Kultusminister wollen mehr Fremdsprachen an Berufsschulen und die Digitalisierung voranbringen

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BERLIN. Der tiefe Graben zwischen Befürworten und Gegnern des Kooperationsverbots unter den Ländern bleibt wohl auch nach ihrer Amtszeit als KMK-Päsidentin bestehen. Doch auch wenn Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann selbst gegen eine Aufhebung ist, forderte sie vor der letzten Sitzung des Gremiums unter ihrer Leitung vom Bund mehr Verlässlichkeit in Sachen Bildung, nicht zuletzt, angesichts der Posse um die Wanka-Millionen. Beim Kernthema ihrer Amtszeit konnte Eisenmann heute Erfolge vermelden.

Die scheidende Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Susanne Eisenmann (CDU), hat den Bund zu mehr Verbindlichkeit und weniger leeren Versprechungen im Verhältnis zu den Ländern aufgerufen. «Es wird immer so getan, als würde alles besser werden, wenn der Bund in der Bildung die Fäden in der Hand halte», sagte die baden-württembergische Kultusministerin. Sie fügte hinzu: «Die Wanka-Milliarden sind doch das beste Beispiel dafür, dass dies nicht stimmt.»

Die scheidende KMK-Präsidentin Susanne Eisenmann will der beruflichen Bildung aus dem Schatten der akademischen Ausbildung helfen. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg
Die scheidende KMK-Präsidentin Susanne Eisenmann will der beruflichen Bildung aus dem Schatten der akademischen Ausbildung helfen. Foto: Kultusministerium Baden-Württemberg

Eine Aufhebung des Kooperationsverbots lehnt Eisenmann weiterhin ab. Der Bildungsföderalismus habe etliche Vorteile. «Unser föderales Schulsystem lebt doch gerade vom Wettbewerb der Länder untereinander.» Werde alles zentral gesteuert, könnten die Länder nichts mehr voneinander lernen, wie sie es zum Beispiel bei den Ländervergleichen des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB) machten.

Die von SPD, Grünen und Linken regierten Länder Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen hatten im Bundesrat noch vor der Bundestagswahl einen Entschließungsantrag gestellt. Darin fordern sie «die Bundesregierung auf, mit den Ländern in Gespräche über eine Änderung des Grundgesetzes einzutreten, durch die das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern in der Bildung aufgehoben wird». Der Entschließungsantrag wird in den Fachausschüssen weiter diskutiert.

Weiß sich Eisenmann in ihrer ablehnenden Haltung durch „ihren“ Ministerpräsidenten Kretschmann unterstützt, ist das Thema auch innerhalb der Union umstritten. Besonders die CSU pocht auf die Länderhoheit in der Bildung. Andere CDU-Schulpolitiker wie Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner hingegen fordern eine Aufweichung des Verbots.

Kretschmann fällt den Bundes-Grünen in Sachen Kooperationsverbot in den Rücken – SPD: “sture Prinzipienreiterei” auf dem Rücken der Schulen

Für ihre Amtszeit hatte sich Eisenmann besonders die Stärkung der Berufsbildung auf die Fahne geschrieben. Hier beschloss die KMK heute unter anderem einen «Tag der beruflichen Orientierung» an allen weiterführenden deutschen Schulen einführen. Dieser sei Teil eines neuen Konzepts zur Stärkung der Berufsbildung, wie Eisenmann (CDU), nach der letzten KMK-Sitzung in diesem Jahr mitteilte.

Für viele erscheine ein Studium als der einzige Weg zu einem attraktiven Beruf, sagte Eisenmann. «Die Vielfalt ist viel größer, als in den Köpfen derer, die es zu entscheiden haben, verankert ist.»

Am «Tag der beruflichen Orientierung» stellen sich etwa Firmen vor, und es werden Tipps für Bewerbungen gegeben. In einzelnen Ländern wie Baden-Württemberg existiert ein solcher Tag bereits.

Die Bundesländer wollen auch Betriebserkundungen und -praktika mit Vor- und Nachbereitung ausweiten und die Zusammenarbeit allgemeinbildender Schulen mit Berufsschulen intensivieren.

Auch um die Berufsschulen selbst wollen sich die Länder verstärkt kümmern. Sie sollen die Auszubildenden stärker auf die Digitalisierung der Betriebe vorbereiten. Für den Job wichtige Fremdsprachen sollen sie dort besser erlernen können. Auch für Flüchtlinge mit Bleibeperspektive soll es passendere Angebote geben. Die individuelle Förderung soll gestärkt werden.

«Die berufliche Bildung genießt weltweit ein hohes Ansehen. Doch leider steht sie hierzulande teilweise noch völlig zu Unrecht im Schatten der akademischen Bildung», sagte Eisenmann.

Eisenmann wird Anfang kommenden Jahres an der Spitze der KMK von dem thüringischen Kultusminister Helmut Holter (Linke) abgelöst.

KMK und Hochschulrektorenkonferenz wollen zudem die kleinen Fächer an den Hochschulen sichern. Eine Arbeitsstelle Kleine Fächer an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz beschäftigt sich mit 119 geistes- und naturwissenschaftlichen Fächern an 80 Hochschulen – von Afrikanistik bis Wissenschaftsgeschichte. (News4teachers mit Material der dpa)

Fällt nach der Wahl das Kooperationsverbot? – Bundesrat stellt Grundgesetzregelung auf den Prüfstand

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sofawolf
6 Jahre zuvor

Wozu braucht man neben Englisch heutzutage noch eine weitere Fremdsprache?

Man sollte die „eingesparte Zeit“ zum Nacharbeiten früherer Themen nutzen, wie z.B. die Rechtschreibung. Darüber klagen die Ausbilder ja.

Anna
6 Jahre zuvor

Weil Deutschland ein Land ist, das vom Export – also vom Handel mit anderen Ländern – lebt? Und weil kultureller Austausch die Grundlage für Völkerverständigung ist? Und weil die tiefe Kenntnis anderer Kulturen, die nur über die Sprache funktioniert, eine Bereicherung für das Leben darstellt?

Und weil perfekte Rechtschreibung vielleicht gar nicht so wichtig ist?

xxx
6 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

anna, sie wissen welche klientel berufsschulen besucht? kultureller austausch und Völkerverständigung ist in den meisten Fällen weniger wichtig als die sportschau am samstag.

berufsbezogene fremdsprache finde ich ok, wenn es nicht die eigene Muttersprache ist. ein türkischer Azubi im elterlichen metzgerbetrieb braucht kein türkisch.

Anna
6 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Ihre Arroganz und Misanthropie ist unglaublich. Wieso sollten Berufsschüler kein Interesse an kulturellem Austausch haben?`

Und wieso braucht ein „türkicher Azubi im elterlichen metzgerbetrieb“ (wie viele gibg’s denn davon?) kein Türkisch? Zu Hause hat er vielleicht sprechen gelernt – schriftliche Kommunikation, auch im Geschäftlichen, ist etwas ganz anderes.

OMG
6 Jahre zuvor

Berufsschulen bilden alle Abschlüsse ab: Vom nachzuholenden Hauptschulabchluss bis zum Abitur, die Kleintel ist zumindest bei uns zu 50% Oberstufenklientel, also bildungsnah.

Was mich bei der KMK stört: Wie lange will man noch analysieren? 15 Jahre ein Fehlschuss nach dem anderen ließe eher auf einen Wechsel des Halali drängen als wieder in das (scheinbar inkompetente) Analyshorn zu tröten.

Steiermark
6 Jahre zuvor

@xxx
Das Klientel interessiert sich nicht mehr oder weniger für die Sportschau am Samstag wie es Akademiker, Gymnasiasten oder Lehrer auch machen.

Wie OMG es schon richtig sagte, die Berufskollegs bilden alle Abschlüsse ab, die es so in Deutschland gibt.

Kommen wir aber zurück zum Thema. @Annas Ausführungen sind realitätsfremd. Es handelt sich um die üblichen schönen Worthülsen, vollkommen ohne Gehalt. Richtig ist, Berufsschüler haben Englischunterricht, richtig ist aber auch, dass Berufskollegs Ganztagsschulen sind. Die Schülerinnen und Schüler werden bis in den späten Nachmittag wirklich unterrichtet. Sollten sie doch einmal früher Unterrichtsschluss haben, dann sind die Auszubildenden sogar verpflichtet ihren Ausbildungsbetrieb aufzusuchen.

Wie sollen also zusätzliche Sprachen in dieses Unterrichtpensum eingebaut werden und wieso überhaupt? Die Schülerinnen und Schüler werden es unsinnig finden und auch die Lehrkräfte, die sich ohnehin fragen wie der Unterrichtsstoff zu schaffen ist. Welche Fächer sollen denn gestrichen werden, um die Schülerinnen und Schüler kulturell sensibilisieren zu können?

Das Gleiche betrifft die Äußerungen über die Digitalisierung von Betrieben. Man merkt, dass diese Leute in ihrem Elfenbeinturm leben. Die Betriebe selber treiben die Digitalisierung voran. Sie stellen die Anfragen/Bitten an die Berufskollegs bestimmte moderne Techniken zu unterrichten, beteiligen sich an einer modernen Ausstattung. Zwischen den Berufsschulen, Industrie-, Handels- und Handwerkskammern besteht oft enge Zusammenarbeit. Da die Kammern die Abschlussprüfungen zentral abnehmen, können es die Berufsschulen gar nicht leisten inhaltlich und technisch der Berufswirklichkeit hinterherzuhecheln.

Das führt uns wieder zu @xxx inhaltlichen Vorwurf, dass Berufsschüler irgendwie „dümmlich“ seien. Dem kann ich ganz klar widersprechen. Der Anspruch, den die heutige Berufswelt an Facharbeiter stellt, hat nicht selten ein akademisches Niveau (hierbei denke ich vor allem an die technischen Berufe). Haben sie schon einmal die Abschlussarbeiten eines Mechatronikers, Fachinformatikers, Fluggeräteelektroniker, Heizungsbauer oder eines Zimmermanns gesehen? Die können vom Niveau her durchaus mit denen eines Hochschulabsolventen mithalten.