DÜSSELDORF. Die GEW preschte voraus. In einer Pressemitteilung verkündete sie schon am Mittag, was eigentlich erst am Abend beschlossen werden sollte: Ein Zurück zu G9 wird es in Nordrhein-Westfalen (anders als im gleichfalls Rot-Grün regierten Niedersachsen) nicht geben. Zu deutlich war allerdings das Meinungsbild der Teilnehmer am Runden Tisch im Düsseldorfer Schulministerium.
Die Rolle rückwärts zum alten Halbtagsgymnasium mit 13 Schuljahren bis zum Abitur sei offenkundig beim Runden Tisch nicht mehrheitsfähig gewesen, erklärte GEW-Landesvorsitzende Dorothea Schäfer bereits Stunden vor der Sitzung. Und: „Das ist gut so. Die Vorstellung, jedes Kind könne nach der Schule nach Hause gehen und dort optimale Betreuung zum Weiterlernen vorfinden, hat doch mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Das ist das Gegenteil von Chancengleichheit – für berufstätige Eltern und für Kinder aus bildungsfernen Familien“, meinte sie – und verwies mit Blick auf die differenzierte Schullandschaft auf zahlreiche Alternativen zu G 8, etwa an den Gesamtschulen des Landes.
Vor der Abschlusssitzung des Runden Tisches demonstrierten rund zwei Dutzend Kinder und Erwachsene vor dem Ministerium gegen das Turbo-Abitur. Auf Transpartenten beklagten sie: „Mit G8 um Kindheit und Bildung gebracht“. Der Sprecher der Volksinitiative, Marcus Hohenstein, warf der Ministerin vor, sie habe sich vorformulierte Empfehlungen von geladenen „Vasallen“ absegnen lassen. Die rund 45 Interessenvertreter am Runden Tisch der Ministerin repräsentierten in keiner Weise die Bevölkerung des Landes, kritisierte Hohenstein in einer Mitteilung. Insgesamt 30 Verbände und Parteien haben am Runden Tisch teilgenommen, darunter Eltern-, Lehrer- und Schülervertreter.
Tatsache aber ist: Lediglich die Volksinitiative «G9 jetzt in NRW» sowie die Bürgerinitiative «G-IB-8» wollen weiter für 13 Jahre Schulzeit bis zum Abitur kämpfen.Die Volksinitiative hat nach eigenen Angaben bislang mehr als 46.000 Unterschriften für ihr Anliegen gesammelt. Wenn bis zum April 66 000 Unterschriften zusammenkommen, muss der Landtag sich erneut mit dem Thema beschäftigen.
Die Mehrheit der am Runden Tisch vertretenen Organisationen hält aber am sogenannten Turbo-Abitur fest. Die meisten wollen Verbesserungen und Entlastung der Schüler innerhalb des bestehenden Systems. Dazu sollen weniger Hausaufgaben, weniger Nachmittagsunterricht sowie Einschränkungen des Lehrstoffs beitragen. Auch der VBE forderte keine Rückkehr zu G9. VBE-Chef Udo Beckmann zeigte sich gleichwohl unzufrieden mit den vereinbarten Maßnahmen – das Grundproblem der bestehenden G8-Konstruktion werde nicht gelöst. „Immer noch ist die Sek I im Gymnasium fünf Jahre lang, während sie in den anderen Schulformen über sechs Jahre geht. Der verbesserten Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schulformen wird die von der Mehrheit getragene Empfehlung damit nicht gerecht. Der mit der Einführung von G8 im Jahr 2005 begangene Konstruktionsfehler bleibt bestehen”, sagte Beckmann.
Die Entscheidung über G8-Reformen trifft allerdings nicht der Runde Tisch. Über die Empfehlungen werden SPD und Grüne im Dezember noch auf kleinen Parteitagen beraten. Anschließend entscheidet die Regierung, welche Reformen sie dem Landtag konkret zum Beschluss vorlegen wird.
In mehreren landes- und bundesweiten Umfragen hatten sich drei von vier Bürgern gegen die Schulzeitverkürzung ausgesprochen. Diese Bürger würden von der «Einheitspartei» aus Regierung und Opposition im Landtag nicht repräsentiert, meinte Hohenstein. In Hamburg und Bayern waren kürzlich Volksbegehren zum neunjährigen Gymnasium gescheitert. Dagegen will Niedersachsen das Turbo-Abitur abschaffen.
In NRW war das Gesetz zur Schulzeitverkürzung 2005 verabschiedet worden. Nach Angaben des Schulministeriums gibt es in NRW neben 613 Gymnasien mit acht Schuljahren zahlreiche Alternativen für das Abitur nach 13 Schuljahren. Dies sei möglich an 306 Gesamtschulen, 109 Sekundarschulen, 10 Gemeinschaftsschulen, 225 Gymnasien an Berufskollegs sowie 12 Gymnasien im Modellversuch. News4teachers / mit Material der dpa
Zum Bericht: Streit um “Turbo-Abi”: NRW-Verbände wollen G8 beibehalten – fordern aber Verbesserungen
Genau das war zu erwarten. Viel Lärm um nichts, wie genau die Entlastung der Schüler aussehen soll, kümmert Frau Löhrmann nicht, dafür sind ja die Schulen mit ihren unterforderten Lehrern da.
Ich war als Teilnehmer für die Bürgerinitiativen beim Runden Tisch. Es wurde zu keinem Zeitpunkt über die Vor – und Nachteile von G8 und G9 gesprochen. Dass der VBE nun so dargestellt wird als habe er sich gegen die Löhrmannschen Verbesserungsvorschläge gestellt, mutet in Anbetracht der Abläufe bizarr an. Tatsächlich hat er zuletzt das SI Problem angesprochen, ansonsten waren es aber ausschließlich die Bürgerinitiativen, die eine offene Diskussion zum missglückten G8 forderten.
Da ddie Tagesordnung niemals eine Diskussion über G9 vorsah, wurden die Bürgerinitiativen nachvollziehbarerweise oft als störend empfunden