Pandemie bremst teils Meisterkurse im Handwerk

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HALLE/MAGEDEBURG. Handwerk hat goldenen Boden, sagt das Sprichwort. Die Handwerkskammern beklagen jedoch, dass zu wenige junge Menschen einen Handwerksberuf ergreifen und später den Meistertitel draufsatteln.

Im Norden Sachsen-Anhalts haben im vergangenen Jahr so wenige Handwerkerinnen und Handwerker ihre Meisterausbildung abgeschlossen wie nie. «Die Zahl der Meisterkursabsolventen geht seit Jahren beständig zurück, 2020 haben wir einen neuen Tiefstand erreicht. Dieser Trend wurde durch die Pandemie noch verstärkt», teilte die Handwerkskammer Magdeburg auf Anfrage mit. 79 Handwerkerinnen und Handwerker hätten ihren Meisterbrief erhalten. Die Handwerkskammer Halle berichtete von 150 Meisterabsolventen im vergangenen Jahr. Das entspreche einem gleichbleibenden Niveau.

Pandemieunabhängig geht die Zahl der jungen Handwerkerinnen und Handwerke, die nach der Ausbildung ihren Meister anstreben zurück. Foto: Charles & Hudson / flickr (CC BY-SA 2.0)

«Eine negative Auswirkung der Corona-Pandemie ist nicht erkennbar, da die Meisterkurse weitgehend im Präsenz- oder Onlineunterricht durchgeführt und nur verschoben wurden aber nicht ausgefallen sind», teilte der südliche Kammerbezirk mit, in dem es 2018 und 2019 jeweils rund 140 Meisterabschlüsse gegeben hatte. Im Vergleich der zurückliegenden zehn Jahre habe es 2014 die meisten Abschlüsse gegeben. Damals waren es 265.

Die Handwerkskammer Magdeburg macht für den Negativtrend neben Corona auch die demografische Entwicklung und den Trend hin zur Akademisierung verantwortlich. Während der Pandemie hätten Kurzarbeit und die Schließung des Berufsbildungszentrums, der Wechsel in den Digitalunterricht sowie persönliche Herausforderungen bei den Teilnehmern die Meisterausbildung zusätzlich stark eingeschränkt. Im Jahr 2000 habe es noch 397 Meisterabsolventen gegeben, 2010 dann 273.

Die Entwicklung in den einzelnen Gewerken ist dabei unterschiedlich. Die Handwerkskammer Magdeburg verzeichnete bei den Maurern/Betonbauern sowie den Installateuren/Heizungsbauern einen Anstieg bei den Meisterausbildungen. Einen Rückgang habe es bei den Tischlern und den Malern/Lackierer gegeben. «Der Rückgang in den Meisterzahlen macht dem Handwerk große Sorgen. Ein weiterer Rückgang der Absolventenzahlen kann zu dramatischen Entwicklungen am Arbeitsmarkt und bei der Unternehmensnachfolge führen», erklärte Hauptgeschäftsführer Burghard Grupe.

Die Handwerkskammer Halle verzeichnete einen Rückgang der Absolventenzahlen unter anderem im Bau- und Ausbauhandwerk, im Holzhandwerk und in Gesundheits- und Körperpflegeberufen. In der Baubranche schlage die gute Konjunktur durch, Firmen und Mitarbeiter seien so stark ausgelastet, dass wenig Zeit für die Meisterschule bleibe. Einen ständigen Zuwachs verzeichne die Kammer vor allem im Elektrotechnikerhandwerk und im Kfz-Technikerhandwerk.

Beide Kammern fordern eine Fortsetzung der Meistergründungsprämie durch das Land, die zur Jahresmitte ausgelaufen war. «Außerdem brauchen wir einen Meisterbonus wie etwa in Niedersachsen, der nach dem erfolgreichen Abschluss der Meisterausbildung gezahlt wird», sagte Grupe. «Grundsätzlichen müssen die berufliche Bildung und die berufliche Fort- und Weiterbildung als attraktive Karriere-Alternative aufgewertet werden.»

Aus Sicht des Hauptgeschäftsführers der Handwerkskammer Halle, Dirk Neumann, geht es um «das Überleben eines ganzen Berufsstandes». Von den 13 383 Mitgliedsbetrieben der Kammer gehören 9961 zu den meisterpflichtigen Betrieben. «Deren Altersstruktur entsprich dem Altersdurchschnitt der Bevölkerung. Dass heißt, das rund ein Drittel der Meister oder betriebsleitenden Personen die 50, ein Viertel sogar die 60 überschritten hat und mittelfristig Nachfolger sucht.» Zugleich kämen zu wenige junge Menschen als Auszubildende im Handwerk an, weil der Trend Richtung Studium gehe. (dpa)

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