Doch keine „faulen Säcke“: Altkanzler Schröder lobt Lehrer für ihr Engagement

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BERLIN. Altkanzler Gerhard Schröder ist 25 Jahre nach seiner heftig kritisierten «Faule Säcke»-Aussage über Lehrer inzwischen ein großer Freund dieser Berufsgruppe. «Ich hab das früher mal ein bisschen überzogen kritisiert, aber ich hab mich eines besseren belehren lassen müssen: Es gibt ein großes Engagement von vielen über den Schulalltag hinaus», sagte Schröder in seinem an diesem Dienstag erscheinenden Podcast «Die Agenda».

Lobt Lehrer – nach 25 Jahren: Altbundeskanzler Gerhard Schröder. Foto: „Gerhard Schröder (2013) / Rede“ by Tim Reckmann | a59.de is licensed under CC BY 2.0

Die Lehrer allein, so Schröder, könnten aber die sozial unterschiedlichen Voraussetzungen der Schüler nicht wettmachen. Wenn die Eltern morgens «schlecht aufstehen können und die Kinder dann im Winter auf einmal im Schlafanzug mit ’nem Parka drüber in der Schule sind […] dann macht das ein Problem, das die Schule nur bedingt aufarbeiten kann.»

Wenn heute der Computer in der Familie fehle, hätten es die Kinder deutlich schwieriger, sagte der Altkanzler. «Gott sei Dank bin ich nicht derjenige, der die Kinder lehren muss, wie man mit Computern umgeht. Denn ich komme gerade mit dem Handy zurecht.»

Es hagelte Strafanzeigen für Schröders Lehrer-Bashing

Als niedersächsischer SPD-Ministerpräsident hatte Schröder 1995 mit dem Satz «Ihr wisst doch ganz genau, was das für faule Säcke sind» in einem Schülerzeitungs-Interview Aufsehen erregt. Dafür hagelte es Strafanzeigen.

Die Staatsanwaltschaft prüfte ein Ermittlungsverahren – verwarf das aber schnell. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft stellten Schröders Äußerungen keine Beleidigung nach Paragraph 185 des Strafgesetzbuches dar. Der Ministerpräsident habe keine abgrenzbare Gruppe von Lehrern genannt, sondern vielmehr pauschal alle Lehrer erwähnt. Deshalb könne gegen ihn strafrechtlich nicht vorgegangen werden. Auch der Straftatbestand der Volksverhetzung nach Paragraph 130 Strafgesetzbuch sei nicht erfüllt.

Trotzdem bekam Schröder massiven Gegenwind zu spüren. Rund 130 erboste Genossen – in der Mehrzahl eben Lehrer – gaben ihr SPD-Parteibuch zurück. Der Aufruhr war so groß, daß sich Schröder entschuldigen mußte. „Es tut mir leid, wenn Sie sich persönlich getroffen fühlen“, formulierte der spätere Kanzler zerknirscht. In einem Brief an die GEW schrieb er, dass das Interview nicht autorisiert gewesen sei. Nach Tonbandmitschnitten, die die Redakteure der Schülerzeitung und der Norddeutsche Rundfunk besaßen, waren die Zitate jedoch authentisch.

Lob für die Politik in der Coronakrise

In der aktuellen Folge seines Podcasts spricht Schröder mit Musikproduzent Mousse T. unter anderem über Bildungschancen und die Corona-Krise. Wie die Politik mit der Krise umgegangen worden sei, sei super gewesen, sagte Mousse T. Und Schröder stimmte zu: «Es gibt kaum ein Land, in dem man in einer solchen Situation besser und lieber lebt, als in Deutschland. Das haben die, und das muss ich auch mit Respekt vor der Kanzlerin, vor der Bundesregierung sagen, richtig gut gemacht.» Das lasse sich nicht bestreiten. «Ich will nur leise anmerken, in der Heimat meiner wunderbaren Frau – Südkorea – haben sie es auch gut gemacht.»

Hier geht es zu Schröders Podcast „Die Agenda“ (die aktuelle Folge 7 soll im Lauf des heutigen Dienstags erscheinen).

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

„Lehrerinnen und Lehrer eignen sich bestens als Sündenböcke“: Warum das Image der Schulen in der Corona-Krise so leidet – ein Interview

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4 Kommentare
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Omg
3 Jahre zuvor

Kann sich der Putinversteher sparen

Küstenfuchs
3 Jahre zuvor

Der ist bestimmt nicht die moralische Instanz, die über mich oder meinen Berufsstand ein Urteil abgeben dürfte. Weder positiv noch negativ!

Der "Rechtsstaat"
3 Jahre zuvor

Es ist also keine Beleidigung, wenn man eine ganze Berufsgruppe pauschal beleidigt. Würde ich also sagen, alle Bundeskanzler und die Kanzlerin der BRD sind Ar…

Richard Grünert
3 Jahre zuvor

Nicht würde. Sollte!