Corona, Ukraine-Flüchtlinge, Heizkrise – Lehrkräfte in Sorge vor dem Herbst

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MÜNCHEN. Ab in die Sommerferien! Das gilt in Bayern – als letztem Bundesland – am Freitag. Die meisten Schülerinnen und Schüler dürften den letzten Gong kaum erwarten können, liegen doch nun sechs Wochen ohne Unterricht vor ihnen. Auch die Lehrkräfte brauchen oft dringend Erholung (nicht nur im Freistaat) – und blicken schon bange auf das, was nach den Ferien kommt.

„Die Herausforderungen sind enorm“: Der Bundesvorsitzende des Realschullehrerverbands VDR Jürgen Böhm. Foto: Marco Urban / VDR

Der letzte Schultag an diesem Freitag ist für rund 1,6 Millionen Kinder und Jugendliche in Bayern der Start in die Sommerferien. Ob Freunde treffen, Freibad oder Familienurlaub – die Vorfreude ist bei vielen riesig. Oftmals erschöpft gehen nach Aussagen der Verbände die Lehrkräfte in die unterrichtsfreie Zeit. Sie werden die Erholung dringend brauchen, denn die Herausforderungen im nächsten Schuljahr sind weiter groß: Corona, die Integration der ukrainischen Flüchtlinge und die Energiekrise sind nur einige der Stichworte.

«Es war ein sehr belastendes Schuljahr, weil jetzt quasi alles normal ist vom Organisatorischen, von den Leistungserhebungen, der Durchtaktung, den Klassenfahrten – man hat trotz aller Widrigkeiten versucht, das normale Programm zu gestalten», resümiert Michael Schwägerl vom Bayerischen Philologenverband im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich habe man mit Corona und den Folgen des Angriffskrieges auf die Ukraine zwei große Herausforderungen meistern müssen. «Und die Unsicherheit für den Herbst ist riesengroß.»

Stichwort Corona: «Die Frage ist, welcher Instrumentenkasten den Schulen gegeben wird», sagt Schwägerl. Zuletzt mehrten sich Stimmen, dass kranke Schüler nicht mal mehr in Quarantäne sollten. «Wir erhoffen uns von der Bundesregierung und der Staatsregierung Vorgaben, die die Schulen präsenzsicher machen», fordert Schwägerl deshalb.

Dazu gehöre auch, dass nur Gesunde in den Schulgebäuden anwesend sein dürften. Sonst seien Krankheitsfälle auch unter den Lehrkräften vorprogrammiert, «und die Vertretungsproblematik war schon in diesem Schuljahr sehr schwierig». Vielerorts seien 10 bis 20 Prozent eines Kollegiums gleichzeitig über längere Zeit ausgefallen, dabei könne nur circa ein Prozent über die Lehrerreserve abgefangen werden. Von möglichen (Spät-)Folgen einer Corona-Infektion ganz zu schweigen.

„Wie geht man auch später mit klar symptombehafteten Schülern um – bietet man denen in den Schulen noch mal einen Test an?“

Der Vorsitzende des Realschullehrerverbands, Jürgen Böhm, fordert deshalb auch mehr Corona-Tests zu Beginn des neuen Schuljahres. Bislang ist nur ein einziger, freiwilliger Test vor dem Start vorgesehen. «Das müsste nicht nur vor dem Beginn sein, sondern auch in den ersten 14 Tagen, drei Wochen, vier Wochen – je nach Infektionsgeschehen immer wieder», sagt Böhm. Und stellt zudem die Frage: «Wie geht man auch später mit klar symptombehafteten Schülern um – bietet man denen in den Schulen noch mal einen Test an?»

Stichwort Ukraine-Flüchtlinge: Mehr als 26.000 Kinder und Jugendliche sind bereits an Bayerns Schulen angekommen. Schwägerl sorgt sich, ob die für die Willkommensklassen geschaffenen Stellen auch besetzt werden können. Ihm zufolge außerdem problematisch: In den Willkommensklassen an den weiterführenden Schulen sitzen alle Altersgruppen zugleich. Beim Deutschlernen vielleicht noch kein Problem – in Mathe und Englisch hingegen gebe es enorme Spreizungen.

«Bei allen Problemen, die wir haben, ist das eine unserer wichtigsten Aufgaben, dass wir diese jungen Menschen aus der Ukraine auffangen», betont auch Böhm. «Da ist einiges passiert, da sind Stellen geschaffen worden und Mittel möglich, aber es muss auch geklärt werden, wie wir Inhalte des ukrainischen Unterrichts in die Brückenklassen einbinden können.»

Stichwort Energiekrise: «Schauen wir mal, ob nicht zu einer Corona-Krise noch eine Heizkrise hinzukommt», warnt Böhm. Bei der Empfehlung, die Temperatur in öffentlichen Gebäuden im Winter auf 19 Grad abzusenken, mache er sich durchaus Sorgen. Böhm zieht deshalb das Fazit: «Die Herausforderungen sind enorm. Das ist kein Spaß, ganz blauäugig kann man das Schuljahr nicht beginnen lassen.» News4teachers / mit Material der dpa

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12 Kommentare
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Schattenläufer
1 Jahr zuvor

Macht euch keine Sorgen!
Die glorreichen 16 der KMK kümmern sich um alles!!!

Ups, das war jetzt, glaube ich, nicht hilfreich 🙂

Pit2020
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

@Schattenläufer

Ja Vorsicht!
„Die glorreichen 16 der KMK“ nehmen das für bare Münze, werfen Kusshändchen und verziehen sich hinter die Bühne, um von Dankesschreiben und Rosenbouquets umgeben den gut gekühlten Schampus vollumfänglich gewissenhaft und konsequent biologisch zu … „vernichten“.
Sie kümmern sich um alles. 😉

Wie komme ich auf solchen Unsinn? – Aaahja, bis vor kurzem habe ich ja auch noch ganz andere seltsame Gedanken gehabt, so von Gesundheitsschutz in Schulen (Luftfilter usw.) und so’n kirres Zeugs. 🙂

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Ts ts! Keine „Delegitimierung von Politikern“ bitte! Ich persönlich denke, dass das kommende SJ im Choas versinken wird. Also real. Die entsprechenden Schönsprechformulierungen liegen sicher schon in den Schubladen. Persönlich habe ich mir (neben dem konsequenten Schutz der eigenen Gesundheit) vorgenommen, sozial und emotional möglichst gut für die SuS da zu sein. Und ansonsten bleibt halt liegen, was liegen bleibt. Ist eh genug Quatsch dabei. Nicht ganz unwichtig: An meiner Schule war der echte Krankenstand (=welche Lehrkräfte fehlen rechtlich sauber) gerundet 29 Prozent. Tja. Rein praktisch gesehen wird die kurze Planung dem nächsten SJ schon den Rest geben.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  447

„Die entsprechenden Schönsprechformulierungen liegen sicher schon in den Schubladen.“

Und kommen am Freitag, vor Schulstart, damit wir gut vorbereitet sind… Ach nee, damit wir uns selbst gut vorbereiten.

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  Schattenläufer

Hilfreich – nein.

Aber funny!

Wir sollten einfach mal KuMi spielen und … nichts tun. Einfach nur … sein.

Absoluter SlowMo bis hin zum NoMo

ysnp
1 Jahr zuvor

Neuste Schocknachricht in der Tagespresse:
Bei uns im Landkreis (Bayern) wird es im kommenden Schuljahr im Grund- und Mitteschulbereich einen massiven Lehrermangel geben. Bisher konnten 50 Klassen noch nicht mit Klassenleitungen besetzt werden. Es wird darüber nachgedacht Stunden, die eigentlich im Stundenplan fixiert sind, (z.B. eine Förderstunde für die gesamte Klasse, Sportstunden, Religion) zu streichen. Zu große Klassen müssen u.U. belassen werden.
An meiner Grundschule müssten wir aufgrund von vielen Neuzugängen (ukrainische Schüler und Umzug, da neue Baugebiete und attraktive Arbeitgeber – ich denke, da kommen nach den Ferien sicher noch einige Neuzugänge) eigentlich Klassen verkleinern, indem zusätzliche Klassen gebildet werden. Wir haben jetzt schon Klassen mit 28/29 Schülern. Bei einer weiteren Verschärfung der Situation wären wir bei 30 und mehr Schüler pro Klasse, wenn sich keine Lehrer finden.

447
1 Jahr zuvor
Antwortet  ysnp

Wo gut bezahlt wird und es Aufstiegschancen gibt, existiert kein „Fachkräftemangel“ (der ohnehin eine Lobbyerfindung ist, siehe den jahrealten Monitor/ARD-Report dazu, frei auf youtube verfügbar).

Im Staatsdienst *kann* es den gleich zweimal nicht geben:
1.SuS und LuL sind zahlenmäßig auf Jahre bekannt, Migration kann man mit der Plustasche jedes Taschenrechners einpreisen.
2. Es gibt nach wie vor arbeitslose und/oder nicht verbeamtete Lehrkräfte.

Es ist ein GELDPROBLEM: Wie viel Geld soll Bildung kosten? (Oder ne Lufthansa, oder ne Commerzbank, oder oder…)

Monkey-Island-Logik: Benutze [Geld] und [Arbeitsplatzsicherheit] mit Arbeitsmarkt für als Lehrer geeignete Personen. Problem: Gelöst.

Ja, ganz richtig: Geld, Knete, Moneten, Zaster. Ist doch für sonst auch so einiges da.

Aber die größte Angst ist es ja, man könnte zu viele Lehrer einstellen – am Ende sitzt noch wer ohne Arbeit im Lehrerzimmer, das wäre sooooo schlimm, viel schlimmer als durch Unterversorgung das ganze System lahmzulegen!
So schlimm, ja megaschlimm geradezu!

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor
Antwortet  ysnp

Sportstunden streichen?
Bei deeen mopsigen, grobmotorischen Kids, die zu Hause und in der KiTa so sehr gelitten haben, dass Schule um jeden Preis stattfinden muss?!

Gewagt!

Angereichert mit einem fröhlichen Spritzer Ironie

Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

„Stichwort Ukraine-Flüchtlinge: Mehr als 26.000 Kinder und Jugendliche sind bereits an Bayerns Schulen angekommen. Schwägerl sorgt sich, ob die für die Willkommensklassen geschaffenen Stellen auch besetzt werden können. Ihm zufolge außerdem problematisch: In den Willkommensklassen an den weiterführenden Schulen sitzen alle Altersgruppen zugleich. Beim Deutschlernen vielleicht noch kein Problem – in Mathe und Englisch hingegen gebe es enorme Spreizungen.“

Ach was!

«Bei allen Problemen, die wir haben, ist das eine unserer wichtigsten Aufgaben, dass wir diese jungen Menschen aus der Ukraine auffangen», betont auch Böhm. «Da ist einiges passiert, da sind Stellen geschaffen worden und Mittel möglich, aber es muss auch geklärt werden, wie wir Inhalte des ukrainischen Unterrichts in die Brückenklassen einbinden können.»

Nein! Die Inhalte des ukrainischen Unterrichts dürfen und müssen ukrainische Lehrkräfte bereitstellen und ggf. korrigieren.

Soweit ich das überblicke, hat noch kein(e) einzige(r) KuMi bzw. BiSenator(in) in Dachen ukrainische Schüler:innen etwas g e t a n bzw. v o r b e r e i t e t. Nur von uns gefordert.

Also – Zeit nutzen und m a c h e n, liebe KuMis!

Vielleicht mal fragen, was die in welchen Klassenstufen so lernen und wissen sollen.

Und das dann freitags an die Schulen weiterreichen, damit wir uns am Wochenende in die Bildungspläne der Ukraine einarbeiten können.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor

Die Lehrer machen sich Sorgen? Aber nein, wir haben doch so einen fürsorglichen Dienstherrn (Dienstdame???), die Fürsorgepflicht ist doch festgeschrieben, oder? Leider habe ich sie noch nicht bemerkt, wenn man mal von den Bezügen und Pensionen absieht. Mir ist jetzt völlig klar, warum man Beamte mit dem Schwur unterdrückt und ihnen jegliche Kritik untersagt., und dies dann mit den üppigen Bezügen und Pensionen rechtfertigt. Als angestellter Lehrer schaue ich da auch wieder in die Röhre. Vonwegen Fürsorgepflicht. Die Fürsorge gilt nur den Ministern selbst.

Unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Pendant zu Dienstherr ist Dienstherrin.
Fürsorgepflicht besteht weiterhin, sie sollte eingefordert werden. Vereidigungen auch weiterhin freiwillig. Als Beamtin sind Sie verpflichtet, Ihren Vorgesetzten zu kritisieren, wenn dadurch allgemeiner Schaden verhindert werden kann.
Alternativ zum Röhrenschauen, gibt’s Gewerkschaften.

Teacher Andi
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unverzagte

Selten so gelacht!