Psychologie: Gute Laune kann beim Lernen zu Fehleinschätzung führen

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FREIBURG. Gute Laune kann beim Lernen kontraproduktiv sein. Darauf weisen Wissenschaftler der Universität Freiburg hin. Positive Emotionen haben in einer Untersuchung dazu geführt, dass Lernende Texte schlechter verarbeitet und sich gleichzeitig mehr überschätzt haben, erklärt Forscherin Anja Prinz, die mit ihrem Kollegen Prof. Jörg Wittwer die Studie erstellt hat. «Das heißt, sie erkennen nicht, dass sie wenig verstanden haben», erläutert sie auf der Website der Uni. Die Selbsteinschätzung von Lernenden mit negativen oder neutralen Emotionen sei dagegen relativ genau gewesen.

Fröhlich? Kann dem Lernen abträglich sein. Foto: Shutterstock

Jörg Wittwer erklärt das so: «Fühlt man sich gut, muss man die aktuelle Situation nicht analysieren, denn man möchte daran nichts ändern.» Bei einem schlechten Gefühl aber helfe es zu fragen, warum das so ist. «Daher fördern negative Emotionen eher einen analytischen Denkstil.» Allerdings ist zu beachten: Wenn die positiven Emotionen mit dem Lernmaterial zu tun haben, sei das gar nicht schlecht. «Nur wenn man gute Laune hat, die nichts mit dem Lernen an sich zu tun hat, kann das zu einer Überschätzung führen.»

Für alle Lernenden leitet Anja Prinz aus ihrer Studie folgenden Hinweis ab: «Wenn man gut drauf ist oder das Wetter besonders toll ist, signalisiert das nicht automatisch, dass man etwas verstanden hat.» Sie rät: «Man sollte sein Verständnis direkt am Text prüfen, anstatt sich vom eigenen Optimismus fehlleiten zu lassen.» In der Untersuchung der Lehr- und Lernforscher wurden bei den Lernenden zunächst verschiedene Stimmungungen ausgelöst. Danach mussten sie einen Fachtext lesen, im Anschluss ihr daraus gewonnenes Wissen einschätzen und schließlich einen Verständnistest machen.

Das hat durchaus Folgen für die Schule. Wittwer: „Manche haben die Vorstellung, man darf beim Lernen gar keine Emotion haben, sondern sollte ganz neutral und fokussiert sein. Wenn die positiven Emotionen mit dem Lernmaterial zu tun haben, ist das aber gar nicht schlecht. Nur wenn man gute Laune hat, die nichts mit dem Lernen an sich zu tun hat, kann das zu einer Überschätzung führen. Das ist auch für Lehrkräfte interessant: Wenn sie versuchen, ihre Schülerinnen und Schüler in eine positive Stimmung zu bringen, die nichts mit dem Lerngegenstand zu tun hat, dann könnte das nach den Ergebnissen unserer Studie abträglich sein.“ News4teachers / mit Material der dpa

Hier gibt es ein Interview mit den beiden Wissenschaftlern.

Studie: Überraschung hilft beim Lernen

 

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3 Kommentare
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sofawolf
5 Jahre zuvor

Zitat: „Das ist auch für Lehrkräfte interessant: Wenn sie versuchen, ihre Schülerinnen und Schüler in eine positive Stimmung zu bringen, die nichts mit dem Lerngegenstand zu tun hat, dann könnte das nach den Ergebnissen unserer Studie abträglich sein.“

Heben wir mal das hervor.

mississippi
5 Jahre zuvor

Studien zeigen einfach immer nur, was Lehrer falsch machen (können).

Bettina
5 Jahre zuvor
Antwortet  mississippi

Das leider auch. Aber viele Studien standen in der Vergangenheit im Dienst von bildungspolitischer Beeinflussung durch Parteien oder Lobbyisten. Lehrer werden dann bedauerlicher Weise für die negativen Folgen durch Einzug in Methoden oder Lehrpläne verantwortlich gemacht.
Ehrlich gesagt verstehe ich auch jene Lehrer nicht, die Fragwürdiges nicht besser durchschauen und alles begrüßen, was heilsbringende Veränderung verheißt.