Bismarcks 200. Geburtstag: wie seine Triumphe, Konflikte und Reformen eine Epoche prägten

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BERLIN. In Bismarcks Ära fallen große Erfolge, wegweisende Entscheidungen, Kriege und Krisen – und Reformen, die bis heute nachwirken.

Fast 30 Jahre lang bestimmte Otto von Bismarck die Geschicke Preußens und Deutschlands. 1862 wurde er zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt, 1871 zum Reichskanzler des neuen Deutschen Reichs. Sein Wirken prägte eine Epoche. Ein Überblick:

REICHSEINIGUNG: Unter Führung Preußens schmiedete Bismarck den deutschen Nationalstaat – in einer «kleindeutschen Lösung», ohne Österreich. «Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden – das ist der große Fehler von 1848 bis 1849 gewesen – sondern durch Eisen und Blut», sagte Bismarck 1862. Nach Siegen in den Kriegen gegen Dänemark (1864), im Deutschen Krieg gegen Österreich und seine Verbündeten (1866) sowie im deutsch-französischen Krieg (1870/71) wurde der preußische König Wilhelm I. am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles zum Kaiser proklamiert.

BÜNDNISPOLITIK: Bismarcks Hauptziel war es, den «Erbfeind» Frankreich zu isolieren und ein französisch-russisches Bündnis zu verhindern – das Deutschland in die Zange hätte nehmen können. Das deutsch-französische Verhältnis wurde durch hohe Reparationszahlungen und die Annexion Elsass-Lothringens durch das Deutsche Reich auf Dauer schwer belastet. Dieser harte Frieden war «einer der größten Fehler» Bismarcks, sagt der Historiker Carsten Kretschmann. Als «ehrlicher Makler» verhinderte Bismarck 1878 auf dem Berliner Kongress einen möglichen neuen Krieg in Europa. Nach seinem Sturz 1890 aber zerfiel Bismarcks System. Nach der Entlassung Bismarcks 1890 zerfiel sein Bündnissystem wenig später.

Otto von Bismarck 1881. (Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1990-023-06A / CC-BY-SA)
Otto von Bismarck 1881. (Foto: Bundesarchiv, Bild 146-1990-023-06A / CC-BY-SA)

KULTURKAMPF: Der Begriff «Kulturkampf» wurde 1873 von dem Liberalen Rudolf Virchow (1821-1902) geprägt. In einer Rede im preußischen Abgeordnetenhaus bezeichnete Virchow damit den damaligen Streit über das Verhältnis von Kirche und Staat. In dem Konflikt zwischen der Regierung und der römisch-katholischen Kirche ging es vor allem um Einflussnahme im Bildungswesen und in der Ehegesetzgebung. Bismarck versuchte, mit verschiedenen Gesetzen die Macht der Kirche zu brechen. Geistliche, die Widerstand leisteten, wurden abgesetzt und einige von ihnen verhaftet.

KAMPF GEGEN DIE SOZIALDEMOKRATIE: Um die zunehmende sozialdemokratische Wählerschaft zu dezimieren, kämpfte Bismarck mit allen Mitteln gegen die Arbeiterbewegung. Auf seine Veranlassung hin kam es 1878 zum Sozialistengesetz gegen «die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie». Es war de facto ein Parteiverbot. Nach deutlichen Stimmenzuwächsen der Sozialdemokraten bei der Reichstagswahl wollte Bismarck im Jahr 1890 das Sozialistengesetz noch einmal verschärfen und dachte auch daran, das allgemeine Wahlrecht aufzulösen. Der neue, junge Kaiser Wilhelm II. wollte dies aber nicht mehr mittragen und entließ Bismarck.

SOZIALGESETZGEBUNG: Infolge der Industrialisierung lebten breite Arbeitermassen im Kaiserreich im Elend. Die meisten Arbeiter waren bei Krankheit oder im Alter auf Almosen der Gemeinden angewiesen. Bismarck wollte der immer bedrohlicheren sozialen Frage begegnen und eine weitere Radikalisierung der Arbeiter stoppen. Eingeführt wurden die Kranken- und Unfallversicherung, später auch der Grundstein der Rentenversicherung, das «Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz». Trotz Bismarcks Sozialpolitik aber schloss die Arbeiterschaft mit dem monarchischen Staat keinen Frieden, wie der Publizist Norbert F. Pötzl schreibt. dpa

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