt auf dem Tablet rumzudaddeln! Texte abschreiben schult die Motorik, die Konzentration und die Rechtschreibung. Ja – das sind die ‚ollen Kamellen‘ von früher, aber meine über 30jährige Erfahrung zeigt mir, dass genau diese den ‚Verfall‘ retten könnten…..

AvL
3 Monate zuvor
Antwortet  Alx

Die Grundschrift, ebenso eine neue und von
Frau Berndt entwickelte Druckschrift,
bietet nur einen Verbindungspunkt rechts am
Buchstaben in Form eines Häkchen.
Auch bei diesem Schrifttyp wird im Sinne
des Spracherfahrungsansatz auf ein eigen
initiatives und selbst erforschende Erlernen
dieser Schrift mit Hilfe von Anlauttabellen
im Sinne des Grundschulverband wert gelegt.

Die Ergebnisse der Anwendung dieser
neuen Druckschrift sind sehr bescheiden
in Bezug auf die Vermittlung eines stabilen
Schriftbildes und der Entwicklung einer
gut ausgebildeten Schreibautomatisierung

Die hier interviewte Lehrerin, Frau Schulze-Brüning
arbeitete in ihrer beruflichen Tätigkeit u.a.
praxisnahe an der Stabilisierung der Schriftbilder
und der Schreibautomatisierung der Kinder in dem
Willen derartige instabile Schrifttypen zu stabilisieren,
um diese besser lesbar zu machen.

AvL
3 Monate zuvor

Sehr herzlichen Dank für das sehr informative
Interview.
Frau Schulze-Brüning stellt auf ihrer Internetseite
sinnvolle Schwungübungen unter
https://www.handschrift-schreibschrift.de
zur Verfügung, wie man mit Hilfe von
Schwungübungen das Schriftbild der Kinder
entlang der Grundlinie stabilisiert und somit
ein Erlesen der eigenen Handschrift den Kindern ermöglicht.

Es hängt immer vom Lehrpersonal ab,
ob die Kinder mit Hilfe von gut unterstützender
und begleitender Anleitung formstabile
Buchstaben entwickeln zu schreiben,
um diese dann entsprechend verbinden zu können.

Ich halte es aber auch, wie beim Intra-Akt-Konzept
bereits dargestellt, für sehr wichtig, dass die
Kinder erst gemeinsam die Buchstaben und
Grapheme automatisiert erlesen lernen und so
sich das Lesen individuell und automatisiert aneignen.
Ein automatisiertes Lesen bahnt das Schreiben an.

Und weiter- beim Schriftspracherwerb sollten
zuerst Wörter mit einen deutschen Sprachstamm
zuerst vermittelt werden, bei den Nomen erfolgt dies mit
dem dazugehörenden Artikel und der Pluralform.

Von Vorteil für die richtige Schreibung ist die
Hilfestellung durch die Vermittlung der drei Silbenhäuser
nach Frau Christa Röber (Universität Freiburg).
Haus A Hü-te, Haus B Hüf-te, Haus C. Hütte.
So erlernen die Kinder implizit die richtige Schreibung
sich automatisiert anzueignen.
Z. B. heißt es Qualen oder Quallen, kamen/ kommen,
schiefe/ Schiffe etc.
Die Kinder können so implizit die richtige Schreibung
heraushören.
Gleiches gilt für die Endlauthärtung für b/p (Kalb/Kälber),
d/t( Wald/Wälder) g/k (Berg/Berge)und tz/z (Herz, Herzen )
und s/z (Gans, Gänse/ ganz , im Ganzen) sowie für die
Differenzierung zwischen au/eu bei Haus/Häuser, Baum/Bäume etc.

Riesenzwerg
3 Monate zuvor
Antwortet  AvL

Schluuuchz – meine LRS-ler (fünfte Klasse, jahrelang pandemiegeschädigt nach R.Z.) können nicht mal Reimwörter herausfinden!

Geht es n o c h schlimmer?

dauerlüfterin
3 Monate zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

Ja! Klasse 9, Mehrheit des Klassenverbandes, ohne Diagnose. Reimwörter herausfinden geht auch nicht. Wir sprechen von einer Gymnasialklasse.

AvL
3 Monate zuvor

Unter der https://www.handschrift-schreibschrift.de
steht mehr zum Thema der Stabilisierung der Handschrift.

potschemutschka
3 Monate zuvor
Antwortet  AvL

Danke für diesen interessanten link.

Lisa
3 Monate zuvor

Diesen Zusammenhang zwischen Schreibschrift und kognitiver Leistung ist hier in Deutschland stärker als anderswo. Eventuell weil Deutsch so eine schwierige Sprache ist,? Während es im Spanischen völlig gleich ist, dass nur Eigennamen und Satzanfänge groß geschrieben werden und gar keine verbindliche Schrift existiert – ein mir bekannter kolumbianischer Grundschullehrer musste tatsächlich die Lateinische Ausgangsschrift zusammen mit den Kindern lernen- erschwert es in der Tat, einen deutschen Text verstehend zu lesen oder sich Notizen zu machen. Mich würde sehr interessieren, warum der Zusammenhang so stark ist.
Aus meiner Kindheit: Meine erste Schrift in der Grundschule war Schreibschrift, und ich erinnere mich, dass meine ersten Bücher auch in Schreibschrift waren. Ich habe Druckschrift in der Tat erst danach gelernt. Aber auch noch Altdeutsch lesen, weil ein Teil der Fibel in Altdeutsch war. Bin 1969 eingeschult. Meine Geschwister lernten dann VA. Meine Großmutter konnte nur Sütterlin und musste auf Druckschrift ausweichen, weil das keiner von uns lesen konnte.
Ich wollte daran erinnern, dass eine ganze Zeitlang mehrere Schriften verbundene und nicht gebundene nebeneinander existierten. Das schadete auch nicht. Die Schwächen der Kinder sehe ich eher der Feinmotorik . Ich habe in den letzten Jahren immer mehr junge Schüler, die darüber klagen, dass ihre Hände “ müde werden“, ja wehtun. Man muss sehr auf Prä – Schreibuebungen abzielen, das sind im wesentlichen Fingerspiele und Schwungübungen in Sandkästen ( Backblech mit Vogelsand) oder auf der guten alten Schiefertafel( die nebenher bemerkt, nicht das Schlechteste war, schon weil man sie immer wieder beschriften konnte), damit es überhaupt mit der Schreibschrift geht.

Nachdenker
3 Monate zuvor

Hier noch ein Blick über den Tellerrand: Als ich mir als Gymnasiast Sütterlin beigebracht habe, um die Briefe meiner Großmutter selbst lesen zu können, schrieb ich schon in Druckbuchstaben, aber die (noch heute) beherrschte Schreibschrift half dabei. Wer später z. B. Arabisch schreiben lernt, freut sich, dass er das Konzept der (teil)verbundenen Buchstaben kennt. Wer Kunst studiert und zeichnen lernt, ist dankbar für die Beherrschung von Schwüngen, Kreisen etc. Wozu eine so grundlegende Kulturtechnik nutzen kann, weiß ein Grundschulkind noch nicht, und auch viele „Kinderversteher“ scheinen es nicht zu wissen.

Uwe
3 Monate zuvor

Das

Nur, das Kind lernt ja erstmal über den Körper. Es ist ein ganzheitliches Lernen. Und die Hand ist eigentlich das Sinnesorgan für die Kinder. Nicht umsonst sagt man: Es muss das begreifen. Und diese Beteiligung des Körpers an Lernprozessen, die drückt sich zum Beispiel auch in Ausdrücken aus wie „sich etwas einverleiben“ oder „in Fleisch und Blut übergehen“. Beim Schreiben muss das Kind erstmal diese Form erfahren. Und wie ganzheitlich dieser Prozess ist, sieht man dann noch bei manchen Kindern in Klasse fünf. Da sehe ich an den Gesichtern, ob sie ein M oder ein O schreiben – der Mund lautiert mit. „

als „Argument“ Kinder 10 Jahre mit handschriftlichem Schreiben zu quälen und da bei einen ungeheuren Zeitaufwand zu betreiben: Ich fasse es einfach nicht. Die Schule ist der letzte Bereich überhaupt in dem noch Stifte benutzt werden. Überall wird getippt.

Mag sein das handschriftliches Schreiben eine Kulturtechnik ist, aber das ist nicht Aufgabe der Schule so etwas künstlich am Leben zu erhalten. Dafür gibt es Volkshochschulen und Vereine.

Pauker_In
2 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

Dann tippen Sie mal eine Matheklausur. Viel Spaß!

Yes
1 Monat zuvor
Antwortet  Uwe

Schreiben ist auch ein Lernmittel. Vielen gelingt sich etwas merken über das Schreiben besser. Beim Tippen macht man am Ende immer genau 1 Bewegung.
Der Körper/bzw. das Gehirn speichert besser über diese Motorik des Schreibens. Es ist vielleicht nur marginal messbar wenn man es isoliert betrachtet, aber wer sich viel merken muss, spürt diesen Unterschied über die Menge. Der einfachste Versuch ist der Einkaufszettel im Handy und der auf Papier geschriebene. Das klappt natürlich nicht gut, wenn Buchstaben „gezeichnet“ werden, weil zeichnen sich motorisch anders verhält.

Alexia
28 Tage zuvor

Endlich passiert etwas- ich bin wirklich erleichtert!!!!
Das was ich in Niedersachsen bisher sehen musste, hat mich fassungslos gemacht, ja ich finde kaum passende Worte dafür.
Kindern, die sehr gute Voraussetzungen für die Entwicklung einer guten Handschrift haben, wird der Zugang zu dieser komplett verwehrt, indem man ihnen bis zum vierten Schuljahr weder vermittelt, wie Sie den Stift richtig halten, noch wie sie Buchstaben richtig verbinden können.
Es werden ihnen Druckbuchstaben mit Häkchen (Grundschrift) gezeigt, es gibt keine Vorbild für eine verbundene Schreibschrift, und schlimmer noch gibt es Schulleitungen, die meinen, dass man bestimmte Buchstaben nicht anbinden dürfe, weil es Ziel des Lehrgangs sei und die optimale Grundschrift so aussehen müsste! (Ein völliges Missverständnis der Grundschrifttheorie im Übrigen)
Es ist verboten, Kindern Schreibschrift beizubringen. Auch dann darf man es nicht tun, wenn die Kinder dies wünschen.
Dabei gibt es viele Kinder die sehr gerne Schreibschrift lernen möchten und es können. Wenn man nun sagt, dass es Kinder gibt, die nun einmal nicht gut Schreibschrift lernen können, habe ich dafür Verständnis. Die Schreibschrift zu lernen muss ja kein Zwang sein, es kann eine tolle Option sein und als solche gehandhabt werden (in einem freien offenen Unterricht).
Dass aber, weil einige Kinder nicht den Wunsch oder nicht die Voraussetzungen haben, um mehr als Druckbuchstaben zu lernen, alle anderen Kinder auch keine Schreibschrift lernen dürfen, obschon sie die Fähigkeit und den Wunsch danach haben, das ist absurd und lässt mich mit völliger Verständnislosigkeit zurück.
Meiner Erfahrung nach, wollen selbst die Kinder gerne die Schreibschrift erlernen, die nicht gut lesen können oder auch feinmotorisch nicht ganz so geschickt sind.
Ich denke, dass Kinder nicht so doof sind, wie die Grundschriftvertreter sie gerne machen möchten. Da hört man durchaus solche Sachen wie „Kinder können heutzutage ja gar nicht mehr schreiben.“
Doch, das können und wollen sie!!! Sie wollen und können es, wenn sie dafür bereit und empfänglich sind und wenn sie die Freiheit haben, es zu lernen. Und sie brauchen Lehrerinnen, die diesen Zeitpunkt wahrnehmen, Ihnen ein gutes Angebot für das Erlernen dieser Schrift zu machen und mit Ihnen daran arbeiten wollen.
Dass es Kolleginnen und Kollegen gibt, die nicht gerne daran arbeiten möchten, weil Sie vielleicht selbst weder die Erfahrung noch die Kompetenzen haben, Schreibschrift zu vermitteln, kann ich gut verstehen. Offensichtlich ist es nicht mehr Teil der Ausbildung, so dass viele wahrscheinlich unsicher sind. Es jedoch den Kindern in die Schuhe zu schieben, dass die also zu blöd sind Schreibschrift zu lernen, das ist für mich nicht in Ordnung.
Ich bin wirklich sehr froh, dass das Thema Handschrift endlich ein wenig zur Sprache kommt. Und ich hoffe so sehr, dass man Lehrerinnen und Lehrer endlich wieder in diesem wichtigen Bereich aus- oder weiterbilden möchte. Denn ich hoffe so sehr, dass meine Kinder später im vierten Schuljahr nicht in Pfötchenhaltung Druckbuchstaben schreiben müssen, so wie ich das derzeit bei hunderten von Kindern in jedem vierten Schuljahr mit ansehen muss, ohne helfen zu dürfen!