Streit um vermeintlich faule Lehrkräfte: CDU fordert plötzlich Arbeitszeiterfassung

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STUTTGART. Die CDU Baden-Württemberg will nach einem Sieg bei der anstehenden Landtagswahl nach eigenem Bekunden gegen «dauerhaft mangelnde Leistungsbereitschaft» in den Kollegien vorgehen – wehrt sich aber gegen den Vorwurf, mit dieser Ankündigung Lehrkräfte-Bashing zu betreiben. Neueste Volte: Die Christdemokraten fordern plötzlich die Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte. 

Zauber, zauber. (Symbolbild.) Illustration: Shutterstock

Nach Kritik an CDU-Plänen zu Sanktionen für Lehrkräfte mit mangelnder Leistungsbereitschaft fordert die Partei eine «differenzierte Auseinandersetzung». Diese habe es rund um die Passage im Wahlprogramm bislang nicht gegeben, stattdessen hätten Akteure für Schlagzeilen ein Klischee über Lehrkräfte bespielt, sagte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Andreas Sturm, im Landtag in Stuttgart (und unterschlug dabei, dass es die CDU war, die in ihrem Wahlprogramm wenig differenziert implizite Lehrerschelte betrieben hatte).

Handlungsbedarf sieht Sturm – plötzlich – bei der Verteilung der Arbeitszeit zwischen einzelnen Lehrkräften. Er zitierte eine Studie der Universität Göttingen, wonach die Streuung der wöchentlichen Arbeitszeit zwischen einzelnen Lehrkräften mit gleichem Deputat bei 14 Stunden liege. «Das heißt: Manche Lehrkräfte arbeiten sieben Stunden mehr, andere sieben Stunden weniger», sagte Sturm. Die Ergebnisse der Studie stammen aus Berlin und Hamburg, die Zahlen seien aber vermutlich für Baden-Württemberg ähnlich.

Fairness und Gleichbehandlung?

Sturm zitierte aus der Studie, dass das System der Deputate zu großen individuellen Schwankungen führen könne, wenn Lehrkräfte zusätzliche Aufgaben übernähmen. Fragen der Fairness und Gleichbehandlung blieben demnach ungelöst. Der Begriff Deputat beschreibt, wie viele Unterrichtsstunden eine Lehrkraft wöchentlich zu leisten hat. Neben dem Unterricht haben Lehrkräfte aber noch weitere Aufgaben wie die Korrektur von Arbeiten oder die Vorbereitung von Unterricht.

Darauf müsse man als Politik eine Antwort finden, sagte Sturm. Engagierte Lehrkräfte dürften nicht mehr ausbrennen, weil sie über ihre Belastungsgrenze gingen. Aus Sicht von Sturm braucht es deswegen eine Arbeitszeiterfassung für Lehrkräfte und Handlungsmöglichkeiten für Schulleiter. Es bedürfe einer validen Bemessungsgrundlage, sagte der Abgeordnete. Zudem müssten Schulleiter auf Ungleichgewichte reagieren können. «Dabei geht es nicht um Druck, sondern um ein Instrument zur Entwicklung, Förderung und Stärkung des Lehrerkollegiums.»

Instrumente gegen «dauerhaft mangelnde Leistungsbereitschaft»

In ihrem Wahlprogramm ist davon allerdings nichts zu lesen. Dort fordert die CDU mehr Druck auf Lehrkräfte, die ihre Pflichten nicht erfüllen. Nach Plänen der Partei sollen sich die Verantwortung und das Leistungsprinzip im Lehrerberuf künftig stärker niederschlagen.

«Wir versetzen Schulleitungen in die Lage, Engagement, Verlässlichkeit und besondere Leistung zu honorieren und schaffen dafür nachvollziehbare Kriterien sowie geeignete Evaluationsinstrumente», heißt es im Wahlprogramm, das der Parteitag in Heidelberg beschlossen hat. Die Christdemokraten pochen darin außerdem auf Instrumente, um «dauerhaft mangelnde Leistungsbereitschaft und Pflichtverletzungen» bei Pädagogen zu adressieren. An dem Vorstoß hatte es heftige Kritik seitens der GEW und des VBE gegeben.

Die CDU hat gute Chancen, die Landtagswahl im März tatsächlich zu gewinnen. Sie liegt in Umfragen deutlich vor den Grünen, die bislang den Ministerpräsidenten (Winfried Kretschmann) stellten. Allerdings rückt den Christdemokraten die AfD auf die Pelle. News4teachers / mit Material der dpa

CDU-Spitzenkandidat versucht, sich auf Kosten von Lehrkräften zu profilieren (GEW: “Unwählbar”)

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Götz
2 Stunden zuvor

Das wird nichts. Kräfte und Gegenkräfte formieren sich und alles bleibt so ungerecht wie es ist.

Petra OWL
2 Stunden zuvor

Die Arbeitszeiterfassung muss kommen!!!
Runter von den 41 Stunden, hin zur 35 Std Woche mit Homeoffice.
Flexibles Arbeiten ist hier das Stichwort.
5 Tage voll im Raum, 30 Menschen mit Viren dabei passt da nicht mehr.
Wir sind doch online gut dabei?!

Pit2020
1 Stunde zuvor
Antwortet  Petra OWL

@Petra OWL

Ist das oben auf dem Foto dein Original-Terrassen-Hasi, von dem du uns immer erzählst? 😉

Wolfgang
1 Stunde zuvor
Antwortet  Petra OWL

Liebe Petra,
du bist die Größte 🙂
Wie du dich für Veränderung einsetzt und Schule denkst ist großartig.
Die Digitalisierung und die damit einhergehenden Möglichkeiten von Heimunterricht und digitalen tools wird noch gar nicht genutzt.
Homeoffice geht auch für Schule.
Hab eine schöne Adventszeit

JonasG
2 Stunden zuvor

Was soll sich ändern? Stempeluhren an den Schulen? Eigene Angaben in einer App?
Für Burnout Kollegen wird sich sowieso ja dann nichts ändern. An Entlastungen glaube ich hier wenig. Und “geschickte” Lehrkräfte lassen dann nebenbei Zuhause eben die Arbeitszeiterfassung laufen…..

Ich freue mich schon wenn jedem Sportkollegen dann direkt jedes zweite Amt aufgedrückt wird. Natürlich ohne finanziellen oder entlastungstechnischen Vorteil. Denn den darf sich das Land dann klemmen…

Karl Heinz
2 Stunden zuvor

Arbeitszeiterfassung ist ein schöner, aber zunächst unnützer Begriff
wichtig wird sein, wie man ihn rechtlich definiert und praktisch ausgestaltet.
und da traue ich der CDU/CSU alle Gemeinheiten zu

447
1 Stunde zuvor
Antwortet  Karl Heinz

Das sehe ich auch so.