Schulen überfordert? Immer mehr Junge denken rechtsextrem

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BERLIN. In Deutschland sind rechtsextreme Einstellungen auf dem Vormarsch. Nach einer von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung vorgelegten Untersuchung haben inzwischen neun Prozent der Bevölkerung ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild. Besonders in Ostdeutschland ist demnach ein massiver Anstieg zu verzeichnen.

Kleidung der Marke Thor Steinar gilt als Erkennungszeichen von Rechtsextremen ; Foto: Autonome Antifa Freiburg
Kleidung der Marke Thor Steinar gilt als Erkennungszeichen von Rechtsextremen ; Foto: Autonome Antifa Freiburg

Im Osten sei der Anteil derjenigen mit rechtem Gedankengut von 10,5 Prozent im Jahr 2010 auf jetzt 15,8 Prozent gewachsen, heißt es in der Studie. Im Westen ging der Anteil von 7,6 auf 7,3 Prozent etwas zurück.

Unter den rechtsextremen Positionen ist Ausländerfeindlichkeit der Untersuchung zufolge mit 25,1 Prozent am weitesten verbreitet. Während in Westdeutschland jeder Fünfte eine solche Einstellung habe, seien es im Osten inzwischen 39 Prozent, schreiben die Autoren.

Als besonders dramatisch bezeichneten es die Verfasser, dass im Osten inzwischen eine neue Generation von Rechtsextremisten herangewachsen ist. In der Altersgruppe der 14- bis 30-Jährigen wiesen die Ostdeutschen anders als in früheren Befragungen bei der Zustimmung zu einer rechtsautoritären Diktatur oder der Verharmlosung des Nationalsozialismus höhere Werte auf als die Gruppe der über 60-Jährigen. «Bestand in der Vergangenheit ein enger Zusammenhang zwischen zunehmendem Alter und rechtsextremer Einstellung, so findet sich das nun nicht wieder», warnt die Studie. Diese brisante Entwicklung dürfe nicht unterschätzt werden.

Als Hauptursache werden soziokökonomische Gründe vermutet – vor allem in «abdriftenden» Gegenden im Osten. Es handle sich aber nicht allein um Ost-Problem. Auch im Westen geben es solche zurückgelassenen Regionen.

Antisemitismus ist laut der Studie bei rund jedem elften Bundesbürger deutlich ausgeprägt. Anders als früher sei bei den Ostdeutschen Judenfeindlichkeit inzwischen höher als bei Westdeutschen, heißt es weiter. Diese Einstellung sei am weitesten unter Rentnern verbreitet. Vorurteile gegen Ausländer hätten am häufigsten Arbeitslose.

Nach Angaben der Autoren hat sich der Rassismus in den letzten Jahren deutlich in Richtung Islamfeindlichkeit verschoben. Mehr als die Hälfte der Befragten hielten den Islam für eine archaische oder rückständige Religion.

Hoffnung macht den Autoren die grundsätzliche Zufriedenheit mit der Demokratie im Vergleich zu anderen Staatsformen. Sie liege mit fast 95 Prozent (West: 95,5, Ost: 92,1) unverändert hoch. Die Untersuchung «Die Mitte im Umbruch» über rechtsextreme Einstellungen wird seit 2006 alle zwei Jahre aktualisiert vorgelegt.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem «erschreckenden Befund». Die Ergebnisse zeigten, dass es mit der Debatte um ein NPD-Verbot nicht getan sei. Für Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) ist die Studie eine «alarmierende Anfrage» an das Bildungssystem und die Familie in den neuen Ländern. «Sie zeigt deren politische und moralische Schwächen auf», sagte er der «Saarbrücker Zeitung». dpa (12.11.2012)

Zum Bericht: „Viele Schüler halten den NS-Staat für eine Demokratie“

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