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Lauterbach verständigt sich mit der FDP: Ländern wird die Maskenpflicht für Schüler (nur) in weiterführenden Schulen erlaubt

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BERLIN.  Die Ampel-Koalition hat das neue Infektionsschutzgesetz, mit dem eine weitere Corona-Welle im Herbst eingedämmt werden soll, nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) fertig ausgehandelt. Über Inhalte wollte er zunächst nichts sagen – umso deutlicher äußerte sich Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) in einem Interview: «Das nächste Schuljahr muss ein normales werden, zumindest so normal, wie es nur möglich ist.» Wie das Gesundheitsministerium aktuell meldet, soll den Ländern allerdings erlaubt werden, die Maskenpflicht zumindest in weiterführenden Schulen wieder einzuführen.

Hat alle seine Positionen zu Schutzmaßnahmen in Schulen geräumt: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Foto: Shutterstock / Jürgen Nowak

«Ich glaube, dass das Paket sehr gut ist. Wir sind für den Herbst gerüstet», sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe über den mit Justizminister Marco Buschmann (FDP) ausgehandelten Entwurf für das Gesetz. «Es schützt uns gleichzeitig vor einer Überlastung durch zu viele Covid-Patienten und einer kritischen Lage durch Personalausfälle.»

Konkrete Angaben zu den Bestandteilen des Pakets machte Lauterbach zunächst nicht. Dabei geht es um Anschlussregelungen der Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz, die am 23. September auslaufen. Sie sind die Rechtsgrundlage für Maßnahmen der Länder und nennen mögliche Instrumente. Zum Frühjahr waren sie auf Druck der FDP stark zurückgefahren worden.

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Jetzt gibt es zumindest bei der Maskenpflicht in Schulen wieder Bewegung. Das Bundesgesundheitministerium meldet als künftig wieder «optionale» Schutzmaßnahme der Länder: «Maskenpflicht in Schulen und sonstigen Ausbildungseinrichtungen für Beschäftigte und für Schülerinnen und Schüler ab dem fünften Schuljahr, wenn dies zur Aufrechterhaltung eines geregelten Präsenz-Unterrichtsbetriebs erforderlich ist». Die Länder sollen zudem die Möglichkeit (zurück)bekommen, Tests in Kitas und Schulen vorzuschreiben.

Schulschließungen? «Nur wenn es durch eine rasante Infektionsentwicklung praktisch keine Lehrkräfte mehr gäbe»

Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger hatte zuvor in einem aktuellen Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland deutlich gemacht, dass weitergehende Schutzmaßnahmen verboten bleiben. «Ganz klar: Schulen dürfen nur im Einzelfall vorübergehend geschlossen werden. Das darf nur passieren, wenn es gar keine andere Lösung mehr gibt. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn es durch eine rasante Infektionsentwicklung in einer Schule praktisch keine Lehrkräfte für den Unterricht mehr gäbe. Solche Szenarien gilt es aber mit aller Kraft zu vermeiden. Daran arbeiten wir, und ich freue mich sehr, dass sich auch der Gesundheitsminister dieser Position angeschlossen hat.»

Hintergrund: Lauterbach hatte noch vor drei Wochen erklärt, dass Schulschließungen nicht völlig auszuschließen seien – um Ende der vergangenen Woche dann zu erklären: «Die Möglichkeiten für Schulschließungen wird es nicht mehr geben.» Das sogenannte Infektionsschutzgesetz des Bundes, das die Ampel-Koalition im März beschlossen hatte, verbietet den Ländern flächendeckende Schutzmaßnahmen in Schulen wie Schließungen und Maskenpflicht.

Auch deren Wiederkehr hatte die Liberale Stark-Watzinger im Interview eine Absage erteilt (offenbar ohne selbst den Entwurf von Lauterbach und Buschmann zu kennen). Sie betonte: «Eine generelle Maskenpflicht in Schulen darf es nicht mehr geben. Die Maskenpflicht erschwert das Lernen, den Spracherwerb und das Miteinander. Sechs Stunden Maske tragen belastet. Daher sollte nur auf das Tragen von Masken gesetzt werden, wenn es punktuell in einzelnen Schulen vorübergehend notwendig ist, um den Präsenzunterricht sicherzustellen. Aber es bleibt dabei, die Normalität der Kinder und Jugendlichen darf erst zuletzt eingeschränkt werden.»

Auch in Sachen Luftfilter für Schulen äußerte sich die Bundesbildungsministerin verwirrend. Auf die Frage des Redaktionsnetzwerks Deutschland, «verstehen Sie Eltern, die nicht glauben können, dass es auch im nächsten Schuljahr wieder keine Luftfilter in den Klassenräumen ihrer Kinder gibt?», antwortete Stark-Watzinger: «Natürlich, auch wenn der Nutzen von mobilen Filtergeräten wissenschaftlich nicht eindeutig belegt ist. Trotzdem ist es sinnvoll, hier zu investieren. Filter können ja nicht nur jetzt gegen Corona helfen, sondern auch, wenn es um Grippewellen geht. Dort, wo ein Einbau etwa aus baulichen Gründen nicht geht, gibt es immerhin noch die Möglichkeit von CO₂-Ampeln, die anzeigen, wann gelüftet werden sollte. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten.»

Hintergrund: Mobile Luftfilter, die nachweislich Corona-belastete Aerosole aus der Atemluft ziehen, müssen nicht eingebaut werden (nur aufgestellt) – weshalb sie ja «mobil» heißen. Ein Förderprogramm des Bundes für den Einbau von fest installierten Luftfilteranlagen war gescheitert, weil sich die Maßnahme vor Ort nicht kurzfristig umsetzen lässt. Daran, die Schulen mit mobilen Luftfilter auszustatten – was Experten zufolge insgesamt rund 1,5 Milliarden Euro kosten würde –, denkt die Bundesregierung offenbar nicht. Zum Vergleich: Der Tankrabatt kostet den Bund drei Milliarden Euro.

«Schulen sind ein Hauptumschlagplatz für das Virus. Auch wenn das nicht gern gehört wird»

Lauterbach warnte trotz (oder wegen?) der Einigung mit der FDP vor einem «sehr schwierigen» Herbst. Selbst diejenigen, die viermal mit den bisherigen Impfstoffen geimpft wurden, hätten gegenüber der Omikron-Variante BA.5 nur einen Infektionsschutz von weniger als 40 Prozent. Er befürchte, dass es zu Überlastungen der kritischen Infrastruktur und der Krankenhäuser kommen könnte, sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Zur Beurteilung der Pandemie sollen künftig auch flächendeckende Abwasseranalysen auf das Virus durchgeführt werden: «Wir setzen auf eine Kombination aus Inzidenz, Einweisungen in die Kliniken und Abwasseruntersuchungen.» Insgesamt seien «viele weitergehende Maßnahmen» für unterschiedliche Szenarien vorgesehen, die die Länder und teils auch der Bund einsetzen könnten.

Der Epidemiologe Prof. Markus Scholz von der Universität Leipzig hält Maßnahmen in Schulen – vor allem Tests – für unumgänglich, wenn das Pandemie-Geschehen gebremst werden soll. «Generell brauchen wir im Herbst eine neue Teststrategie“, so erklärt er im Interview mit t-online. «Schüler sollten mindestens einmal pro Woche getestet werden – vor allem vor dem Wochenende, wenn sie zum Beispiel ihre Großeltern besuchen oder viele andere private Kontakte haben. Schulen sind ein Hauptumschlagplatz für das Virus, von hier aus gelangt es in die Erwachsenen- und auch die vulnerablen Gruppen. Auch wenn das nicht gern gehört wird. Ich würde sogar dafür plädieren, in Schulen zwei- bis dreimal in der Woche zu testen und auch in Betrieben mit vielen Kontakten. Gleichzeitig sollte aber eine schnelle Freitestmöglichkeit bestehen, falls die Infektion symptomlos bleibt.» News4teachers / mit Material der dpa

In einer ursprünglichen Version des Beitrags hatten wir unter Berufung auf das Interview mit Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger berichtet, dass Schutzmaßnahmen in Schulen offenbar weiter verboten bleiben – wir haben den Artikel hinsichtlich der Maskenpflicht aktualisiert.

Lauterbach warnt vor drastischen Folgen von Long Covid – wer schützt Lehrkräfte und Kita-Fachkräfte?

 

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