BERLIN. Das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld für daheim erziehende Eltern bekommt wieder mal schlechte Noten – diesmal von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD).
In einer Studie kommt sie am Beispiel Norwegens zu dem Schluss, das Betreuungsgeld wirke sich auf die Beschäftigungsquote von Frauen wie auf die Integration von Zuwandererkindern negativ aus. Die Bundesregierung sieht die Vorbehalte der OECD nicht gegen das deutsche Modellvorhaben gerichtet.
Die Empfehlung der OECD, Betreuungsgeld für Kinder über drei Jahren nicht anzubieten, treffe auf die Pläne der schwarz-gelben Koalition schon deshalb nicht zu, weil es hierzulande nur bis zum Ende des dritten Lebensjahrs gezahlt werden solle, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. «Das macht doch einen erheblichen Unterschied.»
Die OECD beurteilt in ihrer am Montag veröffentlichten Studie die Wirkungen des Betreuungsgeldes in Norwegen bei Frauen aus Zuwandererfamilien mit sozial schwachem Hintergrund skeptisch. Es setze massive Anreize, lieber Geld vom Staat zu nehmen und die Kinder zu Hause zu versorgen, als eine Arbeitsstelle und öffentliche Betreuung für den Nachwuchs zu suchen, heißt es in der Studie «Jobs for Immigrants». Darin werden Zahlen aus Norwegen, Österreich und der Schweiz auswertet.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung will Eltern, die für die Betreuung ihrer Kleinkinder keine staatlich geförderte Krippe oder Tagesmutter in Anspruch nehmen, von 2013 an ein Betreuungsgeld zahlen. Zunächst soll es für Kinder im zweiten Lebensjahr 100 Euro monatlich geben. Von 2014 an sollen auch die Kinder im dritten Lebensjahr einbezogen und der Betrag für alle auf 150 Euro monatlich erhöht werden.
Laut Studie ist die Integration von Zuwanderermüttern in den Arbeitsmarkt – besonders jene mit geringer Ausbildung – «direkt verbunden mit der Bildung ihrer Kinder. Es gibt zunehmend klare Belege dafür, dass die Teilnahme an kindlicher Bildung für ab Dreijährige einen starken Einfluss auf den Bildungs-Werdegang von Kindern aus sozial schwachen Zuwandererfamilien hat. Nachweislich profitiert diese Gruppe am meisten von den Bildungsangeboten.»
Eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums sagte dazu, die Ergebnisse der OECD-Studie könnten nicht einfach auf das geplante Betreuungsgeld-Modell von Schwarz-Gelb übertragen werden. Die von der OECD-festgestellten negativen Wirkungen seien in Deutschland nicht zu erwarten. So würden in Norwegen umgerechnet 400 Euro im Monat gezahlt, wenn Kita-Angebote nicht genutzt würden. Auch werde in Deutschland der gleichzeitige Bezug von staatlichen Sozialleistungen und Betreuungsgeld nicht möglich sein, da das eine mit dem anderen verrechnet werde.
Aber auch der CDU-Wirtschaftsrat sieht das Betreuungsgeld skeptisch: Bei einer Umfrage in seinen Reihen erhielt es nur 16 Prozent Zustimmung. Dazu sagte die Ministeriumssprecherin, sie gehe davon aus, dass die Einwände von parteipolitischer Seite rasch «in sich zusammenfallen werden». Das Betreuungsgeld war in der vergangenen Woche vom Bundeskabinett gebilligt worden. Das Gesetzgebungsverfahren soll noch vor der Sommerpause abgeschlossen werden.
Nach einer Mitte April von der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichten Studie wird das Betreuungsgeld in Skandinavien vor allem von Müttern mit geringem Einkommen, niedrigem Bildungsniveau und Migrationshintergrund in Anspruch genommen. Deren Kinder komme die frühkindliche Bildung in Betreuungseinrichtungen nicht zugute. Auch verzichteten viele Frauen auf Berufstätigkeit.