Junge Menschen möchten unternehmerisch denken und Initiative ergreifen – werden aber in Bildungseinrichtungen ausgebremst

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GÜTERSLOH. Jugendliche in Deutschland trauen sich viel zu – doch in Schule, Ausbildung und Hochschule können sie ihre Ideen oft nicht einbringen. Eine neue forsa-Studie zeigt: Drei Viertel der 14- bis 21-Jährigen sind überzeugt, ihren beruflichen Lebensweg gut gestalten zu können und denken in hohem Maße unternehmerisch. Gleichzeitig fehlt es in vielen Bildungseinrichtungen an Beteiligung, Gestaltungsspielräumen und einer Kultur, die Eigeninitiative tatsächlich zulässt. Das ist ein Problem. Denn Deutschland braucht solches Engagement.

Ausgepustet (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Viele Jugendliche und junge Erwachsene in Deutschland blicken zuversichtlich auf ihren beruflichen Lebensweg. Drei Viertel der 14- bis 21-Jährigen sind überzeugt, ihre berufliche Zukunft gut gestalten zu können. Zugleich zeigen sie in hohem Maße Einstellungen, die typischerweise mit unternehmerischem Denken verbunden werden. Das ist das zentrale Ergebnis einer repräsentativen forsa-Befragung im Auftrag der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung und der Bertelsmann Stiftung, die zum Tag der Bildung 2025 veröffentlicht wurde.

„Es ist eine gute Nachricht, dass viele junge Menschen Einstellungen und Überzeugungen aufweisen, die sich auch bei Unternehmer:innen finden“

Konkret geben 74 Prozent der Befragten an, sicher zu sein, ihren eigenen beruflichen Lebensweg gut gestalten zu können. Besonders ausgeprägt ist dabei der Wunsch nach Selbstständigkeit und Autonomie. 76 Prozent der jungen Menschen handeln nach eigenen Angaben lieber auf Grundlage eigener Entscheidungen, 68 Prozent lösen Probleme lieber selbstständig. 70 Prozent sagen, dass sie bereit sind, neue Dinge auszuprobieren, auch wenn diese möglicherweise scheitern. 62 Prozent erklären, notwendige Dinge auch gegen Widerstände vorantreiben zu wollen.

Aus Sicht der Studienautorinnen und -autoren ist diese Kombination aus Zuversicht und unternehmerischem Denken eine tragfähige Basis für Lernen, Berufsorientierung und Engagement. „Es ist eine gute Nachricht, dass viele junge Menschen Einstellungen und Überzeugungen aufweisen, die sich auch bei Unternehmer:innen finden. Das ist eine gute Ausgangslage, um wichtige Kompetenzen für die heutige Arbeitswelt zu erwerben“, sagt Ivo Andrade, Wirtschaftsexperte bei der Bertelsmann Stiftung.

Dieses unternehmerische Denken bleibt jedoch häufig abstrakt. Zwar sind viele junge Menschen innovationsorientiert, doch nur ein Teil handelt tatsächlich proaktiv. So geben zwar 61 Prozent an, ständig nach neuen Wegen zu suchen, Dinge zu verbessern, aber lediglich 45 Prozent sagen, sie gingen Schwierigkeiten aktiv an.

Auch beim vorausschauenden Handeln zeigt sich Zurückhaltung: 60 Prozent planen und handeln im Voraus, während ein erheblicher Teil eher abwartend bleibt. Die Studie weist zudem auf Unterschiede nach Geschlecht und sozialer Lage hin. Junge Männer zeigen eine höhere Risikobereitschaft als junge Frauen, während junge Frauen häufiger angeben, vorausschauend zu planen. Jugendliche, die ihre finanzielle Situation als schlechter einschätzen, verfügen insgesamt über weniger Spielräume für innovatives und risikoorientiertes Denken.

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Deutlich wird zugleich, wie hoch junge Menschen den Stellenwert unternehmerischer Kompetenzen für ihre Zukunft einschätzen. 85 Prozent halten es für wichtig oder sehr wichtig, ein eigenes Projekt planen und umsetzen zu können. 74 Prozent bewerten Kenntnisse über unternehmerisches Denken und Handeln als bedeutsam für ihre berufliche Zukunft. Diese Werte liegen auf einem ähnlichen Niveau wie die Bedeutung von Fremdsprachen oder mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen. Für die Autorinnen und Autoren der Studie ist das ein klarer Hinweis darauf, dass sogenannte Entrepreneurship Education aus Sicht junger Menschen kein Randthema ist, sondern zu den zentralen Zukunftsaufgaben des Bildungssystems zählt.

Trotz dieser hohen Motivation zeigt sich in der Praxis eine deutliche Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Nur 36 Prozent der jungen Menschen bringen nach eigenen Angaben regelmäßig eigene Ideen in ihrer jeweiligen Einrichtung ein, sei es in der Schule, im Betrieb oder an der Hochschule. Besonders niedrig ist dieser Wert an Universitäten, wo lediglich 21 Prozent der Studierenden angeben, sich regelmäßig mit eigenen Ideen einzubringen. In Schulen und Betrieben liegt der Anteil mit jeweils 44 Prozent etwas höher, bleibt aber ebenfalls deutlich unter dem vorhandenen Potenzial.

Die Studie macht deutlich, dass diese Zurückhaltung nicht auf mangelnde Ideen oder fehlendes Interesse zurückzuführen ist. Vielmehr erleben viele junge Menschen ihre Einrichtungen nicht als Orte, an denen Eigeninitiative tatsächlich erwünscht und wirksam ist. Nur gut die Hälfte traut sich, Verbesserungsvorschläge zu machen. Weniger als die Hälfte fühlt sich ermutigt, neue Lösungen für bestehende Probleme zu entwickeln. Auch die Fehlerkultur wird kritisch bewertet: Nur 46 Prozent der Befragten sagen, dass Fehler in ihrer Einrichtung als Lernchancen betrachtet werden. Verantwortung wird aus Sicht vieler junger Menschen nur selten abgegeben, obwohl Eigeninitiative häufig verbal eingefordert wird.

Was junge Menschen dagegen motivieren würde, sich stärker einzubringen, ist in der Studie klar benannt. Entscheidend sind verlässliche Ansprechpersonen, das Gefühl, dass eigene Ideen ernst genommen und umgesetzt werden, sowie eine wertschätzende und vertrauensvolle Lernumgebung. Hemmend wirken hingegen Erfahrungen, dass Vorschläge folgenlos bleiben, Unsicherheiten im Auftreten vor Gruppen oder die Angst vor Ablehnung. Die Studienautorinnen und -autoren folgern daraus, dass es jungen Menschen nicht an Motivation oder Ideen fehlt, sondern an geeigneten Rahmenbedingungen.

Besonders groß ist das Interesse an unternehmerischen Lerngelegenheiten in der Schule. 83 Prozent der Schülerinnen, Schüler und Auszubildenden möchten Ideen für ihre eigene berufliche Zukunft entwickeln. Zwei Drittel interessieren sich für die Entwicklung von Lösungen für gesellschaftliche Probleme oder für konkrete Herausforderungen im schulischen Alltag. Formate wie Projekttage oder Gespräche mit Unternehmerinnen und Unternehmern stoßen bei jeweils rund zwei Dritteln der Befragten auf Interesse.

„Wenn wir jetzt in entsprechende Angebote investieren, kann die junge Generation ihre Kompetenzen voll entfalten – zum Gewinn für Gesellschaft und Wirtschaft“

Aus Sicht der beteiligten Stiftungen ergibt sich daraus ein klarer Handlungsauftrag. „Dieses Potenzial zu nutzen, ist ein Auftrag an Bildungseinrichtungen, Ausbildungsbetriebe sowie die Zivilgesellschaft. Wenn wir jetzt in entsprechende Angebote investieren, kann die junge Generation ihre Kompetenzen voll entfalten – zum Gewinn für Gesellschaft und Wirtschaft“, sagt Ivo Andrade.

Ähnlich argumentiert Ellen Wallraff, Expertin für Entrepreneurship Education bei der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. „Junge Menschen wollen Ideen entwickeln und in die Tat umsetzen. Dafür brauchen sie Zeit, Anleitung und Ermutigung“, betont sie. Programme zur systematischen Förderung unternehmerischer Kompetenzen könnten dazu beitragen, eine Kultur der Selbstständigkeit zu etablieren. „Wenn wir jungen Menschen Gestaltungsräume eröffnen, können sie ihr Potenzial entfalten – und genau davon profitieren am Ende auch Gesellschaft und Wirtschaft.“

Die Studie kommt insgesamt zu dem Schluss, dass junge Menschen in Deutschland bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und ihre Zukunft aktiv zu gestalten. Was ihnen bislang häufig fehlt, sind verlässliche Strukturen, echte Beteiligungsmöglichkeiten und eine Lernkultur, die Eigeninitiative nicht nur einfordert, sondern auch zulässt. Ohne entsprechende Veränderungen in Schulen, Ausbildungsbetrieben und Hochschulen bleibt ein erheblicher Teil dieses Potenzials ungenutzt. News4teachers 

Hier lässt sich die vollständigen Studie herunterladen. 

Mehrheit der Schüler darf bei Unterrichtsthemen nicht mitbestimmen – Studie zeigt Demokratie-Defizite in Schulen auf

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unfassbar
2 Stunden zuvor

Ich vermute mal, dass das alles Selbstauskünfte waren. Die Aussagen passen aber überhaupt nicht mit der zunehmenden Unselbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler zusammen. Wie ist eigentlich der Begriff “unternehmerisch denken” definiert? “Isch mach Infulenzer auf TikTok und mache Geld mit Placement von Holy” zähle ich nicht dazu, die Jugendlichen aber möglicherweise schon.