LEIPZIG. Volle Klassen, fehlende Lehrer, steigender Druck: Schulen stehen vor einer Belastungsprobe – auch in Sachsen. Die GEW im Freistaat warnt vor dramatischen Unterrichtsausfällen und fordert dringend Maßnahmen.

Angesichts des anhaltenden Lehrermangels in Sachsen hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) das Kultusministerium erneut zu Verhandlungen über ein neues Bildungspaket aufgefordert. «Der Teufelskreis aus Überlastung und Lehrkräftemangel dreht sich weiter», sagte der Landesvorsitzende Burkhard Naumann. «Die Lehrkräfte und Schulleitungen geben trotz der enormen Herausforderungen ihr Bestes für die Schülerinnen und Schüler. Das geht auf Kosten ihrer Gesundheit und kostet immens viel Kraft.»
Zudem stünden die Schulen mehr und mehr unter dem Druck, gesellschaftliche Probleme – wie etwa die gestiegene Zahl rechtsextremer Vorfälle – aufzufangen. Naumann: «Die gestiegene Zahl rechtsextremer Vorfälle und die zunehmende Gewalt an Schulen sind nur die Spitze des Eisbergs. Die nationalen und internationalen Konflikte wirken sich unmittelbar auf den Schulalltag aus. Doch es fehlt schon die Zeit, um das Mindestmaß der Lehrpläne zu erfüllen. Demokratiebildung und aktuelle Debatten kommen mit Blick auf Noten- und Prüfungsdruck zu kurz.»
«Angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen fordert die GEW Sachsen die Landesregierung auf, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen»
Mehr als 3.300 Lehrkräfte fehlen nach Angaben der Bildungsgewerkschaft zum Ende des Schulhalbjahres in Sachsen, um den Unterricht inklusive Vertretung vollständig abzudecken. Der planmäßige und ungeplante Unterrichtsausfall erreiche weiterhin Höchststände. Um diesem Problem entgegenzuwirken, schlägt die GEW Verhandlungen über ein Bildungspaket vor. Das solle «Kürzungen in der Stundentafel, verbunden mit einer Überarbeitung des Lehrplans sowie attraktive Angebote für ältere Lehrkräfte vor, um sie länger im Beruf zu halten» beinhalten. Zudem müsste die Anzahl der Schulassistenten und die Schulsozialarbeit weiter ausgebaut werden, damit jede Schule davon profitiert.
«Angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen fordert die GEW Sachsen die Landesregierung auf, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen», betonte Naumann. Ziel müsse es sein, tragfähige Lösungen zu erarbeiten, um aus der Belastungsspirale auszubrechen und die Bildungsqualität nachhaltig zu sichern. Mit Blick auf Conrad Clemens (CDU), seit Dezember an der Spitze des Kultusministeriums, fordert die GEW: «Statt Mangelverwaltung sollte der neue Kultusminister diese Probleme unmittelbar angehen. Wir benötigen gemeinsame Lösungen für die angespannte Situation.» News4teachers
Im Teufelskreis: Lehrermangel, Druck, Flucht aus dem System, noch mehr Lehrermangel
Wie soll eine Kürzung der Stundentafel die Arbeitsbelastung der Lehrer reduzieren? Aus meiner Sicht würden das nur eine nennenswerte Absenkung des Deputats, kleinere Klassen, weniger Verwaltungsarbeit usw. ermöglichen. Im Idealfall kommen noch Schuldezernate und Gerichte im Hintergrund dazu, die voll hinter den Lehrern und Schulleitungen stehen, egal welche Maßnahmen die Disziplinarkonferenzen aussprechen.
Nur eine Kürzung der Stundentafel ermöglicht aktuell eine Reduzierung des Stundendeputats der Lehrer. Darum geht es. Ein geringeres Stundendeputat wäre sehr wohl eine Entlastung der Lehrer. Ich unterstütze das deshalb.
Eine Kürzung der Stundentafel würde nur bewirken, dass die Stunden, die derzeit wegen Lehrermangels ausfallen, nicht mehr in der Statistik erscheinen und natürlich auch, dass die Kinder weniger Unterricht haben. Weniger Stundenverpflichtung für Lehrer kommt deswegen noch lange nicht.
Dieser ausfallende Unterricht, der ja selten generell ausfällt, muss auch nicht mehr vertreten werden, z.B. durch Sie.
Ja, ein geringeres Deputat ist eine Entlastung. Ab wie vielen Stunden ist die Entlastung denn spürbar? Ich setzte da mindestens einen schriftlichen Kurs und kompakte Stundenpläne mit wenigen Springstunden an. (Bei voller Stelle habe ich aktuell sieben Springstunden und zehn, sobald die Abiturienten weg sind)
Naja, wenn weniger Stunden abzudecken sind, weil es weniger gibt, fällt doch auch weniger Vertretung und Mehrarbeit an, mittels derer sie abgedeckt werden. Es fällt ja nicht alles einfach aus, wenn der Lehrer fehlt.
Wir Lehrkräfte werden in SH kein geringeres Stundendeputat haben, obwohl die S*S ab dem nächsten Schuljahr sechs Stunden weniger Unterricht in der Sek I erhalten.
Was auch nicht bedacht wird, ist der Stress, der entsteht, weil man viel weniger Zeit hat, um wichtigen Stoff durchzunehmen.
Aus der GS kommen lauter Kinder an die GemS, die wesentliche Dinge nicht können. Nach der letzten IGLU-Studie wurde uns noch verkündet, dass wir an den GemS die Defizite aus der GS ohne zusätzliche Mittel aufarbeiten müssten.
Und jetzt haben wir auch noch viel weniger Zeit.
Ach ja, außerdem müssen vier weitere Stunden durch Informatik ersetzt werden.
Man darf nie vergessen, den Ministries geht es immer nur ums Geld sparen und nicht darum, Lehrkräfte zu entlasten.
Zu wenig Zeit? Da will ich mal die Ulrike zitieren, die aufzeigt, wo alles Zeit verloren geht und keinen kümmert’s:
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“Ulrike M.
14 Stunden zuvor
In den Schulen findet vieles statt, was nicht unbedingt die Schule machen muss bzw. hochbezahlte Lehrkräfte. Da wird so viel Zeit verbraucht, in der kein Unterricht stattfindet. Beim gemeinsamen Frühstück bei uns gehen z.B. jeden Tag 10 Minuten Unterricht verloren. Das macht 50 Minuten pro Woche. Das macht 40x 50 Minuten pro Schuljahr, also je nach Klassenstufe 1,5 – 2 Wochen Unterrichtszeit.
Dazu kommen dann noch Ausflüge, Wandertage, Klassenfahrten, Projekttage, Studientage, Elternsprechtage… Ist alles schön, aber am Ende fehlt uns um die 1 Monat Unterrichtszeit. Ein ganzer Monat. Das bedenke man mal.
(Ganz abgesehen von dem Unterrichtsausfall wegen Erkrankungen. Der kommt ja noch dazu !!!) So ist dann unter Umständen bis zu 2 Monate vom Schuljahr kein Unterricht erteilt worden!
Haben das wenigstens die Lehrplan-Macher bedacht?”
In der Grundschule MUSS aber vieles stattfinden, was der Gymnasial-Mathelehrer vielleicht unnütz findet.
Auch an GemS müssen wir Lehrkräfte Prävention und verschiedene Projekte durchführen. Pädagogische Arbeit beinhaltet nicht nur Fachunterricht.
Zwar könnte man besser koordinieren, das würde aber nicht ausgleichen, was das Streichen von Stunden angeht.
Liegt Leipzig nicht in dem Bundesland, wo die GEW dem Bildungsministerium applaudiert für die Regelung zur erleichterten Abordnung von Lehrkräften zum Löcher stopfen?! Oder war das in Thüringen?
Offensichtlich geht es GEW-Funktionären nicht darum, Schüler*innen eine umfassende Bildung zu vermitteln. Bildungsaufstieg ist immer mit Leistung verbunden, nicht nur mit Verständnis.
So ist es. Noch mehr Leerstellen in den Lehrplänen und Stundentafeln bezüglich ernsthafter fachlicher Bildung und zugunsten von schwammigem Kompetenzgedüdels frustriert besonders ältere Lehrkräfte.
Abitur 2025 im MINT-Bereich erstmals nach IQB-Bildungsstandards – wir können uns vor Begeisterung kaum noch halten. Sicherung von Bildungsqualität und Leistungsanspruch sehen anders aus.
Das ist rein theoretisch. In einem Unterricht, in dem es über Tische und Bänke geht, kann auch keiner was lernen. Was tun wir also, damit die Kollegen wieder mehr unterrichten können? Wie befähigen wir sie dazu?
Oh, eine sinnvolle Forderung der GEW!
Wird gleich rot im Kalender markiert.
In den Zeiten, in denen es aufgrund des Lehrermangels nicht möglich ist, das Stundensoll der Lehrer zu senken, bleibt nur die Kürzung der Stundentafel für die Schüler, um die Belastung der Lehrer zu senken. Man meine, dann fiele zu viel Unterricht aus/weg? Nicht, wenn man verfügen würde, dass auch Ausflüge, Wandertage, Klassenfahrten ausgelagert werden, in den Hort oder in die Ferien oder…? Mindestens könnte man das reduzieren.
An meiner Schule gibt es so viele Projekttage, zu Weihnachten, zu Ostern, zum 11.11., zum Fasching usw. Da fallen immer ganze Unterrichtstage aus. Man kann das alles dem Hort überlassen oder in die Freizeit verlegen.
Warum genau senkt es meine Belastung, wenn meine Drittklässler nur noch zB. 22 statt 25 Stunden haben? Meine zu erteilende Unterrichtszeit bleibt doch gleich. Im Gegenteil, wenn ich in der eigenen Klasse weniger Stunden habe, kommt noch eine weitere Fachklasse dazu, das erhöht eher meine Belastung.
Die Entlastung erfolgt schon alleine dadurch, dass bei weniger Stunden für die Schüler weniger Unterricht vertreten werden muss, der nur wegen des Lehrermangels (nicht wegen Erkrankung) nicht anders besetzt werden kann.
Aber sicherlich ist ja auch angedacht, dass das Stundensoll der Lehrer sinken kann, wenn die Stundentafel gekürzt wird.
In den Schulen findet vieles statt, was nicht unbedingt die Schule machen muss bzw. hochbezahlte Lehrkräfte. Da wird so viel Zeit verbraucht, in der kein Unterricht stattfindet. Beim gemeinsamen Frühstück bei uns gehen z.B. jeden Tag 10 Minuten Unterricht verloren. Das macht 50 Minuten pro Woche. Das macht 40x 50 Minuten pro Schuljahr, also je nach Klassenstufe 1,5 – 2 Wochen Unterrichtszeit.
Dazu kommen dann noch Ausflüge, Wandertage, Klassenfahrten, Projekttage, Studientage, Elternsprechtage… Ist alles schön, aber am Ende fehlt uns um die 1 Monat Unterrichtszeit. Ein ganzer Monat. Das bedenke man mal.
(Ganz abgesehen von dem Unterrichtsausfall wegen Erkrankungen. Der kommt ja noch dazu !!!) So ist dann unter Umständen bis zu 2 Monate vom Schuljahr kein Unterricht erteilt worden!
Haben das wenigstens die Lehrplan-Macher bedacht?
Ich glaube, es ist sich keiner bewusst, wie viel Unterrichtszeit durch all die von Ihnen genannten Dinge verloren geht.
Profitipp: Vermeidbaren Unterrichtsausfall kann man vermeiden.
Wenn man das liest, glaubt man es kaum. Ich bin überrascht, aber Sie haben Recht!
In Ihrer Rechnung fehlt Unterrichtszeit, die wegen Unterrichtsstörungen verloren geht. Nehmen wir an, in jeder Stunde 5 Minuten. Dann sind Sie – ich rechne nicht, ich schätze einfach (täglich z.B. 30 Minuten) – bei noch 1 Monat weniger Unterricht pro Schuljahr!
Nur 5?
Nur bei den Lehrern ist alles anders: Haben die Schulen nicht genügend Personal, machen sie Ganztagsschule, Inklusion, individuelle Förderung, Projekte, Klassenfahrten, Berichtstzeugnisse, Tage der offenen Tür, …. und keint Unterricht soll ausfallen. Und das alles ohne Mehrkosten für den Dienstherren. Irgendwie bekloppt…
Ihre Rechnung stimmt aber nicht an der Stelle, dass kein Unterricht ausfällt (ausfallen soll), denn es fällt ja Unterricht aus und nicht zu knapp. Ich lese zu NRW: “Der landesweite Unterrichtsausfall im ersten Schulhalbjahr 2018/19 beträgt demnach über alle Schulformen hinweg 4,8 Prozent.” Das klingt eigentlich wenig. Ich glaube es aber nicht. Da wird auch gemauschelt und eine Vertretungsstunde, in der dann nur gespielt wird, ist ja auch nicht wirklich vertretener Unterricht.
Es ist tatsächlich bekloppt und es wird noch wilder dadurch, dass die Gesellschaft immer „noch mehr“ haben möchten.
Wie motiviert man Lehrkräfte und zeigt seine Wertschätzung für die Arbeit an Brennpunktschulen? Der Berliner Senat macht´s vor.
Eine Lehrerin berichtet:
https://www.berliner-zeitung.de/open-source/berliner-lehrerin-wer-bei-der-bildung-kuerzt-spart-auch-an-der-zukunft-li.2291550