Jetzt wird es eng für Schavan: Uni eröffnet Plagiatsverfahren

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DÜSSELDORF. Die Universität Düsseldorf eröffnet ein Verfahren zur Aberkennung des Doktortitels von Annette Schavan. Damit steht ihre politische Karriere auf dem Spiel  – es wird ernst für die Bundesbildungsministerin. Wie lange kann sie sich noch im Amt halten?
Doktortitel in Gefahr: Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Foto: Bürgerdialog Zukunftstechonlogien / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Doktortitel in Gefahr: Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Foto: Bürgerdialog Zukunftstechonlogien / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) muss um ihren Doktortitel bangen: Die Universität Düsseldorf eröffnet offiziell ein Verfahren zum Entzug des vor mehr als 30 Jahren erworbenen Titels. Nach mehrstündigen Beratungen beschloss der zuständige Rat der Philosophischen Fakultät am Abend, das Verfahren einzuleiten. Das kündigte der Ratsvorsitzende, Professor Bruno Bleckmann, an. Das Gremium folgte damit der Empfehlung der Promotionskommission, die als Vorinstanz die aus dem Jahr 1980 stammende Dissertation Schavans geprüft hatte.Der Fakultätsrat habe in geheimer Abstimmung mit 14 Ja-Stimmen und einer Enthaltung für die Einleitung des Hauptverfahrens gestimmt, sagte Bleckmann. «Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass das Verfahren ergebnisoffen ist.» Für den 5. Februar sei eine weitere Sitzung des Fakultätsrats angesetzt. Dann werde über die Fortsetzung des Verfahrens beraten. Wenn die Universität Anzeichen für ein wissenschaftliches Fehlverhalten habe, müsse sie dem «konsequent und unabhängig von Person und Position» nachgehen, sagte Bleckmann. Die Fakultät habe zu überprüfen, ob der Doktortitel seinerzeit zu Recht verliehen wurde. Dabei werde der Rat sowohl die vorinstanzliche Untersuchung der Promotionskommission als auch die Stellungnahme Schavans einbeziehen.Die Entscheidung wurde begleitet von einem heftigen Wissenschaftsstreit über das Prüfverfahren der Uni und die Tragweite der angeblichen Zitierfehler Schavans. Schavan hatte 1980 als 25-Jährige mit der Arbeit «Person und Gewissen» im Fach Erziehungswissenschaften den Doktortitel erworben. Die Dissertation war zugleich Schavans erster Studienabschluss, was damals noch möglich war. Über die mögliche Entziehung des Doktorgrades wird nach dem Abschluss des Hauptverfahrens entschieden. Sollte der Rat für die Aberkennung stimmen, könnte Schavan innerhalb eines Monats vor dem Verwaltungsgericht dagegen klagen. Das Gremium kann ein Entziehungsverfahren aber auch ablehnen und die Untersuchung damit beenden.Die Plagiatsvorwürfe waren Ende April 2012 auf einer Internetplattform erhoben worden. Schavan werden fehlende Quellennachweise, das Verschleiern geistigen Eigentums und die Vernachlässigung wissenschaftlicher Standards vorgeworfen. Die Ministerin und enge Vertraute von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat einen Täuschungsversuch mehrmals zurückgewiesen.

Ministerin will wieder für den Bundestag kandidieren

Die Ministerin will in jedem Fall wieder in den Bundestag und sich bereits an diesem Freitag für ein Direktmandat in ihrem CDU-Heimatverband Ulm/Alb-Donau nominieren lassen. Sie werde am 25. Januar antreten, hatte sie vor dem Beschluss des Fakultätsrats in der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» angekündigt.  Der Schweizer Literaturforscher Philipp Theisohn, der mehrere Bücher über Plagiate in der Wissenschaft geschrieben hat, sieht keinen Grund, Schavan die Doktorwürde zu entziehen. Er verwies in der «Rheinischen Post» auf zeitgebundene Besonderheiten der Arbeit in der Pädagogik. Eine bewusste Täuschungsabsicht sei schwer vorstellbar.Der Juraprofessor Gerhard Dannemann, der beim Plagiateportal VroniPlag mitarbeitet, sagte im Deutschlandfunk: «Diese Arbeit hätte nicht als Doktorarbeit angenommen werden dürfen. Es sind zu viele grobe Verstöße gegen die gute wissenschaftliche Praxis drin», sagte er. Die Frage sei aber, ob angesichts «krasserer Fälle» der Doktortitel aberkannt werden müsse. Er halte den Ausgang des Verfahrens für offen. Schavans angebliche Zitierfehler werden allgemein als weniger gravierend angesehen als die des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). In der Plagiatsaffäre um Guttenberg hatte sich Schavan 2011 von ihm distanziert: «Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich», sagte sie Anfang 2011 in der «Süddeutschen Zeitung». dpa
22.1.2013

 

Zum Bericht: „Ohne den Doktortitel hätte Schavan keinen Studienabschluss mehr“

 

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