„Student des Jahres“ studiert Elektrotechnik – und schiebt nachhaltige Projekte an

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AACHEN. Contimi Kenfack Mouafo studiert in Aachen Elektrotechnik. Er unterstützt mit seinem Verein Projekte afrikanischer Studierender. Alle haben mit einer selbstbestimmten Entwicklung des Kontinents zu tun.

„Contimi Kenfack Mouafos zivilgesellschaftliches Engagement steht für gelebtes solidarisches Miteinander und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, so heißt es in der Würdigung. Foto: Deutscher Hochschulverband

Was Contimi Kenfack Mouafo sagen wird am 25. März im prächtigen Konzerthaus am Gendarmenmarkt in Berlin? Der Student der Elektrotechnik an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule in Aachen weiß es noch nicht. Der 28 Jahre alte Mann aus Kamerun wird dort als «Student des Jahres 2024» ausgezeichnet. Vergeben wird der Preis vom Deutschen Hochschulverband und dem Deutschen Studierendenwerk. Damit wird das private zivilgesellschaftliches Engagement des Afrikaners für gelebtes solidarisches Miteinander und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe gewürdigt.

Der 2020 in Aachen gegründete Verein «3 E’s 4 Africa» des jungen Mannes fördert und begleitet Projekte, die von Studierenden in Afrika selbst erarbeitet, vorgeschlagen und weitgehend autark durchgeführt werden. Der 28-Jährige macht das neben seinem Ingenieur-Studium. Er und seine Mitstreiter betreuen die Projekte virtuell via Internet.

Im Vereinsnamen stehen das dreifache «E» für Education, Empowerment und Ecofriendliness – also Bildung, Stärkung und Umweltfreundlichkeit. Unter diesem Leitspruch bietet der Verein jungen Studierenden in Afrika eine Plattform zur Erforschung ihrer Ideen. Jedes Projekt, das der Verein fördert, muss etwas mit dem dreifachen «E», mit der Bekämpfung des Klimawandels oder der Anpassung an seine Folgen zu tun haben. Im Gegenzug wird Unterstützung durch Wissenschaftler und Experten als Mentoren angeboten und es wird die Finanzierung unterstützt.

«Wir bei „3E’s 4 Africa» starten keine Projekte selbst. Die Studierenden aus Afrika kommen immer auf uns zu», sagt Contimi Kenfack Mouafo. Mehr als 100 000 Euro investierte der Verein bislang in die Unterstützung innovativer, nachhaltiger Ideen von afrikanischen Studierenden und Doktoranden. Über 200 Personen in Kamerun, Ghana, Namibia und weiteren Ländern Afrikas waren beteiligt.

Eines der Projekte behandelt die Möglichkeit, Plastikmüll in den Bau von asphaltierten Straßen zu integrieren und so eine Weiterverwendung des Abfalls zu finden. Oder es geht um den effizienten Betrieb von Biogasanlagen in abgelegenen Regionen in Ghana. Als «Lieblingsprojekt» bezeichnet Kenfack Mouafo ein Vorhaben zum Einsatz von alternativem Dünger: Dabei haben vier Studenten aus Kamerun die Düngekraft der lokalen Mineralien untersucht. Indem die Mineralien zerkleinert wieder in den Boden gegeben werden, wird die Fruchtbarkeit des Bodens erhöht.

Die Auszeichnung «Student des Jahres» wird seit 2016 vergeben. Der mit 5000 Euro dotierte Preis geht an junge Leute, die über ihr Studium hinausgehendes, besonderes Engagement zeigen. Voriges Jahr wurden sieben Studierende ausgezeichnet, die Geflüchteten aus der Ukraine praktisch und mit Spenden halfen.

Den 28-jährigen Kameruner Kenfack Mouafo trieb früh eine Frage um: «Wie kann ich möglichst früh, möglichst schnell, ohne Erfahrung als junger Student einen Mehrwert für mein Heimatland schaffen?» Zuerst habe er bei «Ingenieure ohne Grenzen» mitgemacht. Und kam dann darauf, die Potenziale der Studierenden vor Ort direkt anzusprechen.

Afrika sei innovativ und ein Kontinent mit vielen jungen Menschen. «Keiner versteht ihre Probleme besser als sie. Sie sollten diejenigen sein, die adäquate Lösungen zu diesen Herausforderungen entwickeln», sagt Kenfack Mouafo mit Nachdruck. Es ist der Versuch zu zeigen, dass Entwicklungszusammenarbeit auch anders gehen kann. Dass in Afrika viele junge Leute leben, die an Universitäten studieren, die an Lösungen vor Ort arbeiten – und die gar nicht so in die herkömmliche Vorstellung von «Entwicklungshilfe» passen.

Im Schnitt fördert der Verein Projekte mit vergleichsweise geringen Beträgen von 10 000 bis 12.000 Euro. Zum Vergleich: Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit hat dieses Jahr 11,22 Milliarden Euro im Etat.

Der Verein hat rund 28 aktive Mitglieder. Die meisten haben einen persönlichen Afrika-Bezug. Meist treffe man sich in Online-Meetings, erzählt der Vorsitzende. Bei Treffen in Präsenz kocht der 28-Jährige gerne selbst. Neben Yemba, seiner Muttersprache aus Kamerun, spricht er Französisch, Englisch und Deutsch. Um für das Studium die deutsche Sprache zu lernen, besuchte Kenfack Mouafo in Kamerun natürlich Sprachkurse, ackerte einen Wälzer von John Grisham auf Deutsch durch und lernte mit Musik der Band «Rosenstolz» die Aussprache. Ob er bei der Preisverleihung eine Rede halten kann, weiß er nicht. Aber er hätte viel zu sagen. Von Ulrike Hofsähs, dpa

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