„Historischer Schritt“: Realschulen in Straubing wollen künftig Jungen und Mädchen aufnehmen

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STRAUBING. Historischer Schritt in Straubing: In der niederbayerischen Stadt gibt es bislang lediglich eine Knaben- und eine Mädchenrealschule. Beide wollen sich nun für das jeweils andere Geschlecht öffnen.

Geht doch… Foto: Shutterstock

Kinder, die in Straubing eine Realschule besuchen wollen, müssen auf eine getrenntgeschlechtliche Schule gehen oder zum Beispiel auf Landkreis-Schulen ausweichen. Das soll sich ab dem Schuljahr 2025/26 ändern. Sowohl die staatliche Jakob-Sandtner-Realschule für Jungen (JSR) als auch die private Ursulinen-Realschule für Mädchen wollen dann auch Kinder des jeweils anderen Geschlechts aufnehmen.

Demnächst steht das Thema im Straubinger Stadtrat auf der Agenda. Anschließend müssen entsprechende Anträge an das Kultusministerium gestellt werden, wie ein Sprecher mitteilte.

Nachdem der Schulausschuss der Stadt bereits im vergangenen Dezember über den Wunsch der Knabenrealschule auf Öffnung diskutiert hatte, war die in privater Trägerschaft der Ursulinen-Schulstiftung stehende Mädchenrealschule – bei der anders als an der staatlichen JSR Schulgeld gezahlt werden muss – am Zug.

Denn, so erläuterte Stiftungs-Geschäftsführer Wolfgang Ernst, es gebe für die beiden Straubinger Realschulen die Vorgabe des Ministeriums, dass sie sich absprechen müssten. Wenn sich also eine Schule öffnen wolle, müsse die andere zumindest damit einverstanden sein.

Der Stiftungsrat habe einstimmig beschlossen, der Knabenrealschule nicht im Wege stehen und darüber hinaus künftig an der Ursulinen-Realschule Buben aufnehmen zu wollen. Über diese Entscheidung hatte zuerst das «Straubinger Tagblatt» berichtet.

Oberbürgermeister Markus Pannermayr (CSU) bezeichnete die Öffnung auf Instagram als «wichtige und weitreichende Entscheidung». Für die Jakob-Sandtner-Realschule werde damit ein langgehegter Wunsch in Erfüllung gehen. Bezüglich der Ursulinen-Realschule sagte das Stadtoberhaupt: «Ein bemerkenswerter, ja historischer Schritt, nach 333 Jahren Mädchenbildung in Straubing!» Das Thema sei tiefgründig und ernsthaft diskutiert worden. «Die Haltung, die der Konvent der Schwestern der Ursulinen in der für sie sehr schwierigen Frage eingenommen hat, beeindruckt mich zutiefst.»

JSR-Direktorin Regina Houben hatte laut «Straubinger Tagblatt» im Schulausschuss im Dezember bereits sinkende Schülerzahlen als einen der Gründe für den Wunsch nach Koedukation angeführt. Seit sich die ursprünglich nur für Mädchen zugängige Angela-Fraundorfer-Realschule in der nahe gelegenen Gemeinde Aiterhofen im Schuljahr 2014/15 für Buben geöffnet habe, seien der JSR viele Schüler verloren gegangen.

Wolfgang Ernst von den Ursulinen sagte, die Entscheidung sei im Kollegium und Elternbeirat der Ursulinen-Realschule besprochen worden. Es habe die Sorge bestanden, falls sie bei reiner Mädchenbildung bleiben würden, dass Schülerinnen zur JSR abwandern würden. Zudem seien gemischtgeschlechtliche Schulen eben zeitgemäß, so der Tenor. Anders als die Realschule soll das Mädchengymnasium der Ursulinen aber weiterhin monoedukativ bleiben.

Mit der Öffnung liegen die beiden Realschulen im Trend, wie ein Blick in die Statistik zeigt: Im Schuljahr 2023/2024 gibt es laut Kultusministerium unter den rund 4600 allgemeinbildenden Schulen 60 Mädchenschulen sowie elf Jungenschulen. Im Schuljahr 2010/2011 gab es hingegen im allgemeinbildenden Schulbereich noch insgesamt 93 Mädchenschulen.

Das Ministerium verwies darauf, dass hier unter dem Begriff Mädchen- beziehungsweise Jungenschulen Schulen genannt sind, die mindestens 95 Prozent Anteil des jeweiligen Geschlechts haben. Denn in Ausnahmefällen könnten auch an monoedukativen Schulen Kinder des anderen Geschlechts aufgenommen werden. News4teachers / mit Material der dpa

Monoedukation: Warum Mädchenschulen auch heute noch sinnvoll sein können

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Johann Friedrich H.
22 Tage zuvor

Inklusion gibt es glaubwürdig nur ganz, sonst wäre sie keine. Sicherlich spielt hier auch die klare Vorgabe der UNO eine Rolle.

Lisa
21 Tage zuvor

Führt Koedukation in Naturwissenschaften nicht zu schlechteren Leistungen? Da war doch einmal etwas….

Sepp
21 Tage zuvor

Wir haben ab der 11. Klasse Profilklassen und zufällig hatten vor ein paar Jahren mal die Schüler in Jg.10 so gewählt, dass ich eine 11. Klasse nur mit 26 Jungs hatte.

Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber das war wirklich der entspannteste Unterricht, den ich je hatte. Keiner musste jemandem imponieren und die haben toll funktioniert. Es wirkte auch einfach so, dass das viel weniger Stress für die Schüler war und sie einfach sie selbst sein konnten.
Im Jg.12 hatte ich dann eimrn Kurs, in dem einige dieser Jungs mit Mädchen zusammen unterrichtet wurden. Da waren die Jungs wieder deutlich auffälliger.

Später hatte ich auch mal einen kleinen Leistungskurs, in dem in Jg.12 einige Schüler*innen mit Fachabitur abgegangen sind und der dann in Jg.13 nur noch aus Jungs bestand. Auch das war total beeindruckend, da die Schüler wirklich toll gearbeitet haben und trotzdem irgendwie entspannt wirkten.

Irgendwie scheint Monoedukation doch erstaunlich gut zu klappen und heranwachsenden Jungs auch gut zu tun.