BERLIN. Der Streikaufruf der GEW in Berlin für kleinere Klassen in den Schulen der Hauptstadt sorgt weiter für Streit, nun auch unter Lehrkräften: Der VBE schließt sich der Aktion ausdrücklich nicht an – ein Affront.

Seit mittlerweile zwei Jahren macht die GEW für ihre Forderung nach kleineren Klassen mobil und ruft immer wieder zu Warnstreiks an Schulen auf. Die GEW verlangt einen „Tarifvertrag Gesundheitsschutz“, mit dem Klassengrößen und weitere personelle Unterstützung geregelt wird. Auf diese Weise könnten gesündere Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte und andere Schulbeschäftigte und gleichzeitig eine höhere Unterrichtsqualität erreicht werden, argumentiert sie.
Der Senat sieht keine Möglichkeit zur Umsetzung der GEW-Forderung. Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch und Finanzsenator Stefan Evers (beide CDU) nannten die Serie von Ausständen «unverantwortlich» und verwiesen zum wiederholten Male auf den Lehrermangel, in dessen Folge kleinere Klassen «faktisch nicht möglich» seien.
Zudem wiesen sie darauf hin, dass Berlin – wie alle anderen Bundesländer außer Hessen – der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) angehört. Ohne deren Zustimmung könne Berlin keine Tarifverhandlungen über die Klassengröße aufnehmen, und die TdL lehne solche Verhandlungen ab. Ein Berliner Alleingang sei nicht möglich, ohne den Rausschmiss aus der TdL zu riskieren. Die GEW lässt trotzdem nicht locker.
„Die Forderung nach kleineren Klassen ist ohnehin illusorisch, weil Berlin weder ausreichend Lehrkräfte, noch genügend Klassenräume für kleinere Klassen hat“
Nun übernimmt der VBE demonstrativ die Argumentation des Senats – und erteilt dem Streikaufruf sowie der Forderung nach einem „Tarifvertrag Gesundheitsschutz“ eine Absage. „Sollte diesbezüglich eine tarifvertragliche Regelung mit dem Land Berlin und der GEW zustande kommen, hätte das den Ausschluss Berlins aus der Tarifgemeinschaft der Länder zufolge. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wären dann künftig der Haushaltslage Berlins hilflos ausgeliefert“, so heißt es zur Begründung.
„Im Übrigen besteht für den noch laufenden Tarifvertrag eine Friedenspflicht, so dass der Streikaufruf auch rechtlich nicht unproblematisch ist. Die Forderung nach kleineren Klassen ist ohnehin illusorisch, weil Berlin weder ausreichend Lehrkräfte, noch genügend Klassenräume für kleinere Klassen hat. Das hausgemachte Bildungsproblem in Berlin liegt in der gescheiterten Inklusion begründet, nicht in zu großen Schulklassen“, erklärt der VBE.
Er fordert stattdessen: „Frühkindliche Bildung mit sprachlicher Förderung für alle Kinder, Wiedereinführung der Vorklassen für alle Kinder, Reduzierung der Aufgaben, die nicht zur Lehrertätigkeit gehören, eine klare Arbeitsplatzbeschreibung für Lehrkräfte, eine ausfinanzierte und abgesicherte Inklusion, multiprofessionelle Teams, die nicht auf Kosten der Lehrerstellen eingerichtet werden“.
Auch unter GEW-Mitgliedern ist die Streikwelle nicht unumstritten. Zuletzt war die Beteiligung deutlich gesunken. Im Dezember folgten rund 2.000 Beschäftigte der Berliner Schulen nach Gewerkschaftsangaben dem damaligen Warnstreikaufruf der GEW und legten ihre Arbeit nieder. Am vorherigen Warnstreik im Mai 2024 hatten sich nach Gewerkschaftsangaben noch 2.500 Schulbeschäftigte beteiligt. Beim Warnstreik im Oktober 2023 waren nach Gewerkschaftsangaben rund 3.300 Lehrkräfte sowie Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen vom Alexanderplatz zum Roten Rathaus gezogen, um ihren Forderungen nach einem Tarifvertrag Gesundheitsschutz Nachdruck zu verleihen. News4teachers / mit Material der dpa
GEW ruft zum Schulstreik in der Prüfungsphase auf – verantwortungslos?
“Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wären dann künftig der Haushaltslage Berlins hilflos ausgeliefert“
“Frühkindliche Bildung mit sprachlicher Förderung für alle Kinder, Wiedereinführung der Vorklassen für alle Kinder, Reduzierung der Aufgaben, die nicht zur Lehrertätigkeit gehören, eine klare Arbeitsplatzbeschreibung für Lehrkräfte, eine ausfinanzierte und abgesicherte Inklusion, multiprofessionelle Teams” dass ist alles also drin und nicht in Abhängigkeit der Haushaltslage?
Beruhigend…
Warten wir mal ab, was der VBE in Abgrenzung zur GEW zu bieten hat, außer einem (kurzsichtigen) Festhalten am Status Quo
Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass sich der VBE noch an Regeln (“Friedenspflicht’) und gewisse bürgerliche Umgangsformen hält, von denen sich die GEW schon längst habituell verabschiedet hat.
Nicht minder scheint das Verbleiben Berlins in der Tarifgemeinschaft der Länder für die Kolleg*innen bedeutsam.
Warum ist das bedeutsam? Berlin war schon mal jahrelang nicht Mitglied. Hessen ist es aktuell nicht.
Nun ja, Berlin ist ein dauerklammes Bundesland, das am Tropf der vier Geberländer (u. a. Hessen) des Länderfinanzausgleiches hängt. Wo könnte der dortige Senat nach einem Ausscheren viel sparen, wenn nicht an den Gehälter seiner Angestellten?
Bitte:
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/finanzausgleich-132.html
Verstehe ich nicht. Weil Berlin Arm ist, ist es wichtig, dass es in der Tarifgemeinschaft bleibt. Es war aber draußen. Und das Geberland Hessen ist jetzt draußen. Wo ist da eine Begründung?
Bitte lesen Sie den viertletzten Abschnitt des oberen Artikels (erneut):
“…wären dann künftig der Haushaltslage Berlins völlig ausgeliefert.”
Sie meinen, es könnte zu Gehaltskürzungen kommen? Halte ich für nicht durchsetzbar. Allerdings könnten sich Beamte kaum dagegen wehren.
Selbstverständlich sind Beamt*innen nicht wehrlos !
Gewerkschaften existieren überraschenderweise auch weiterhin für A L L E. Eintreten könnten Sie aber allein schaffen oder ?
Wie sagt man: Teile und herrsche.
Genau das ist hiermit geschehen. Der VBE als die konservative Lehrergewerkschaft (vielleicht eine Alternative zur GEW für manche ?) spaltet somit die ohnehin nur noch wenigen streikbereiten angestellten Lehrer in Berlin. Die Argumentation ist womöglich typisch konservativ. Wer sich also in der GEW nicht wohl fühlt, hat also im VBE eine konservative Alternative. Es sind ja auch nicht alle Lehrer für den Streik.
Bei den Demos vergangener Zeiten sah man auf 1000 GEW-Flaggenträgern etwa 10 VBE-Flaggenträger, na meinetwegen 20. Streiken dürfen VBEler wie alle angestellen Lehrer trotzdem. Nur kriegen sie kein Streikgeld. Das kriegt man nur von der Gewerkschaft, die zum Streik aufrief.
Das ist also alles ok, nur ein fatales Signal in die Öffentlichkeit und an den Dienstherrn. Letzter kann sich ins Fäustchen lachen. Die meisten Lehrer verbeamtet, dürfen also nicht streiken, die anderen uneins und streiten sich öffentlich. Besser geht`s nicht (für den Dienstherrn).
Der VBE ist eine Gewerkschaft. Das kann man nachlesen. Auch bei der Bahn gibt es verschiedene Gewerkschaften. Nicht jede Gewerkschaft heißt Gewerkschaft. Nicht jede Partei heißt Partei (und ist trotzdem eine). Das sollten Sie eigentlich wissen.
Aber was soll denn dieser permanente Hinweis darauf, dass diese Gewerkschaft aus historischen Gründen “Verein” heißt? Sie wollen sie damit doch nur abqualifizieren. Das BSW heißt auch “Bündnis….” und ist trotzdem eine Partei. Da hat @ “sonderbar” vollkommen Recht.
Auch das “Bündnis 90/Die Grünen” heißt Bündnis und nicht Partei und ist doch eine Partei. Oder?
Der VBE ist eine Mitgliedsorganisation innerhalb des dbb und nur deshalb tariffähig.
Da sich alle auf das Internet berufen: “… größte Fachgewerkschaft innerhalb des dbb” kann man lesen.
Ist eine Fachgewerkschaft keine Mitgliedsorganisation?
Ich erinnere mich auch, dass hier andauernd (von Ihnen?) der Hinweis kommt, der VBE sei keine Gewerkschaft, sondern “nur” ein Verband.
Zitat Mika: “Wie peinlich ist das denn? Der eingetragene Verein VBE stellt sich gegen den Streikaufruf der GEW?”
Warum verweist man ständig darauf? Es tut nichts zur Sache. Nach dem Motto: “…….. diese Dahergelaufenen, diese Lächerlichen, diese Abgehalfterten …”. Sie wissen es selbst am besten. Ein Kompliment soll es jedenfalls nicht sein. Das ist doch klar.
Der VBE ist weder eine Dienstleistungs- noch eine Industriegewerkschaft und somit keine Mitgliedsorganisation des DGB.
Der VBE ist eine Mitgliedsoraganisation innerhalb der dbb Tarifunion. Dadurch ist der Verband für seine angestellten Mitglieder tariffähig, d.h. er ist indirekt an Tarifverhandlungen mit der TdL beteiligt.
Gewerkschaft im klassischen Sinn ist der VBE nicht, de jure aber den Gewerkschaften gleichgestellt.
“Auch unter GEW-Mitgliedern ist die Streikwelle nicht unumstritten. Zuletzt war die Beteiligung deutlich gesunken.”
Allerdings sind in diesem Zeitraum immer mehr Lehrer verbeamtet worden, die es vorher nicht waren! Berlin verbeamtet seit Kurzem wieder und von allen, die verbeamtet werden können, nutzen das natürlich 90%. Wir waren früher etwa 10 streikbereite Kollegen an unserer Schulen. Davon sind 2 geblieben.
Richtig.