Tabuthema: Jugendliche mit Behinderung besonders häufig von Mobbing betroffen

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BONN. Fast jede*r zweite Jugendliche in Deutschland hat schon Mobbing erlebt – doch die meisten schweigen. Das zeigt eine repräsentative Befragung der Aktion Mensch, die heute vorgestellt wurde. Besonders alarmierend: Knapp 80 Prozent der betroffenen Jugendlichen sprechen selten oder gar nicht über ihre Erfahrungen, meist aus Angst, Scham oder Hoffnungslosigkeit. Besonders traurig: Junge Menschen mit Behinderungen sind deutlich öfter betroffen.  

Stigma. (Symbolfoto.) Foto: Shutterstock

91 Prozent der Vorfälle ereignen sich nach den Angaben der Jugendlichen in der Schule. Ein Drittel der Betroffenen berichtet, gleich mehrere Formen von Mobbing erlebt zu haben – von Beleidigungen und Bloßstellen über soziale Ausgrenzung bis hin zu körperlicher Gewalt. Die Folgen reichen von Angst und Traurigkeit über Einsamkeit bis hin zum Gefühl von Wertlosigkeit. „Diese Ergebnisse sind alarmierend. Sie machen unmissverständlich deutlich: Mobbing stellt ein massives gesellschaftliches Problem dar – eines, das viel zu oft im Verborgenen bleibt“, sagt Christina Marx, Sprecherin der Aktion Mensch.

Ausgrenzung und Anfeindung

Deutlich wird in der Befragung ein Unterschied zwischen Jugendlichen mit und ohne Behinderung: Drei von vier Jugendliche mit Behinderung (75 Prozent) haben Mobbing-Erfahrungen gemacht, bei Gleichaltrigen ohne Behinderung ist es knapp die Hälfte (46 Prozent). Marx betont: „Besonders erschütternd ist, dass Jugendliche mit Behinderung überdurchschnittlich häufig von Ausgrenzung und Anfeindung betroffen sind.“

Bereits Mitte August hatte die Aktion Mensch die Ergebnisse einer Befragung unter Menschen mit Behinderung veröffentlicht. Sie zeigte: Sechs von zehn Betroffenen haben in den vergangenen fünf Jahren Diskriminierung erlebt – am häufigsten im öffentlichen Raum, am Arbeitsplatz oder im Gesundheitssystem. Mehr als ein Drittel der Befragten berichtete von Selbstzweifeln nach solchen Erfahrungen, fast jede*r Vierte zog sich in die soziale Isolation zurück.

„Die Ergebnisse unserer Befragung sind besorgniserregend. Sie zeigen, dass Diskriminierung für Menschen mit Behinderung Teil des Alltags ist – und das auf persönlicher wie auch auf struktureller Ebene“, erklärte Christina Marx damals. Bildung, mehr Barrierefreiheit und härtere Strafen gegen Diskriminierung wurden von den Befragten als wichtigste Lösungsansätze genannt.

Neue Kampagne #SagtNichtNichts und Kooperation mit „Nummer gegen Kummer“

Mit der Kampagne #SagtNichtNichts will die Aktion Mensch nun das Schweigen brechen. Gemeinsam mit dem Verein „Nummer gegen Kummer“ sollen junge Menschen ermutigt werden, über Mobbing-Erfahrungen zu sprechen und Hilfe zu suchen. Die Beratungsangebote sind anonym und kostenlos – allein 2024 fanden bei „Nummer gegen Kummer“ rund 118.000 Beratungen statt. Zusätzlich startet die Aktion Mensch am 1. Oktober 2025 die Förderaktion „Zeichen setzen! Für mehr Respekt und Vielfalt“. Mit einem Volumen von fünf Millionen Euro sollen Projekte unterstützt werden, die Jugendliche befähigen, Mobbing und Ausgrenzung zu erkennen, selbstbewusst zu handeln und ein respektvolles Miteinander zu fördern – in Schulen, in der Freizeit und online. News4teachers 

Weitere Informationen zur Kampagne #SagtNichtNichts und zur Förderaktion finden Sie hier.

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1 Kommentar
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Rainer Zufall
3 Stunden zuvor

Danke für #SagtNichtNichts – darf ich beizeiten vielleicht gebrauchen 🙁

Was die Entwicklung der Zahlen betrifft…
Haben wir Familien, KuJ oder Schulen in irgendeinerweise strukturell gestärkt, dass eine Verbesserung zu erwarten wäre?