Experten: Großteil der DDR-Lehrer war linientreu – auch nach der Wende

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POTSDAM. Jeder zehnte Brandenburger Polizist ist stasibelastet. Und wie steht es um die Lehrer? Auch sie seien in der DDR besonders häufig linientreu gewesen, sagen Bildungsexperten. Nach der Wende hätten sich viele einer Aufarbeitung der Diktatur verweigert.

Viele Lehrer in der DDR waren offenbar linientreu. Illustration: Wikimedia Commons
Viele Lehrer in der DDR waren offenbar linientreu. Illustration: Wikimedia Commons

Beim Umgang mit der DDR-Vergangenheit hat es an Brandenburgs Schulen aus Expertensicht schwere Versäumnisse gegeben. In manchen Lehrerkollegien habe es anfangs eine regelrechte «Blockade» gegen neues, demokratisch aufgeklärtes Personal gegeben, sagte die erste Bildungsministerin des Landes, Marianne Birthler, in der Enquetekommission des Landtags zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Auch andere Zeitzeugen wie der ehemalige Kreisschulrat Werner Weiß kritisierten eine mangelnde Reformierung des Schulwesens: Ein Großteil der DDR-Lehrerschaft sei linientreu gewesen – und nach der Wende sei manch überzeugter SED-Genosse im Amt geblieben: «Auch wenn jeder wusste: der sollte besser nicht bleiben.»

Viele Lehrer hätten «regelrecht unter der Wende gelitten» und seien völlig unwillig gewesen, in der neuen Demokratie etwas dazuzulernen, berichte Weiß. Dementsprechend wenig hätten deren Schüler dann über die DDR-Diktatur gelernt. Die wenig verbindlichen Lehrpläne hätten aber auch dazu eingeladen, vor der Geschichtsverarbeitung zu kneifen. «Und es haben viele Lehrkräfte gekniffen», betonte Weiß. Kritiker monieren schon länger, dass manche Lehrer in Brandenburg bis heute ein verklärtes Bild der Diktatur vermittelten.

„Zu stark belasteten Lehrern wurde gekündigt“

Birthler verwies darauf, dass zu stark belasteten Lehrern konsequent gekündigt worden sei – darunter ehemalige Zuträger des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Birthler war ab 1990 Bildungsministerin im ersten Kabinett von Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD). 1992 trat sie wegen dessen umstrittener Stasi-Kontakte zurück.

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In einem zweiten Teil befasste sich die Enquetekommission mit dem Thema Sport. Auch dessen Rolle sei in Brandenburg bei der Geschichtsaufarbeitung bislang zu wenig untersucht worden, hieß es in einem Gutachten der Zeithistorikerin Jutta Braun. Danach blieben die Seilschaften des hochgezüchteten DDR-Leistungssports im neu gegründeten Bundesland weiter bestehen.

Laut Gutachten wurde im märkischen Leistungssport – nach Umstrukturierungen in der Nachwendezeit – sogar zu «bewährten DDR-Mustern» zurückgekehrt. «Das gilt insbesondere für das „Schule-Leistungssport-Verbundsystem“, das eine kontinuierliche Pflege des Nachwuchses sicherstellen soll.» Auch pädagogisch-organisatorische Elemente der ehemaligen Kinder- und Jugendsportschulen hätten nach einigen Jahren wieder Anerkennung gefunden und das Modell der Eliteschulen des Sports geprägt. «Der Sport gehört somit zu den wenigen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, in denen die Bundesrepublik „von der DDR lernte“ und einzelne Bausteine adaptierte», bilanziert Forscherin Braun. dpa

(22.2.2013)

Zum Bericht: „Udo Lindenberg will Schülern das Thema DDR nahebringen“

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sofawolf
11 Jahre zuvor

Ich finde diesen Beitrag seltsam. Was wird damit bezweckt? Es gab unter allen Menschen in der DDR einen gewissen Prozentsatz an „Linientreuen“. Die waren davon überzeugt, das Gute und das Richtige zu tun, so wie heutzutage Anhänger von CDU, SPD, FDP, Grünen, Linken usw. auch davon überzeugt sind, dass ihre Partei das Gute und das Richtige tut/will (prinzipiell). Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Menschen, die sich bisher auf der „richtigen Seite“ wähnten, darunter gelitten haben, wenn man ihnen nach der Wende sagte, das war alles falsch und schlecht. Aber wozu jetzt dieser Artikel? Aus „vielen“ liest doch Otto Normalverbrauchen rasch „alle“. Ich kenne andere DDR-Lehrer: Eine Geschichtslehrerin, die noch zu DDR-Zeiten aus der SED austrat; eine Musiklehrerin, die nach der Wende in der CDU mitwirkte; einen Sportlehrer, der nach der Wende Gift und Galle spuckte, als in Mecklenburg-Vorpommern die SPD mit der PDS (heute: Die Linke) eine Koalition einging. Und was sagt das nun aus???